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Zum 100. Geburtstag Graham Greenes am 2. Oktober 2004: eine aktuelle Biografie dieses außergewöhnlichen Schriftstellers.
"Wahrscheinlich der beste Romancier auf Erden." Marcel Reich-Ranicki
Graham Greene (1904-1991) hat wahrscheinlich mehr erlebt als jeder andere Autor des 20. Jahrhunderts. Er war berühmt und berüchtigt, doch hinter seiner extrovertierten, dynamischen Erzählkunst und seinem nüchternen Blick auf menschliches Treiben stand die Suche nach der Seele des Menschen.
Wegen ihrer Mischung von Abenteuer, Kriminalistik, Erotik und Religiosität wurden seine Bücher stets heftig
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Produktbeschreibung
Zum 100. Geburtstag Graham Greenes am 2. Oktober 2004: eine aktuelle Biografie dieses außergewöhnlichen Schriftstellers.

"Wahrscheinlich der beste Romancier auf Erden." Marcel Reich-Ranicki

Graham Greene (1904-1991) hat wahrscheinlich mehr erlebt als jeder andere Autor des 20. Jahrhunderts. Er war berühmt und berüchtigt, doch hinter seiner extrovertierten, dynamischen Erzählkunst und seinem nüchternen Blick auf menschliches Treiben stand die Suche nach der Seele des Menschen.

Wegen ihrer Mischung von Abenteuer, Kriminalistik, Erotik und Religiosität wurden seine Bücher stets heftig diskutiert. In den letzten Jahren hat die Filmindustrie sie als Vorlagen wiederentdeckt, vom 'Ende einer Affäre' bis zum 'Stillen Amerikaner', und es gibt eine auf Greenes Menschenbild gegründete Greene-Renaissance. Prüde Zeitgenossen nannten ihn sexbesessen, für andere war er ein katholischer Schriftsteller. Auf der einen Seite wurde sein Werk als Unterhaltungsliteratur abgetan, auf der anderen Seite wurde er lange als Kandidat für den Nobelpreis gehandelt. Einer seiner Biografen hielt ihn trotz aller Frauengeschichten für homosexuell. Dass er als Spion tätig war, ist kein Geheimnis.

"Trauen konnte man ihm nie richtig", sagte einer seiner besten Freunde, der jahrelang mit ihm um die Welt gereist ist. "Lasst ihn mit seinen Geheimnissen ruhen", meint die Greene-Gemeinde. Wer war dieser Mann, der so widersprüchliche Reaktionen hervorrufen konnte und mit seinen Büchern ein Millionenpublikum erreicht hat?
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.10.2004

Russisches Roulette auf der Couch
Geburtstagsgaben: Neues über und von Graham Greene

Der Shakespeare-Biograph Stephen Greenblatt sieht in den Werken verstorbener Autoren einen geisterhaften Ort, an dem die Stimmen der Toten immer wieder aufs neue erklingen. Die Beschäftigung mit Literatur liege demnach dem Wunsch zugrunde, mit den Toten zu sprechen. Das würde für die Aufgabe eines Biographen bedeuten, im literarischen Labyrinth eines Autors den Faden der Ariadne aufzuspüren und die Vielfalt der Stimmen in einen kohärenten Zusammenhang zu bringen. Tatsächlich sind Biographien großer Autoren ein schwieriges Vorstoßen in ein nicht selten vermintes Gelände. Schwierig deshalb, weil gerade bei Schriftstellern stets deren Werke im Vordergrund stehen und Biographen oftmals den riskanten Versuch unternehmen, Leben und Werk in einen unzulässigen Zusammenhang zu bringen.

Anläßlich seines hundertsten Geburtstags erscheint nun eine neue Biographie über den englischen Schriftsteller Graham Greene. Schon der erste Blick auf den recht schmalen Band von Ulrich Greiwe weckt Zweifel angesichts einer angemessenen Darstellung von Greenes Lebensgeschichte. Als Autor zahlreicher Erfolgsromane, der zugleich Geheimagent für den britischen Spionagedienst und reisefreudiger Lebemann war, bietet Greenes Leben zweifellos Stoff für ein halbes Dutzend Bände. Der Texaner Norman Sherry wird im Oktober den letzten Teil seiner dreibändigen offiziellen Greene-Biographie veröffentlichen, in der die Facetten von Greenes Persönlichkeit auf detailreiche Weise zum Ausdruck gelangen. Nun bedeutet Masse bekanntlich nicht automatisch Qualität - besonders bei Biographien ist immer auch das angezielte Publikum entscheidend. So stellt die Greene-Biographie von Sherry für Literaturwissenschaftler eindeutig die bessere Adresse dar.

Greiwes Biographie hingegen wird der Person und ihrem umfangreichen Werk nur selten gerecht. Er schreibt über Greene "nach dem Inspektor-Columbo-Prinzip" und meint damit die eher ungewöhnliche Abfolge der erzählten Lebensdaten. Greiwe beginnt mit der zweiten Lebenshälfte des Engländers, bevor er Kindheit und Lehrjahre des Schriftstellers porträtiert. Die Idee, eine Biographie im induktionistischen Kriminalstil zu erzählen, ist nicht ohne Originalität, handelt es sich doch bei der Arbeit des Biographen um eine Art Spurensicherung ganz im Sinne Carlo Ginzburgs. Greiwe zeigt sich in der Einleitung fest überzeugt, daß Greene selbst diese Art des Lebensberichts "sicher gefallen hätte".

