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Sultan Saladin von Ägypten und Syrien war der bedeutendste Gegner der Kreuzfahrer, der 1187 Jerusalem eroberte. In Europa galt er lange als Urbild des "edlen Heiden" und aufgeklärter, toleranter Herrscher. Hannes Möhring beschreibt das Leben Saladins und seinen Aufstieg zum mächtigsten Mann im Nahen Osten. Er stellt seine Rolle in den Kreuzzügen dar und geht den Grundlagen der europäischen Saladin-Legende nach.

Produktbeschreibung
Sultan Saladin von Ägypten und Syrien war der bedeutendste Gegner der Kreuzfahrer, der 1187 Jerusalem eroberte. In Europa galt er lange als Urbild des "edlen Heiden" und aufgeklärter, toleranter Herrscher. Hannes Möhring beschreibt das Leben Saladins und seinen Aufstieg zum mächtigsten Mann im Nahen Osten. Er stellt seine Rolle in den Kreuzzügen dar und geht den Grundlagen der europäischen Saladin-Legende nach.
Autorenporträt
Hannes Möhring, Historiker und Orientalist, lehrt als Privatdozent an der Universität Bayreuth.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.06.2006

Schwerter in die Scheide, Barren in die Tiegel
Jerusalem adieu, ich muß geh'n: Zwei neue Bücher über Saladin und die Kreuzfahrer

Kein Märtyrer, Kalif oder sonstiger Held genießt in der arabischen Welt einen größeren Nachruhm als Salaheddin Yusuf ibn Ayyub, kurz Saladin. Dichter bedichten ihn, Prediger rühmen ihn, Terroristen bekennen sich zu ihm. "Wo ist Saladin?" lautete der letzte Satz der letzten Videobotschaft des schrecklichen al Zarqawi. Usama Bin Ladin hat den Sultan von Ägypten als Vorbild für seinen Kreuzzug gegen den Westen genannt, und Saddam Hussein, wie Saladin in Tikrit geboren, ließ sich von seinen Schranzen mit diesem vergleichen. Auch die Massenmedien stricken emsig an der Saladin-Legende: Ridley Scotts Hollywood-Film "Königreich der Himmel" porträtierte den Ayyubiden im vergangenen Jahr als bedächtigen Spitzbart mit Adlerblick und Sinn fürs Machbare, und in Malaysia entsteht gerade eine dreizehnteilige Animationsserie mit einem omarsharifhaften Jung-Saladin als Hoffnungsträger und einer Horde kreuzfahrender Mordgesellen als Antagonisten. In zwei Jahren soll sie auf den Weltmarkt kommen.

Es gibt also gute Gründe, Hannes Möhrings Saladin-Biographie zu lesen, zumal ihr Autor durch frühere Publikationen (etwa zu den Weltkaiserphantasien des Hochmittelalters) als Mediävist und Orientexperte ausgewiesen ist. In der Tat führt Möhring seine Leser gründlich in die strategische Situation des Nahen Ostens um die Mitte des zwölften Jahrhunderts ein, indem er buchstäblich bei Mohammed einsetzt, mit Kaiser Alexios und Papst Urban fortschreitet und mit dem Fall Jerusalems und dem Ringen um Ägypten zwischen Kreuzfahrern und Syrern ab 1163 an sein Etappenziel gelangt. Erst hier, nach gut dreißig Seiten, erwähnt er zum ersten Mal den Namen seines Protagonisten.

Nicht so laut vor Askalon

Dabei kommt sogleich eine Schwäche des Buchs zum Vorschein: sein eklatanter Mangel an historischer Imagination. "Abgesehen von seiner militärischen Ausbildung und dem von seinesgleichen als reiterliche Übung betriebenen Polospiel", schreibt Möhring über Saladin, "soll er Kenntnisse in der Theologie und Rechtsprechung besessen und sich (. . .) in der Genealogie, Geschichte und Poesie der Araber ausgekannt haben." Welche Poeten sind hier gemeint? Und was bedeutet dieser Kenntnisstand für den Umgang mit Analphabeten vom Schlag eines Guy de Lusignan, Rainald von Châtillon und Richard Löwenherz? Hat Lessing recht, der den Ayyubiden-Sultan im "Nathan" als regierenden Moralphilosophen zeichnet, oder war das theologisch-juristische Fachwissen bei Saladin nur Fassade?

Es ist wahr: Saladins Biograph Baha' ad-Din ibn Schaddad (dessen Lebensdaten zu nennen Hannes Möhring nicht nötig findet) hat über die Jugend seines Chefs nur sehr allgemeine Angaben hinterlassen. Aber ein heutiger Orientalist sollte sich nicht scheuen, das Fehlende aus anderen Quellen zu extrapolieren und das Welt- und Menschenbild eines kurdischstämmigen Amtsadligen des zwölften Jahrhunderts genauer auszumalen, als es das achtzehnte Jahrhundert vermocht hat. Auch im Geopolitischen fehlt es dieser Biographie an Interpretationslust: So teilt Möhring mit, Saladins Vater Nadschmaddin Ayyub und sein Onkel Schirkuh seien "politische Abenteurer" gewesen, die sich zunächst beim Emir von Mossul, danach bei Nuraddin von Damaskus mit Erfolg verdingten. Was aber der Aufstieg solcher Condottieri-Sippen über die damaligen Machtverhältnisse in der arabischen Welt verrät, erwägt er nicht.

