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Die deutschen Nationalsymbole Peter Reichel erzählt die Geschichte der nationalen Symbole der beiden deutschen Staaten nach 1945. Am Beispiel u.a. des Deutschlandliedes und der DDR-Hymne, der Farben Schwarz-Rot-Gold, des 8. Mai und 9. November, des Brandenburger Tors, des Reichstags und der Paulskirche, bis hin zur Neuen Wache und zum Holocaust-Mahnmal schildert der Autor die Schwierigkeiten, eine neue politisch-kulturelle Identität nach dem Zusammenbruch des "Dritten Reiches" auszubilden.
Jeder Staat ist durch seine nationalen Farben, Hymne und Jahrestage, seine zentralen Staatsbauten und
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Produktbeschreibung
Die deutschen Nationalsymbole
Peter Reichel erzählt die Geschichte der nationalen Symbole der beiden deutschen Staaten nach 1945. Am Beispiel u.a. des Deutschlandliedes und der DDR-Hymne, der Farben Schwarz-Rot-Gold, des 8. Mai und 9. November, des Brandenburger Tors, des Reichstags und der Paulskirche, bis hin zur Neuen Wache und zum Holocaust-Mahnmal schildert der Autor die Schwierigkeiten, eine neue politisch-kulturelle Identität nach dem Zusammenbruch des "Dritten Reiches" auszubilden.
Jeder Staat ist durch seine nationalen Farben, Hymne und Jahrestage, seine zentralen Staatsbauten und Denkmäler sinnlich wahrnehmbar. Er muß für die Menschen, die in ihm leben und sich mit seiner Verfassung identifizieren sollen, symbolisch sinnfällig werden. Das ist in Deutschland schwieriger als anderswo. Peter Reichel schildert eindringlich die Schwierigkeiten der Bonner Republik im Umgang mit politischer Ästhetik nach dem Mißbrauch durch das "Dritte Reich". Ausführlich thematisiert er den fortwährenden Streit um Hymne und Flagge, Feiertage, nationale Denkmäler und Staatsbauten. Die Berliner Republik hat diese Zurückhaltung tendenziell aufgegeben und sich mit dem Kanzleramt und der neuen Reichstagskuppel zwei Glanzstücke erlaubt. Längst sind sie zusammen mit der Quadriga des Brandenburger Tors und den düsteren Steinblöcken des Mahnmals zum telegenen Logo der Hauptstadt avanciert. Daß damit jedoch der Streit um politische Identität und Selbstvergewisserung der Berliner Republiknoch längst nicht abgeschlossen ist, zeigt Peter Reichel in dieser verständlich geschriebenen Geschichte deutscher Nationalsymbole.
Autorenporträt
Peter Reichel ist Professor für Politische Wissenschaft an der Universität Hamburg. Mit seinen Büchern "Der schöne Schein des Dritten Reiches (1993) und "Politik mit der Erinnerung" (1999) ist er als Kenner der Geschichte des Nationalsozialismus und seiner Folgen hervorgetreten.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.10.2005

Die Fahne tief und die Hymne verpönt
Republikanische Symbole für Deutsche / Von Heinrich Wefing

Es ist eine geläufige und nicht leicht zu widerlegende Klage, daß die Deutschen ein gebrochenes oder unterkühltes, jedenfalls defizitäres Verhältnis zu den Symbolen ihrer Nation hätten. Üblicherweise wird zur Untermauerung dieser These auf den demonstrativen Patriotismus anderer Demokratien verwiesen, auf Frankreich und Amerika zumal. Denkt man an den dort verbreiteten, gelegentlich fast naiven Stolz auf die eigene Flagge oder an die Inbrunst beim Absingen der Hymne, dann schneidet Deutschland im Vergleich tatsächlich schlecht ab. Wer kennt hierzulande schon zuverlässig den Text wenigstens der dritten Strophe des Deutschlandliedes, wer hat denn - außerhalb des Fußballstadions - eine herzliche, gar emotionale Beziehung zu den Farben Schwarz-Rot-Gold?

Die Gründe für diese Unlust der Deutschen, sich demonstrativ zu ihrem Staat zu bekennen, sind häufig beschrieben worden. Die dröhnende propagandistische Überhöhung des NS-Regimes dürfte zu der Symbolallergie ebenso beigetragen haben wie der recht erfolgreiche Versuch der Bundesrepublik, sich in einer postnationalen Identität einzurichten und mit einem blutarmen, wenig anschaulichen "Verfassungspatriotismus" auszukommen. Es mag daher zunächst ein wenig überraschen, wenn der Hamburger Politikwissenschaftler Peter Reichel jetzt eine "Kleine Geschichte deutscher Nationalsymbole nach 1945" vorlegt. Was anderes wäre denn da schon zu beschreiben als Distanz, Streit und ein kollektives Unbehagen an der eigenen Nation?

