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Welch ein Fund - ein neuer Henry JamesEin literarisches Juwel erstmals auf Deutsch: In dieser neuentdeckten Novelle von Henry James erzählt der große Romancier und Menschenkenner unterhaltsam wie treffend ein Frauenschicksal und entwirft wie nebenbei ein Sittenbild der viktorianischen Zeit.Eine vierköpfige Gesellschaft besteigt in Boston die »Patagonia«: Mrs. Nettlepoint, ihr Sohn Jasper, der Erzähler und Grace Mavis, die nach 10-jähriger Verlobungszeit in Liverpool von ihrem zukünftigen Mann erwartet wird, einem mittellosen Künstler. Doch die »Patagonia« ist ein langsames Schiff - und lässt…mehr

Produktbeschreibung
Welch ein Fund - ein neuer Henry JamesEin literarisches Juwel erstmals auf Deutsch: In dieser neuentdeckten Novelle von Henry James erzählt der große Romancier und Menschenkenner unterhaltsam wie treffend ein Frauenschicksal und entwirft wie nebenbei ein Sittenbild der viktorianischen Zeit.Eine vierköpfige Gesellschaft besteigt in Boston die »Patagonia«: Mrs. Nettlepoint, ihr Sohn Jasper, der Erzähler und Grace Mavis, die nach 10-jähriger Verlobungszeit in Liverpool von ihrem zukünftigen Mann erwartet wird, einem mittellosen Künstler. Doch die »Patagonia« ist ein langsames Schiff - und lässt ausreichend Zeit für Intrigen, Gerüchte und Liebesirrtümer. Hat Grace an Bord tatsächlich den Avancen eines der Herren aus guter Gesellschaft nachgegeben? Und was wird geschehen, wenn Mr. Porterfield seine Verlobte in Empfang nehmen möchte? Die Geschichte basiert auf wahren Begebenheiten und entstand als Antwort auf eine Erzählung von Anthony Trollope: James hielt sich enger an die Fakten und gab ihr damit eine ganz andere Wendung."Henry James widmet sich mit wonnevoller Durchtriebenheit dem seltsamen Paarverhalten der Viktorianer. Ein bissiger, kluger Autor." F.A.Z.
Autorenporträt
James, Henry§HENRY JAMES wurde 1843 in einer großbürgerlichen New Yorker Familie geboren. Sein Bruder war der einflußreiche Psychologe und Philosoph William James (1841-1910). Von seinem Vater als Weltbürger erzogen, pendelte Henry James viele Jahre zwischen Europa und den USA hin und her, bis er sich 1876 endgültig in England niederließ. 1915 wurde er britischer Staatsbürger. Er war befreundet mit so bedeutenden Literaten wie William Dean Howells, Iwan Turgenjew, Gustave Flaubert, Guy de Maupassant und Alphonse Daudet. Henry James gilt als der wichtigste Neuerer der Erzählkunst im Übergang zur Literatur des 20. Jahrhunderts und zur Moderne. Seine sprachlich vollkommenen Erzählwerke sind geprägt von seiner Vorliebe für die kultivierte aristokratische Lebensweise, die er in Amerika vermißte, und von einer gründlichen Analyse des Seelenlebens seiner Helden. Henry James starb 1916 in London.Neben Erzählungen wie "Daisy Miller" (1879) begründeten seine Romane "Die Europäer" (1878), "W

ashington Square" (1881), "Bildnis einer Dame" (1881), "Damen aus Boston" (1886), "Die Prinzessin Casamassima" (1886); "Die Flügel der Taube" (1902) und "Die Gesandten" (1903) seinen literarischen Weltruhm.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.03.2013

Überdruck in den Dampfkesseln der Konversation

Aufs Meer mit uns faden Binnenexistenzen! Henry James erzählt von einer "Überfahrt mit Dame" und verwandelt die sauberen Planken des Schiffsdecks in schlüpfrige Bühnenbretter.

In Cambridge, Massachusetts, steht sein Grabstein und verkündet mit der Inschrift, dass er ein Bürger zweier Welten war, der die Erfahrung seiner Zeit "on both sides of the sea" zu deuten wusste. Tatsächlich stehen sich Amerika und Alteuropa, die Neue und die Alte Welt, in seinen Werken gegenüber, vielfach fremdelnd oder irritiert, niemals aber gleichgültig und achselzuckend, sondern immer wechselseitig fasziniert, manchmal betört, zuweilen von der anderen Seite regelrecht in Bann geschlagen.

