Marktplatzangebote
9 Angebote ab € 0,50 €
  • Broschiertes Buch

Daß zwei Männer Rivalen sind, soll auch heute noch vorkommen. Daß es dabei um eine Frau geht, ist sicher nicht ungewöhnlich. Aber wenn es sich um zwei Talkmaster handelt, zwei von diesen eitlen Fernseh-Fuzzis, die jede Woche oder womöglich noch öfter als Gastgeber einer Talkshow auftreten und ihre mehr oder weniger arglosen Gäste ausquetschen, dann muß man mit unvorhersehbaren Entwicklungen rechnen. Daß der Kampf des seriösen, aber leicht verbissenen Anselm Klamm (Klamm hakt nach) gegen seinen leichtlebigen, von Frauen umschwärmten Widersacher "Tobi" Tobel allerdings in der arabischen Wüste…mehr

Produktbeschreibung
Daß zwei Männer Rivalen sind, soll auch heute noch vorkommen. Daß es dabei um eine Frau geht, ist sicher nicht ungewöhnlich. Aber wenn es sich um zwei Talkmaster handelt, zwei von diesen eitlen Fernseh-Fuzzis, die jede Woche oder womöglich noch öfter als Gastgeber einer Talkshow auftreten und ihre mehr oder weniger arglosen Gäste ausquetschen, dann muß man mit unvorhersehbaren Entwicklungen rechnen.
Daß der Kampf des seriösen, aber leicht verbissenen Anselm Klamm (Klamm hakt nach) gegen seinen leichtlebigen, von Frauen umschwärmten Widersacher "Tobi" Tobel allerdings in der arabischen Wüste enden würde, hätte sich wohl auch die phantasievollste Journalistin nicht vorstellen können. Trotzdem erweist sich Ruth Aschenbach nicht nur dem Balzgehabe der beiden Fernsehgockel gewachsen, sondern entführt einen der beiden sogar bis nach Thailand, damit ihn Interpol nicht erwischt.
Autorenporträt
Wolfgang Herles, geboren 1950 in Tittling, war von 1975 - 1980 Bonner Korrespondent des Bayerischen Rundfunks. 1980 - 1987 Redakteuer vom Bayerischen Rundfunk, 1987 - 1991 Leiter des Bonner ZDF-Studios, bis 1996 Leiter der ZDF-Talkshow "live". Seit 2002 ist er Moderator und Redaktionsleiter von "aspekte". Zahlreiche Buchveröffentlichungen.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 16.07.2004

Verleumdungsduell in Abu Dhabi
Wie schreibt man ein unterhaltsames Buch über die Unterhaltungsindustrie? Wolfgang Herles’ neuer Roman „Die Tiefe der Talkshow”
„Die Tiefe der Talkshow” - der Titel enthält, und sei es noch so in die Watte der Ironie gepackt, ein Versprechen: Einen Unterhaltungsroman über das Fernsehen würde der Leser bekommen, sicherlich, aber dazu noch eine weitere Dimension, die die Seichtigkeit der Fernsehunterhaltung auffängt und perspektiviert. Diese Dimension kann eigentlich nur die sprachliche sein.
Keinesfalls jedoch der Dialog (der, bei diesem Stoff wohl unvermeidlich, fast die Hälfte des Buchs einnimmt). Das geht so: „,Sie macht mich fertig.‘ ,Quatsch, die macht niemanden fertig. Allenfalls bringt sie Tobi um den Verstand.‘ ,Tobi hat dummes Zeug über mich erzählt. Sie findet ihn toll. Schon das macht mich fertig.‘ ,Warum soll nicht mal jemand was Nettes über ihn schreiben, Anselm? Er hat es zur Zeit nicht leicht.‘ ,Soso. Und wenn er sie flachlegt?‘ ,Scheint ein Trauma von dir zu sein, dass Tobi jede bumst, die ein freundliches Wort über ihn verliert.‘ ,Ich kenne auch welche, die sich von ihm bumsen ließen und gar nicht Nettes über ihn sagen.‘ ,Ich finde dich auch nicht berauschend und bumse mit dir.‘”
Das will kecker sein als die Vorabendserie und ist doch bloß ungenießbar trocken. Im Fernsehen sieht man immerhin die dazugehörigen Leute, die lächeln, sich die Nase reiben und die Frisur zurechtrücken und ihre angestrengte Intelligenz oder natürliche Dummheit zu einem fesselnden und nützlichen Schauspiel zu machen wissen. Im Buch bleibt von all dem noch nicht einmal die Stimme, nur das Wort selbst.
