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Produktdetails
  • Verlag: Böhlau Verlag
  • ISBN-13: 9783412128982
  • ISBN-10: 3412128988
  • Artikelnr.: 07832877
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.08.2000

Ehrt eure großen Männer
Die Weltgeschichte ist eine Geschichte von Denkmalskämpfen

Beim Lesen dieses Buches fragt man sich immer wieder, wie eigentlich der korrekte Titel des Werkes hätte lauten müssen. Vielleicht würde ihm ein barockisierender Titel gerecht wie dieser: "Ausführliche Beschreibung der großen politischen Ideen und Absichten, auf die sich die vornehmsten Denkmäler der Kaiser und Könige im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation gründen, nebst ihrer Ableitung aus den ewigen Exempla Babylons, Ägyptens, des Hebräerlandes, Griechenlands und Roms, mit besonderer Würdigung des welschen Feindes deutschen Kaisertums und seines hochfahrenden Denkmalskultes als Sonnenkönig, des längeren und breiteren durchaus kurzweilig dargestellt zum Nutzen der Gelehrten und Studenten und zur Erbauung eines gebildeten Publikums, mit vielen Bildern und mancherlei Exkursen von den Zeiten der Salier bis zum Regierungsantritt Maria Theresias verfaßt und ohne erkennbare Hilfe eines Lektorats zum Druck gebracht von Thomas H. von der Dunk, weiland Kunsthistoriker und wissenschaftlicher Mitarbeiter am historischen Seminar der Universitäten Leiden und Utrecht."

Dieser Titel würde zur disziplinierten Umschweifigkeit des Buches passen, denn es ist eben keine Geschichte des deutschen Denkmals "in Bronze und Stein", wie sein Untertitel behauptet, sondern eine Geschichte des europäischen Denkmalskultes, seiner Bedeutung für die Herrschaftssicherung von Machthabern aller Art und seiner Manifestationen in den verschiedenen Denkmalstypen von der Antike bis zur Mitte des achtzehnten Jahrhunderts.

Ursprünglich hatte der Autor eine Übersicht über den nationalen deutschen Denkmalskult bis zum Ende des wilhelminischen Kaiserreiches verfassen wollen, doch tauchten für ihn bei diesem Projekt so viele Fragen auf "betreffend das Wie, das Wo, das Wann und das Wozu. Wie und weshalb gerade zu jenem Zeitpunkt haben diese Kaiser und in ihrem Sog vielleicht auch die anderen deutschen Fürsten und sonstigen Potentaten in diesen Jahrhunderten versucht, durch Errichtung von Denkmälern Politik zu machen und der Nachwelt ihre Vorstellungen einer wünschenswerten Weltordnung einzuprägen? Wie haben sie in Deutschland auf die Herausforderungen, die auf sie zukamen, reagiert?" Zu diesen Fragen hätte er gern Antworten in einem Buch gelesen. Da dieses Buch noch nicht vorhanden war, hat er es selbst geschrieben. So die munter dargestellte Vorgeschichte des Werkes, der Dissertation des niederländischen Autors.

Als Denkmäler gelten hier im engeren Sinne nur die Werke, seien es Bauten oder Skulpturen ("Konstruktionen von Dauer"), die mit der Intention, Denkmal zu sein, errichtet worden sind. "Deutsch" sind sie insofern, als sie sich auf dem Gebiet des Heiligen Römischen Reiches, ohne Italien und Burgund, befinden, einem Gebiet mit ständigen Veränderungen seiner Grenzen und Verlagerungen seiner politischen Zentren. Die Ausgangsfragen führen den Autor zu weit ausholenden Antworten. Wer den Denkmalscharakter der Kaiserdome am Rhein erklären will, kommt um einen erläuternden Rückgriff auf den exemplarischen kaiserlichen Kirchenbau zu Aachen nicht herum. Und wer seine Erläuterungen gründlich anlegt, dem bleibt ein Rückgriff auf Rom und die Antike nicht erspart, und ehe er sich's versieht, muß er die Denkmalsformen der "ersehnten, erhaltenen, erinnerten, erforschten, erfundenen und erträumten Antike" und zu guter Letzt die architektonische und bildnerische Gestaltung der Sieben Weltwunder erörtern.