Die See, die beide geographisch trennt, verbindet sie daher zugleich und öffnet einen Raum für ständige, oft missverstandene Begegnungen. Daraus gewinnen die Geschichten aus der besseren Gesellschaft, denen er sich lebenslang mit meisterhafter Sprachkunst widmete, ihre ungeheure Reibungsenergie. Die beste Bühne aber, sie zu inszenieren, bilden Schiffspassagen, Ozeandampfer auf hoher See: "Die sauberen Planken des Decks verwandeln sich in Bühnenbretter eines amüsanten Schauspiels, des menschlichen Dramas der Reise, der Bewegung und Interaktion im grellen Licht der See", wie es in "Überfahrt mit Dame", seiner großartigen Schiffserzählung von 1888, heißt.

Gewiss war Henry James (1843 bis 1916) kein Autor abenteuerpraller Seefahrergeschichten, wie wir sie in existentieller Übersteigerung oder Brechung von Herman Melville oder Joseph Conrad kennen. Bei James bleibt das Matrosenleben ausgespart, Kajüten, Kohlenlager oder Kesselraum, wie alles andere unter Deck, sind jedem Blick, den er uns gönnt, entzogen - nicht einmal vorsätzlich verborgen, sondern stets vorausgesetzt auf eine stillschweigende Weise, die weitere Verständigung darüber unterbindet. Doch selbst wenn sich die Perspektive des Erzählens bei ihm immer strikt auf das Gesellschaftsdeck beschränkt und alle Anstandsregeln, die dort gelten, mit Geschick und Klugheit wahrt, wird doch das Ungeheuerliche, das darunter liegt, in jedem Moment spürbar. Wenn im Salon Konversation betrieben wird, steigt dort der Druck, ganz wie im Heizkessel, bedrohlich an; unter den sauberen Planken stampfen gewaltige Maschinen und treiben das Geschehen zu voller Fahrt voraus; alles Abenteuer liegt bei James in den Nuancen.

Davon können wir uns jetzt durch wunderbare deutsche Erstveröffentlichungen einiger Erzählungen aufs Neue überzeugen. "The Patagonia" (wie "Überfahrt mit Dame" im Original nach dem Schiffsnamen heißt) erzählt von einer transatlantischen Passage, die von Boston nach Liverpool führt und eine scheinbar zufällig zusammengewürfelte Reisegesellschaft in eine menschliche Katastrophe verstrickt, deren Ausgang alle umso mehr verstört, als sie den Punkt, da ein geselliges Spiel in tödlichen Ernst umschlägt, verpasst haben. Sechs Tage dauert diese Überfahrt, bei heißem Sommerwetter und ruhiger See. An Bord jedoch, so heißt es, zählt jeder Tag so viel wie zehn an Land, und offensichtlich wiegt in solcher Abgeschiedenheit auf See, wo einen nicht einmal der Briefträger erreicht, auch jedes Wort zehnmal so schwer. So kommt es, dass die Amerikanerin, die in Liverpool von ihrem Verlobten in Empfang genommen werden und zur Hochzeit schreiten will, ihrer Worte nicht mehr sicher ist und sich auf derart schwerwiegende Gespräche mit einem jungen Mann einlässt, dass sie vor der Ankunft schließlich von Deck und Bord verschwunden ist.

Erzählt wird dies aus Sicht eines ahnungsvollen Mitreisenden, halb Ohrenzeuge, halb Mitmischer und letztlich doch nur hilfloser Berichterstatter. In ordentlicher Übersetzung, sehr ansprechender Aufmachung und mit schönen Dreingaben (unter anderem eine Schiffserzählung des Viktorianers Anthony Trollope, die James zur Anregung gedient haben mag, seine Erzählkunst der kalkulierten Aussparung aber nur umso stärker erweist) bietet dieser kleine Band ein großes Beispiel dafür, was es bei diesem Meister der Moderne noch alles zu entdecken gibt. Denn auch wenn er bereits zu Lebzeiten allseits respektvoll als "the Master" galt, sind von seinen über hundert Erzählungen bislang nicht mal die Hälfte überhaupt auf Deutsch erhältlich.

