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Keine andere Stadt der Welt trägt so schwer an der Last ihrer Geschichte wie Jerusalem. Die heilige Stadt ist für Christen, Juden, Muslime von religiöser Bedeutung und sie liegt im Fadenkreuz der politischen Konflikte zwischen Arabern, Palästinensern und Israelis. Ohne eine Einigung über Jerusalem gibt es keinen Frieden im Nahen Osten. Bernhard Wasserstein schildert den dramatischen Kampf um Jerusalem vom 19. Jahrhundert an, als dort die europäischen Mächte erstmals auf den Plan traten, bis hin zu den blutigen Ereignissen der letzten Wochen und Monate.

Produktbeschreibung
Keine andere Stadt der Welt trägt so schwer an der Last ihrer Geschichte wie Jerusalem. Die heilige Stadt ist für Christen, Juden, Muslime von religiöser Bedeutung und sie liegt im Fadenkreuz der politischen Konflikte zwischen Arabern, Palästinensern und Israelis. Ohne eine Einigung über Jerusalem gibt es keinen Frieden im Nahen Osten. Bernhard Wasserstein schildert den dramatischen Kampf um Jerusalem vom 19. Jahrhundert an, als dort die europäischen Mächte erstmals auf den Plan traten, bis hin zu den blutigen Ereignissen der letzten Wochen und Monate.
Autorenporträt
Bernhard Wasserstein, geboren 1948, war von 1996 bis 2000 Präsident des Oxford Centre for Hebrew and Jewish Studies. Seither ist er Professor für Geschichte an der Universität Glasgow und Präsident der Jewish Historical Society of England.
Rezensionen
Die Geschichte einer heiligen Stadt
Die Stadt ist für Christen, Muslime und Juden gleichermaßen von größter Bedeutung. Sie gilt als heiliger Ort. Ihre wichtigsten Wallfahrtsstätten sind die Grabeskirche, der Felsendom und die Al-Aksa-Moschee, sowie die Klagemauer. Die Rede ist von Jerusalem, einer Stadt, die eine dramatische Geschichte erlebt hat und heute mehr denn je im Mittelpunkt der internationalen Aufmerksamkeit steht: In Jerusalem entscheidet sich die Zukunft des Nahen Ostens.
Ein friedliches Miteinander
Wassersteins brillante Schilderung der Geschichte Jerusalems beginnt im 19. Jahrhundert und der Endzeit des Osmanischen Reiches. Dabei wird deutlich, dass die Stadt nicht immer ein Ort war, der von Hass und Gewalt geprägt war. Im Gegenteil: Noch im vorletzten Jahrhundert gab es einen Modus unter den verschiedenen Religionen, der ein problemfreies Miteinander ermöglichte. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg war das Schicksal der Stadt nicht besiegelt. Vielmehr machte die UNO 1948 den Vorschlag, die Stadt zur internationalen Zone zu erklären. Selbst die frühen Zionisten hatten, so legt der britische Historiker eindrücklich dar, kein sonderliches Interesse an der Stadt und schienen damit einverstanden. Dennoch wurde der Vorschlag verworfen.
Die Wende kam mit dem Sechs-Tage-Krieg
Der Freude der Israelis über ihren Sieg 1967 folgte die Besetzung und Besiedlung der eroberten Gebiete. Damit, so Wasserstein, hatte der Friede nie wieder eine wirkliche Chance. Wie sich diese Situation in absehbarer Zukunft ändern lässt, kann der Autor leider auch nicht sagen. Aber wie sie entstanden ist, davon kann sich der Leser ein sehr gutes Bild machen.
(Mathias Voigt, literaturtest.de)
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.04.2002

Wie man aus einem Stück Mauer eine nationale Religion macht
Zum Ungläubigwerden: Bernard Wassersteins gründliche und gerechte Geschichte des Kampfes um Jerusalem
Der kühnste Vorschlag zur Beilegung des Streits um Jerusalem ist einer der jüngsten und stammt von dem Lateinischen Patriarchen der Stadt. Im Jahre 2000 regte der christliche Kirchenfürst an, man möge die Souveränität über den heiligsten Ort des Erdenrunds Gott selbst übertragen. Die Idee sei, so berichtet der britische Historiker Bernard Wasserstein in seiner Geschichte dessen, was er die „Jerusalem-Frage” nennt, mit Interesse aufgenommen worden – „bis Rechtsexperten auf gewisse technische Schwierigkeiten hinwiesen”.
