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The Informel is no style - this painting is an expression of an approach to a reality that is experienced as more than disastrous!
Das Informel ist kein Stil - diese Malerei ist Ausdruck einer Haltung innerhalb einer als desaströs erfahrenen Wirklichkeit!
Dieses Buch entwickelt einen neuen Blick auf die Malerei des Informel und übergreift das bisherige Verständnis dieser Kunst auf bislang ungewohnte Weise: ihren Bezug auf die Wirklichkeit. Anhand der Werke einzelner Künstler wie Fautrier, Wols, Tàpies, Vedova oder Schumacher wird dargelegt, dass es sich bei dieser Malerei nicht um einen…mehr

Produktbeschreibung
The Informel is no style - this painting is an expression of an approach to a reality that is experienced as more than disastrous!

Das Informel ist kein Stil - diese Malerei ist Ausdruck einer Haltung innerhalb einer als desaströs erfahrenen Wirklichkeit!

Dieses Buch entwickelt einen neuen Blick auf die Malerei des Informel und übergreift das bisherige Verständnis dieser Kunst auf bislang ungewohnte Weise: ihren Bezug auf die Wirklichkeit. Anhand der Werke einzelner Künstler wie Fautrier, Wols, Tàpies, Vedova oder Schumacher wird dargelegt, dass es sich bei dieser Malerei nicht um einen Stil im herkömmlichen Sinne handelt, sondern um eine Haltung. Was die Arbeiten verbindet, ist das »Prinzip der Formlosigkeit« als Ausdruck dieser Erfahrung von Zusammenbruch und Verlust jeglicher Ordnung. Dagegen versucht sich das Ich zu behaupten durch Ausgriffe auf jene Ordnungen, wie beispielsweise die Kalligraphie sie darstellt. In Exkursen und Rückgriffen auf vorhergegangene künstlerische Entwicklungen wird hier zudem verdeutlicht, dass die »informelle«, offene Bildform gewissermaßen eine Radikalisierung jener Frage- und Problemstellungen darstellt, die in vielfältiger Form von der Moderne insgesamt reflektiert werden. Dabei wird dem Vorwurf der Wirklichkeitsflucht, wie er dieser Malerei häufig auch noch bis heute gemacht wird, entschieden widersprochen!
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.08.2007

Form als solche gibt es nicht
Stil oder Haltung? Rolf Wedewer wirft einen neuen Blick auf die Kunst des Informel

Als Theodor W. Adorno in den sechziger Jahren in seiner letzten zusammenhängenden Vorlesungsreihe seine Gedanken zur Ästhetik systematisch entwickelte, war der Höhepunkt der Kunst des "Informel" bereits überschritten. Jene Kunst, die die europäische Szene seit dem Kriegsende mehr oder weniger beherrscht hatte. Adorno geht darauf nur mit einer Nebenbemerkung ein, die gleichwohl eine der zentralen Probleme dieser Kunst benennt. Er schreibt: "Was irgend heute informell heißen mag, wird ästhetisch überhaupt bloß, indem es zur Form sich artikuliert; sonst wäre es nichts als Dokument."

Es überrascht nicht, dass die Kunstwissenschaften diesen Hinweis nie aufgenommen haben. Stattdessen wurde das Informel als eine stilistische Bewegung vor allem der fünfziger Jahre wahrgenommen und analysiert. Allerdings fiel es schwer, diese Erscheinung in das Interpretationsmuster der Moderne, die sich in dieser Sicht von der Figuration zur Abstraktion entwickelt hat, einzupassen. So schreibt Rolf Wedewer in seinem neuen Buch, das zwar den schlichten Titel "Informel" trägt, aber im Untertitel bereits auf die eigentliche Problematik hinweist, nämlich "Weltverlust und Ich-Behauptung", dass es offenbar für die Kunstwissenschaften immer noch nicht ausgemacht sei, ob es sich bei dieser Kunst nun um einen Stil handele, oder aber um eine, "wenngleich schwer zu konkretisierende Haltung".

Im Zweifrontenkrieg.

Diese Schwierigkeit der Kunstwissenschaften löst Wedewer dadurch auf, dass er zwischen einer problemgeschichtlichen Ebene und einer kunsthistorischen Fragestellung differenziert. "So unterschiedlich etwa die Bildwelten von Wols und Tapiès, von Karl Fred Dahmen und Tobey sich auch zeigen, strukturell sind sie jeweils Ausformungen des konstitutiven Prinzips der Formlosigkeit. Angesprochen ist damit eine problemgeschichtliche Ebene. Die Begründung ihrer Verschiedenartigkeit hingegen ist eine kunsthistorische Frage." Der Autor nimmt also bewusst einen argumentativen Zweifrontenkrieg auf, denn kunsthistorisch fehlt auch ein halbes Jahrhundert nach dem Höhepunkt des Informel immer noch eine befriedigende Aufarbeitung und Darstellung. Problemgeschichtlich ist diese Kunst niemals wirklich zum Thema, etwa der Philosophie, geworden. Für Wedewer ergibt sich der Zusammenhang der beiden Betrachtungsebenen aus der geschichtlichen Situation, in der diese Kunst entstanden ist.

