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4 Kundenbewertungen

Eine junge Frau zu ihren Eltern, untere Mittelschicht im Londoner Vorort: 'Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute: Ich heirate, die schlechte: Er ist Perser. Und Übrigens: Er hat bereits zwei Frauen.' Ein Roman über Liebe, Essen und die Faszination des Fremden.

Produktbeschreibung
Eine junge Frau zu ihren Eltern, untere Mittelschicht im Londoner Vorort: 'Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute: Ich heirate, die schlechte: Er ist Perser. Und Übrigens: Er hat bereits zwei Frauen.' Ein Roman über Liebe, Essen und die Faszination des Fremden.
Autorenporträt
Anthony McCarten, geboren 1961 in New Plymouth, ist ein Schriftsteller und Filmemacher aus Neuseeland. Er wohnt in Los Angeles, Wellington und in London.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.05.2008

Haremsschnäppchen

Selbst wenn man Anthony McCartens Roman als Jugendbuch liest, kommt man nicht umhin festzustellen, dass diese, so der Verlag, "Liebesgeschichte wie keine andere" ein wesentliches Problem hat: McCartens Buch handelt vom Fremden, von seiner Faszination, seiner Verführungskraft und von den Irritationen, die es hervorruft. Diesem Faszinosum nähert sich der Autor jedoch leider denkbar bieder, offensichtlichkeitslüstern und rätselfrei. "Englischer Harem" ist die Geschichte einer jungen Supermarktkassiererin, die sich in einen schon zweifach verheirateten älteren Iraner verliebt, der mit seiner eigenen Kultur fremdelt. Die Eltern des Mädchens sind anfangs vehement dagegen, aber alle haben hier viel zu lernen. Der Leser schaut dem Treiben bald unterfordert zu. Es ist beinah amüsant, wie vorhersehbar dieser arg übererzählte Roman verläuft: Kein Winkel bleibt unausgeleuchtet in dieser Story, der man den Wunsch nach rascher Verfilmung ständig anmerkt. Bei seinem Bemühen, einen leichtfüßigen Wohlfühl-Roman mit liberalem, gleichwohl nicht unironischem Gestus zu schreiben, opfert McCarten einfach zu viel: Da, wo seine Charaktere liebenswert oder unbeholfen wirken sollen, macht er sie schlichtweg dümmer als nötig. Auch knirscht es oft, wenn der Autor sein Wissen allzu didaktisch in die Geschichte einzuarbeiten versucht. "Der Koran", sagt der Iraner Sam an einer Stelle, "lässt das Offensichtliche aus, und das fordert vom Leser eine gewisse Arbeit. (. . .) Und die Idee, die dahintersteckt, ist, dass man mit dieser Arbeit in neue Bereiche des Bewusstseins vordringt, Bereiche, in die man niemals käme, wenn man sein Wissen als Babykost zu sich nähme." McCartens Roman ist fatalerweise genau dies: überhitzte Babykost, mit zu viel Plauderwasser gestreckt. (Anthony McCarten: "Englischer Harem". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Manfred Allié und Gabriele Kempf-Allié. Diogenes Verlag, Zürich 2008. 582 S., geb., 21,90 [Euro].) EP

