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Zum Glück sind die Zeiten vorbei, da sinnentleertes Nachbeten von Schlachten und ihren Daten zum Programm des Geschichtsunterrichts in den Schulen gehörte. Doch die Kenntnis ihrer historischen Ursachen, ihres Verlaufs, ihrer Mystifizierung, ihrer Opfer und ihrer Folgen kann dazu beitragen, daß der Krieg als Handlungsoption, als "Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln" endgültig aus dem Repertoire zwischenstaatlicher Konfliktlösung verschwindet. Unter diesem Leitgedanken haben die Herausgeber vierundzwanzig internationale Historikerinnen und Historiker zusammengeführt. Fern aller Waffen-…mehr

Produktbeschreibung
Zum Glück sind die Zeiten vorbei, da sinnentleertes Nachbeten von Schlachten und ihren Daten zum Programm des Geschichtsunterrichts in den Schulen gehörte. Doch die Kenntnis ihrer historischen Ursachen, ihres Verlaufs, ihrer Mystifizierung, ihrer Opfer und ihrer Folgen kann dazu beitragen, daß der Krieg als Handlungsoption, als "Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln" endgültig aus dem Repertoire zwischenstaatlicher Konfliktlösung verschwindet. Unter diesem Leitgedanken haben die Herausgeber vierundzwanzig internationale Historikerinnen und Historiker zusammengeführt. Fern aller Waffen- und Uniformverliebtheit ordnen sie die Schlachten in deren historisches Umfeld ein, beschreiben die Kriegsereignisse und erläutern ihre geschichtlichen Auswirkungen.
Autorenporträt
Stig Förster lehrt als Professor für Neueste allgemeine Geschichte an der Universität Bern.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.10.2001

