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Deutsche Soldaten im Kosovo, deutsche Diplomaten wieder führend auf internationalem Parkett. Eine ungewohnte Situation für die neue Bundesrepublik. Wird Deutschland seiner Rolle gerecht? Kann Europa den Frieden im Kosovo gewinnen? Im Kosovo-Krieg haben erstmals seit 1945 deutsche Soldaten gekämpft. Und erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg übernimmt die deutsche Diplomatie eine führende Rolle beim Friedensschluß. Wie bewegt sich die Berliner Republik auf internationalem Parkett? Wird sie ihrer Aufgabe gerecht? War es der letzte Krieg in Europa? Die Deutschen haben ihre Beteiligung am…mehr

Produktbeschreibung
Deutsche Soldaten im Kosovo, deutsche Diplomaten wieder führend auf internationalem Parkett. Eine ungewohnte Situation für die neue Bundesrepublik. Wird Deutschland seiner Rolle gerecht? Kann Europa den Frieden im Kosovo gewinnen? Im Kosovo-Krieg haben erstmals seit 1945 deutsche Soldaten gekämpft. Und erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg übernimmt die deutsche Diplomatie eine führende Rolle beim Friedensschluß. Wie bewegt sich die Berliner Republik auf internationalem Parkett? Wird sie ihrer Aufgabe gerecht? War es der letzte Krieg in Europa? Die Deutschen haben ihre Beteiligung am Kosovo-Krieg noch lange nicht verarbeitet. Jetzt hat Günter Joetze die Akten des Außenministeriums eingesehen und mit maßgeblichen Akteuren gesprochen. Ohne seine Analysen und Bewertungen wird künftig keine Debatte geführt werden können.
Autorenporträt
Günter Joetze, geboren 1933, Dr. jur., war 32 Jahre im diplomatischen Dienst der Bundesrepublik davon 18 Jahre an internationalen Verhandlungen beteiligt. Von 1995 bis 1999 war er Präsident der Bundesakademie für Sicherheitspolitik und hat heute einen Lehrauftrag der FU Berlin über die Praxis des Konfliktmanagements.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.12.2001