Kaum zu leugnen ist ja seine Analyse, dass die Künstler der unmittelbaren Nachkriegszeit nicht nur aus der Kunstgeschichte herausgefallen waren, sondern vor allem durch den Krieg und den Zusammenbruch aller bisher gültigen Werte und Strukturen einen enormen "Verlust von Ordnung und Gewissheit" erlebten. Wedewer folgert daraus "eine Gefährdung auch des Ich, mit seiner Dekonstruktion, letztlich mit dem Verlust von Geschichte". Der Autor bezieht diese Orientierungslosigkeit des Ich sowohl auf die Gewissheiten der Kunstgeschichte im engeren Sinn als auch auf den Verlust von Welthaltigkeit: "Die Welthaltigkeit des Informel ist also ex negativo bestimmt, im Spiegel der Ich-Behauptung." Wenn, wie Wedewer analysiert, die "Stimmigkeit der Beziehungen zwischen Welt und Ich" zerbrochen ist, der Künstler also auf das der Kunst Äußerliche nur noch "ex negativo" reagieren kann, dann findet er sich in einer Situation der Unsicherheit wieder, in der das beherrschende Prinzip seiner Kunst nur noch die Formlosigkeit sein kann. Im Gegensatz zu Adorno aber formuliert Wedewer in Anlehnung an Paul Valéry, dass Form stets ein "begründeter Entscheid" ist. Er leitet daraus für die Kunst des Informel ab: "Form als solche gibt es nicht, sondern immer nur Form als Etwas. Entsprechend gilt der Umkehrschluss, dass folglich auch die Thematisierung des Prinzips der Formlosigkeit ein begründeter Entscheid ist."

Aus dieser These entwickelt Wedewer in seinem Buch nun einen theoretischen Rahmen für das Informel, dem Titel entsprechend zwischen "Weltverlust und Ich-Behauptung", genauso wie ein faszinierendes Panorama dieser Kunst im Einzelnen. Zu den Höhepunkten gehören dabei die Bildbeschreibungen, die - frei von jeder Theorielastigkeit - den Autor als einen außerordentlich präzise analysierenden und insbesondere genau schauenden Beobachter ausweisen. Es gelingt dabei die Differenzierung zwischen den unterschiedlichen Erscheinungsweisen und strukturellen Ansätzen in der informellen Malerei. Wedewer wendet sich damit gegen die Einengung dieser Kunstrichtung auf eine gestische Komponente, die er von einer "texturologischen" abgrenzt. Beide verfolgt er wiederum auf ihre Wurzeln in der europäischen und außereuropäischen Kunst zurück. So wird ausführlich auf die Kalligraphie und auf den Einfluss des Zen in der westlichen Kunst eingegangen.

In seinen Beispielen der Künstler, deren Arbeiten er ausführlich analysiert, nimmt Wedewer vor allem die Problemfälle in den Blick, also solche Künstler, deren Zuordnung zum "Informel" mindestens umstritten ist, wie etwa Dubuffet, Tapiès, Michaux oder Tobey. Dadurch gelingen ihm sowohl kunsthistorische Ableitungen, etwa aus dem Surrealismus, als auch das Aufzeigen von Gemeinsamkeiten, die zwischen dem europäischen Informel und dem amerikanischen Abstrakten Expressionismus bestehen.

Der Künstler und die Welt.

Dass gerade dieser Aspekt nicht ausführlicher behandelt wird, ist ein Verlust, wird aber vom Autor damit begründet, dass die amerikanische Literatur zu diesem Thema ungleich fortgeschrittener ist als die deutsche. Nun weiß auch Wedewer, dass er mit dem "Prinzip der Formlosigkeit" schon deshalb ein ungesichertes Terrain betreten hat, weil Formlosigkeit kein normativer Begriff sein kann, es also bei der Anwendung immer auf die Rückbezüglichkeit des Ich, also des Künstlers auf die Welt ankommt.

Diese interpretatorische Unsicherheit, die eigentlich eine begriffliche ist, versucht Wedewer durch die dialektische Gegenüberstellung des Prinzips der Formlosigkeit mit dem der Rationalität, die Ordnung als Prinzip konstituiert, zu lösen. Interessant und sicherlich noch weiter zu diskutieren ist dabei Wedewers Ansatz, den normativen Verlust von Ordnung in der Formlosigkeit in deren Prozesshaftigkeit aufzuheben. Strukturale Ordnung, so seine These, "konkretisiert sich erst allmählich im Fortgang der Zeit".

Mit diesem Ansatz versucht Wedewer den von außen oft als chaotisch wahrgenommenen Strukturen, die wir leichtfertig auf reine subjektive Willkür zurückführen, eine rationale Begründung abzulesen. Die Kunst des Informel wird dadurch zurückgeführt, wie Hans Heinz Holz dies für den Konstruktivismus festgestellt hat, "in den Bereich der Kommunizierbarkeit (. . .) und in einen konzeptionellen Zusammenhang mit der Wissenschaftlichkeit von Erkenntnis und Weltanschauung gebracht".

HANS-PETER RIESE.

Rolf Wedewer: "Die Malerei des Informel". Weltverlust und Ich-Behauptung. Deutscher Kunstverlag, München, Berlin 2007. 332 S., Farb- u. S/W-Abb., geb., 39,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Hans-Peter Riese begrüßt Rolf Wedewers Arbeit über die Kunst des "Informel". Er attestiert dem Autor einen überzeugenden Ansatz, um diese Richtung adäquat zu erfassen und die Frage zu beantworten, ob es sich dabei um einen Stil oder eine Haltung handelte: die Differenzierung zwischen einer problemgeschichtlichen Ebene und einer kunsthistorischen Fragestellung. So gelingt es Riese seines Erachtens nicht nur, einen theoretischen Rahmen für die informelle Kunst zu entwickeln, sondern auch ein "faszinierendes Panorama" dieser Kunst im Einzelnen zu zeichnen. Besonders lobt er die Bildbeschreibungen und würdigt den Autor dabei als "außerordentlich präzise analysierenden und insbesondere genau schauenden Beobachter".

© Perlentaucher Medien GmbH