Und die kommentierenden, erzählenden Partien atmen jenen lapidaren Zynismus, der von der Ermüdung kommt. Wolfgang Herles, der selbst etliche Jahre Talkmaster beim ZDF war, bereitet es ein gewisses Maß an Vergnügen, den Kollegen Böhme privat zu zeigen, wie er Negerküsse „mampft”, und den „furchtbar netten Herrn Kerner, schon wieder schnäuzt er sich die Nase”, und „Maybrit, die Herbergsmutter der Berliner Republik”. Das ist nicht bös genug, um gut zu sein, und bleibt auf dem Niveau der matten Gemeinheit. Die Sinnfrage wird weder eigentlich gestellt noch eigentlich abgewiesen, sondern baumelt zwischen Daumen und Zeigefinger: „Wozu das Verlangen nach Sinn? Hier saßen genügend Leute herum, die eine Menge Geld mit Unsinn verdienten. Und es sah nicht aus, als wären sie deshalb unglücklich. Vielleicht lag das Geheimnis eines glücklichen Lebens eigentlich nur darin, sich im Sinnlosen einzurichten.”
Ein bisschen sinnhaft und ein bisschen sinnlos, ein bisschen glücklich und ein bisschen unglücklich: So läuft auch der Plot des Buchs, der kein Gefühl für erzählerische Ökonomie hat, viel zu langsam in Gang kommt und sich zum Schluss überkugelt. Zwei Talkmaster, Anselm Klamm von „Klamm hakt nach” und Chrys (für Chrysostomus) Tobel von „Tobels Talk”, Jugendfreunde einst und nunmehr Quotenfeinde, buhlen um dieselbe Chefreporterin von Micado (unschwer als Die Bunte zu entschlüsseln), die eine Homestory über jeden von beiden schreiben will und, eiskaltes Luder das sie ist, sie gegeneinander ausspielt. Ruth Aschenbach muss sie heißen - Namensfindung gehört immer zu den verräterischsten Elementen eines fiktionalen Werks. Quälend lang ziehen sich die Verlockungsszenen hin; und zum Schluss bekommt doch keiner der beiden mehr von ihr zu fassen als die Spitze ihres kleinen lackierten Fingernagels. Anselm und Chrysostomus, schon ihren Namen nach etwas aufdringlich als Narziss und Goldmund der Branche stilisiert, kehren, genasführt, heim in ihre altgewohnten Bahnen, zu Frau und Kindern der eine, der andere zu seinen Studio-Hascherln. Herles gestaltet seine Protagonisten blasser als nötig. Es bekommt dem Buch nicht, dass er in Bezug auf beide äquidistant den personalen Gesichtspunkt einnimmt. Besser wäre es gewesen, er hätte völlig zur Identifikation mit dem unangenehmeren der beiden eingeladen, dem verkniffenen Moralisten, und den anderen durch die hellsichtige Brille des Hasses sehen und entwerfen lassen.