Verschwörung zum Krieg
Bis heute halten sich Gerüchte, die Nato habe ihren Einsatz im Kosovo mit gefälschten Berichten über die Aktionen der Gegenseite gesteuert
„Ich betrachte das nicht als eine länger dauernde Operation. Unser Ziel wird verhältnismäßig rasch erreichbar sein.” – So zuversichtlich gab sich US-Außenministerin Madeleine Albright unmittelbar nach dem Beginn der NATO-Luftschläge gegen die Bundesrepublik Jugoslawien. Im März 1999 teilten diese Einschätzung die meisten Politiker in Europa, aber auch den USA. „Fast alle Entscheidungsträger glaubten, dass eine kurze Serie von Luftschlägen genügen werden”, schreibt Günter Joetze im vorliegenden Buch. Dies aber sei eine Fehleinschätzung der westlichen Regierungen gewesen, so Joetze. Bis zum 10. Juni sollten die Angriffe der NATO weitergehen, bevor Jugoslawien seine Truppen aus dem Kosovo zurückzog.
Die unerwartet lange Dauer des Einsatzes war gerade in Deutschland immer wieder der Grund für Kritik. Und mehr noch: Zur Gruppe der militärischen, moralischen, völkerrechtlichen und politischen Kritiker gesellte sich, wie Joetze meint, die Gruppe der Verschwörungstheoretiker. „Sie behaupten, dass die Bundesregierung die Zustimmung des Parlaments und der Bevölkerung zur NATO- Aktion durch eine Reihe von Manövern und falschen Behauptungen erschlichen habe”, schreibt er.
Mechanismen der Macht
Nach Ansicht des Autors datieren jedoch alle Vorfälle, die diese These belegen sollen, erst nach dem 16. Oktober 1998 – nach jenem Tag also, an dem der Bundestag die Beteiligung an der NATO-Aktion beschlossen hatte. Auch die These von der so genannten Rambouillet-Lüge, dass nämlich die Verhandlungen in dem französischen Schloss lediglich als Alibi geführt worden seien, lasse sich „durch sorgsame Quellenkritik und objektive Analyse” klären, schreibt er.
Damit ist der Anspruch, den Joetze mit seinem Buch erhebt, bereits formuliert. Der Autor, der 30 Jahre lang im diplomatischen Dienst tätig war, will weder die Ursachen für den ethnischen Konflikt ausloten noch die Frage beantworten, ob der NATO-Einsatz gut oder schlecht, richtig oder falsch war. Joetze versucht lediglich, eine auf die Akten des Außenministeriums und des Bundeskanzleramts gestützte Darstellung der Verhandlungen und ihrer Entwicklung zu geben. Tatsächlich geschrieben aber hat Joetze eine Studie über die Mechanismen der internationalen Politik, ihrer Macht und Bürokratie am Beispiel des Kosovo-Konflikts.
Wie der Westen auf die Tragödie in der kleinen serbischen Provinz Kosovo regierte, hat viel zu tun mit den Befindlichkeiten der westlichen Staaten. Die große Chance zur Internationalisierung des Kosovo-Problems, das Abkommen von Dayton in November 1995, blieb ungenutzt, notiert Joetze. „Bei ihrem Mangel an Zeit, Energie und Geld werden sich die Regierungen immer auf die ausgebrochenen Krisen konzentrieren, an denen es ja selten mangelt.”
Die gewaltsame Internationalisierung begann Anfang 1998, als die UCK ein größeres Territorium unter ihre Kontrolle brachte. Folge war eine Operation der serbischen Sonderpolizei, bei der 80 Kosovaren getötet wurden, darunter 25 Frauen und Kinder. „Die internationalen Reaktion bestanden in starker Rhetorik und schwachen Sanktionen”, kommentiert Joetze knapp. Seine Erklärung: „Die Europäer schauten in dieser Frage wie selbstverständlich auf die Amerikaner. Aber die Regierung Clinton litt noch unter der Kritik aus Kongress und Öffentlichkeit an ihrem letzten Waffeneinsatz, den Bombardierungen des Irak.” Zudem, setzt Joetze süffisant hinzu, geriet Clinton zunehmend wegen der Lewinsky-Affäre unter Druck.
Im Oktober drohte die NATO erstmals mit Luftschlägen, und Jugoslawien begann mit dem Truppenrückzug. Beides hatte der amerikanische Unterhändler Richard Holbrooke erreicht. „Holbrooke zeigte in dieser Lage zum ersten Mal sein Geschick als der Investmentbankier, der er später einmal werden sollte: Er verkaufte gewissermaßen an eine Seite ein Aktienpaket, das er von der anderen nicht erworben hatte.” Denn Holbrooke hatte Milosevic erklärt, dass der NATO-Einsatz bereits beschlossen sei, so Joetze. Mit dem Rückzug der serbischen Sicherheitskräfte aber könne er in Brüssel die Aussetzung der Luftschläge erreichen. Und in Brüssel erklärte er, dass mit dem NATO- Einsatzbefehl der Abzug der Serben sicher sei. „Holbrooke flog nach Belgrad zurück und erhielt noch in der Nacht seine Vereinbarung”.
