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2 Kundenbewertungen

Ein liebeskranker Lehrer, ein ausgeflippter Deutschafrikaner und ein musikalisches Wunderkind aus Litauen auf dem Trip ihres Lebens, von München durch Osteuropa nach Istanbul. Unter den Fittichen eines alternden Folkstars und seiner unsterblichen Songs. Becks letzter Sommer ist Künstlerroman, Roadmovie und Odyssee durch die Anfechtungen von Genialität und Mittelmaß.

Produktbeschreibung
Ein liebeskranker Lehrer, ein ausgeflippter Deutschafrikaner und ein musikalisches Wunderkind aus Litauen auf dem Trip ihres Lebens, von München durch Osteuropa nach Istanbul. Unter den Fittichen eines alternden Folkstars und seiner unsterblichen Songs. Becks letzter Sommer ist Künstlerroman, Roadmovie und Odyssee durch die Anfechtungen von Genialität und Mittelmaß.
Autorenporträt
Benedict Wells wurde 1984 in München geboren. Mit sechs Jahren begann seine Reise durch drei bayrische Internate. Nach dem Abitur 2003 zog er nach Berlin. Dort entschied er sich gegen ein Studium und widmete sich dem Schreiben. Seinen Lebensunterhalt bestritt er mit diversen Jobs.
Rezensionen

buecher-magazin.de - Rezension
buecher-magazin.de

Das Hamsterrad des Lehrerlebens rollt kräftig. Beck, Musiklehrer und Single Ende 30, hangelt sich von einer nervenden Klasse zur nächsten Zigarettenpause, nur unterbrochen von gelegentlichen erotischen Fantasien mit der Schulschönheit. Vor allem aber zehrt die Vergangenheit mit den Erinnerungen an die kurze Zeit als erfolgreicher Musiker an ihm. Der drohenden Midlife-Crisis kommt jedoch ein hochtalentierter Schüler zuvor, der Beck scheinbar eine letzte Chance auf Selbstverwirklichung und Lebensglück bietet. Benedict Wells' Debütroman aus dem Jahr 2008 nimmt den Hörer auf eine kurzweilige Sehnsuchtsreise mit, die durch Herzen, Ohren und quer durch Europa führt. Becks Verwirrung ist witzig und voller Sehnsucht. Christian Ulmen (der in der aktuellen Romanverfilmung von Frieder Wittich die Titelrolle spielt) verfügt zwar nicht über eine sonderlich große Sprecherklaviatur, sein gewohnt schnoddriger Vortrag sitzt Beck aber wie ein lockerer, über dem Bäuchlein gezurrter, Gitarrengurt: bequem und ohne zu große Spannung. Und ist somit ziemlich passend. Kleiner Dämpfer: das magere Booklet, das thematisch Raum für vieles geboten hätte.

© BÜCHERmagazin, Dirk Speckmann (ds)

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.10.2008

Das deutsche Wollmausmassaker
Schnitte ins eigene Fleisch und ein Ende der Langeweile: die Debütromane der Saison

Nach acht, neun Büchern beginnt alles langsam zu verschwimmen, und alles scheint mit allem zusammenzuhängen: Der Massenmörder mit dem zerrupften grünen Haar, der die Liebhaber seiner Kolleginnen tötet, ist das jetzt derselbe, der die Mutter des kämpferischen Russenmädchens umgebracht hat? Ist es die Mutter, die als Wasserleiche an einem Flussufer gefunden wird, die der Finder am Ufer liegen lässt, weil er lieber auf einer Schwulensexparty versinkt? Und das muss doch dann der Junge von der Zürcher Goldküste sein, der in den Schwulenclubs der Welt noch das letzte Krümelchen Kokain von den Klobrillen schnüffelt. Und wo stand noch mal der Satz "gemeinsame Sommerbetrunkenheit ist etwas vom Schönsten, was es gibt"?

