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Ein Gespenst ist aufgetaucht in Deutschlands Politik des Jahres 2005: Die Linkspartei. Schon jetzt, da sie sich gerade erst zu formieren beginnt, hat sie große (mediale) Wirkung. Die 'etablierten' Parteien sind beunruhigt. Wo liegen die Ursprünge dieser Formation? Wie wird die neue Partei den hohen Erwartungen gerecht werden? Welchen Platz wird sie in der Gesellschaft und im Parteienspektrum einnehmen? Zehn Autorinnen und Autoren stellen erste Antworten zur Diskussion. Dokumente wie die Erklärung von L. Bisky und K. Ernst vom 10.6. 2005 runden den Band ab.

Produktbeschreibung
Ein Gespenst ist aufgetaucht in Deutschlands Politik des Jahres 2005: Die Linkspartei. Schon jetzt, da sie sich gerade erst zu formieren beginnt, hat sie große (mediale) Wirkung. Die 'etablierten' Parteien sind beunruhigt.
Wo liegen die Ursprünge dieser Formation? Wie wird die neue Partei den hohen Erwartungen gerecht werden? Welchen Platz wird sie in der Gesellschaft und im Parteienspektrum einnehmen?
Zehn Autorinnen und Autoren stellen erste Antworten zur Diskussion. Dokumente wie die Erklärung von L. Bisky und K. Ernst vom 10.6. 2005 runden den Band ab.
Autorenporträt
Michael Brie ist Direktor des Instituts für Gesellschaftsanalyse der Rosa-Luxemburg-Stiftung.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.05.2006

Mit und ohne Maske
PDS und WASG bieten Verschwörungstheorien

Linkspartei/PDS und WASG sitzen im Bundestag im selben Boot, rudern derzeit aber auf Landesebene in verschiedene Richtungen. Zunehmend scheint die Verbindung beider Formationen rechtlich problematisch. Bei der Bundestagswahl 2005 gehörten PDS und WASG gemeinsam zwar nicht zu den Siegern, aber zu den Gewinnern. Erstmals mit zwei wahlkampferprobten Spitzenkandidaten aus West- und Ostdeutschland angetreten, konnte die PDS mit ihrem WASG-Appendix ihren gesamtdeutschen Zweitstimmenanteil mehr als verdoppeln - gerade auch durch ein kampagnefähiges Thema. Meinhard Meuche-Mäker erläutert, warum der Westen zumindest bis 2005 für PDS-Wahlkämpfer ein schwieriges Pflaster war.

Neue Parteien haben es in der Bundesrepublik schwer. Auch die PDS erringt Erfolge vor allem dort, wo sie weder neu noch fremd ist, sondern etabliert. In Sachsen-Anhalt zum Beispiel errang sie bei der jüngsten Landtagswahl erneut einen prozentualen Zuwachs, womit die Partei im Osten ihren fast bruchlosen Aufstieg seit 1990 fortsetzte. Während die PDS in der Ex-DDR mitten im Leben agiert, umrankte sie im Westen, in der Fremde, nach 1990 akute Todesgefahr. Im Unterschied zum Osten profitierte die antiwestdeutsche PDS im Westen organisatorisch und personell kaum von SED-Vorarbeiten. Vielmehr traf sie im parteipolitischen Linksextremismus der "BRD" auf begabte Sektierer, bewährte Querulanten und erfahrene Parteiwechsler, die meist mehr von parteiinterner Selbstfindung und -zerstörung verstanden als von außerparteilicher Gegnerbekämpfung oder gar politischer Problemlösung. Im westdeutschen Linksextremismus herrschte Zersplitterung - strukturell und ideologisch. Die Abschreckung funktioniert, behauptet Meuche-Mäker, auch umgekehrt: Finanzielle Machenschaften der SED/PDS 1990 und deren Kungelei mit Ex-Stasi-Mitarbeitern verdüsterten angeblich vice versa das PDS-Bild bei Linksextremisten im Westen. Andere Differenzen zwischen ost- und westdeutschen Linksextremisten umschifft er: So passen linksextremer Anarchismus im Westen und SED-geschulter Antipluralismus oft schwerlich zusammen - ebensowenig deutschnationaler Chauvinismus alter SED-Kader und linksextreme "Nie wieder Deutschland"-Mentalitäten im Westen. Kurz: Es mangelt an gemeinsamem "Stallgeruch".

