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Schon vor Jahrhunderten machten sich Forscher und Kaufleute, Pilger und Abenteurer auf in fremde Länder. Bei ihrer Rückkehr schrieben diese ersten Völkerkundler häufig ihre Abenteuer und Begegnungen mit den Fremden auf, erlebte und erfundene. Heute ist die Ethnologie ein Fachgebiet, das sich mit Sozialstruktur und Kultur aller Gesellschaften, der fremden wie der eigenen, befasst. Der Atlas gibt einen fundierten Überblick über die verschiedenen Gesellschaftsformen, Religionen und Mythen sowie die wirtschaftlichen Systeme unserer Welt. Grundlegende Begriffe wie Kultur oder Ethnizität werden…mehr

Produktbeschreibung
Schon vor Jahrhunderten machten sich Forscher und Kaufleute, Pilger und Abenteurer auf in fremde Länder. Bei ihrer Rückkehr schrieben diese ersten Völkerkundler häufig ihre Abenteuer und Begegnungen mit den Fremden auf, erlebte und erfundene. Heute ist die Ethnologie ein Fachgebiet, das sich mit Sozialstruktur und Kultur aller Gesellschaften, der fremden wie der eigenen, befasst.
Der Atlas gibt einen fundierten Überblick über die verschiedenen Gesellschaftsformen, Religionen und Mythen sowie die wirtschaftlichen Systeme unserer Welt. Grundlegende Begriffe wie Kultur oder Ethnizität werden definiert. Die heutigen Arbeitsgebiete und Methoden der Ethnologie werden beschrieben.
Autorenporträt
Dr. Dieter Haller ist Dozent für Ethnologie und Forschungsleiter an der Europa-Universität Viadrina Frankfurt/Oder. Er habilitierte sich dort bei Prof. Dr. Werner Schiffauer.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.11.2005