In der deutschen Roman-Debütantenwelt ist gut was los in diesem Herbst. Es gibt unglaublich viel schwulen Sex und sehr wenig blasse Mädchen. Wer also unbedingt einen Trend sucht unter den Büchern der Neubeginner, der kann das schon mal aufschreiben. Außerdem ist der Hang zum Familienroman, der die Geschichte der Vorfahren bis in die Nazizeit zurückerzählt, erst einmal wieder gestoppt worden. Nur noch ein Debüt beschäftigt sich damit. Es gibt einen ganz erstaunlichen Mut zum Pathos, der gern auch mal zum Übermut wird: "Die Schönheit deiner Seele wird uns retten." Zum Beispiel. Hatte man lange nicht gelesen. Handwerklich ist das meiste sehr gut, und wirklich interessant und neu und großartig ist nur weniges.

Den Roman dieses Herbstes, in dem all der Wahnsinn, die Verschwendungssucht und der Untergang beschrieben werden, den hat der fünfundzwanzigjährige Schweizer Pippin Wigglesworth geschrieben. Ein Selbsterfahrungsbericht von der Zürcher Goldküste: junger Mann, unendlich reich, in großer Lebensfeier- und Untergangsstimmung. Die Nase immer voller Koks, die Sätze schnell: "Die Sonne brannte, der Joint flashte, der Alkohol knallte, und die Nase, ja die lief." Muss immer was los sein, das Leben erleben, immer am Abgrund: "und ich schlitzte mir, damit nichts Wesentliches passiert, vorsichtig die Arme auf." Trinken, leben, feiern, tanzen, bis alles weg ist, Geld, Energie, Gesundheit und Verstand. Und am Ende also Nüchternheit, Entzug, Depression und: Buch schreiben. Ein Buch mit vielen schönen Sätzen, aber so gut es in diesen Herbst des Finanzdesasters passt, man hat es halt dann doch schon etwas zu oft gelesen, diese delirierenden Nachtfeiermitschriften.

Auch Gunther Geltinger, 34, beschreibt Exzesse. Exzesse der Liebe. In seinem Roman "Mensch Engel" ist alles weit weniger reich, aber mindestens ebenso existentiell. Das Buch ist herrlich und schauderhaft zugleich. Schon allein, dass der Protagonist "Engel" heißt, nervt ungemein. "Doch Engel fiel", "Mensch Engel" und so weiter, da wird kein Namenspathos ausgelassen. Auch sonst lässt Geltinger nur die größten Worte zu, manchmal halbironisch kommentiert: "Wegen einer einzigen schlaflosen Nacht verhängt er eine Sonnenfinsternis über sein Leben wie Gott bei der Kreuzigung über die Erde!" Es ist eine schwule Initiationsgeschichte, mit der Liebe als blutschwerem Schicksalsbeil über allem. Voller Pathos, Mut und Abstürzen in tiefe Stilblütentäler. Und auch dieser Held schneidet sich auf, ein Riesenschnitt über die ganze Brust: "Der Schmerz war von hoher Intensität und überwältigender Klarheit. Er erlöste ihn vom allgegenwärtigen Brennen unter der Haut, vom quälenden Leergefühl in der Brust." Und wenn auch kein Trend der Themen in den Debüts der Saison auszumachen ist, so doch unbedingt ein Motivtrend. Und das Motiv dieses Herbstes ist die Selbstzerfleischung. Der Schnitt ins eigene Fleisch, mit dem Messer in die eigene Brust oder den Arm hinauf. Bei den wenigsten handelt es sich dabei aber um ein spätes Goetz-Epigonentum. Meist ist die Selbstverletzung das letzte Mittel, einem leeren Leben ein starkes Gefühl abzutrotzen.

Oder, wie es über Loretta, das traurig-suchende Mädchen aus Julia Zanges Kurzroman "Die Anstalt der besseres Mädchen", heißt: "Sie kann sich dem Lauf der Dinge fügen und entscheiden, glücklich zu sein, aber sie möchte die schützende Decke aus Traurigkeit nicht hergeben. Es muss eine radikale Lösung gefunden werden!" Sie schwebt blass und voller Traurigkeit von der Liebe zu Malte weg in eine psychosomatische Klinik, wieder zurück ins Leben, bekommt ein Kind, schwebt weiter in eine Mädchenkommune aufs Land. Alles ein wenig zu blass geschrieben, die Leere mit schönen Worten füllend. Malte sagt: "Du bist wie eine Schaumflocke, die man ständig davor bewahren muss, im Abflussstrudel zu versinken."

