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In den letzten 75 Jahren erlebte Deutschland zahlreiche Systemwechsel: Weimarer Republik, Drittes Reich, Besatzungszeit, Bundesrepublik Deutschland, Deutsche Demokratische Republik, Wiedervereinigung, Europäische Union.Wie spielten sich diese Umbrüche in der Rechtsordnung ab? Wie erlebte das der Einzelne? Wie entwickelten sich nach den Perversionen des Rechts im Nationalsozialismus und in der DDR wieder Recht und Gerechtigkeit? Wo stehen sie in Spannung zueinander? Wo haben wir Recht und Gerechtigkeit noch nicht erreicht?Uwe Wesel geht diesen Fragen in einem brillianten, kurzweilig zu lesenden…mehr

Produktbeschreibung
In den letzten 75 Jahren erlebte Deutschland zahlreiche Systemwechsel: Weimarer Republik, Drittes Reich, Besatzungszeit, Bundesrepublik Deutschland, Deutsche Demokratische Republik, Wiedervereinigung, Europäische Union.Wie spielten sich diese Umbrüche in der Rechtsordnung ab? Wie erlebte das der Einzelne? Wie entwickelten sich nach den Perversionen des Rechts im Nationalsozialismus und in der DDR wieder Recht und Gerechtigkeit? Wo stehen sie in Spannung zueinander? Wo haben wir Recht und Gerechtigkeit noch nicht erreicht?Uwe Wesel geht diesen Fragen in einem brillianten, kurzweilig zu lesenden Essay nach. Anschaulich erfährt der Leser, welcher Weg zurückgelegt werden musste und wie es einzelne traf, um unseren gegenwärtigen Stand von Recht, Gerechtigkeit, sozialem und privatem Schutz zu erreichen. Zahlreiche Abbildungen von Dokumenten, Fotos und Gemälden sorgen auch für einen optischen Genuss.Das Werk erscheint aus Anlass des 75-jährigen Jubiläums der D.A.S. Deutscher Automobil Schutz, Allgemeine Rechtsschutz Versicherung.
Autorenporträt
Wesel
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 17.03.2003