Die kurze Phase der Entspannung mündete im Januar 1999 in der Ermordung von 45 Kosovaren in der Gegend von Racak. Detailliert weist der Autor nach, dass die „Legende von Racak” nicht haltbar ist, wonach es sich bei den Toten um UCK-Soldaten handle, die im Kampf getötet wurden. Die finnischen Pathologen ließen keinen Zweifel daran, dass die Opfer aus der Nähe und teilweise von oben erschossen wurden. Schmauchspuren an den Händen der Opfer schlossen sie aus.
Einzusehen ist der Bericht auf der Homepage des Auswärtigen Amts. Deutschland, dass zu dieser Zeit die EU-Präsidentschaft inne hatte, bat um eine Veröffentlichung des Abschlussberichte erst im März. Der EU und Deutschland trug dies den Vorwurf der Vertuschung ein. Tatsächlich aber habe das Auswärtige Amt um diese Verzögerung gebeten, „um den Erfolg der Verhandlungen in Rambouillet nicht zu stören”, so Joetze. Für den Westen aber war Racak der Wendepunkt. William Walker, Leiter der Kosovo-Verifikations- Mission, besuchte zusammen mit Journalisten den Tatort und sorgte so für ein weltweites Medienecho. Kritisch merkt Joetze an, dass es der UCK im folgenden gelungen sei, die brutale serbische Repression publizistisch auszunutzen.
Doch nach Beginn der Luftschläge gegen Jugoslawien sollte sich die Kehrseite dieser medialen Legitimation des Einsatzes zeigen: Als die Serben ihre Vertreibungen fast beendet hatten, zeigten die westlichen Medien nur noch Aufnahmen der Zerstörungen in serbischen Städten. „Von den Modern und Vergewaltigungen, welche die Vertreibungen begleiteten, sah das westliche Publikum nichts”, so Joetze. Die Stimmung in Europa und den USA begann sich zu ändern.
Tendenz zum Diktat
In Brüssel hatte man sich nach Racak schnell auf eine Konferenzlösung nach dem Vorbild von Dayton geeinigt. Wenn auch „mit einer reichlich dick aufgetragenen Tendenz zum Diktat”, schreibt Joetze. Auch wenn die USA starken Druck auf die Serben ausübten und ihre damalige Außenministerin Albright einseitig auf die albanische Unterschrift drängte, war man in Rambouillet ernsthaft um eine Verhandlungslösung bemüht. Ein Abkommen haben zwar weder Serben noch Kosovaren unterzeichnet, doch hatte die jugoslawische Delegation bei einer überstürzten „Pyjama-Party” mündlich zugestimmt. Dass die Serben diese wiederholt widerriefen wurde von der NATO nicht mehr akzeptiert, schreibt Joetze. In Paris lehnten die Serben ein Abkommen erneut ab. Noch vor Ende der Pariser Gespräche begann die NATO mit der Vorbereitung der Luftschläge.
In seiner Bewertung der Verhandlungen von Rambouillet betont Joetze, dass es sich um ein „notwendiges Diktat” gehandelt habe. Bei aller berechtigten Kritik werde verkannt, dass die jugoslawische Führung hier „ihre letzte Chance verspielt hatte, das Kosovo-Problem friedlich zu regeln”. Eine Einschätzung, von der Joetze selbst sagt, dass sie auf „entschiedenen Widerspruch” stoßen werde. Ebenso wie seine Aussage zum Zusatzabkommen über die Truppenstationierung, den umstrittenen „Appendix B”. Die serbische Seite habe dieses Thema empört von sich gewiesen. „Für den Ausgang von Rambouillet war also ,Appendix B‘ in keiner Weise entscheidend', glaubt er. Der Versuch der politischen Konfliktverhütung sei an einem ganz anderen Problem gescheitert. Beide Seiten verfügten über einsatzbereite Streitkräfte, zu deren Einsatz sie auch bereit waren, erklärt er lakonisch.
Joetzes Einschätzungen mögen umstritten sein, doch in seinem Buch bietet er dafür überzeugende Argumente.
ANDREAS BOCK
GÜNTER JOETZE: Der letzte Krieg in Europa? Das Kosovo und die deutsche Politik, Deutsche Verlagsanstalt, München 2001. 224 Seiten, 35,97 Mark.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.10.2001