Es ist für die Dramaturgie eines Romans manchmal einfach besser, wenn man von Anfang an weiß, woran die Heldin leidet. Und wenn es eben nicht nur die ewige innere Leere ist, sondern zum Beispiel: die Ermordung ihrer Mutter, wie in Alina Bronskys Rasant-Roman "Scherbenpark". Glücksuchend, kämpferisch, phantasievoll und entschlossen, den Mörder ihrer Mutter umzubringen, stapft das Waisenmädchen Sascha durch Südhessen. Sie beschimpft sogar ihre Träume, wenn sie ihr zu langweilig sind, und lebt so ein aufregendes Leben, dass sie am Ende weise seufzen kann: "Ich liebe langweilige Dinge. Sie sind so gemütlich."

Andere schaffen es ja schon, gleich am Anfang mit Gemütlichkeit zu kommen. Da hilft dann auch ein tragischer Todesfall nicht raus. Wenn, wie im Falle von Christopher Kloebles Erstling, die Wollmaus mit der sterbenden Mutter spricht: "Tyyypisch. Immer Hoffnung, Hoffnung, Hoffnung. Selbst beiiiim Verrecken." Neben der Erkenntnis, dass Wollmäuse offenbar das Binnen-"I" gern in die Länge ziehen, lässt sich daraus eigentlich nur der dringende Rat zur Flucht aus diesem Buch ableiten. Es ist der einzige Roman, der hier leider nicht zu Ende gelesen werden konnte.

Und auch der jüngste Debütant der Saison, der 24-jährige Benedict Wells aus München, macht einem das Lesen nicht eben leicht, weil er es dem Leser zu leicht machen will. Sein Roman "Becks letzter Sommer", die Geschichte eines Musiklehrers, der in der Förderung der Musiker-Karriere eines Schülers die eigenen Träume verspätet verwirklichen will, ist so routiniert und schablonenhaft geschrieben, dass man zwar staunt, wie sicher er das Handwerk in seinem Alter schon beherrscht, ein interessantes Buch ist es aber leider lange nicht geworden.

Wo wir schon bei schlechter Laune sind: Auch der Fernsehschauspieler Philipp Moog hätte jetzt nicht unbedingt sein Schriftstellertalent ausprobieren müssen. Sein Kriminalroman "Lebenslänglich" ist ein Angeberbuch voller Klischees und schlechter Witze. "Ich schlage mich tapfer durch dieses Leben, in das du mich gefickt hast", schreibt er an seinen Vater in sein Tagebuch. Ein hässlicher Bankangestellter tötet die Liebhaber seiner Kolleginnen. Mit dem ersten Mord geht es gleich los, und vielleicht ist das Penetranteste an dem Buch, wie der tausendschöne Schauspieler Moog die Hässlichkeit seines Alter Ego beschreibt, immer wieder: "Ich sehe aus wie ein Schwein. Die roten Haare." "Kleiner Pimmel", "Haare auf den Schultern". Ja, ja, ja. Und das Motto des Buchs: "Erfolg durch Schönheit ist die schleichendste aller Krankheiten." Auch wenn das sicher mal eine schöne Liste wäre: schleichende Krankheiten, Platz eins bis zehn, aufsteigend in zunehmend schleichender Richtung, muss man doch leider sagen, unter so viel Willen zur bösen Hässlichkeit ist das kleine, schwache Buch leider zusammengebrochen. Besser ist da die unglaublich altertümelnde Erzählung "Gustavs Traum" des 25-jährigen Schweizers Christian Zehnder. Die Geschichte ist einfach: Der Vater stirbt, der Sohn verweigert die Nachfolge. Fremd in der Welt, fremder kann man kaum sein. Und das beglaubigt durch eine fremde Sprache aus einer anderen Zeit. Nur Gefühl und leise Innenschau: "Wo immer möglich, strebte er danach, in Stimmungen aufzugehen. Sah er ein geeignetes Detail, und sei es ein Lichtstrahl, setzte er sich und wartete, bis die Gedanken verschwammen." Die Geschichte ist nur hundert Seiten lang, länger hätte man es auch nicht ertragen. Aber auf dieser kurzen Distanz ist es schön.