Wer Wassersteins so gründliches wie gerechtes Buch bis zu dieser Stelle – es ist die 357. Seite – durchstudiert hat, kann hier kaum noch lachen. Man hat bis zum Überdruss erfahren, dass das mühseligste aller Probleme, das fromme Menschen sich je aufgeladen haben, nur noch mit göttlicher Kraft und Einsicht zu lösen sein wird (also erst einmal nicht); aber gleichzeitig mag man nach Kenntnisnahme seiner Geschichte einen Namen nicht mehr hören: den Namen Gottes. Wassersteins Buch ist zum Ungläubigwerden, und recht aus Herzensgrund möchte man einem chinesischen UN-Delegierten zustimmen, der 1947 anregte, man möge die heiligen Stätten Jerusalems „einem philosophischen Atheisten mit Menschenfreundlichkeit” unterstellen.
Schlaff und schlau
Bereits im zehnten Jahrhundert nannte der arabische Geograph Muquaddasi die Stadt ein „goldenes Becken voller Skorpione”. Da hatten die Kreuzzüge, die bewaffneten Wallfahrten nach Jerusalem, noch nicht stattgefunden. Von diesem ersten Zusammenstoß der Kulturen aber handelt Wasserstein überhaupt nicht. Er blickt zwar zurück auf jene religionsgeschichtlichen Grundtatsachen, welche die Heiligkeit Jerusalems für die drei monotheistischen Weltreligionen begründen: den Tempel der Juden, die Passion Christi, die Himmelfahrt des Propheten Mohammed; doch die eigentliche Erzählung setzt ein in der müden Endzeit des Osmanischen Reiches. Es geht also um das Jerusalem der letzten anderthalb Jahrhunderte. Der Weg führt von dem zwar nicht selten vergifteten, aber doch halbwegs geordneten Nebeneinander der Glaubensgemeinschaften zum rasenden, fundamentalistisch aufgeputschten Völkerhass der Gegenwart.
Friedlich und pittoresk wirkt von heute aus das neunzehnte Jahrhundert: Muslime, Juden und Christen bewohnten streng abgezirkelt die winzige Altstadt auf dem Tempelberg, die Christen beschützt von den Konsuln ihrer europäischen Schutzmächte – die Katholiken von Frankreich, die Orthodoxen von Russland, die Protestanten von England und Preußen, wobei die letzteren für ein paar Jahrzehnte sogar ein evangelisches Bistum abwechselnd besetzten. Die Briten kümmerten sich auch um die wenigen Jerusalemer Juden – die ihrerseits den Deutschen so vertrauten, dass sie sogar erwogen, deren Sprache zu übernehmen. Alle Konfessionen bauten Kirchen und Hospize, gelegentlich schaute ein Monarch vorbei, am pompösesten Kaiser Wilhelm II., der 1898 wie ein Kreuzritter zu Pferde einzog. Die osmanischen Behörden regelten dies mit einer Mischung aus Schlaffheit und Schlauheit; wenn ein europäischer Herzog unbedingt den für die Ungläubigen verbotenen Haram-al-Sharif, den muslimischen Gebetsbezirk auf dem Tempelberg, betreten wollte, dann wechselte man zur Sicherheit die Wachtruppen aus, damit dem aufdringlichen Touristen nichts Böses widerfahre.
Die religiöse Luft war noch temperiert, Glaubensfragen bemäntelten eher koloniale Interessen. Als im Gefolge der zionistischen Bewegung die ersten europäischen Juden das Terrain sondierten und sich niederließen, waren sie nicht begeistert von Jerusalem. Chaim Weizmann, der Zionistenführer, zeigte sich 1918 entsetzt vom jüdischen Viertel: „Nichts als Dreck und Infektionen. Diese unbeschreibliche Armut, verstockte Unwissenheit und fanatische Gesinnung – es tut einem im Herzen weh, wenn man das alles ansieht. ” Wasserstein hätte auch Sigmund Freud zitieren können, der 1930 in einem Brief schrieb: „Gar keine Sympathien kann ich für die missgeleitete Pietät aufbringen, die aus einem Stück der Mauer des Herodes eine nationale Religion macht und ihretwegen die Gefühle der Einheimischen herausfordert.” Damals hatten die ersten Keilereien zwischen Arabern und Juden vor der Klagemauer bereits stattgefunden.