Den Leser hingegen vermag das Resultat weniger zu überzeugen. Die Gründe sind die bereits genannten Fallgruben der Gattung selbst. Ferner stiftet die unangemessene Kürze der Biographie mehr Verwirrung als erhellende Informationen. Zu viele Figuren, Namen, Ereignisse und Verstrickungen werden auf zu wenigen Seiten so knapp dargestellt, daß man häufiger als gewöhnlich den Faden verliert. Des weiteren gerät die Darstellung wiederholt zur unreflektierten Lobhudelei. Es ist keineswegs verwerflich, daß der Autor einer Schriftstellerbiographie die Werke "seines" Autors schätzt, aber Greiwe erklärt jeden neuen Roman des Engländers zu seinem nächsten unübertroffenen Meisterwerk. Zu oft ist die Rede von "handwerklicher Meisterschaft", "makellosem Erzählwerk" und ähnlichen laudatorischen Allgemeinplätzen. Zur guten biographischen Arbeit gehören auch kritische Distanz sowie der Mut zur künstlerischen Differenzierung, die man jedoch bei Greiwe vergeblich sucht.

Greene selbst hat sich am Anfang seiner Autobiographie "Eine Art Leben", die fast zeitgleich mit Greiwes Greene-Biographie in einer deutschen Neuübersetzung erscheint, der poetologischen Eigenheiten beider Gattungen angenommen. "Eine Autobiographie", so vermerkt Greene, "ist nur ,eine Art Leben' - vielleicht mit weniger Irrtümern als eine Biographie, dafür aber zwangsläufig begrenzter: Sie endet früher und beginnt später." In beiden Fällen, soviel wird deutlich, handelt es sich um nichts als eigenmächtige Interpretationen individual-historischer Fakten. Bei Autobiographien ist man sich als Leser dieser Problematik bewußt, während die Lebensberichte von Biographen nicht selten für bare Münze genommen werden.

"Eine Art Leben", 1971 zuerst erschienen, stellt den ersten Teil von Greenes Memoiren dar. Sie schildern Kindheit und Anfänge von Greenes künstlerischem Werdegang. Es mag sein, daß sich Greenes schriftstellerisches Können in vielen seiner fiktionalen Werke von einer deutlich fesselnderen Seite zeigt, allerdings bieten die Memoiren einen unverzichtbaren Einblick in das Leben eines rastlosen Autors, dessen Werke als Fluchtversuche aus dem bürgerlichen ennui seines sozialen Umfelds zu lesen sind. Fast schon im Stil einer Emma Bovary, deren Ekel angesichts der ländlichen Einöde sie zunächst in die Arme der Literatur und schließlich in den Selbstmord treibt, lesen sich Greenes Erinnerungen an seine Jugend im ländlichen Berkhamsted. Immer wieder fasziniert den jungen, von Langeweile getriebenen Greene die Idee seines eigenen Todes: Er spielt russisches Roulette, inszeniert halbherzige Selbstmordversuche und landet im zarten Alter von sechzehn auf der Couch eines Psychoanalytikers. Im nachhinein diagnostiziert Greene sich selbst als manisch-depressiv, ohne daß die Psychoanalyse etwas daran zu ändern vermocht hätte.

Greenes Lebensbericht eignet sich hervorragend als Basislektüre für sein Hauptwerk. Das ständige Getriebensein, der "lebenslange Kampf gegen die Langeweile", die Dominanz von Traum und Spiel - all jene Ingredienzien, die Greenes Leben und Werk so nachhaltig beeinflussen sollten - werden in "Eine Art Leben" auf bedrückende Weise vorgezeichnet und machen diese Autobiographie zur nachhallenden Stimme eines Toten, der immer wieder durch das Leben überwältigt wurde.

GREGOR SCHUHEN

Ulrich Greiwe: "Graham Greene und der Reichtum des Lebens". Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2004. 202 S., br., 15,- [Euro].

Graham Greene: "Eine Art Leben". Aus dem Englischen übersetzt von Dieter Hildebrandt. Paul Zsolnay Verlag, Wien 2004. 224 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Ulrich Greiwes erzählerisches Verfahren, an dasjenige des Kriminalromans angelehnt, hält Gregor Schuhen für originell - an der Ausführung hapert es seiner Meinung nach allerdings gehörig. Zu viele Namen und Fakten auf zu engem Raum, zu viel Konfusion, so dass man als Leser ein paar Mal gar den Faden verliert - so kann Greiwe seinem Gegenstand nicht gerecht werden, befindet der Rezensent streng. Hinzu kommt, dass Greiwe nach Schuhens Ansicht den nötigen Abstand zum Porträtierten vermissen lässt, und so darf der Rezensent nicht kriminalistischen Spürsinn loben, sondern muss eine Vorliebe für unreflektierte Lobhudelei tadeln.

© Perlentaucher Medien GmbH