Im kochenden Kessel
Alles für die Fliegen: Eine historische Schlachtenplatte
Die tapferen Ritter waren aus den Steppen nördlich des Hindukusch gekommen, um ihrem König beizustehen. Auch skythische Reiternomaden aus Zentralasien und Inder aus dem Punjab reihten sich auf, flankiert von Kriegselefanten, bewaffnet mit Lanzen, Bögen und den gefürchteten Streitwagen mit Sicheln an den Deichseln. Eine furchtbare Armee aus vielen Völkern stand Dareios, dem Perser-König, in Gaugamela zu Befehl. Und doch wurde er von Alexander geschlagen, denn das Heer des Makedoniers war einheitlich und flexibler, und das war wichtig in den dicken Staubwolken, die die Reiterei aufwirbelte.
Damals, 331 v.C., waren Schlachten historische Großereignisse, mit die ersten, die überhaupt dokumentiert und ausgewertet wurden. Wenn aber heute Stig Förster, Markus Pöhlmann und Dierk Walter eine Sammlung von „Schlachten der Weltgeschichte” vorlegen, wirkt das fast nostalgisch. Zwar lernen wir Kinder des Kalten Krieges gerade wieder das ABC konventioneller Gefechte – Geländebeschaffenheit, Aufklärung, Bodeneinsatz, Allianzen –, aber das Ritual der in Zeit und Raum hochkonzentrierten Metzelei, das Duell zweier gewaltiger Heere, ist seit Jahrzehnten passé – ohne dass Kriege dadurch nennenswert unblutiger geworden wären.
Vielleicht war dieser Abstand zur realen Schlacht nötig, um sie als historischen Forschungsgegenstand zu rehabilitieren. Das Buch von Förster, Pöhlmann und Walter fällt in die Morgendämmerung einer neuen, zivilen Militärgeschichte. Seit einiger Zeit widmen sich des Säbelrasselns unverdächtige Historiker dem Studium des Krieges. Oft sind Kriege zwar nur der Anlass, um die Beziehungen der Geschlechter im Krieg zu untersuchen, Wirtschaft oder Medien. Dass aber alle Strukturanalyse den Kern der Sache verfehlt, wenn nicht auch vom Töten die Rede ist, dass es noch kein Militarismus ist, wenn man militärischen Siegen gelegentlich Einfluss auf die Geschichte zugesteht, diese Erkenntnis ist in den Kreisen der zivilen Militärhistoriker eher neu.
Vierundzwanzig Mal treten die Heere in diesem Band an, in Salamis und Sinai, in Tannenberg, Lützow und Leuthen, aber auch auf fernen Schlachtfeldern wie Ayn Dschalut in Syrien oder Panipat vor den Toren Delhis, wo der Boden nach drei Kämpfen blutgetränkt war und wohl deshalb als „der am meisten von Fliegen verpestete Ort Indiens” galt, wie Stig Förster vermutet. Jede Schlacht – selbst Stalingrad – füllt nur etwa ein Dutzend Seiten, und die wechselnden Autoren verstärken das Episodenhafte noch. Fast alle Schlachten sind im Nachhinein schon oft geschlagen worden, und für die Geschütz-Experten sind die Entscheidungen, wo aufmarschiert, wo gelagert und wann zugeschlagen wird, kaum neu. Wenn man gelegentlich den Rückfall in die alte Zinnsoldaten-Seligkeit spürt, wenn etwa der Amerikaner Dennis Showalter in Sedan den „moderaten Einsatz von Erschießungskommandos” vermisst oder Dierk Walter den Tod von 17 000 Mann im amerikanischen Bürgerkrieg mit der Formulierung beschreibt, Grant habe sich „eine blutige Nase” geholt, so ist dies allerdings die Ausnahme.
Umso lobenswerter ist dagegen, dass die meisten Autoren die Vorgeschichte straffen, um der Rezeption Raum zu geben. Denn allein militärisch erklärt sich das lange Nachleben der Schlachten nicht. Nicht durch die strategische Bedeutung, sondern durch die Überhöhung der „Blutmühle” von Verdun zum „nationalen Opfergang” (Gerd Krumeich), der Schlacht von Königgrätz zum „Gottesurteil” (Frank Becker) über Preußen oder Dien Bien Phus zum Vorbild der Befreiung von kolonialer Unterdrückung wurden die Schlachten unsterblich.
Wer frühere Sagen vom Feldherrengenie nicht mochte, der wird mit Genugtuung bemerken, dass in den meisten Aufsätzen das Irrationale das Schlachtfeld beherrscht. Wie etwa hätte Wilhelm der Eroberer nach Hastings übersetzen sollen, wenn sich das Unwetter über dem Kanal nicht gelichtet hätte?
Vor allem aber erlauben die Aufsätze auch einen Blick auf die Perfektionierung des Kriegshandwerks, auf die Erfindung neuer – und bald wieder tödlich unmoderner – Waffen: Das Zündnadelgewehr verhalf in Königgrätz 1866 den Preußen zum Sieg, doch schon in Sedan war es so zeitgemäß wie eine Taliban-MiG. Mit den Jahrhunderten wurden die Heere und die Uniformen einheitlicher, die Söldner und „Kantonisten” traten ab. Lange vor dem Ersten Weltkrieg wurden die Schützengräben für die Stellungskriege ausgehoben.
„Das Feld sah aus wie ein kochender Kessel. Es war nicht Krieg, es war Mord”, berichtet ein Augenzeuge von Cold Harbour, dem obszön sinnlosen Frontalangriff Ulysses S. Grants auf Lees Truppen, in dem 7000 Mann in acht Minuten starben. Am Vorabend hatten die Männer Namensschilder auf ihre Uniformen genäht. Mit der Industrialisierung hatte sich das Sterben verändert. Nun blieben oft nicht einmal Leichen.
Clausewitz wird in diesen Tagen gern gelesen, und nicht nur Historiker versuchen, das Monstrum Krieg durch politische Ratio zu zähmen. Doch je länger man in diesem überraschend unterhaltsamen Buch liest und noch einmal das Heulen der japanischen Kamikaze-Flieger auf Okinawa hört, desto mehr neigt man Tolstoi zu: Schlachten gehorchen keinem Gesetz und keinem Feldherren, keiner Regel und keiner Logik, außer jener der Geschichte. SONJA ZEKRI
STIG FÖRSTER, MARKUS PÖHLMANN, DIERK WALTER (Hrsg.): Schlachten der Weltgeschichte. Von Salamis bis Sinai. C.H. Beck Verlag, München 2001. 414 Seiten, 49,80 Mark.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.12.2001

Fünfzehn Minuten von Austerlitz bis Waterloo
Kriegshistorische Pflichtlektüre für Rumsfeld: Das Entscheidende an einer Schlacht ist immer der Mythos / Von Andreas Kilb

