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Produktdetails
  • Verlag: DVA
  • Seitenzahl: 286
  • Abmessung: 220mm
  • Gewicht: 526g
  • ISBN-13: 9783421054258
  • ISBN-10: 3421054258
  • Artikelnr.: 24324923
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Nicht so zufrieden ist Reinhard Kaiser mit dieser Geschichte über eines der erfolgreichsten Internet-Unternehmen und seinen Gründer Jeff Bezos. Die Story dessen, der aus einem hervorragend bezahlten Job ausstieg, weil sein Chef seine Geschäftsidee nicht verwirklichen wollte, es dann selbst machte und eine Bilderbuchkarriere à la carte hinlegte, ist spannend. Aber, so Kaiser, von einem `Wirtschaftsjournalist und Unternehmensberater` wie Spector hätte man etwas mehr Analyse und Beurteilung erwartet, - zumal noch längst nicht feststeht, ob das Konzept der permanenten und totalen Reinvestition aller Gewinne, wie sie Amazon.Com betreibt, am Ende wirklich aufgehen kann. Und er fragt sich, ob man aus der `ziemlich einmaligen Geschichte eines Mannes` wirklich Tipps für den allgemeinen Hausgebrauch ziehen kann wie Spector es tut.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.10.2000

Geld fällt vom Himmel
Der Amazongründer hält nur den Hut auf / Von Reinhard Kaiser

Ob man den alten Witz von dem Eierverkäufer in Amerika nicht kennt? Robert Spector erwähnt ihn nicht. Dabei berichtet er von der erstaunlichen Geschichte eines Mannes, der mit seiner Firma seit mehr als einem halben Jahrzehnt und bisher höchst erfolgreich aller Welt zu beweisen versucht, daß das Rentabilitätsprinzip jenes Eierverkäufers keine Narretei, sondern die einzige erfolgversprechende Unternehmensstrategie auf den Goldfeldern des Internet-Business ist. "Sie kaufen Ihre Eier für zehn Pfennig und verkaufen sie für neun - wie kommen Sie da auf Ihre Kosten?" fragt ein besorgter, da mitdenkender Kunde diesen Händler, worauf der ihm mit verschmitzter Miene sein Geschäftsgeheimnis verrät: "Wissen Sie, die Masse macht's."

Sich selbst, seinen Mitarbeitern und seinen Aktionären erklärt Jeff Bezos, Gründer und Chef von "Amazon.Com", der größten Buchhandlung im Internet, die Sache so: "Wenn Sie schnellen Gewinn suchen, sind Sie bei uns an der falschen Adresse. Wir wollen hier etwas Einzigartiges schaffen. Wir investieren in die Zukunft." Auf einer Aktionärsversammlung im Jahre 1999 entschuldigte er sich sogar für kurzfristig im Weihnachtsgeschäft 1998 eingefahrene Gewinne: "Wären wir imstande gewesen, uns besser zu organisieren, dann hätten wir auch in diesem Dezember keinen Gewinn gemacht."

"Get big fast" lautet das Credo von Jeff Bezos - alle verfügbaren Mittel in die Vergrößerung des Betriebes stecken, in die Ausweitung der Geschäfte, die Diversifikation des Angebots, den Erwerb von Kompetenz und die Erschließung neuer Märkte. Jetzt oder nie und koste es, was es wolle, Plätze besetzen, damit sich kein anderer dort niederlassen kann. Entstehende Verluste durch Steigerung der Umsätze ausgleichen, die ihrerseits aber so erzielt werden, daß sie weitere, größere Verluste produzieren, die erneut ausgeglichen werden müssen - so lange, bis aus roten Zahlen irgendwann mal schwarze werden.

"Seine Art zu träumen", erinnert sich eine Jugendfreundin an Jeff Bezos, "war so schöpferisch, daß man dachte: Mensch, das sind mehr als nur Hirngespinste." Damals, im Jahr 1982, kurz nach der High School, mit achtzehn Jahren, träumte er noch vom Weltraum und seiner Kolonisierung zum höheren Wohl der Menschheit. Es dauerte dann ein paar Jahre, bis er von etwas hörte, das "jährlich um unglaubliche 2300 Prozent anstieg". Es war nicht der Weltraum, sondern das Internet mit seinen Millionen und Abermillionen hinzudrängenden Nutzern.

