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Eine Fahrt ins Herz der Finsternis Der Kälteste Winter schließt an Fox' Erinnerungen In fremden Kleidern an und gewährt abermals faszinierende Einsichten in ein bewegtes Leben. Ein Blick zurück zu den eigenen Anfängen und auf eine aus der Agonie des Krieges wiedererwachende Welt.
Paula Fox ist dreiundzwanzig, als sie im Jahre 1946 im Hafen von New York ein notdürftig umgebautes Kriegsschiff besteigt, um in der Alten Welt neue Erfahrungen zu sammeln. London, Warschau, Paris, Prag. Leere Schlösser, zerstörte Kathedralen, Francos Spanien, wo ihr Großonkel Antonio in einer uralten Villa lebt,…mehr

Produktbeschreibung
Eine Fahrt ins Herz der Finsternis
Der Kälteste Winter schließt an Fox' Erinnerungen In fremden Kleidern an und gewährt abermals faszinierende Einsichten in ein bewegtes Leben. Ein Blick zurück zu den eigenen Anfängen und auf eine aus der Agonie des Krieges wiedererwachende Welt.

Paula Fox ist dreiundzwanzig, als sie im Jahre 1946 im Hafen von New York ein notdürftig umgebautes Kriegsschiff besteigt, um in der Alten Welt neue Erfahrungen zu sammeln. London, Warschau, Paris, Prag. Leere Schlösser, zerstörte Kathedralen, Francos Spanien, wo ihr Großonkel Antonio in einer uralten Villa lebt, schäbige Pensionen, in denen sie friert, skurrile Personen - überall hallt ihr das Echo des gerade vergangenen Krieges entgegen, sind die Wunden der Menschen und Städte spürbar.
Autorenporträt
Fox, Paula
Paula Fox wurde 1923 in New York City geboren, wo sie noch heute lebt. Sie schrieb sechs Romane und zahlreiche Kinderbücher. Für das Gesamtwerk ihrer Kinderbücher wurde sie 1978 mit dem Hans-Christian-Andersen-Preis ausgezeichnet.
Rezensionen
"Unbefangen und exakt - so beschreibt die Amerikanerin Paula Fox Ende des Krieges das befreite Europa."
Augsburger Allgemeine 15.03.2008

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.03.2006

Weltuntergang mit Lokalkolorit
Ohne ideologischen Ballast: Paula Fox bereist das zerstörte Nachkriegseuropa / Von Gisa Funck

Die Vorstellung, daß das Glück an einen ganz bestimmten Ort gebunden sei, ist eine typisch jugendliche Idee. Und der Glanz vieler Großstädte verdankt sich nicht zuletzt jenem Traum vornehmlich junger Menschen, das Leben sei an gewissen Plätzen in besonderem Maße verdichtet. Genau diese Sehnsucht treibt auch die junge, zweiundzwanzigjährige Paula Fox, als sie im Frühjahr 1946 ihre Geburtsstadt New York auf einem umgebauten Kriegsschiff in Richtung Europa verläßt. "Ich stellte mir vor, wenn ich nur den richtigen Ort finden könnte, würden die Probleme meines Lebens verschwinden", heißt es gleich zu Beginn ihres autobiographischen Reiseberichts. Und weiter: "Inzwischen hatte ich New York gründlich kennengelernt, wie man eine Stadt eben kennt, wenn man Jobs annehmen muß, die meistens ziemlich furchtbar sind. Ich ließ ein Land hinter mir, das für mich vor allem Kummer bedeutete."

Mit diesen lapidaren Sätzen kehrt Paula Fox den amerikanischen Mythos vom Selfmademan für sich gewissermaßen um. Nicht im sogenannten Land der unbegrenzten Möglichkeiten, das für viele Flüchtlinge zum Refugium wurde, glaubt die junge Frau, ihr Glück finden zu können, sondern ausgerechnet im völlig zerstörten Europa. Dadurch baut sich schnell eine Spannung zwischen erwartungsvoll-jugendlicher Perspektive und einem Gegenstand auf, der nicht unbedingt Anlaß zu hoffnungsfrohen Erwartungen gibt. Denn, auch wenn Paris und Warschau, die sie im Winter 1946/47 besucht, von nationalsozialistischer Herrschaft befreit sind: Der Nachhall des Schreckens ist noch längst nicht verklungen.