Am Vormittag des 5. Dezember 1757 machte die Armee Friedrichs des Großen in der Nähe des schlesischen Dorfes Leuthen eine Rechtsdrehung und marschierte vor der Front des österreichischen Heeres nach Süden. Anschließend stellte sie sich in gestaffelter Angriffsformation vor dem südlichen Flügel der Österreicher auf. Dieses Manöver entschied die Schlacht. Bernhard R. Kroener beschreibt es in einem der Aufsätze des vorliegenden Bandes folgendermaßen: "Gegen 10.00 Uhr begannen die Spitzen des preußischen Heeres vor dem rechten Flügel der Österreicher nach rechts zu schwenken, wobei sich jeweils die ersten Hälften der vier Flügelkolonnen hintereinander setzten und auf diese Weise das erste Treffen bildeten, während die zweiten Hälften dahinter das zweite Treffen formierten . . . Das schwierigste Manöver bestand nun darin, durch eine Linksschwenkung die Kolonnen Front zum Gegner nehmen zu lassen und durch einen auf der linken Seite nach hinten gestaffelten Echelonangriff, in dem 20 Bataillone im Abstand von je 50 Metern insgesamt etwa 1000 Meter zurückversetzt wurden, die Truppe nacheinander zum Einsatz kommen zu lassen."

Schlachtbeschreibungen klingen nicht selten so verständlich wie Wartungsempfehlungen für italienische Kühlschränke. Das mag, neben anderem, ein Grund dafür sein, daß wir - anders als zahllose Generationen vor uns - im Duell zweier verfeindeter Armeen (oder Flotten) nicht mehr den Musterfall eines historischen Ereignisses sehen wollen. Dabei haben wir ein sprechendes Beispiel für die Effektivität militärischer Gewaltanwendung noch recht nahe vor Augen: 1991 eroberte ein aus amerikanischen, britischen und saudiarabischen Truppen zusammengesetztes Kontingent das von der irakischen Armee besetzte Territorium des Staates Kuweit zurück; andere Truppenteile zerschlugen zur gleichen Zeit eine irakische Panzerbereitstellung in der nördlich daran angrenzenden Wüste. Diese Schlacht schuf die Tatsachen, auf welche die nachfolgende west-östliche Diplomatie aufbauen konnte. Ob die Befreiung Kuweits der Weltgeschichte auch eine Wendung zum Besseren gegeben hat, mögen spätere Generationen beurteilen.

Der Band "Schlachten der Weltgeschichte" hält sich mit allgemeinen Thesen zum Thema zurück. Die vierundzwanzig Darstellungen von Gefechten und Feldzügen, die den Großteil der vierhundert Buchseiten füllen, sind von parteilichem Eifer größtenteils ebenso frei wie von fachwissenschaftlicher Pedanterie. Jeder der Beiträge sucht den idealen perspektivischen Punkt, von dem aus das Ereignis in seinen wesentlichen Zügen erscheint, ohne durch die generalisierende Optik entstellt zu werden. Daß das nicht ohne sprachliche Kollateralschäden abgeht, haben wir oben gesehen.

Es sei "nicht nur gerechtfertigt", sondern "notwendig", einen Schlachtensammelband vorzulegen, schreiben die drei Herausgeber im Vorwort - und zwar "im Zeichen postmoderner Vielfalt". Mit anderen Worten: Weil es ohnehin alles gibt, kann es auch dies hier wieder geben. Das ist ein schwacher Grund für ein solches Buch. Den stärkeren bietet die geschichtliche Gegenwart selbst. Gerade weil nach dem Ende des Kalten Krieges niemand mehr sagen kann, wo das nächste Schlachtfeld für die ethnischen, religiösen und kulturellen Konflikte der globalen Weltunordnung sich auftun wird, sollte man daran erinnern, wie wenig schon das Schlachtenschlagen der Vergangenheit eine Frage politischer Vernunft war.

Auch die verklärende Aus- und Umdeutung militärischer Ereignisse durch Massenmedien ist keine Erfindung des zwanzigsten Jahrhunderts. Der Kampf um Ilion vulgo Troja, mit dem im Abendland alles anfing, war - vom ägyptischen Großreich aus betrachtet - eine regionale Rauferei; erst in der propagandistischen Nachbearbeitung durch Homer und seine Schüler wurde er zur Mutter aller Schlachten.