Beraten und Berichten

DER KOSOVO-KONFLIKT ist noch so aktuell, daß zur Beurteilung eines Buches auch die Person des Autors von Bedeutung sein kann. Botschafter a. D. Joetze war lange der deutsche Vertreter bei der OSZE. Kurz nach der heißen Phase des Kosovo-Krieges im Herbst 1999 wurde er pensioniert. Die neugewonnene Freizeit hat er in Recherchen investiert, wobei ihm viele offizielle Akten des Auswärtigen Amts und des Kanzleramtes offenstanden. Außenpolitische Akteure und Berater stellten ihre Kenntnisse in Gesprächen zur Verfügung. Ziel des Werkes ist es, die internationalen Bemühungen und die deutsche Rolle des Frühjahres 1999 darzustellen. Die "Kultur der Zurückhaltung" hatte im Golfkrieg ihren Tiefpunkt erreicht: Die Bundesrepublik hatte trotz Kompensation mit Milliardenschecks erkennen müssen, daß die Gewaltlosigkeit nicht mehr die einzig mögliche Konsequenz aus dem Holocaust war. 1999 intervenierte Deutschland dann erstmals "als Ordnungsmacht". Es ist schon erstaunlich, wie sich unter dem äußeren Druck der Ereignisse felsenfeste politische Positionen aufweichen und ändern. Rein theoretische Dogmatik mußte den praktischen Erfordernissen der Hilfe mitten in Europa weichen. Schritt für Schritt verfolgt Joetze interne Gespräche im Auswärtigen Amt, diplomatische Konferenzen und Telefonate, Planungen in Brüssel und Mons sowie die Reisediplomatie zwischen Moskau, Washington, Belgrad und Paris. Die Dominanz der Vereinigten Staaten, die Ideen von Außenminister Fischer, Ohnmacht und Einbindung Rußlands, die Initiativen der Europäer, die Winkelzüge der Serben und die Freund-Feind-Bilder der UÇK spiegeln rückblickend das Wechselbad der Gefühle wider. Mit spitzer Feder scheut Joetze nicht vor eigenen Bewertungen, auch der handelnden Personen und Institutionen, zurück. Dabei gerät das Militär im Zweifel etwas negativer ins Visier des Autors als die ihm vertraute Diplomatie. Auf jeden Fall lockern die Wertungen die Darstellung der Fakten auf. Auch die Literaturauswahl wird prägnant erläutert und kritisch bewertet. Ein authentischer Dokumentenanhang, ein treffend beschreibendes Glossar und eine detaillierte Zeittafel vermitteln ein objektives Bild; sie machen das Buch zu einem wertvollen Nachschlagewerk. (Günter Joetze: Der letzte Krieg in Europa? - Der Kosovo und die deutsche Politik. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart/München 2001. 251 Seiten, 36,- Mark.)

ALEXANDER PORETSCHKIN

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

"Es fehlt das europäische Konzert", notiert Rezensent Ulrich Menzel als Fazit des vorliegenden Buches, das er nüchtern und informativ findet. Die europäischen Streitkräfte, so der Autor, seien "in jeder Hinsicht" zu schlecht ausgestattet, um Militäreinsätze mit möglichst wenig Opfern durchführen zu können. Auch hätten die politisch Verantwortlichen die Risiken des Kosovo-Krieges falsch eingeschätzt. Der Autor biete in seiner sachlichen Darstellung auch Möglichkeiten an, wie die Europäer in Zukunft vorgehen könnten: Etwa eine Modernisierung der jeweiligen Armeen oder ein gemeinsames europäisches Herr kämen für Joetze in Frage, der drei Jahrzehnte im Diplomatischen Dienst arbeitete. Im Kosovo hätten zwar die Amerikaner "nahezu alles alleine entschieden" - auf diplomatischem Parkett allerdings hätte die Bundesregierung Bedeutung gehabt. "Das Buch ist weniger eine Geschichte des Kosovo-Kriegs als eine Geschichte der politischen Bemühungen, ... den Krieg zu vermeiden", fasst der Rezensent zusammen.

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