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Während eines Aufenthalts in Südfrankreich wird die Amerikanerin Susan Brison bei einem morgendlichen Spaziergang niedergeschlagen, vergewaltigt und bis zur Bewußtlosigkeit gewürgt. Nur weil der Täter sein Opfer tot glaubt, überlebt Brison schwer verletzt.
Zehn Jahre nach dem brutalen Überfall bringt sie die Kraft auf, sich diesem Ereignis schriftlich zu nähern, beginnt sie, Gefühle und Gedanken zu reflektieren. Zwar muß die ausgebildete Philosophin feststellen, daß der plötzliche Einbruch des Grauens, die Verletzung und Zerstörung der eigenen Identität, nicht mit den Mitteln der…mehr

Produktbeschreibung
Während eines Aufenthalts in Südfrankreich wird die Amerikanerin Susan Brison bei einem morgendlichen Spaziergang niedergeschlagen, vergewaltigt und bis zur Bewußtlosigkeit gewürgt. Nur weil der Täter sein Opfer tot glaubt, überlebt Brison schwer verletzt.

Zehn Jahre nach dem brutalen Überfall bringt sie die Kraft auf, sich diesem Ereignis schriftlich zu nähern, beginnt sie, Gefühle und Gedanken zu reflektieren. Zwar muß die ausgebildete Philosophin feststellen, daß der plötzliche Einbruch des Grauens, die Verletzung und Zerstörung der eigenen Identität, nicht mit den Mitteln der philosophischen Reflexion zu begreifen oder gar zu bewältigen sind. Doch läßt sich das Trauma lindern, soweit es gelingt, hierfür überhaupt eine Sprache zu finden.

Brisons Buch ist weder larmoyant noch exhibitionistisch. Vielmehr ist es das bewegende Zeugnis eines Opfers männlicher Gewalt und zugleich eine eindringliche, philosophische Meditation über Erinnern, Vergessen und Erzählen, über Sexualität, Gewalt und das Selbst. Eine philosophisch-autobiographische Erkundung der Frage, wie auf den Trümmern des eigenen Ichs ein Leben nach der Katastrophe möglich ist und wie sich von dem Furchtbaren überhaupt sprechen läßt. Aber auch ein Buch über den Willen zur Lebenserneuerung.
Autorenporträt
Susan J. Brison, Professorin für Philosophie, lehrt am Dartmouth College (USA) sowie an den Universitäten von New York und Princeton.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Sehr beeindruckt zeigt sich Kathrin Kommerell von diesem "ungewöhnlichen Buch" der amerikanischen Philosophieprofessorin Susan J. Brison, die von ihrem Überleben nach einem versuchtem Sexualmord und der Überwindung ihres Traumas schreibt. Kommerell findet die Art, wie Brison über das schreckliche Erlebnis, den Schrecken danach und ihre Genesung berichtet, "sehr persönlich", "aber nie aufdringlich". Darüber hinaus stelle die Autorin "umfassende, oft philosophische Überlegungen" an. Aufschlussreich erscheinen der Rezensentin hierbei Brisons Plädoyer für das Erzählen in der ersten Person in der wissenschaftlichen Methodik, ihre Sicht des Selbst als Beziehungswesen, ihre Thematisierung von Paradoxien der traumatischen Erinnerung und ihre Behandlung des kollektiven Umgangs mit dem Trauma. Gemeinsame Katastrophen und persönliche Traumata werden gleichermaßen eingebettet in eine sinngebende Erzählung, eine Illusion, erklärt Kommerell. "Ihre eigene Erfahrung", so die Rezensentin, "zeigte Brison, wie stark der Wille der Umgebung ist, zu vergessen oder zu leugnen, dass jede menschliche Existenz so verletzlich und potenziell zerstörbar ist."