Der "aspekte"-Preis für das beste Debüt des Jahres wurde gerade unverständlicherweise der in Argentinien geborenen und in Berlin lebenden María Cecilia Barbetta zugesprochen. Der Roman einer träumenden Schneiderin in der Änderungsschneiderei "Los Milagros" wird mit allerlei Schnittmustern und bunten Bildern auf den Seiten präsentiert. Die ersetzen aber auch nicht, was der Geschichte fehlt: ein Zentrum, ein Kern. "Im gleichen Zuge wollte sie die eigene Leere stopfen mit beruhigenden Gedanken und lukullischen Aktivitäten." Ach, ach.

Was manchen Büchern an Handlung und innerer Notwendigkeit fehlt, hat Zora del Buonos Buch "Canitz' Verlangen" im Überfluss. Zwischen dem Fund einer Wasserleiche am Ufer der Spree bis zur Aufdeckung eines unglaublichen Familiengeheimnisses, das im Massenselbstmord Hunderter Frauen aus Angst vor den heranstürmenden Russen in Demmin im Frühjahr 1945 begründet ist, liegen nur 150 Seiten. Unglaublich komprimiert, präzise und kühl schreibt sich del Buono durch die Zeitgeschichte und auf das dramatische Ziel zu. Nur die etwas penetrant eingestreuten Hinweise auf die Kulturgeschichte der Wasserleiche in Literatur und Wissenschaft stören ein wenig.

Mathias Gatza hat den schönsten Debütroman des Herbstes geschrieben. Gatza ist auch kein klassischer Debütant, er war schon Verleger, Lektor, ein Vollprofi der deutschen Literatur. Sein Roman "Der Schatten der Tiere" ist die Geschichte einer Freundschaft zweier Sonderlinge, eines Mathematikers, der Staudämme im Urwald baut, und eines Verlegers mit einer großen Leidenschaft für Zootiere. Der Mathematiker stirbt, der Verleger verliebt sich in die Freundin des Verstorbenen. Eine Liebesgeschichte über Bücher, Tiere, Trunksucht und Wahn.

Der Erzähler hat einen weisen Rat an einen jungen Schriftsteller, den er beim Trinken trifft: "Dichtung überdauert nur als Gemurmel von angetrunkenen Schamanen, Esoterikern mit stickigen Ahnengalerien, die niemals Entscheidungen treffen müssen. Mein lieber Orpheus, Sie werden in Ihren jungen Jahren in Häkelkreisen und Literaturhäusern gebildeten Muttis vom Vermodern vorsingen; und wenn Sie preisgekrönt denn selbst vermodern, werden die jungen Mädchen kommen und Ihnen dabei zusehen."

VOLKER WEIDERMANN

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

(Diese Rezension bezieht sich auf die Taschenbuchausgabe)
Warum Rezensent Martin Wittmann diesen schon in den Neunzigern verfassten Roman erst im Taschenbuch bespricht, ist eigentlich rätselhaft, wenn man zugleich bedenkt, dass der Roman alles in allem wohl nicht in Erinnerung bleiben wird. Gewiss: Die Figur des abgehalfterten Lehrers Beck gefällt dem Rezensenten. Auch sein Verhältnis zum 17-jährigen litauischen Rockgenie Rauli und die verzagten Schwärmereien für Schülerinnen. Dann aber will der Roman zum Roadmovie werden und richtige Action produzieren. Da steigt Wittmann zwar nicht aus, denn die Story scheint so flüssig erzählt, dass man immerhin wissen will, wie's weitergeht, aber er winkt doch ab, hier wird ihm Wells allzu klischeehaft: "Die B-Seite - so heißt der zweite Teil des Buches in Wells' Vinylsprache - ist eben nur eine B-Seite."

© Perlentaucher Medien GmbH
»Ein Ausnahmetalent in der jungen deutschen Literatur.«