Dummdidummdidaktik
Was ist was für Studenten: Der „dtv-Atlas Ethnologie”
Eine Erkenntnis der Bildungsforschung lautet: Schüler können sich Inhalte unterschiedlich gut merken, je nachdem, mittels welcher Medien sie sie gelernt haben. Zwar wird anerkannt, dass es individuell verschiedene Lerntypen gibt, weswegen man im Unterricht möglichst viele „Eingangskanäle” (gemeint ist: Sinne) ansprechen soll. Aber im großen Ganzen wird folgende Hierarchie des Lernerfolgs aufgestellt: Am schlechtesten bleibt hängen, was man nur hört; besser, was durch eigenes Lesen, noch besser, was durch begleitende Bebilderung visualisiert wird; und am besten, was man in eigener Tätigkeit erlebt hat.
Man nehme als Beispiel diesen Lerninhalt: „Manche Völker versuchen sich einer verehrten Gottheit dadurch zu nähern, dass sie laut tanzen und auf Trommeln herumhauen.” Ein Lehrer, dem es sehr am Herzen liegt, dass seine Schüler dies wissen, könnte es ihnen also erzählen (nicht so gut), es sie selbst an einem Text erarbeiten lassen (schon besser), dazu ein Bild von trommelnden Naturvölkern zeigen (noch besser), oder er könnte die Schüler, im Klassenraum oder gar bei einem Besuch bei derartigen Völkern, selbst ausprobieren lassen, wie es ist, heftig zu ululieren und zu trommeln (optimal). Ein unvergessliches Erlebnis!
So sehr solche Methoden für die Unterweisung jüngerer Adepten nützlich sein mögen, so unvermeidlich ist es indes schon aus Effizienzgründen, sich bei fortschreitendem Studium überwiegend den Möglichkeiten von Wort und Schrift anzuvertrauen. Gewiss, Studenten der Geographie oder der Kunstgeschichte kommen ohne Anschauung nicht aus; aber auch dort, und erst recht in jenen Wissenschaften, die von der Gesellschaft, von Ideen, abstrakten Begriffen oder literarischen Hervorbringungen handeln, muss nicht alles visualisiert werden. Mit ein bisschen Übung - ein Wunder des Geistes - kann man den Unterschied zwischen Kommunismus und Liberalismus oder zwischen Racine und Gerhart Hauptmann verstehen und behalten, ohne dazu ein Schema aufzumalen oder ein Rollenspiel zu veranstalten. Ja, man kann sagen, wer Studenten solche illustrationsfreien Denkfähigkeiten nicht zutraut, der verkauft sie für dumm.
Wer aber nun genau dies, eine maßlose, bildfixierte Didaktisierung akademischer Inhalte, seinerseits illustriert bekommen will, der muss den jetzt erschienenen „dtv-Atlas Ethnologie” zur Hand nehmen. Mit diesem Buch ist die Reihe der dtv-Atlanten endgültig Opfer ihres eigenen Erfolges geworden. 1964 hatte sie begonnen mit dem legendären, von Werner Hilgemann erfundenen „dtv-Atlas Weltgeschichte” - auf einem Fachgebiet, auf dem der Erkenntnisgewinn durch Bilder wie Karten und Verfassungsschemata sofort einleuchtet. Inzwischen umfasst die Serie, die Teilbände mitgezählt, 40 Bände. Dass Titel wie „Baukunst” und „Anatomie” von der traditionellen Machart - links Bilder, rechts Text - profitieren, wird man nicht bestreiten. Doch schon mit dtv-Atlanten wie „Bibel” oder „Philosophie” geriet man zuletzt auf unsicheres Terrain, in das man lieber nicht vorgedrungen wäre.
„Die ethnologische Diskussion”, schreibt nun der Autor des neuen Bandes, Dieter Haller, im Vorwort, „zielt auf eine Wissenschaft vom Menschen, die stets ihre eigenen Voraussetzungen kritisch mit überdenkt.” Das kritische Überdenken des Umgangs mit Bildern scheint von dieser Diskussion ausgeschlossen zu sein. Man muss kein platonischer Bilderhasser sein, um in der Art und Weise, wie hier Theorien und Methoden des Faches in Was-ist-was-Bildchen umgesetzt werden, eine groteske Verhöhnung der Studierfähigkeit der vorgestellten Zielgruppe zu sehen; auch die jüngere „bildwissenschaftliche” Diskussion hat einen differenzierten Blick auf die Risiken des Bildeinsatzes in der Wissenschaft gerichtet. „Zwischen unserem Bildkonsum und unserer Bildreflexion tut sich derzeit eine Schere auf” (Hans Belting).
Wer sich nun den Lerninhalt: „Die universitäre Bildung ist durch PowerPoint-Denken und infantilisierende Veranschaulichung gefährdet” merken will, der muss sich nur die obigen Bilder gut einprägen.
JOHAN SCHLOEMANN
DIETER HALLER: dtv-Atlas Ethnologie. Mit 127 Abbildungsseiten in Farbe. Grafische Gestaltung der Abb. v. Bernd Rodekohr. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2005. 307 S., 19,50 Euro.
Diese Bilder sollen Ethnozentrismus (oben), religiöse Praktiken (Mitte) sowie den Unterschied zwischen der Innensicht eines erforschten Volksstamms und der Außensicht des Forschers (unten) illustrieren.
Abb. aus dem besprochenen Band
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

In seiner Kritik des von Dieter Haller herausgegebenen "dtv-Atlas Ethnologie" zieht Johan Schloemann mit Verve gegen die "maßlose, bildfixierte Didaktisierung" wissenschaftlicher Inhalte zu Felde. Mit diesem Buch ist die dtv-Reihe "endgültig Opfer ihres eigenen Erfolgs" geworden, bedauert der Rezensent. Denn während bei anderen Themen wie Architektur oder Medizin eine reiche Bebilderung durchaus hilfreich sei, stelle sie sich beim vorliegenden Band als "groteske Verhöhnung" der "Zielgruppe", der Studenten, dar, der offenbar bei der Lektüre nicht viel zugetraut werde, ärgert sich Schloemann. Wie die theoretischen Grundlagen der Ethnologie mit "Was-ist-was-Bildchen" illustriert werden, gefährdet nach Einschätzung des fassungslosen Rezensenten gar die "universitäre Bildung".

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