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Berlin, Stunde null - ein bedeutender Fallada
Ein fast vergessener Roman und ein tief bewegendes Zeugnis: Niemand hat die Monate des Zusammenbruchs 1945/46 so eindringlich geschildert wie der Autor von "Jeder stirbt für sich allein". Dieses Buch über die verworrene Zeit zwischen Krieg und Frieden, in der mecklenburgischen Provinz und ganz besonders in der für ihre historische Schuld abgestraften Stadt Berlin, ist in seiner dennoch menschlich warmen und zugleich lebensnahen Schilderung ein echter Fallada. April 1945: Der Krieg ist vorbei, doch nachts verfolgen den Schriftsteller Dr. Doll…mehr

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Produktbeschreibung
Berlin, Stunde null - ein bedeutender Fallada
Ein fast vergessener Roman und ein tief bewegendes Zeugnis: Niemand hat die Monate des Zusammenbruchs 1945/46 so eindringlich geschildert wie der Autor von "Jeder stirbt für sich allein". Dieses Buch über die verworrene Zeit zwischen Krieg und Frieden, in der mecklenburgischen Provinz und ganz besonders in der für ihre historische Schuld abgestraften Stadt Berlin, ist in seiner dennoch menschlich warmen und zugleich lebensnahen Schilderung ein echter Fallada. April 1945: Der Krieg ist vorbei, doch nachts verfolgen den Schriftsteller Dr. Doll Träume vom Bombentrichter, der ihn nicht freigibt. Er will etwas tun gegen den Alpdruck der Mitschuld, doch er kann es niemandem recht machen als Bürgermeister einer Kleinstadt, eingesetzt von der Roten Armee. Er stiehlt sich fort und flüchtet in den Drogenrausch. Im Chaos des zerbombten, nur auf dem Schwarzmarkt funktionierenden Berlin entgleitet ihm seine junge, morphiumsüchtige Frau, und er hat um zwei Leben zu kämpfen, als er zaghaft beginnt, wieder an eine Zukunft zu glauben. Erst nachdem sich Fallada den Alpdruck, die Geschichte des erkennbar eng aus seinem eigenen Erleben geschöpften Protagonisten Dr. Doll, von der Seele geschrieben hatte, konnte er sich der Arbeit an "Jeder stirbt für sich allein" stellen.
Mit einem Vorwort und Hintergrundmaterial.

"Der ,Alpdruck' ist Symbol für das, was sich in Deutschland nach der Kapitulation abspielte." Der Tagesspiegel
"Ein Stück verdichtete Zeitgeschichte - fesselnd und lebendig geschrieben." Berliner Zeitung
"Ein höchst ehrliches Buch, ein menschliches Dokument." Frankfurter Neue Presse
"Meisterhaft sind die letzten Monate des Kriegserlebnisses geschildert." Zwiebelfisch
Autorenporträt
Fallada, Hans
Rudolf Ditzen alias HANS FALLADA (1893 Greifswald - 1947 Berlin), zwischen 1915 und 1925 Rendant auf Rittergütern, Hofinspektor, Buchhalter, zwischen 1928 und 1931 Adressenschreiber, Annoncensammler, Verlagsangestellter, 1920 Roman-Debüt mit »Der junge Goedeschal«. Der vielfach übersetzte Roman »Kleiner Mann - was nun?« (1932) macht Fallada weltbekannt. Sein letztes Buch, »Jeder stirbt für sich allein« (1947), avancierte rund sechzig Jahre nach Erscheinen zum internationalen Bestseller. Weitere Werke u. a.: »Bauern, Bonzen und Bomben« (1931), »Wer einmal aus dem Blechnapf frißt« (1934), »Wolf unter Wölfen« (1937), »Der eiserne Gustav« (1938).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 13.08.2014