Durch den Rückgriff auf die Antike und ihre Renaissancen verschafft das Buch dem Leser ein umfassendes Verständnis des Denkmalskultes und der Denkmalpolitik des hohen und späten Mittelalters und der beginnenden Neuzeit bis hin zu den konkurrierenden Denkmalskonzepten der Bourbonen und Habsburger. Dieser welthistorischen und folglich denkmalpolitischen Konkurrenz zwischen Ludwig XIV. und den Erben Kaiser Maximilians ist der Hauptteil des Buches gewidmet, exemplarisch herausgearbeitet am unchristlich triumphierenden Reiterstandbild des Sonnenkönigs, auf dessen Sockel das gedemütigte Haus Habsburg in Gestalt eines alten Sklaven kauert, und an der souveränen Antwort des Wiener Hofes mit den großartigen, den universalistischen christlichen Anspruch des Kaisertums repräsentierenden Bauten Fischers von Erlach.

Das Buch ist hervorragend illustriert, es enthält ein Personen- und ein Denkmalregister. Daß ungezählte Kommata an falscher Stelle stehen und an richtiger Stelle fehlen, ist dem Autor ebensowenig anzulasten wie die große Zahl grammatikalischer Fehler. Ein Lektorat, sollte es beim Verlag noch eins geben, hat das Buch wohl nicht betreut.

Dem Autor ist zu wünschen, daß er Zeit und Mittel findet, um die Fortsetzung dieses Buches zu schreiben. Sie soll nach seinen Vorstellungen mit dem wilhelminischen Denkmalskult enden, der eine seiner markigsten Epiphanien am Deutschen Eck plazierte. Kurt Tucholskys Beschreibung dieses Kaiser-Wilhelm-Denkmals ("ein Faustschlag aus Stein ... ein gigantischer Tortenaufsatz") aus dem Jahr 1930 hat von der Dunk seinem Werk vorangestellt und mit Selbstironie in sein Vorwort münden lassen. Auch seine Arbeit sei vor allem Sockel, wie das Denkmal der reitenden Majestät. Anders als vom Sockel am Deutschen Eck kann man von diesem hier jedoch sehr weit blicken.

ECKHART GRÜNEWALD.

Thomas H. von der Dunk: "Das Deutsche Denkmal". Eine Geschichte in Bronze und Stein vom Hochmittelalter bis zum Barock. Beiträge zur Geschichtskultur, Band 18. Böhlau Verlag, Köln 1999. XIII, 828 S., 208 Abb., geb., 198,- DM.

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"Aus Studien im Vorfeld der deutschen Denkmalproblematik im 19. Jahrhundert ist dem niederländischen (Kunst-) Historiker Thomas H. von der Dunk ein Überblickswerk zur Geschichte des deutschen Denkmals vom Mittelalter bis zum 18. Jahrhundert erwachsen, das nicht nur durch seinen weiten Kenntnishorizont und seinen Materialreichtum, sondern vor allem durch seine argumentative Kohärenz beeindruckt.
In der Art von Lexikaartikeln, aber doch ausführlicher und besonders gut und verständlich geschrieben, werden die geschichtsphilosophischen Positionen der genannten Denker vorgestellt und erläutert." -- Ralph Uhlig, Das Historisch-Politische Buch, Jg. 48, Heft 5, 19.02.2002

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Eckehart Grünewald ist besonders von der "disziplinierten Umschweifigkeit" dieses Buches beeindruckt gewesen. Es sei eben keine Geschichte des deutschen Denkmals `in Bronze und Stein`, sondern "eine Geschichte des europäischen Denkmalkultes, seiner Bedeutung für die Herrschaftssicherung von Machthabern aller Art und seiner Manifestationen in den verschiedenen Denkmalstypen von der Antike bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts". Voller Sympathie für den niederländischen Autor dieses Buches, beschreibt Grünewald dessen "ausholende Antworten" auf einfache Ausgangsfragen. Dadurch würde dem Leser ein "umfassendes Verständnis des Denkmalkultes und der Denkmalpolitik des hohen und späten Mittelalters und der frühen Neuzeit" verschafft. Hervorragend illustriert findet Grünewald das Buch, und freut sich über ein Denkmal- und Personenregister. Weniger erfreut war er über die "ungezählten" Kommafehler und die große Zahl grammatischer Unrichtigkeiten. Das sei aber dem Verlag und nicht dem Autor anzukreiden. Dem wünscht der Rezensent zum Schluss "Zeit und Mittel" für eine Fortsetzung des Buches.

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