Entstanden ist jedoch etwas ganz anderes, ein streckenweise sprachlich funkelnder Abriß der deutschen Geschichtspolitik in Ost und West seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Reichel beschränkt sich gerade nicht auf die klassischen Staatssymbole wie Flagge und Hymne (das Wappen übrigens, der Bundesadler, wird erstaunlicherweise nur nebenher, im Anhang, erwähnt). Er spannt den Symbolbegriff vielmehr denkbar weit und behandelt offizielle wie inoffizielle Staatsfeiertage, aber auch politisch signifikante Bauwerke wie die Paulskirche, den Reichstag, das Holocaust-Mahnmal und sogar den in seiner derzeitigen Gestalt wenig repräsentablen Berliner Schloßplatz. In vierzehn Kapiteln beschreibt Reichel Entstehungsgeschichte und Assoziationsraum der deutschen Staatszeichen und Gedächtnisorte - zum Glück, ohne sich dabei der im Titel angedeuteten Beschränkung auf die Zeit nach 1945 auch tatsächlich zu unterwerfen - und skizziert die immer neu aufflammenden Debatten über das Selbstverständnis der Republik, die sich an den Nationalemblemen und Erinnerungsstätten entzündet haben.

So entsteht ein Inventar des republikanischen Symbolbestandes, eine Vermessung der Traditionslinien. Immer freilich ist der Befund derselbe: Unbeschädigt ist kein Zeichen, kein Datum der Deutschen - ambivalent, doppeldeutig, sperrig sind sie alle. Sei es die Hymne, deren erste Strophe amtlich verpönt ist; sei es der deutsche Schicksalstag, der 9. November, an dem sich die Erinnerungen auf beklemmende Weise ballen und überlagern, der Tag, an dem 1848 Robert Blum ermordet wurde, Philipp Scheidemann 1918 vom Fenster des Reichstags die Republik ausrief, der Tag, an dem mit der "Reichspogromnacht" der nationalsozialistische Terror mit voller Wucht einsetzte und endlich, zum ganz unerwartet guten Schluß, der Tag, an dem 1989 die Mauer fiel, "der schönste Tag in der neueren deutschen Geschichte" (Wilhelm Hennis).

Dieselbe Zerrissenheit ist dem Berliner Reichstag eingeschrieben, dessen Kuppel heute das unbestrittene Wahrzeichen der deutschen Einheit ist, der aber in seiner hundertjährigen Geschichte kaum je zuvor populär war. Nicht einmal das Schwarz-Rot-Gold der deutschen Flagge, das einer untadeligen Tradition entstammt, stets mit den besten Hoffnungen verbunden war und nie von den Nationalsozialisten mißbraucht wurde, weckt Euphorie. Vielleicht, weil die deutsche Trikolore zu häufig auf seiten der Verlierer gehißt wurde: 1848 über der erfolglosen Frankfurter Nationalversammlung in der Paulskirche und später, nach dem Ersten Weltkrieg, im Weimarer Flaggenstreit, von den verzweifelten Vernunft-Republikanern.

Detailreich und spannend erzählt Reichel diese Geschichte der Brüche und erzwungenen Neuanfänge, mitunter zwischen Beschreibung und engagierter Stellungnahme schwankend. Aber auf keiner Seite verströmt sein Essay Herablassung oder Depression. Im Gegenteil, die Zusammenschau hochdifferenzierter Debatten ermutigt zu der Hoffnung, sechzig Jahre nach Ende des Krieges und fünfzehn Jahre nach der Wiedervereinigung könnte ein neues, vielfach reflektiertes, entdämonisiertes deutsches Nationalbewußtsein entstehen, das im Horizont der Symbole der Berliner Republik seinen angemessenen Ausdruck fände, im Nebeneinander von Reichstagskuppel und Holocaust-Mahnmal, Kanzleramt und Neuer Wache, 20. Juli und 9. November.

Peter Reichel: Schwarz-Rot-Gold. Kleine Geschichte deutscher Nationalsymbole nach 1945. C. H. Beck Verlag, München 2005. 192 S., 17,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Wirklich geglückt scheint Rezensent Heinrich Wefing diese Geschichte deutscher Nationalsymbole, die der Hamburger Politikwissenschaftler Peter Reichel vorgelegt hat. Erfreut zeigt er sich insbesondere darüber, dass sich der Autor in seinem Abriss deutscher Geschichtspolitik in Ost und West seit dem Zweiten Weltkrieg nicht auf Flagge und Hymne als die klassischen Staatssymbole beschränkt, sondern auch offizielle und inoffizielle Staatsfeiertage sowie politisch bedeutsame Bauwerke wie die Paulskirche, den Reichstag, das Holocaust-Mahnmal oder den Berliner Schlossplatz einbezieht. Reichel beschreibe Entstehungsgeschichte und Assoziationsraum der deutschen Staatszeichen und Gedächtnisorte und skizziere die zahlreichen Debatten über das Selbstverständnis der Republik, die sich an diesen Symbolen entzündet haben. Insgesamt lobt Wefing diese Geschichte als "detailreich und spannend erzählt", mitunter schwankend zwischen Beschreibung und Stellungnahme, aber immer frei von Depression und Herablassung. 

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