Alltägliche Blechschäden
Uwe Wesel schreibt eine deutsche Rechtsgeschichte von der Weimarer Republik bis heute
Eine große Rechtsschutzversicherung feiert Geburtstag. Sie erinnert an die Anfänge, an die Entwicklung des Autos zum Massenartikel und die entsprechenden Rennsport- und Alltagsunfälle. Was wie ein Automobilclub mit Rechtsschutzgarantie begonnen hatte, wuchs sich in ganz Europa zu einem großen Versicherungszweig aus, vor allem in Deutschland; denn die Deutschen scheinen sowohl rechthaberisch als auch versicherungssüchtig zu sein. 43% ihrer Haushalte haben heute eine Rechtsschutzversicherung, und das heißt, sie prozessieren häufiger und hartnäckiger als andere. Nicht nur um den alltäglichen Blechschaden geht es, sondern auch um Arbeits- und Sozialgerichtsprozesse. Was allen passieren kann, ist versicherbar, und wer versichert ist, will für seine Prämien etwas haben. Das senkt die Hemmschwelle vor dem Gang zum Gericht. Der von der Rechtsschutzversicherung empfohlene Anwalt wird gewissermaßen zum Kassenarzt der Gerechtigkeit.
Anlass also, über Recht, Unrecht und Gerechtigkeit in den vergangenen 75 Jahren nachzudenken. Uwe Wesel, der Berliner Rechtshistoriker, dessen Hauptwerk „Geschichte des Rechts” (1997, 2001) gelehrt, pointenreich und vergnüglich zu lesen war, ist der Richtige, dies zu tun. Er schreibt eine „deutsche” Rechtsgeschichte seit 1918, und zwar in großen Bögen, die er durch markante Einzelfälle wie durch Pfeiler abstützt. Das beginnt mit der Novemberrevolution von 1918 und der Weimarer Verfassung von 1919, jener Verfassung, die forderte, die Ordnung des Wirtschaftslebens müsse den „Grundsätzen der Gerechtigkeit” entsprechen. Wesel skizziert die rechtsphilosophische Debatte um die Gerechtigkeit, blickt ins Arbeits- und Mietrecht jener Zeit, erläutert am „Dampfpreisfall” den Einbruch wertender Prinzipien in das Vertragsrecht, erinnert an die krass ungerechte politische Justiz, an den skandalösen Prozess nach dem Hitler-Putsch 1923 und an die vor dem Unheil ausweichende Entscheidung zum Staatsstreich in Preußen von 1932.
Das war schon viel an Erschütterung für eine traditionelle Vorstellung von der Unterscheidbarkeit von Recht und Unrecht. Das Zerstörungswerk wurde dann komplettiert, als der Staatsapparat selbst zum Täter wurde. Wesel eilt in der ihm eigenen leichtfüßigen, aber die Dinge deutlich benennenden Diktion die Stationen noch einmal durch: Die Übergabe der Macht an Hitler, den Reichstagsbrand und seine Folgen, den NS-Juristentag von 1933, auf dem die massenhaft versammelten Juristen schworen, dass „wir unserem Führer auf seinem Wege als deutsche Juristen folgen wollen bis zum Ende unserer Tage”. Zur Illustration sind Fälle aus dem Alltag eingefügt, etwa die Kündigung einer jüdischen Mieterin, die „Rassenschandefälle” oder die Trivialitäten aus der Sondergerichtsbarkeit. Vielleicht hätte Wesel auch über den Ausschluss von Juden aus den Rechtsschutzversicherungen und die Entlassung jüdischer Versicherungsangestellter berichten können. Aber „Die deutsche Versicherungswirtschaft und das NS-Regime” ist ein anderes Thema, und schließlich handelt es sich hier auch um ein Geburtstagsbuch. Die „deutsche Rechtsgeschichte” nach 1945 ist zu ihrem Glück weniger dramatisch, aber nicht weniger vielfältig, und vor allem ist sie west-östlich gespalten. Wesel führt kundig durch die Besatzungszeit, den Nürnberger Prozess, die Entnazifizierung, die Währungsreform und das Wirtschaftswunder. Die westlichen Deutschen verdienten rasch Geld. „Sie konnten sich jetzt Autos kaufen und Nierentische, Villen im Tessin und nach Mallorca fliegen. Hitler war weit.” Integration nach innen, Westbindung nach außen, Rechtsstaat (mit den alten Richtern) und eine neue Verfassung sicherten dies alles ab. Die Schilderung des Wegs von der „Zone” zur DDR mit ihrem marginalisierten Rechtssystem und ihrer politisierten Justiz fällt passagenweise recht milde aus. Viel ist von „Vereinfachung”, weniger von der Beschneidung elementarer Rechte die Rede. Erstaunlich auch die Feststellung, die Richter seien „letztlich unabhängig wie ihre Kollegen im Westen” gewesen. Wesel verschweigt aber keineswegs die haarsträubende politische Justiz sowie die Repressionsmaßnahmen, welche die Justiz nie erreichten. „Es war eben”, sagt er achselzuckend, „ein Staat, in dem das Recht nur eine untergeordnete Rolle und die Politik die erste Geige spielte”. Kein „Unrechtsstaat” also, aber doch wohl auch kein an sich gesunder Apfel mit ein paar Dellen?
Das von Wesel entworfene Bild der Bundesrepublik hat natürlich ebenfalls seine Dellen, ist aber im Ganzen eine Erfolgsgeschichte. Das betont auch die frühere Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts, Jutta Limbach, in ihrem kurzen, eingeblendeten Text zu den Grundrechten. Es ist – im Zivil- und Arbeitsrecht, im Strafrecht und Nebenstrafrecht, im unübersehbaren Feld des Verwaltungsrechts zumal – eine schwer durchschaubare und entsprechend teure Rechtsordnung, aber doch eine, die funktioniert. Man mag von sinkender Steuerungskraft des Rechts sprechen, vom Legitimitätsverlust der Parlamente und des Föderalismus (16 Justizministerien und Juristenausbildungsgesetze sind wirklich zu viel), doch sind dies im wesentlichen Probleme komplexer westlicher Industriegesellschaften im Prozess der Globalisierung. Mit einem Ausblick in die Zukunft verabschiedet sich auch der Erzähler Uwe Wesel, ein hintersinnig-kluger Beobachter, und einer, der die Hoffnung auf eine Vervollkommnung des aufrechten Gangs und der Zivilisierung der Menschheit durch Recht nicht aufgegeben hat.
MICHAEL STOLLEIS
UWE WESEL: Recht, Unrecht und Gerechtigkeit. Von der Weimarer Republik bis heute. C.H.Beck, München 2003. 296 Seiten, 24 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Fünf Jahre nach dem Tod des Historikers und Russlandexperten Jürgen Zarusky erscheint eine Festschrift, die Rezensent Robert Probst sehr lobt . Etliche frühere Kolleginnen und Kollegen Zaruskys, von der früheren Leiterin der Gedenkstätte Dachau, Barabra Distel, bis zur Memorial-Mitbegründerin Irina Scherbakowa haben mit ihren Aufsätzen dazu beigetragen, einem Wissenschaftler mit diesem Band ein würdiges Andenken zu bewahren, den Probst als zugewandten, menschenfreundlichen und wissenschaftlich brillanten Zeitgenossen schildert. Zahlreiche Aspekte von Zaruskys Forschungen zum Nationalsozialismus und und zur Sowjetunion unter Stalin werden hier aufgegriffen, die Beiträge thematisieren unter anderem auch sein Engagement für die Auszahlung von Entschädigungen an Shoa-Überlebende oder etwa das Verhältnis Zaruskys zum russischen Schriftsteller Wassili Grossmann, erklärt der überzeugte Kritiker.

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