Zunächst allerdings fängt ihre Fahrt ins Herz der Finsternis relativ harmlos an, mit einem Aufenthalt in London. Durch ihren Vater, einen Drehbuchautor in Hollywood, und eine New Yorker Freundin macht sie schnell wichtige Kontakte und privilegierte Jobs als Lektorin und Zeitschriftenmodell, bevor sie schließlich als Korrespondentin einer britischen Nachrichtenagentur in den "kältesten, europäischen Winter seit zwanzig Jahren" aufbricht: eisiges Wetter, passend zu einer eingefrorenen Gefühlslage auf dem Kontinent. Sie soll aus Paris und Warschau "Geschichten drum herum" liefern, mit "ein bißchen Lokalkolorit", wie ihr Auftraggeber, ein englischer Lord, meint. Keine leichte Aufgabe in einem Trümmeralltag.

Einmal trifft die Korrespondentin einen vierzehnjährigen polnischen Waisenjungen, der vor ihr mit seinen Armen schlenkert, als könne er seinem Elend wie ein Vogel davonfliegen. Ein anderes Mal kommt sie in einem Pariser Hotel mit einer KZ-Überlebenden aus Dachau ins Gespräch, die die merkwürdige Marotte pflegt, alle von ihr georderten Weinflaschen mit einem Bindfaden zu versehen. Auf diese Weise, so erklärt die ältere Jüdin der erstaunten Amerikanerin, würde sie immer sofort wissen, "wenn einer der anderen daraus trank. Nur das: es wissen." Wo das eigene Überleben jahrelang von fremder Willkür abhing, werden irrwitzige Rituale zu letzten Bastionen der Selbstvergewisserung. Und es sind tatsächlich weniger die Aussagen als die hilflosen Gesten der Kriegsversehrten und KZ-Opfer, die das Grauen erahnen lassen.

Anders als ihre berühmten Kolleginnen Martha Gellhorn und Janet Flanner, die zur selben Zeit Reportagen über Pariser Folterkeller der Gestapo oder den Warschauer Aufstand 1944 schrieben, zeigt sich die junge Gelegenheitsjournalistin auffällig desinteressiert an aktuellen Entwicklungen und historischer Analyse. An Deutschland, wo gerade die Urteile in den Nürnberger Prozessen ergehen, fährt sie vorbei. Der Name Hitlers taucht in ihren Betrachtungen (die teilweise zunächst als Zeitschriftenartikel erschienen) ebenfalls nirgendwo auf. Ihre Perspektive ist die Perspektive einer jugendlich-unbedarften Außenseiterin, die das Abenteuer sucht und ein Desaster vorfindet, auf das sie nicht vorbereitet ist. "Ich wußte so wenig, und was ich wußte, verstand ich nicht", gesteht die heute fünfundachtzigjährige Autorin rückblickend. Und verschweigt an anderer Stelle nicht, daß sie im Herbst 1946 sogar Jean-Paul Sartre nicht erkannte, den sie in Saint-Malo zu einem Gespräch über Amerika traf: "Ich erinnerte mich vage, schon von ihm gehört zu haben, und verfluchte meine Dummheit."

Gleichwohl ist es genau dieser unbefangene, fremde Blick, der auch die Stärke ihres Erinnerungsbuches ausmacht. Die junge Paula Fox hingegen schaut in Paris, Warschau und schließlich auch Barcelona lieber auf die Details der Verwüstung, anstatt sofort nach Schuldigen zu fragen. Zwar lacht sie einmal "herzlos" auf, als deutsche Kriegsgefangene in Polen gedemütigt werden, um gleich danach jedoch wieder "überwältigt von Reue und Selbstekel" zu sein. Nicht zuletzt dank dieser unideologischen Sichtweise lesen sich ihre Episoden von damals auch heute noch beunruhigend zeitlos. Und der Winter, der darin alles unter seiner weißen Decke begräbt, ist nicht nur Sinnbild für emotionale Kälte und Erstarrung. Er dient auch als Symbol dafür, daß im traumatischen Niemandsland des Schmerzes die Front zwischen Tätern und Opfern wie in einem Schneegestöber zunehmend verwischt.