Eine gelungene Biographie kann beides sein: das Porträt eines Menschen und das Tableau einer Zeit. Möhrings "Saladin" ist beides nicht. Statt die überlieferten Fakten zum Sprechen zu bringen, bleibt das Buch im Anekdotischen stecken. Der "einäugige" Schirkuh, "fett und korpulent", kämpft gegen den Christenkönig Amalrich; der "nicht besonders vorbildlich" - er trinkt Wein - lebende Saladin wird Herr in Ägypten, zunächst im Dienst des fatimidischen, dann des abbasidischen Kalifats, am Ende großteils auf eigene Rechnung. Dann geht es zur Sache, Burgen werden belagert und genommen, christliche Gefangene enthauptet, das Kreuzfahrerheer erlischt bei Hattin, das Abendland verliert Jerusalem. Aber mitten im dramatischen Treiben stehen immer wieder Schachtelsätze, die dem Leser das Papiermesser in der Tasche aufgehen lassen, und Weisheiten wie diese über Askalon: "Dessen Besitz war von besonderer strategischer Bedeutung, denn schon früher hatte es Muslimen wie Christen die Möglichkeit geboten, den Gegner ohne Schwierigkeiten anzugreifen." Ja, wahrlich, bei Regen wird man naß, und nachts ist es kälter als draußen.

Schwerer wiegt, daß Möhring zum interessantesten Aspekt der Figur Saladins, ihrem Nachleben in Geschichte und Gegenwart, so wenig Neues zu sagen hat. Das Schlußkapitel über "Saladin und die Nachwelt" setzt im Jahr 1732 ein, überspringt also glatt fünfeinhalb Jahrhunderte und damit die gesamte muslimische Tradition. Über Ibn al-Athir, den bedeutendsten arabischen Historiker des Hochmittelalters, weiß Möhring nur mitzuteilen, daß er "Geschichtsschreiber" gewesen sei, und ein wichtiger Zeuge wie Imad ad-Din al-Isfahani wird mit der Formel "Sekretär und Biograph" abgefertigt. Aber auch über das Saladin-Bild im Okzident erfährt man nur Unverbindliches, so daß Schiller die Biographie Ibn Schaddads mit "Skepsis" behandelt und Walter Scott sich "Freiheiten" im Umgang mit den Fakten erlaubt habe. Daß Saladin im absinkenden Osmanischen Reich als Chiffre vergangener Größe entdeckt, dann vom deutschen Kaiser Wilhelm II. als Kämpfer gegen Engländer und Franzosen gefeiert und schließlich vom erwachenden arabischen Widerstand gegen die zionistische Landnahme wiedererweckt wurde, offenbart die Vieldeutigkeit dieser geschichtlichen Gestalt. Hannes Möhring aber scheint mehr daran gelegen zu sein, "Qilidj" statt Kilidsch Arslan, "Tinnis" statt Tanais und "Amid" statt Amida zu schreiben, als die unterschiedlichen Perspektiven auf den Sieger von Hattin miteinander in Beziehung zu setzen.

Nach dieser ernüchternden Lektüre greift man mit gewisser Sympathie zu Wilfried Westphals "Richard Löwenherz und Saladin", denn hier verspricht schon der Einband farbiges Getümmel und Prosa mit offenem Visier. Der Autor hat zuvor Bücher über weibliche Arabienreisende ("Tochter des Sultans"), den Tadsch Mahal ("Die Erwählte des Palastes") und die Kolonialzeit ("Sturm über dem Nil") veröffentlicht, und auch sein neues Buch folgt der Rezeptur populärwissenschaftlichen Schreibens: Fasse dich kurz, zitiere reichlich, nimm den Leser bei der Hand.

Sie flochten Bein mit Bein

Doch die Vorfreude verfliegt rasch, denn Westphal hat entschieden mehr Meinungen als Einsichten zu seinem Thema parat. Der Westen, tönt er, solle sich kein schlechtes Gewissen über die Kreuzzüge machen, schließlich hätten ja auch die Muslime dort nur ein "Kolonialreich" besessen, wiewohl das Abschlachten von dreitausend gefangenen Muslimen auf Befehl Richards beweise, "daß auch damals schon die Natur des Menschen einiges zu wünschen übrigließ". In diesem Ton geht es weiter, mal menschelnd, mal scheinbar historisch-seriös, so daß man nie genau weiß, auf welchen Wassern der Text gerade segelt, den klaren der Wissenschaft oder den trüben der Leitartikelei.