Das brisanteste Ergebnis dieser unerschütterlich trockenen Studie ist der Nachweis, wie wenig den frühen Zionisten und den nach Palästina eingewanderten Juden ursprünglich an Jerusalem gelegen war. Als Theodor Herzl 1896 von einer Äußerung des Sultans erfuhr, der erklärte, die Omar-Moschee müsse immer im Besitz des Islam bleiben, und deshalb könne er Jerusalem nicht hergeben, erwiderte er: „Da können wir ja Rat schaffen; wir exterritorialisieren Jerusalem, das niemandem und allen gehören wird, der heilige Ort, den alle Gläubigen dann gemeinsam haben. Das große Kondominium der Kultur und der Sittlichkeit.”
Noch kurz nach der israelischen Staatsgründung erklärte ein Minister, er habe den Eindruck gewonnen, „dass die Bewohner von Tel Aviv, wenn auch nicht alle, auch ohne Jerusalem zufrieden wären”. Als das britische Völkerbundsmandat über Palästina 1948 auslief, sollte einem UN-Plan zufolge das Land in drei Gebiete geteilt werden: in ein jüdisches, ein arabisches und in eine internationale Zone für Jerusalem. Dieses Konzept hatte Israel zunächst akzeptiert.
Der UN-Plan blieb unrealisiert, es war niemand da, der ihn hätte durchsetzen können. Stattdessen griffen die arabischen Länder den entstehenden jüdischen Staat militärisch an. Im darauf folgenden Unabhängigkeitskrieg vertrieb Israel Hunderttausende von Palästinensern und eroberte den Westteil von Jerusalem. Erst 1950 wurde es zur Hauptstadt Israels erklärt; der Beschluss war umstritten und wurde von der Völkergemeinschaft nicht anerkannt. Bis 1967 blieb Jerusalem zwischen Israel und Jordanien geteilt, der Tempelberg und die heiligen Stätten des Islam waren in arabischer Hand. Die Vertreibung der Palästinenser stellte einen Nationalitätenkonflikt auf Dauer, der sich seit den zwanziger Jahren abgezeichnet hatte; noch aber war aus ihm kein Religionszwist geworden.
In der Zeit nach 1950 erweitert sich Wassersteins Darstellung zu einer veritablen Stadtgeschichte, die Bevölkerungswachstum, Siedlungspolitik, Entwicklung der Infrastruktur, der politischen Systeme, Führungsschichten und Öffentlichkeiten einbezieht. Damit schafft der unparteiische Historiker die Kulissen für den verhängnisvollen Wendepunkt der modernen Geschichte Jerusalems: die im Siegestaumel beschlossene und so planlos wie gewaltsam durchgesetzte Vereinigung nach dem Sechs-Tage-Krieg von 1967. Die Westbank und der Gazastreifen wurden „besetzt”; Jerusalem wurde einfach annektiert und zum ewigen Bestandteil Israels erklärt.
Erst dadurch wurde der arabisch-jüdische Konflikt zu einem Religionskrieg. Der besiegte und gedemütigte Islam fanatisierte sich, und das Judentum, das seine Kontinuität jahrhundertelang im spirituellen Medium der Schrift bewahrt hatte, begann seine Identität mit einem bestimmten Fleck Erde zu verknüpfen.
Wasserstein zeichnet auch ein nicht besonders günstiges Bild des Bürgermeisters Teddy Kollek, der unter verbindlichen Formen eine massive materielle Benachteiligung der palästinensischen Bezirke Jerusalems mittrug. „Teddy Kollek”, schreibt Wasserstein, „bemühte sich, wenigstens den äußeren Anschein eines anständigen Umgangs mit den arabischen Einwohnern zu wahren, aber in seinem letzten städtischen Haushalt von 1992 beliefen sich die Pro- Kopf-Ausgaben für die Bevölkerung im jüdischen Sektor auf 900 US-Dollar, verglichen mit 150 US-Dollar im arabischen. Sechs Prozent des Gesamtbetrages waren im Haushalt für den arabischen Sektor vorgesehen, der allerdings ungefähr 28 Prozent der Bevölkerung ausmachte.”