"Was ist eigentlich eine Schlacht?" Die Herausgeber machen sich und ihren Mitarbeitern die Sache unnötig kompliziert, indem sie an jedes der geschilderten Gefechte mit der Clausewitzschen Kategorie der Entscheidungsschlacht heranrücken. Dabei wird das, was an einer Schlacht entscheidend ist, oft gar nicht auf dem Schlachtfeld entschieden. In strategischer Hinsicht ist ihre Bedeutung meistens geringer, als man vermuten möchte. Das Massaker von Cannae, in dem die römische Republik sechzigtausend wehrfähige Männer verlor, konnte den unvermeidlichen Ausgang der Auseinandersetzung zwischen Rom und Karthago nur aufschieben, nicht umkehren. Napoleon hatte noch um sechs Uhr abends gute Aussichten, die Schlacht von Waterloo zu gewinnen; doch das hätte an der politischen Gesamtlage nichts geändert, deren Essenz darin bestand, daß seine europäischen Widersacher, die er zuvor einzeln besiegt hatte, nun ein Bündnis bildeten zu dem einzigen Zweck, ihn zu vernichten.

Das Entscheidende an einer Schlacht ist der Gebrauch, der von ihr gemacht wird. Von Vater Homer bis zu den fahrenden Sängern von CNN können sich die Kriegsreporter aller Zeiten nichts Besseres wünschen als ein Gefecht, das sie aus sicherem Abstand betrachten dürfen. Da zieht sich auf Bühnendimensionen zusammen, was sonst auf dem weiten Feld der Geschichte verstreut liegt: der Triumph des arabischen Schießpulvers über den indischen Kriegselefanten (Panipat 1526); der Übergang vom Bewegungs- zum Stellungskrieg (Cold Harbor 1864); das Ende der westlichen Kolonialherrschaft (Dien Bien Phu 1954).

Manche Schlachten werfen einen Schatten, der zu ihrer tatsächlichen geschichtlichen Größe in keinem Verhältnis steht. Bei Ain Dschalut, auf halbem Weg zwischen Damaskus und Jerusalem, wurde im September 1260 eine mongolische Abteilung von den Reitern des Mamlukensultans Qutuz vernichtet. Zwar hatten die Mongolen, wie Reinhard Schulze berichtet, nur eine Zehntausenderschaft mit Schaf- und Ponyherden auf den Erkundungszug nach Ägypten geschickt. Auch setzte der zeitweilige Rückzug aus Syrien ihrem Eroberungsdrang kein Ende. Aber Ain Dschalut hatte den Mythos von der mongolischen Unbesiegbarkeit zerstört. Das Heulen und Zähneklappern, das die ersten Auftritte der Reiterscharen aus Zentralasien begleitet hatte, verwandelte sich nun in Realpolitik. Während der Sultan Qutuz auf dem Rückweg in seine Residenz einem Offizierskomplott erlag, konnte sich das mamlukische Regime in Kairo noch ein Vierteljahrtausend lang halten, nicht zuletzt wegen des Gemetzels an der "Goliathquelle".

Neben der strategischen und der mythischen hat jede Schlacht auch eine taktische Dimension, und hier läßt der Sammelband von Förster, Pöhlmann und Walter am meisten zu wünschen übrig. Das mindeste, was man von der Darstellung eines Ereignisses erwarten darf, das einen Ausgangspunkt, einen Verlauf und ein Ergebnis hat, ist eine Schilderung, die der Prozeßform des Geschehenen Rechnung trägt. Was die Sprache nicht zu leisten vermag, kann eine beiliegende Karte ergänzen. Aber die Karten dieses Bandes sind fast durchgehend von einer Armseligkeit, die den Absichten der Herausgeber, Militärgeschichte einsichtig zu machen, hohnspricht. Viele zeigen nur einen Aspekt des Geschehens: So sieht man auf den Skizzen zu Leuthen und Tannenberg nur die Endphase, auf jenen zu Murten, Lützen und Waterloo nur die Ausgangsstellung der Schlacht. Andere, wie die Illustrationen zu Cold Harbor, Sedan oder Verdun, bieten ein Gewirr von durchgezogenen und gestrichelten Linien und ineinander verschobenen Symbolkästchen, aus denen allenfalls ein Handleser schlau werden mag.

