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Produktdetails
  • Verlag: Bouvier
  • Seitenzahl: 280
  • Erscheinungstermin: Mai 2010
  • Deutsch
  • Gewicht: 516g
  • ISBN-13: 9783416032926
  • ISBN-10: 3416032926
  • Artikelnr.: 29022239
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.09.2010

Großer Freund der Deutschen
Erfahrungen und Maximen von Jean François-Poncet

Ein Memoirenbuch ist das nicht, was Jean François-Poncet geschrieben hat: Weder hat er seine Tätigkeit in öffentlichen Ämtern anhand von Aktennotizen noch einmal rekonstruiert, noch hat er Anekdoten gesammelt oder Süffisantes über wichtige Persönlichkeiten ausgeplaudert. Eigentlich besteht das Buch aus drei, nicht immer homogenen Teilen. Im ersten Teil schildert er seine Erfahrungen mit Deutschland (und mit den deutsch-französischen Beziehungen), im Privaten wie als Beamter, der die europäische Einigung von Beginn an mitgestaltet hat. Das steigert sich oft zu einem leidenschaftlichen Plädoyer, zu "Betrachtungen für heute und morgen", wie der Untertitel sagt, dazu noch für die Zukunft. Der zweite Teil, der von Erfahrungen in den Zentren der Macht berichtet - zuerst als Staatssekretär im Auswärtigen Amt, dessen Adresse dem Buch den Titel gegeben hat, dann als Außenminister, dazwischen als Generalsekretär des Elysée unter Präsident Giscard d'Estaing -, kommt traditioneller Erinnerungsliteratur am nächsten, obwohl auch da die Reflexionen immer wieder auf die Gegenwart ausgreifen: Afghanistan, Nahost, die französische Außenpolitik im Allgemeinen. Im dritten Teil, der gerade für deutsche Leser am interessantesten sein mag, schildert er seinen Weg zur Politik, wobei der Bericht des langjährigen Präsidenten eines Regionalrates (im Département Lot-et-Garonne) zeigt, dass auch im zentralistischen Frankreich Paris nicht alles ist, sondern auch hier die amerikanische Devise gilt "all politics is local".

Amerika kennt François-Poncet gut, er hat in Harvard studiert (wie natürlich danach an der französischen Elitehochschule ENA), spricht fast akzentfrei Englisch. Intim ist auch seine Beziehung zu Deutschland: der Vater des 1928 geborenen Jean war von 1931 bis 1938 Botschafter in Berlin, dort ging der Sohn zur Schule; nach dem Krieg kehrte André François-Poncet als Hochkommissar (bis 1955) an den Rhein zurück. Daraus ist für den Sohn Jean eine Zuneigung entstanden, die durch Sachkenntnis gefestigt wurde: eine seiner Examensarbeiten galt dem Konzept der Sozialen Marktwirtschaft. Und er ist vermutlich einer der wenigen französischen Spitzenbeamten und -politiker (einige Jahre Erfahrung als Manager eines privaten Unternehmens haben dazu noch beigetragen), die verstanden, was eine liberale Wirtschaftsordnung ist, und auch nicht davor zurückscheuten, sich selbst als liberal zu bezeichnen.

Jean François-Poncet, aus dem Beamtenadel kommend, über seine Heirat in die Familie de Wendel mit dem französischen Industriellenadel verschwägert, mit glänzenden Diplomen ausgerüstet, hochbegabt und welterfahren, hätte einen dauerhaften Platz in der Spitzenklasse von Frankreichs Politik erringen können. Doch die Parteipolitik mit ihren Zumutungen und Verbiegungen war seine Sache nicht, vielleicht fehlte ihm auch der unbedingte Wille zur Macht - kein Wunder bei einem Mann, der mit allen Erdengütern früh reichlich gesegnet war. Nach den wichtigen Ämtern, die er in der Regierungszeit Giscards ausübte, errang er 1983 einen Sitz im Senat, der zweiten Kammer des Parlaments, wo es ruhiger und gesitteter zugeht als im turbulenten politischen Alltag.

Die europäischen Erfahrungen, politischen Analysen und Maximen, die in diesem Buch versammelt sind, haben gerade für deutsche Leser besonderes Interesse. Deshalb hätten sie mehr verlegerische Aufmerksamkeit verdient. Neben Druck- und Satzfehlern gibt es im Text wie im Register falsch geschriebene Namen, die in einem angehängten Glossar teilweise korrekt auftauchen. Mangelnde Sorgfalt ist bei dem Buch dieses großen Freundes Deutschlands und der Deutschen besonders bedauerlich.

GÜNTHER NONNENMACHER

Jean François-Poncet: Quai d'Orsay 37. Erinnerungen und Betrachtungen für heute und morgen. Aus dem Französischen von Hermann Kusterer. Bouvier Verlag, Bonn 2010. 280 S., 24,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Also es ist kein Memoirenbuch, Freunde des Süffisanten kommen nicht auf ihre Kosten, so warnt uns Günther Nonnenmacher persönlich. Allerdings findet der Rezensent doch etwas an diesem Band des Beamtenadligen Jean Francois-Poncet. Aufschlussreiches nämlich aus den Zentralen der Macht zur europäischen Einigung etwa oder zu den deutsch-französischen Beziehungen, für die ihm der Autor ein Fachmann zu sein scheint. Überhaupt kennt Nonnenmacher die Laufbahn Poncets gut. Und ist ihm auch nicht böse, wenn der mitunter doch eher traditionell im Stil der Erinnerungsliteratur berichtet. Unglücklich machen den Rezensenten hingegen die vielen Druckfehler in einem Buch, das er deutschen Lesern ausdrücklich ans Herzen legen möchte.

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