Gibt es Lösungen? Wasserstein listet – nachdem die christlich- vatikanische Position, die auf der Internationalisierung bestand, keinerlei Anhänger mehr hat – eine Fülle von Vorschlägen auf, Puzzle-Souveränitäten, „funktionale” Souveränitäten, Bezirkssouveränitäten, bis zu Namensspielereien, die darauf hinauslaufen, den Palästinensern eine Vorstadt einzuräumen, die sie dann „Jerusalem” nennen dürfen. Unterdessen mehren sich vor allem seit den neunziger Jahren Zusammenstöße und Massaker in der nächsten Umgebung der heiligen Stätten.
Hier ist eine Parallele aufschlussreich, die Wasserstein wiederholt andeutet, aber nicht durchführt, der Vergleich mit der „Römischen Frage” zwischen Vatikan und Italien seit 1860. Es gibt sogar eine direkte Verbindung: eines der Gründungsdokumente des Zionismus, Moses Hess‘ Schrift „Rom und Jerusalem” von 1862, bezog sich ausdrücklich auf die damals bevorstehende Nationalisierung Roms durch Italien: „Mit der Befreiung der ewigen Stadt an der Tiber beginnt auch jene der ewigen Stadt auf Moria, mit der Wiedergeburt Italiens beginnt auch die Auferstehung Judäas.” Auch in Italien wurde aus einem nationalen ein religiöser und weltanschaulicher Konflikt, mit der Folge, dass es zu einem siebzigjährigen, das Land tief spaltenden Schisma zwischen dem Nationalstaat und der Kirche kam. Europa hatte diesen Konflikt und seine oft bizarre Hysterie vergessen – 1967 wird kein Mensch in Israel an ihn gedacht haben. Er hätte eine Warnung sein können vor dem, worauf sich ein säkularer Staat mit der Übernahme von heiligen Stätten einlässt.
Ohne Zurückhaltung
Der römische Konflikt war dabei vergleichsweise simpel, denn er betraf nur eine Nation und eine Religion; in Jerusalem treffen drei Religionen und zwei Völker mit zwei Nationalismen aufeinander. Auch in Rom kam es immer wieder zu handgreiflichen Auseinandersetzungen, aber Schüsse etwa beim Petersdom konnte die italienische Regierung doch immer verhindern. Nie hat ein italienischer Soldat oder Polizist den Vatikan betreten. Italien zeigte trotz eines lauten Antiklerikalismus nach der Eroberung Roms eine Zurückhaltung gegenüber den Besiegten, die Israel sich nicht auferlegte.
Den Vorschlag des Ministerpräsidenten Ehud Barak an Arafat von 2000, den Juden oben auf dem Haram-al-Sharif eine Gebetsmöglichkeit einzuräumen, kann man leicht in die römische Parallele übersetzen: Das Äquivalent wäre die Errichtung eines Garibaldi-Denkmals mitten auf dem Petersplatz gewesen.
Religionskriege werden nicht beigelegt, sie bluten aus, bestenfalls sterben sie ab. Und die Jerusalem-Frage kann nicht einmal angegangen werden, wenn nicht gleichzeitig der ihr zugrundeliegende Nationalitätenkonflikt beruhigt wird. Am Ende muss es ausgehen wie in Rom: Aus einer nationalen Kapitale wird wieder ein Ort der Menschheit werden.
GUSTAV SEIBT
BERNARD WASSERSTEIN: Jerusalem. Der Kampf um die heilige Stadt. Aus dem Englischen von Jochen H. Bußmann. C. H. Beck Verlag, München 2002. 432 Seiten, 24,90 Euro.
Ein goldenes Becken voller Skorpione: Die Altstadt von Jerusalem, Luftaufnahme aus dem Jahr 1987
Foto: Richard T. Nowitz /
CORBIS
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Tatsächlich - Gisela Dachs ist erstaunt -: Hier wäre ein lesenswertes Buch über Jerusalem, das noch nicht geschrieben wurde. Keines für Anfänger zwar (es geht um die internationale Diplomatie), aber dafür ein höchst quellen- und fußnotenreiches, das trotz seines akademischen Tons auch die persönliche Note nicht scheut, wenn der Autor nämlich seine Enttäuschung durchblicken lässt über die jüngste Entwicklung im Nahostkonflikt. Zuvor allerdings zeigt der Historiker Wasserstein, wie die Stadt im Lauf ihrer Geschichte als "ein Gefühl" von Politikern aller Glaubensrichtungen instrumentalisiert worden ist und zeichnet nach, wie die drei Religionen einander auszustechen versuchten.

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