© Perlentaucher Medien GmbH
"Zweifelsohne ein bedeutendes Buch - schmerzvoller als das Tagebuch der Anne Frank, aber weniger sentimental..."
Spectator

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.10.2004

Erzählen als Tat
Ein Buch vom Überleben nach versuchtem Sexualmord
Eine Frau wird während eines Urlaubs in Frankreich aus heiterem Himmel und am helllichten Tag ins Gebüsch gezerrt. Der Angreifer schlägt sie nieder, vergewaltigt sie und würgt sie bis zur Bewusstlosigkeit. Als er sie für tot hält, lässt er von ihr ab. Sie schleppt sich zurück und überlebt. Es war, als sei sie gestorben, als stünde sie außerhalb der Wirklichkeit, ihr Selbst in Stücke zerbrochen, und die Kluft zu den anderen Menschen kaum überwindbar. So beschreibt Susan J. Brison ihr Trauma nach dem versuchten Sexualmord. Es sind Gefühle oder Zustände, die ihre Rückkehr ins Leben dauerhaft behindern. Die Vergangenheit ist abgeschnitten, eine Zukunft scheint unmöglich. Mit Samuel Becketts Satz „Ich kann nicht bleiben, ich kann nicht weg” tritt sie einen völlig unvorhersehbaren Weg des Überlebens an.
Zehn Jahre später bringt die Autorin, eine amerikanische Philosophieprofessorin, die am Dartmouth College und in Princeton lehrt, die Kraft auf, sich mit dem schrecklichen Erlebnis, aber vor allem mit dem Schrecken danach auseinander zu setzen: Sie folgt damit einer Überzeugung, die sie aus eigener Erfahrung, aber auch aus der Beschäftigung mit der Traumaforschung gewonnen hat: „Um die traumatische Erinnerung durcharbeiten und überwinden zu können, muss das Opfer ... vom Objekt eines anderen Menschen (des Täters) wieder zum Subjekt seiner eigenen Sprache werden.”
Das aktive Zeugnisablegen wandelt die traumatische Erinnerung, das Unaussprechliche, nicht Einzuordnende, in eine Erzählung um, an die das weitere Leben anknüpfen kann. Es erleichtert die Rückkehr des Opfers in die Gemeinschaft und die Wiederaufnahme von sozialen Bindungen, die unerlässlich sind, um das Selbst wiederherzustellen. Dabei ist das Erzählen genauso wichtig wie die Aufnahme durch mitfühlende Zuhörer. Eine große Herausforderung, zumal traumatische Erinnerungen häufig auf eine kollektive, kulturelle Ablehnung stoßen.
Susan J. Brison ist dabei ein ungewöhnliches Buch gelungen. In einer gewinnenden, sehr persönlichen, aber nie aufdringlichen Art berichtet sie nicht nur von dem Prozess ihrer eigenen Genesung. Sie stellt auch umfassende, oft philosophische Überlegungen an. Interessant ist ihr Plädoyer für das Erzählen in der ersten Person in der wissenschaftlichen Methodik, ihre Sicht des Selbst als Beziehungswesen oder die Paradoxien der traumatischen Erinnerung. Brison nimmt dabei Blickwinkel der feministischen Kritik ebenso zu Hilfe wie Erzählungen von Überlebenden des Holocaust oder neurologische Definitionen des Selbst.
Was sie jedoch persönlich wie allgemein durchgehend interessiert, ist der kollektive Umgang mit dem Trauma. Gemeinsame Katastrophen und persönliche Traumata werden gleichermaßen eingebettet in eine sinngebende Erzählung, eine Illusion. Ihre eigene Erfahrung zeigte Brison, wie stark der Wille der Umgebung ist, zu vergessen oder zu leugnen, dass jede menschliche Existenz so verletzlich und potenziell zerstörbar ist.
Das menschliche Bedürfnis nach Kontrolle und Sicherheit hält unhaltbare Illusionen aufrecht. Wenn sie zusammenbrechen - wie geht das Leben dann weiter? Am Ende ihres Buches und dem vorläufigen ihrer Genesung hält die Autorin eine ebenso persönliche wie philosophische Antwort bereit: „Ich kann nicht bleiben, ich kann nicht weg, mal sehen, was geschieht”, so das vollständige Beckett-Zitat. Einfach weitermachen, offen und schöpferisch. Wie man eine bekannte Melodie singt, bis einem ein Text dazu einfällt. Denn das Leben kann ständig neu und anders erzählt werden.
KATHRIN KOMMERELL
SUSAN J. BRISON: Vergewaltigt. Ich und die Zeit danach. Trauma und Erinnerung. Aus dem Englischen von Sigrid Langhaeuser. Verlag C.H. Beck, München 2004, 192 Seiten, 17,90 Euro.
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"Eine einzigartige Reflexion über etwas, das uns alle treffen kann." (Marie-Claire) "Zweifelsohne ein bedeutendes Buch - schmerzvoller als das Tagebuch der Anne Frank, aber weniger sentimental..." (Spectator)