Angesichts einer millionenfachen Anzahl unschuldig Ermordeter, die jede vorstellbare Dimension sprengt, fühlt sich so mancher Überlebende, mit dem die Reporterin spricht, nämlich schon allein deshalb schuldig, weil er keinen Toten zu beklagen hat. So wie jene jüdische Journalistin, mit der Paula Fox zusammen in Warschau stationiert ist - und die gerade darunter leidet, daß ihre "Familie davongekommen" ist, ohne einen Verwandten im KZ verloren zu haben. Es sind Sätze und Erlebnisse wie diese, die die junge Amerikanerin erschüttern und gleichzeitig doch aufrütteln. Paula Fox macht keinen Hehl daraus, daß die Reise für sie persönlich auch befreiende Wirkung hatte: als Initiationserfahrung, die sie "etwas anderes hatte sehen lassen als mich selbst".

Paula Fox: "Der kälteste Winter". Erinnerungen an das befreite Europa. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Ingo Herzke. Verlag C. H. Beck, München 2006. 157 S., 17 Abb., geb., 16,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.06.2006

Der Faden am Hals der Weinflasche
Eine Amerikanerin im Europa des Jahres 1946: Paula Fox und ihr zweiter Memoirenband „Der kälteste Winter”
Was wissen wir von Paula Fox? Keinesfalls muss man Jahre auf oder hinter der Couch zugebracht haben, um ihren Blickwinkel auf die Wirklichkeit zu verstehen. Woher dieser präzise Blick kommt? Aus ihrer eigenen, unglaublich zerstückelten Familiengeschichte, das darf hier ausnahmsweise einmal in direkte Verbindung gebracht werden. In den sechs Romanen von Paula Fox sind Szenen und Erinnerungen aus ihren eigenen Jahren, den schrecklichen und den besseren, eingearbeitet.
Aber die Amerikanerin Paula Fox, 1923 in New York geboren, ist nicht geschwätzig. Im Gegenteil. Sie hat das präzise Gefühl für die Bedeutung des scheinbar Nebensächlichen. Die Spuren der Katzenkrallen auf Sophies Handrücken waren das unheimliche Omen für die Ehegeschichte „Was am Ende bleibt”, mit der Paula Fox vor sechs Jahren in Deutschland bekannt wurde. Das Buch war eine punktgenaue Analyse über eine psychotische Krise im mittleren Alter. In den Romanen „Kalifornische Jahre” und dem ersten Teil ihrer Erinnerungen „In fremden Kleidern” erzählt sie von den Abenteuern eines auf der Rückseite des american dream hin und her gezerrten Mädchens, das in Absteigen schläft und sich als Serviererin oder Verkäuferin in irgendwelchen Spelunken durchschlägt.
Auf der letzten Seite des nun auf Deutsch erschienenen zweiten Teils ihrer Memoiren: „Der kälteste Winter. Erinnerungen an das befreite Europa” summiert Paula Fox ihre wichtigsten Erkenntnisse. Man muss sich, sagt sie, im Leben Vergleichen aussetzen. Auf ihren Reisen nach London, Paris, Warschau, Barcelona und Madrid sah sie die höllischen Wunden des Krieges. Diese erschütternde Realität hatte die junge Frau zum ersten Mal „etwas anderes sehen lassen als mich selbst”. Paula Fox hätte auch sagen können, dass die Ruinenlandschaften, die rauchenden Krater, die sie erblickte, und die entwurzelten Menschen, die sie traf, sie aus ihrer eigenen familiären Verstrickung und Ich-Zentriertheit retteten.
Unterwegs für Sir Andrew
Wieso Paula Fox im Frühsommer 1946 unbedingt aus New York auf einem notdürftig umgebauten Kriegstransportschiff in das zerstörte Europa „fliehen” wollte? Der Mythos Europa und eine starke Affinität zum Kommunismus waren der Grund. „Ich hatte keine Familie, gegen die ich rebellieren konnte und suchte nach Geborgenheit und Gemeinschaft”. Besonders wegen der „Gleichberechtigung der Rassen” fühlte sie sich zum Kommunismus „hingezogen”. Außerdem muss die furchtlose Dreiundzwanzigjährige das Abenteuer gelockt haben. Geld hatte sie nicht, aber ein paar Empfehlungen ihres Vaters an andere Drehbuchschreiber. Sie jobbte in London als Gutachterin bei 20th Century Fox, verdiente als Model für „Harper's Bazar” und wurde von „Sir Andrew”, dem Besitzer einer kleinen Nachrichtenagentur, angestellt.