Bei der Landtagswahl 2005 in Nordrhein-Westfalen kandidierte neben der PDS die WASG; ihr gelang es, die PDS aus dem Stand locker zu übertrumpfen. Um aber in den Bundestag einzuziehen, mutierte die WASG vor dem 22. September 2005 vom Konkurrenten der PDS zu deren trojanischem Esel im Westen. Mittlerweile gärt es in WASG-Kreisen, die eigenen Leuten und der PDS Opportunismus vorwerfen. PDS-Chefideologe Michael Brie appelliert in dem von ihm herausgegebenen Buch "Die Linkspartei" an PDS und WASG, künftig stärker an einem Strick zu ziehen und auch in dieselbe Richtung, um eine sozialistische Einheitspartei für Gesamtdeutschland zu bilden und das Stück "Wir gegen uns" zu stoppen. Doch sein Buch leistet einen Beitrag, die PDS samt WASG zu enttarnen, statt zu beflügeln. Es agitiert gegen die "Eliten" der "BRD", die angeblich "in den von ihnen kontrollierten Parteien . . . in völliger Einmütigkeit für mehr Kapitalismus" kämpfen. Solche antikapitalistischen Verschwörungstheorien unterschlagen Fakten: Die "Eliten" der "BRD" diskutieren seit langem über Steuer- und Gesundheitsreformen oder sogar Mindestlöhne; die Staatsquote der "BRD" liegt bei fast 50 Prozent; die 10 Prozent der Bestverdiener entrichten den Löwenanteil des Einkommensteueraufkommens (normativ und faktisch); Länder wie Bayern ackern sehr erfolgreich gegen (Jugend-)Arbeitslosigkeit. Allerdings profitiert die PDS sowohl von grassierenden Reformängsten als auch von schmerzhaften Eingriffen, die bislang zu keiner Genesung des Patienten D führten.

Bries Autorenkollektiv bemängelt, die PDS müsse stärker zu einer realistischen Partei mutieren. Doch sein Band schwadroniert vom "angeblich fehlenden Geld, den so genannten haushaltspolitischen Sachzwängen". Er fordert einerseits "Nachhaltigkeit", andererseits noch mehr staatliche Verschuldung. Mehr Schulden machten aber Banken und Reiche reicher. Zudem verkennt das Buch die steigenden Sozialkosten (steuer- und beitragsfinanziert). Obendrein agitiert es gegen Studienbeiträge. Im Unterschied zu den Vor- und Nachdenkern der PDS forderte bereits Karl Marx Studienbeiträge (die heute üblicherweise sozialverträglich gestaltet sind). Schließlich kritisieren einzelne Beiträger die "Züge einer Tyrannis" in der "BRD". Der Band von Brie erscheint ebenso wie das Buch von Meuche-Mäker bei der PDS-nahen Stiftung, die den Namen der Antidemokratin Rosa Luxemburg trägt.

Tim Peters analysiert, inwieweit der Antifaschismus der PDS demokratieverträglich ist. Der Antifaschismus der PDS folgt stark dem SED-Antifaschismus, der versuchte, die bundesdeutsche Demokratie als "faschistisch" zu präsentieren - und die SED-Diktatur als Hort von Demokratie und Antifaschismus. Doch nach dem Zweiten Weltkrieg durften frühere NS-Täter scharenweise bei der antiisraelischen und antiamerikanischen SED unterschlüpfen, um beim Aufbau der zweiten deutschen Diktatur zu helfen. Die Maschinengewehre des "antifaschistischen Schutzwalls" zielten auf DDR-Bürger. Ähnlich wie die SED geriert sich die PDS mit ihrem Engagement gegen "Faschismus" als demokratisch - üblicherweise meidet sie den Begriff "Rechtsextremismus", der "Linksextremismus" impliziert. Zum "Faschismus" zählt die Neo-SED sowohl echte Rechtsextremisten als auch, wenigstens latent, die rechtsstaatliche Demokratie und Soziale Marktwirtschaft, die bei ihr "Kapitalismus" beziehungsweise "Neoliberalismus" heißen. Nur wer beide "überwinde", verhindere "Faschismus" wirksam. Doch vielfach ähnelt die PDS-Agitation rechtsextremer Demagogie. Bezeichnend schließlich: Lothar Bisky ehrte 2004 Thälmann, Opfer Hitlers, aber bekanntlich auch Vasall Stalins, der wiederum mit Hitler paktierte, um dessen Angriffskrieg zu befördern und das sowjetische Imperium auszudehnen.

HARALD BERGSDORF

Meinhard Meuche-Mäker: Die PDS im Westen 1990-2005. Schlußfolgerungen für eine neue Linke. Karl Dietz Verlag, Berlin 2005. 96 S., 9,90 [Euro].

Michael Brie (Herausgeber): Die Linkspartei. Ursprünge, Ziele, Erwartungen. Karl Dietz Verlag, Berlin 2005. 96 S., 9,90 [Euro].

Tim Peters: Der Antifaschismus der PDS aus antiextremistischer Sicht. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2006. 230 S., 32,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Kritisch betrachtet Rezensent Harald Bergsdorf diesen Band über die Linkspartei, die der "PDS-Chefideologe" Michael Brie herausgegeben hat. Schnell macht er deutlich, wie wenig er von dieser Partei und ihrem Programm hält. Die politischen Forderungen, die im Band erhoben werden, weist er schnurstracks zurück. Die im Band geäußerte Kapitalismuskritik verdammt er als "antikapitalistische Verschwörungstheorien". Schließlich wird nicht argumentiert, sondern, wie Bergsdorf unterstreicht, "agitiert" und "schwadroniert". Ein Gutes hat der Band seines Erachtens allerdings: er trägt dazu bei, die wahre Natur von PDS samt WASG offenzulegen.

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