Immerhin kommen bei Westphal all jene Autoren ausführlich zu Wort, die Hannes Möhring mit ein paar nichtssagenden Epitheta abfertigt: der überschäumende Imad ad-Din - "Sie verflochten Bein mit Bein, mehrten die Eidechsen in den Löchern, wiesen den Schreibrohren den Weg ins Tintenfaß, den Bergwassern in den Talgrund, den Bächen zum Teich, den Schwertern in die Scheide, den Barren in die Schmelztiegel", schreibt er über die Liebesdienerinnen im Christenheer vor Akkon -, der nüchterne Ibn Schaddad, der Pathetiker Ibn al-Athir, der Reisende Ibn Dschubair. Insofern bietet das Liebhaberbuch des Bonner Populärschriftstellers ein perfektes Gegengift zur Studie des Bayreuther Orientalisten. Nachdem aber beide gewirkt und sich gegenseitig neutralisiert haben, fragt man sich, ob man seine Lesezeit nicht sinnvoller hätte verbringen können. Schließlich ist das Leben kurz genug, wie Saladin am eigenen Leib erfahren mußte: Er starb 1193 mit vierundfünfzig Jahren.

ANDREAS KILB

Hannes Möhring: "Saladin". Der Sultan und seine Zeit. Verlag C. H. Beck, München 2005. 128 S., br., 7,90 [Euro].

Wilfried Westphal: "Richard Löwenherz und Saladin". Der dritte Kreuzzug. Verlag Jan Thorbecke, Ostfildern 2006. 239 S., geb., 22,90 [Euro].

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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 11.11.2005

Die Macht am Nil
Ohne Legende: Hannes Möhring über den Sultan Saladin
Wer das Londoner „Imperial War Museum” besucht, mag dort einen Lorbeerkranz aus Bronze bewundern. Lawrence von Arabien hatte ihn einst als Trophäe vom Grab des Sultans Salah ad-Din al-Aiyubi entwendet. Der englische Held der Araber wusste genau, wer den Kranz dort niedergelegt hatte: Kaiser Wilhelm II., der 1898 das Heilige Land bereist und damit die deutsche Islampolitik eingeleitet hatte, mit der er Muslime im Reich der Osmanen umwarb. Dabei hatte er im Auge, dass diese durch den Djihad das koloniale Hinterland möglicher Berliner Gegnern verunsichern könnten. Aber mit dem Kranz und seiner Rede über Sultan Saladin als Ritter ohne Furcht und Tadel trug er zu einem Mythos bei.
Dem tritt jetzt der Bayreuther Historiker Hannes Möhring entgegen. In klarer Diktion erhellt er das Leben des Sultans von Ägypten und Syrien, der 701 Jahre vor des Kaisers Kranzniederlegung Jerusalem den Christen entwunden hatte. Der Orientalist zeigt, wie die Kalifen den Djihad ausnutzten, nicht nur für den Gegenkreuzzug, sondern zugleich, um ihre Fehden untereinander zu führen und so ihre Macht zu erweitern.
Saladin hatte einen arabischen Vater und eine kurdische Mutter. Er wuchs in Tikrit und Baalbek auf, nahm erste Posten in Aleppo und Damaskus ein. Dreißigjährig ernannte ihn der Kalif zum Wesir in Kairo. Früh rankten sich Legenden um ihn. Er wurde mit dem Jakobssohn Joseph verglichen, der wie er Vater und Brüder an den Nil geholt hat. Saladin fügte die Ordnung im Pyramidenland neu, schuf sich eine Leibgarde, sein Vater verwaltete die Staatsschatulle, Diener erhielten Länder als Militärlehen. Schließlich enthob er viele Nichtmuslime ihrer Ämter, was Kopten, also Christen, traf.
Saladin beendete die fatimidische Macht der Schiiten in Ägypten und führte es ins sunnitische Kalifat zurück. Zudem bewahrte er Ägypten und Syrien vor den Christen und nahm ihnen Jerusalem. Wilhelm II. ehrte ihn, Saddam Hussein sah in ihm den Vorgänger, den Kurden gilt er als Held. Hingegen hassen ihn Schiiten als Feind des wahren Islam.
WOLFGANG G. SCHWANITZ
HANNES MÖHRING: Saladin. Der Sultan und seine Zeit. C. H. Beck Verlag, München 2005. 128 Seiten, 7,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Andreas Kilb fehlt bei Hannes Möhrings Biografie von Salaheddin Yusuf ibn Ayyub etwas Entscheidendes: historisches Einfühlungsvermögen und die Fähigkeit, trockene Fakten als eine Geschichte zum Leben zu erwecken. Möhring sei einfach kein Erzähler, weshalb Saladin und seine Gegner vor dem geistigen Auge Kilbs nie lebendig werden. Dass über Saldins Jugend aus den bisherigen Biografien wenig bekannt ist, gesteht Kilb Möhring zu, erwartet aber von zeitgenössischen Biografen etwas mehr Mühe, sich in anderen Quellen über die damaligen Verhältnisse, Einstellungen und Haltungen zu informieren, um daraus dann die Gedankenwelt eines Saladin zu "extrapolieren". Inhaltliche Fehler nerven den Rezensenten ebenso wie sprachliche Schnitzer, die Kilb "das Papiermesser in der Tasche aufgehen lassen". Schade findet er zudem, dass Kilb so wenig Substanzielles zu Saladins Wirkung bis in die heutige Zeit, etwa auf die islamistischen Terorristen, zu sagen hat.

© Perlentaucher Medien GmbH