Paula Fox beschreibt mit uneitlem Erstaunen die Momente, die ihr Gedächtnis aufbewahrt hat. Milde Anekdoten vom betrunkenen Churchill, der Wimperntusche weinte, vom Kriegskorrespondenten der Times, der stets seine Notizblöcke verlor und die Wände seines Arbeitszimmers mit den Namen europäischer Exilpolitiker und Untergrundkämpfer gegen die deutsche Besatzung voll schrieb. Daneben stehen verstörende Erinnerungen an KZ-Nummern am Handgelenk einer Frau in einer Pariser Pension, die misstrauisch einen Faden um ihre angebrochene Weinflasche band, weil sie wissen wollte, „wenn ein anderer daraus trank”. Im Auftrag der französischen Regierung reiste sie zusammen mit Russen und Mitgliedern einer Jugendorganisation durchs Land. Unter den einfachen und komplizierten Leuten, die sie traf, befand sich Jean-Paul Sartre, von dem Paula Fox schon einmal „vage” gehört hatte. Ihr geheimnisvoller Auftraggeber besaß die Qualitäten eines Agenten und setzte seine hübsche blonde Korrespondentin gezielt für den Lohn atmosphärisch dichter Geschichten ein.
Es ist nicht so, dass solche Berichte noch nie zu lesen waren, Kay Boyle etwa hat großartige Reportagen über das abgebrannte Europa geschrieben. Aber Paula Fox sieht die Ereignisse anders. Sie ist keine politische Reporterin, sie beschreibt keine Sensationen, sondern Begegnungen. Manchmal entwickelt sie daraus Einsichten. Nie setzt sie Pathos ein nur sehr selten spricht sie über ihre eigenen Gefühle. Am beeindruckendsten gelingt Paula Fox die Beschreibung des zerstörten Warschau. Erinnerungen an Kälte, Hunger und undurchsichtige Gestalten, die über schwelende Ruinenkrater schleichen, falsche Agenten, Engländer, Iren, Polinnen, an eine Abgeordnete eines jüdischen Frauenverbandes und ein Konzert, bei dem die Musiker im kalten Konzertsaal mit Mantel und Handschuhen auftraten. Wenn es taut, wurde ihr gesagt, werden „die Leichen des Warschauer Aufstands zum Vorschein kommen”. Als Paula Fox Warschau im Flugzeug verlässt, sieht sie unter sich deutsche Kriegsgefangene, die Gräben für das neue Flughafengebäude ausheben und hört das „herzlose Lachen” der Passagiere, ihr eigenes eingeschlossen.
Im Frühjahr 1947 beendet sie die Tätigkeit für Sir Andrew, besucht einen Verwandten in Spanien und bekommt eine neue europäische Lektion: Francos Diktatur. „Das, was man ‚politisches Leben‘ nennt”, schreibt Paula Fox, bleibt so lange ein „abstrakter Begriff”, bis man die Knüppel im Rücken spürt. Bei ihrer Rückkehr nach New York fühlt sie sich „erwachsen”. Die Weltpolitik hat der privaten Biografie einen festen Rahmen gegeben.
Paula Fox‘ sehr lesenswerter zweiter Band mit Lebenserinnerungen ist hart, eindrücklich und unprätentiös in der Ich-Form geschrieben. „Der kälteste Winter” beweist vor allem eins: die langanhaltende und klärende Wirkung authentischer Erfahrung. VERENA AUFFERMANN
PAULA FOX: Der kälteste Winter. Erinnerungen an das befreite Europa. Aus dem Englischen von Ingo Herzke. C.H. Beck Verlag, München. 2006. 154 Seiten, 16,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Verena Auffermann ist angetan von diesem zweiten Memoirenband der amerikanischen Schriftstellerin Paul Fox. Sie lieferten der Rezensentin spannende Einblicke in das Nachkriegseuropa und bewiesen, dass die "Weltpolitik der privaten Biografie einen festen Rahmen gegeben hat". Die Stärke ihrer Erinnerungen liegt darin, dass sie "Begegnungen" mit sehr viel Beobachtungsgabe schildert und dabei Pathos und eigene Gefühle außen vor lässt. Wirklich Neues erfährt man da zwar nicht, wie die Rezensentin bedauernd bemerkt - aber Fox hat eine eigene Perspektive. Zudem erfährt man mehr darüber, was die Autorin zu ihrer eigenen Arbeit inspiriert. Auffermanns Meinung nach darf man in Paula Fox' Fall ruhig direkte Rückschlüsse von ihrer Biografie auf ihr künstlerisches Werk ziehen, denn es belegt "die langanhaltende und klärende Wirkung authentischer Erfahrung".

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