Die Stille nach dem Schock
Hans Falladas vorletzter Roman „Der Alpdruck“ ist ein bewegendes Zeugnis eigenen Erlebens
Als endlich russische Soldaten vor seinem Haus auftauchen, tritt Dr. Doll ihnen mit einem feierlichen „Towarischtsch!“ entgegen. Er hat sich so auf sie gefreut. Sie aber scheinen ihn gar nicht zu sehen, gehen gleich an ihm vorbei, durch seinen Garten zu dem kleinen See hinunter, besteigen dort ein Bötchen und paddeln davon. Da hat Doll den Gruß noch nicht ganz zu Ende gesprochen. Matt verklingt er und hinterlässt einen schalen Geschmack.
  Wir schreiben April 1945, und auf Monate hinaus wird Doll dieser Geschmack nicht verlassen, mehr noch, es legt sich eine bleierne Apathie auf die Hauptfigur von Hans Falladas „Der Alpdruck“, und nächtens sucht ihn der immergleiche Traum heim, von dem schon der Titel kündet: Doll liegt wie gelähmt in einem Bombentrichter, und von oben blicken starr „Die großen Drei“ auf ihn herunter, Stalin, Churchill, Roosevelt. Fallada hat diesen kurzen, atmosphärisch dichten Roman gleich nach dem Sieg der Alliierten begonnen, ja er schreibt an jener Zeit entlang, die seine eigene ist; im Frühjahr ’46 endet gleichzeitig mit seiner Niederschrift auch das Buch. Ebenso stellt die Figur des Dr. Doll nur eine geringe Abweichung zum realen Fallada dar: Jener ist ebenfalls zweiundfünfzig Jahre alt, Schriftsteller, hat ein Haus in der mecklenburgischen Provinz und eine Wohnung in Berlin.
  Dahin, in die Hauptstadt, geht Doll mit seiner viel jüngeren Frau, nachdem er kurzzeitig als von der Roten Armee eingesetzter Bürgermeister in seinem Dorf fungiert hat, bald aber an den Umständen, dem mangelnden Gemeinsinn und der schieren Bösartigkeit seiner Mitbewohner scheitert. Wie Fallada vermag auch Dr. Doll die enormen Anstrengungen und zahllosen kleinen Niederlagen nicht anders als mit Hilfe von Drogen und Medikamenten zu ertragen. So gesellt sich zur Apathie angesichts des Untergangs die Antriebslosigkeit des Süchtigen. Erfüllt von Verachtung für sein Volk wie für sich selbst verbringt Doll Monate im Bett. Seine ebenfalls abhängige Frau versorgt ihn mit Stoff und bietet den Ärzten als Quelle des Morphiums und anderer Mittel offenbar auch ihre sexuellen Dienste an.
  Einer der Ärzte, der einzig anständige unter ihnen, ist unverkennbar dem Dichter Gottfried Benn nachgezeichnet: „,Ich bin auch Schriftsteller‘, sagte der Arzt, immer in der gleichen unpersönlichen, leisen Art, ,wussten Sie das –‘? Doll überlegte, was für ein Name auf dem Arztschild gestanden hatte. Aber er erinnerte sich nur an das ,Haut- und Geschlechtskrankheiten‘. ,Nein‘, antwortete er darum. ,Ich wusste das nicht.“
  Da haben sich Doll und seine Frau gerade in einem stundenlangen Marsch durch das zerstörte Berlin geschleppt, vom Bahnhof in ihre Wohnung in Wilmersdorf, die Frau mit einer beginnenden Blutvergiftung im Bein. Die Wohnung ist inzwischen von anderen besetzt. Man versucht sich zu arrangieren. Vordergründige Hilfsbereitschaft entpuppt sich später als hinterhältiger Betrug. Schließlich lässt sich Doll in ein ihm schon wohlbekanntes Sanatorium aufnehmen: „Er liebte die ,Schocktage‘, wenn den Kranken mit Cardizol oder Insulin oder auch mit elektrischem Strom Schocks beigebracht wurden. Dann hörte er in seinem Zimmer den Aufschrei der Geschockten, wenn sie das Bewusstsein verloren. Und schon trat tiefe Stille ein, als wagten die Verschonten nicht, sich zu rühren, um nicht ein gleiches Schicksal auf sich herabzuziehen.“
  Zum Schreiben fühlt sich Doll während dieser Zeit nicht in der Lage, und auch dem „Alpdruck“ merkt man an, dass Fallada ihn sich abgerungen hat. Der Roman, der ein Bericht sein könnte, ist sehnig, ohne viel Erzählfleisch auf den Rippen, dabei aber von festem Zusammenhalt. Ein strenges Zeugnis, an dessen Ende Hoffnung aufglimmt, jemand, der sich kümmert, der Doll dabei hilft, vielleicht gerade dieses Buch zu schreiben, Granzow heißt er in „Der Alpdruck“. In Wirklichkeit hieß er Johannes R. Becher.
TOBIAS LEHMKUHL
Hans Fallada: Der Alpdruck. Aufbau Verlag, Berlin 2014. 285 Seiten, 19,99 Euro.
Rudolf Ditzen alias Hans Fallada (1893–1947) wurde durch seinen Roman „Kleiner Mann – was nun?“ (1932) weltberühmt. Sein letztes Buch, „Jeder stirbt für sich allein“ (1947), schrieb er unmittelbar im Anschluss an den Roman „Der Alpdruck“. Foto: akg
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Perlentaucher-Notiz zur WELT-Rezension

Der Warnung Hans Falladas im Vorwort zu seinem im Jahre 1947 posthum erschienenen Roman "Der Alpdruck" kann sich Rezensent Claus-Ulrich Bielefeld nur anschließen: Das Buch liest er weniger als Kunstwerk, sondern vielmehr als nur wenig verklausulierte Krankheitsgeschichte des Autors, der in den letzten Jahren auf Grund seiner Alkohol- und Morphinsucht häufig zu Gast in Krankenhäusern und Nervenheilanstalten war. Der Kritiker folgt hier dem morphinsüchtigen Dr. Doll, Alter Ego des Autors, der mit seiner ebenfalls süchtigen jungen Geliebten Alma auf den Einmarsch der russischen Armee wartet. Dank Falladas gekonnter Erzählweise hat Bielefeld während der Lektüre nahezu das Gefühl, den sucht-vernebelten Blick des Autors und seiner Protagonisten zu erleben. Auch wenn es das "kitschige Happy End"nicht unbedingt gebraucht hätte, kann der Rezensent das Buch als wichtiges Dokument über die geistige und moralische Verfassung im Nachkriegs-Deutschland nur dringend empfehlen.

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" Schnell wird klar, dass diese [...] Geschichte [...] die tiefste existenzielle und auch moralische Orientierungslosigkeit und Lähmung einer ganzen Gesellschaft betrifft. " Alexander Ko enina Anja Linek Frankfurter Allgemeine Zeitung 20140901