Spät und nur episodisch geht es Herles auf, dass sein Stoff, soll er ein wahrhaft literarischer werden, sich weder als Tatort noch als Soap gestalten lässt, sondern allein als Burleske. Hier gelingen ihm die besten Szenen: Ein ostdeutscher Steuerfahnder (der Sozialneidhammel wie er im Buche steht) dringt in Anselms persönliche erotische Bibliothek vor, die dieser als Arbeitsmittel von der Steuer abzusetzen versucht hat, zieht einen Band hervor, vertieft sich in eine Softcore-Passage, sieht auf den Einband und verliest voller Hohn und Ekel den Namen des Verfassers: „Uppdieke!” Und als sich schon das Finale Furioso anbahnt, sitzen die beiden Helden, wie es der Zufall will, nebeneinander im Flugzeug nach Abu Dhabi und starten, da sie sich ja ansonsten hier ja leider zivil verhalten müssen, ein kleines indirektes Verleumdungsduell, indem jeder für sich - aber natürlich so, dass der andere gut mitlesen kann - sein Helmut-Markwort-artiges Tagebuch nachträgt, was ihm heute wieder so privat im öffentlichen Raum widerfahren ist. Sieger nach Punkten wird Anselm, als er in seinen Laptop tippt: „T. kriegt auch nicht mit, dass er den Hosenschlitz offen hat” und sein Widerpart sich daraufhin panisch in den Schritt greift: Fehlalarm!
„Die Tiefe der Talkshow” gleicht nach Art und Anlage sehr einem früheren Buch von Herles, der 1996 publizierten „Blendenden Gesellschaft”, worin es um die erst gefährdete und dann beförderte Karriere eines CDU-Hinterbänklers gegangen war. Aber diesem neuen Buch fehlt etwas. Damals hatte noch Helmut Kohl regiert, und es sah aus, als würde dessen Regierung niemals zu Ende gehen. Jene überlebensgroße Figur hatte Herles damals in Szene zu setzen gewagt, auf etwas schnoddrige Weise natürlich, aber doch so, dass er seiner Story ein überwältigendes Zentrum gab: Wie wenn ein Wal in einem Yachthafen auftaucht. Heute muss sich Herles mit dem Nachfolger zufriedengeben; und mit dem lässt sich leider nicht viel mehr anstellen als ein Satz wie: „Die wasserblauen Kanzleraugen funkelten vergnügt”, und dann beugt sich deren Inhaber quer über den Tisch, um den Produzenten auszuquetschen, wie viele Miese pro Monat eigentlich dessen Pay-TV einfährt. Nein, mit diesem Kanzler ist eindeutig kein literarischer Staat zu machen.
BURKHARD MÜLLER
WOLFGANG HERLES: Die Tiefe der Talkshow. Roman. dtv, München 2004. 275 Seiten, 14,50 Euro.
In der Tiefe der Zeit war die Talkshow ein Gespräch unter ernsten Herren: Werner Höfers Frühschoppen, 1951
Foto: OBS
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Nein, Burkhard Müller war nicht amüsiert und ist so klug als wie zuvor: Wolfgang Herles' Roman aus dem Inneren der Fernsehunterhaltung, schreibt er, "will kecker sein als die Vorabendserie und ist doch bloß ungenießbar trocken" - im Fernsehen, so der ungnädige Rezensent, sieht man wenigstens die Gesichter zu dem Gelaber, mit dem der Autor, selbst lange Zeit Talkmaster, Seite um Seite füllt. Und wenn er dann mal auf narrative Distanz geht, dann wird's zynisch - mit jener Art von "lapidarem Zynismus", der dem müden Abwinken gleichkommt. Und Müller fährt fort: "Ein bisschen sinnhaft und ein bisschen sinnlos, ein bisschen glücklich und ein bisschen unglücklich: So läuft auch der Plot des Buchs, der kein Gefühl für erzählerische Ökonomie hat, viel zu langsam in Gang kommt und sich zum Schluss überkugelt." Es geht um zwei Talkshow-Hosts, einst befreundet, jetzt im Kampf um Quoten und ums Chefreporterluder von der großen Illustrierten verfeindet. Und es ist wenig unterhaltsam.

© Perlentaucher Medien GmbH