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Das Warenhaus ist ein zentrales Symbol der Modernisierungsprozesse des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Es revolutioniert nicht nur den Einzelhandel, sondern es ist ein Ort, an dem die Moderne in ihrer ganzen Heterogenität, Komplexität und Ambivalenz erfahren werden konnte. Das Buch widmet sich aus transnationaler Perspektive den Debatten, die zeitgenössisch über das Warenhaus geführt wurden. Wenn über das Warenhaus gesprochen wurde, ging es immer ums Ganze: die ganze Wirtschaft, das ganze Volk, den ganzen Staat. Das Buch zeigt, dass das Warenhaus mehr ist als nur ein Symbol. Es muss vielmehr als…mehr

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Produktbeschreibung
Das Warenhaus ist ein zentrales Symbol der Modernisierungsprozesse des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Es revolutioniert nicht nur den Einzelhandel, sondern es ist ein Ort, an dem die Moderne in ihrer ganzen Heterogenität, Komplexität und Ambivalenz erfahren werden konnte. Das Buch widmet sich aus transnationaler Perspektive den Debatten, die zeitgenössisch über das Warenhaus geführt wurden. Wenn über das Warenhaus gesprochen wurde, ging es immer ums Ganze: die ganze Wirtschaft, das ganze Volk, den ganzen Staat. Das Buch zeigt, dass das Warenhaus mehr ist als nur ein Symbol. Es muss vielmehr als integraler Schauplatz der Moderne verstanden werden, an dem die Möglichkeiten und Bedingungen der modernen Kultur sowohl praktisch als auch theoretisch verhandelt wurden.
Autorenporträt
Uwe Lindemann ist Dozent für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum und forscht seit vielen Jahren zur modernen Konsumkultur.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Michael Mönninger muss Zola, Hessel und Kracauer immer mitlesen, wenn er in Uwe Lindemanns Versuch blättert, dem Phänomen Warenhaus mit Hilfe von allerhand Quellen aus den Jahren 1880 bis 1940 beizukommen. Viel mehr als kulturwissenschaftlicher Konstruktivismus kommt dabei laut Rezensent nicht heraus. Auch wenn er bei Lindemann etwa erfährt, was Reaktionären am Shoppingtempel schon immer als sittenwidrig galt, fehlt ihm im Buch die Liebe zum Gegenstand, wie er sie in den großen Warenhaus-Romanen findet.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.12.2015

Das Kaufhaus als Hassobjekt und Faszinosum

In seiner gut hundertfünfzig Jahre langen Geschichte hat das moderne Warenhaus die größte Aufmerksamkeit von Schriftstellern, Historikern, Soziologen, Philosophen und Künstlern auf sich gezogen. Seit Émile Zolas Roman "Au Bonheur des Dames" (Das Paradies der Damen, 1883), das nach dem Urteil von Werner Sombart die herkömmliche Wirtschaftsgeschichte zur "Stümperei" deklassierte, sind zahllose Warenhaus-Romane über alle Lebensbereiche des Publikums, Personals, Managements und Sortiments erschienen.

Wenn der Bochumer Literaturwissenschaftler Uwe Lindemann den Konsumtempeln nun attestiert, dass sie im realen Wirtschaftsleben weitaus weniger bedeutend waren als im kulturellen Bewusstsein, fragt man sich, woher die gewaltige Fixierung auf diese Sonderform des Handels herrührt. In der Blütezeit um 1913 machten Häuser von Wertheim, Karstadt, Tietz, Schocken und vielen anderen gerade einmal 2,5 Prozent am Umsatz des deutschen Einzelhandels aus. Die Gründe, warum die historischen Einkaufsparadiese dennoch zum zentralen "Schauplatz der Moderne" aufstiegen, sind daher in den Wünschen, Projektionen, Ressentiments und Ängsten der Zeitgenossen zu suchen. Akribisch geht der Autor anhand Hunderter von Literaturquellen zwischen 1880 und 1940 allen Aspekten dieser Phantasmagorie des Konsumlebens nach. Warenhäuser, so war es schon bei Zola zu lesen, würden den mittelständischen Kleinhandel bedrohen - was aber angesichts der Verdoppelung der Handelsbetriebe von 1882 bis 1907 zumindest für Deutschland nicht stimmte. Auch würden Warenhäuser den weiblichen Kaufrausch und die Kleptomanie fördern - was der Autor als Verschwörung des männlichen Produktionsdenkens gegen die Angst vor dem Weiblich-Konsumierenden ansieht. Verbreitet war ferner der Topos von der Sittengefährdung durch Verkäuferinnen, die auf der abschüssigen Bahn vom Mannequin bis zur Prostituierten lebten und mit der Freisetzung unkontrollierter Affekte die bürgerliche Ehemoral unterhöhlen würden - was auch nur ein unfrommer Männerwunsch war.

Schließlich war das Warenhaus Inbild der Amerikanisierung und Massenkultur, der Nivellierung des Geschmacks und des volksfremden Nomadentums spekulierender Basar-Händler - mit den Worten des Wirtschaftshistorikers Werner Sombart: "geronnener Judengeist". Kein Wunder, dass die Nationalsozialisten schon 1920 in ihrem Parteiprogramm die Zerschlagung der Warenhäuser ankündigten. So lautet der Befund des Autors, dass Warenhäuser in Deutschland die zentralen kulturellen und politischen Schlachtfelder des Antiamerikanismus, Antifeminismus, Antikapitalismus und Antisemitismus waren, also oberste Hassobjekte der Reaktionäre. Doch das Faszinosum dieser Paläste, die am Ursprung der emanzipierten modernen Konsumentendemokratie stehen, bekommt Uwe Lindemann nicht in den Blick. Sein zitatreicher, aber trotzdem anschauungsarmer Versuch, eine "Rekonstruktion des diskursiven Feldes der Modernisierungsprozesse um 1900" zu leisten, huldigt allerlei Theoriegespinsten des kulturwissenschaftlichen Konstruktivismus, opfert aber dafür die Liebe zum Gegenstand. Ohne ergänzende Lektüre von Zola, Benjamin, Hessel, Kracauer, Simmel und vielen anderen Liebhabern des klassischen Shoppings wüsste man nicht, was man alles verpasst hat.

MICHAEL MÖNNINGER.

Uwe Lindemann: "Das Warenhaus".

Schauplatz der Moderne.

Böhlau Verlag, Wien, Köln, Weimar 2015. 377 S., Abb., geb., 49,50 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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