Umso willkommener ist daher ein Manesse-Band mit weiteren fünf deutschen Erstveröffentlichungen von James-Geschichten aus der Zeit zwischen 1870 und 1900, unter anderem "M. Briseux' Liebchen" oder "Kollaborationen", dargeboten in der ebenso bewährten wie subtilen Sprachgebung von Ingrid Rein und mit einem substantiellen Nachwort von Angela Schader. Sie spielen überwiegend in Europa und bewegen sich ganz im Milieu von gepflegten Gentlemen, empfindsamen Reisenden und ambitionierten Künstlern, in dem der Autor sich seit seinem dreißigsten Jahr als teilnehmender Beobachter selbst etabliert hatte. Dennoch ist auch hier die See nie fern, ein Flucht- und Wunschraum, der die Welt seiner Salonlöwen nicht so sehr begrenzt als ihnen Heimat- ebenso wie Ausbruchsmöglichkeit bietet. In "Georginas Gründe", der längsten Erzählung dieser Auswahl, ist es ein Marineoffizier, dessen "einziges Heim ein paar Quadratfuß auf einer schlingernden Fregatte waren". Und in "Augengläser" heißt es, dass einem unglücklich Verliebten immerhin der "übliche Ausweg" offenstand: "Er konnte sich auf seine Schiffe flüchten." In der Weite der Meere, so durfte man damals noch hoffen, entwirren sich die Schicksalsfäden bedrängter Binnenexistenzen.

Der stärkste Text des Bandes jedoch, die Titelgeschichte "Wie alles kam" von 1896, spielt ganz an Land und öffnet sich zugleich in Weiten unerforschter Hinterwelten, die unsere Existenz umgeben, auch wenn wir sie nur selten wahrnehmen. Eine Frau verlobt sich mit einem Mann und plant mit ihm die Zukunft, als sie zu bemerken glaubt, dass eine Tote zwischen ihnen steht und jede Nacht, wie sie zu spüren meint, mit ihm verkehrt. Der Mann, so weiß sie wohl aus früherer Erfahrung, verfügt über den zweiten Blick und hat schon manches Mal Begegnungen gehabt, die nicht von dieser Welt sein konnten. Dies hat ihn ihr so faszinierend wie anziehend erscheinen lassen, dass sie ihn unbedingt einer Freundin vorstellen will, der sie dieselbe Gabe zutraut. Zu diesem Treffen kommt es nie, im Leben haben sich die beiden durch Zufall, wie es scheint, oder durch Fügung stets verpasst. Erst als die Freundin unvermittelt stirbt, gewinnt sie bald ein unheimliches Nachleben, das ihre Mitwelt überkommt und fürchterlich in Bann schlägt.

Wie seine bekannteste Erzählung "Die Drehung der Schraube" erzählt James auch diese grandiose Gespenstergeschichte ganz aus der Sicht einer Beteiligten, der Heimgesuchten selbst, so dass wir niemals sicher sind, was wir aus dem Gespinst von Mutmaßungen, Wahnvorstellungen und Einbildung für bare Münze nehmen sollen. Eins aber steht fest: Auch wenn das Zeitalter der großen Seereisen vorbei und längst entrückt ist, dieser Autor weiß auch unsere Erfahrungswirklichkeit zu deuten, als Meisterchronist unerforschter Zwischenreiche, der uns so nachdrücklich wie subtil darauf hinweist, dass wir stets Bürger zweier Welten sind.

TOBIAS DÖRING

Henry James: "Überfahrt mit Dame". Eine Salonerzählung.

Aus dem Englischen übersetzt und hrsg. von Alexander Pechmann. Aufbau Verlag, Berlin 2013. 176 S., geb., 16,99 [Euro].

Henry James: "Wie alles kam". Erzählungen.

Aus dem Amerikanischen von Ingrid Rein. Mit einem Nachwort von Angela Schader. Manesse Verlag, München/Zürich 2012. 478 S., geb., 22,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Als Bürger zweier Welten fühlt sich Tobias Döring beim Lesen der Erzählungen von Henry James. Den vorliegenden Text, James' Schiffserzählung von 1888, nun erstmal auf Deutsch zu lesen, hält er für besonders gelungen, weil der Autor den Leser zwar nur durch das Oberdeck führt, was tief darunter rumort und brodelt, der Maschinenraum der Existenz sozusagen, bleibt jedoch nicht gänzlich ausgespart, sondern spielt dauernd hinein, ist für Döring jeden Moment spürbar. Oder, wie es der Rezensent auch fasst: Das Abenteuer liegt hier in den Lücken und den Nuancen. Am Ende der transatlantischen Überfahrt fehlt von einer jungen Amerikanerin, deren Verlobter in spe sie schon sehnsüchtig erwartet, jedenfalls jede Spur. Übersetzung, Aufmachung und auch die Dreingabe eines Textes von Anthony Trollope, der James als Inspiration gedient hat, machen den Band für Döring zum Genuss.

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» Dieser Schriftsteller wird Sie nicht mehr aus seinen Fängen lassen, sobald Sie eine Zeile von ihm gelesen haben. « Alexander Cammann Alexander Cammann DIE ZEIT 20140731