Die beiden Lagekarten zu Jürgen Försters Aufsatz über Stalingrad schließlich sind schlicht irreführend - sie zeigen nicht die Einkesselung der sechsten Armee im Winter 1942, wie der Bildtext behauptet, sondern den Vormarsch ebendieser Armee auf das Stadtzentrum, der durch den russischen Zangenangriff am 19. November beendet wurde. Wenn man, wie Förster, mit der Legende aufräumen will, Stalingrad habe die Wende des Zweiten Weltkriegs markiert, sollte man sich auch die Mühe machen, dem Leser vor Augen zu führen, was damals geschah und wo es geschah. Es ist ja wahr, und man könnte es auch zeigen, daß die größere Katastrophe, die Einschließung der gesamten deutschen Heeresgruppe A mit einer Million Soldaten, durch das Opfer von Paulus' Armee vermieden wurde. Aber dieses Buch zeigt es nicht.

Die Forderung nach kartographischer Genauigkeit ist keine Pfennigfuchserei. Eine verlaufsmäßige Darstellung der Bataille von Leuthen etwa hätte eine Ahnung von den Schwierigkeiten geben können, die eine Armee von vierzigtausend Mann beim Wechsel vom kolonnenweisen Anmarsch zur Gefechtsformation im Angesicht des Gegners zu bewältigen hatte. Friedrichs Generäle kannten freilich die schiefe Schlachtordnung aus dem Effeff, denn sie war in seinen "General-Principia vom Kriege", die jeder von ihnen seit 1753 tief unten in seinen Satteltaschen stecken hatte, detailliert beschrieben. Aber schon ein Jahr später, bei Zorndorf, ging die Flankenbewegung schief, und dann mißglückte sie abermals bei Kunersdorf und Torgau, mit den schrecklichsten Folgen. Gut hundertfünfzig Jahre später, im Frühherbst 1914, versuchte der deutsche Generalstab, das Manöver in den nordfranzösischen Ebenen im größten Maßstab zu wiederholen, und wieder mißlang es - nicht weil der Gegner zu stark war, sondern weil die komplizierte Choreographie des Angriffs, die auf dem Exerzierplatz mühelos funktionierte, in der Realität des Krieges scheitern mußte.

Eine Militärgeschichte, die "nicht zur Schlachtengeschichte degenerieren" will, wie es im Vorwort heißt, müßte auch nach den militärischen Mythen fragen, die im Kopf der Entscheidungsträger herumspukten, nach den beherzten oder verzweifelten Versuchen, der Kontingenz zu entkommen, die das Geschehen auf dem Schlachtfeld unvermeidlich bestimmt. Gerade aus der Betrachtung der taktischen Details ergeben sich Traditionslinien, die das Dunkel des historischen Augenblicks aufhellen könnten. Weltgeschichte ist manchmal eine Sache von Minuten. Die Viertelstunde, die sich Napoleon bei der Eroberung des Hügels von Pratzen zusätzlich Zeit ließ, entschied über den Tag von Austerlitz und das Jahrzehnt bis Waterloo. Könnte es sein, daß solche Einzelheiten den beteiligten Militärgeschichtlern am Ende zu militärisch waren? Aber so ist das mit den Schlachten: Wer sie nicht versteht, muß sie verlieren.

"Schlachten der Weltgeschichte". Von Salamis bis Sinai. Herausgegeben von Stig Förster, Markus Pöhlmann und Dierk Walter. Verlag C. H. Beck, München 2001. 416 S., 25 Karten, geb., 49,80 DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Durchaus positiv bespricht Reinhard Lebe dieses Buch, das ein heutzutage relativ unpopuläres Thema behandelt. Die Herausgeber hätten sich allerdings auf diesen Umstand eingestellt, indem sie moderne Auswahlkriterien angewandt hätten. Dies wirke sich besonders dahingehend aus, dass alle Schlachten auch in ihren wirtschaftlichen und kulturgeschichtlichen Kontext eingebettet worden sind. Im großen und ganzen sei so ein "kenntnisreich begründeter und komponierter Sammelband" entstanden, auch wenn nach Ansicht des Rezensenten einige Aufsätze nicht den "schriftstellerischen Reiz" besitzen, den das Thema eigentlich hergebe.

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