Die Gründungsgeschichte von Amazon.Com, die den anschaulichsten und interessantesten Teil von Spectors Buch ausmacht, handelt nicht, wie man erwarten könnte, von einem literaturverliebten Netzfreak, der zwei Passionen unter den Hut einer Geschäftsidee bringen will. Sie handelt von einem hochbegabten Mann, der nach dem Studium der Elektrotechnik und Informatik in Princeton eine steile Karriere als immer höher bezahlter Vordenker mit Computersachverstand an der Wall Street macht und dem sein "Chief Executive Officer" eines Tages den Auftrag gibt, Möglichkeiten für Geschäfte im Internet zu erkunden.

Der junge Mann notiert sich auf einem Zettel zwanzig Dinge, mit denen man im Internet Handel treiben könnte: Software, Büroartikel, Kleidung, Musik und anderes mehr. Doch nach reiflicher Überlegung kommt er zu dem Schluß, daß das, was auf seinem Zettel zuunterst steht, im Internet die besten Absatzchancen haben dürfte - Bücher. In der Firma erntet er Kopfschütteln. "Dann mach ich es selber", gibt der junge Mann seinem Chef zu verstehen, läßt ein siebenstelliges Jahresgehalt sausen und übersiedelt von New York nach Seattle an die Westküste. Das Wichtigste an dem Haus, das er dort mietet, ist für ihn die Garage. Wie all die anderen Hightech- und Software-Firmen, die an der Westküste groß geworden sind, will auch er später erzählen können, er habe in einer Garage angefangen. Und nach Anregungen für den Firmennamen sucht er im Lexikon nur unter dem Buchstaben "A", um wenigstens schon mal im Alphabet einen vorderen Platz zu belegen.

Der Erfolg begleitet Amazon.Com seit dem ersten Auftritt im Netz, Mitte 1995, nicht nur, sondern hat das Unternehmen förmlich überrollt. Ein explosionsartiges Umsatzwachstum von 511 000 Dollar im zweiten Halbjahr 1995 auf 1,64 Milliarden im Jahr 1999, doch weit und breit kein Gewinn, statt dessen eine ins schwer Überschaubare ausufernde Angebotspalette: Spielwaren, Urlaubsreisen, Artikel rund ums Haustier, Werkzeug, Kunstwerke - und mitwachsende Verluste.

Von einem Wirtschaftsjournalisten und Unternehmensberater sollte man erwarten, daß er eine solche Geschäftslage nicht nur beschreibt, sondern auch beurteilt, also die Frage beantwortet: Macht's die Masse? Oder macht sie's nicht? Spector jedoch scheut dieses Risiko. Statt dessen riskiert er es, die unabgeschlossene Geschichte einer mit hohem Risiko geplanten Karriere in einem Buch, das bei seinem Erscheinen von den Geschäfts- und Kursentwicklungen bei Amazon.Com bereits überholt war, als exemplarische Erfolgsgeschichte zu präsentieren. Und er riskiert es, aus der ziemlich einmaligen Geschichte eines Mannes, der weiß, daß er in jedem Augenblick alles verlieren kann, Empfehlungen herauszufiltern: "Stellen Sie möglichst viele fähige Manager ein." Oder: "Haben Sie ein Auge auf die Konkurrenz, und seien Sie stets bereit zurückzuschlagen." Aber vor allem: "Seien Sie gut gelaunt. Bezos wurde dafür geschätzt, daß er gegenüber seinen Mitarbeitern immer zu Scherzen aufgelegt war." Wurde? War? Wo ist Bezos jetzt? Ist ihm das Lachen vergangen? Keine Antwort. Jeff Bezos stand dem Verfasser seiner Biographie für Fragen und Antworten nicht zur Verfügung.

Robert Spector: "Amazon.Com - Get Big Fast". Jeff Bezos und die Revolution im Handel. Aus dem Amerikanischen von Ursula Held. Deutsche Verlagsanstalt, München 2000. 288 S., geb., 49,80 DM.

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