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 01.08.2008

An allem ist Cat Stevens schuld
Anthony McCartens Multi-Kulti- Roman „Englischer Harem”
Die großen Tragödien spielen sich heute zwischen den Kulturen ab. Nirgendwo sind die Gräben zwischen den Menschen so unüberwindbar wie dort, wo die Religionen mit Wucht kollidieren. Umgekehrt geben die kulturellen und religiösen Differenzen aber auch die besten Komödien her. Wo Menschen an die Grenzen ihrer Vorurteile stoßen und wie sie diese zu überwinden versuchen – das ist nicht nur lustig, sondern kann auch wunderbare Happyends hervorbringen.
Anthony McCartens Roman „Englischer Harem” liegt irgendwo in der Mitte. Er hebt an als turbulente Multikulti-Komödie, in deren Mittelpunkt die lebenslustige, 21-jährige Kassiererin Tracy steht. Zu Beginn verliert Tracy ihren Job und heuert in einem persischen Restaurant an. Das gehört Saaman „Sam” Sahar, einem Exil-Iraner, der eine feinere englische Art als die meisten Briten hat, allerdings auch von dem islamischen Recht Gebrauch macht, mehrere Ehefrauen haben zu dürfen. Zwei (plus vier Kinder) wohnen schon bei ihm, dann kommt es, wie es kommen muss: Er verliebt sich in Tracy und heiratet auch sie.
Weitere Figuren in diesem bunten Parallelgesellschaftspanorama: Sams zauberhafte Ehefrauen Firouzeh und Yvette, Tracys tölpelhafter Ex-Macker, der Rache schwört und Sam bei jeder Gelegenheit nachstellt, schließlich die Pringles, Tracys prollige Eltern, sie Kindergärtnerin, er Hausmeister. Sie wohnen in einem Sozialbau im schlimmsten Teil von London, wo das Gepflegteste die Ressentiments gegen Ausländer sind. Irgendwann stoßen noch Sams Eltern aus dem Iran dazu, die den Pringles an Borniertheit um nichts nachstehen.
Der Neuseeländer McCarten, Drehbuchautor und Verfasser von Theaterstücken und Romanen, setzt seine Geschichte mit großem Gespür für Effekte um. Immer wieder nimmt die Handlung rasante Wendungen, es kommt zu Verfolgungsjagden und erotischen Verwicklungen. In Rückblenden wird aufgerollt, wie der Perser Sam eigentlich zu seinen Frauen kam. Es ist nämlich nicht so, wie das Jugendamt unterstellt: Sams Verhältnis zu seinen ersten beiden Gattinnen ist rein platonisch und standesamtlich geheiratet hat er sie auch nicht. Er hat die Frauen nur nach dem Tod ihrer früheren Ehemänner zu sich genommen, damit sie nicht unversorgt bleiben.
McCartens Erzählweise ist vom Film inspiriert, vor allem seine Art, Schnitte zu setzen. Einmal nimmt sich Sam den fiesen Exfreund seiner Drittfrau vor, um ihm eine Lektion zu erteilen. In der nächsten Szene sehen wir, wie sich ein Messer senkt – allerdings in eine Schwarzwälderkirschtorte, die Sam seinem Widersacher anbietet, um bei einer schönen Tasse Tee ein Gespräch unter Männern zu führen. McCartens Dialoge wiederum könnten aus einer englischen Sitcom stammen. So verläuft etwa ein Gespräch zwischen den Pringles, als sie auf der Suche nach Tracys Beweggründen, einen Moslem zu heiraten, die Plattensammlung ihrer Tochter durchwühlen: „,Na worauf will ich wohl hinaus? Ich will darauf hinaus, dass Tracy von morgens bis abends diese Platten gedudelt hat, und dann, was passiert dann? Ihr Lieblingssänger tritt zum Islam über. Und was macht sie? Sie heiratet in einen Harem.‘ – ‚Das heißt, Cat Stevens steckt hinter allem?‘”
Fast unmerklich kippt der Roman dabei von Dur in Moll, aus der leichten Komödie wird eine düstere Bestandsaufnahme Englands. Das Jugendamt nimmt Sam die Kinder weg, obwohl er gegen kein Gesetz verstoßen hat, Sam selbst wird von Jugendlichen komareif zusammengeschlagen. Bis zum Schluss will er in seinem Glauben an die britische Toleranz nicht akzeptieren, dass er Opfer eines rassistischen Übergriffs wurde und „sein Orient-Okzident-Experiment” keine Zukunft hat. Immer deutlicher treten im Roman, der auf einer wahren Geschichte basiert, die Risse im Gefüge der multikulturellen Gesellschaft hervor. Sam überlebt die Attacke nicht, ein vietnamesisches Geschwisterpaar aus dem Kindergarten von Tracys Mutter ist eines Tages tot, weil die Familie nach Ablehnung des Asylantrags keinen anderen Ausweg mehr sah, als gemeinsam von einer Brücke zu springen.
Zwar wird der desolate Sozialbau, in dem die Pringles leben und dessen Baufälligkeit bei McCarten für den Zustand der Gesellschaft steht, am Ende in die Luft gesprengt. Der Sprengstoff, den das Zusammenleben der Kulturen birgt, ist damit aber noch lange nicht aufgebraucht. VERENA MAYER
ANTHONY MCCARTEN: Englischer Harem. Roman. Aus dem Englischen von Manfred Allié und Gabriele Kempf-Allié. Diogenes Verlag, Zürich 2008. 582 Seiten, 21,90 Euro.
Anthony McCarten Foto: Peter Peitsch
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Ein sehr buntes und rasantes Buch hat Verena Mayer da gelesen. Anthony McCartens Parallelgesellschaftpanorama "Englischer Harem" handelt von lebenslustigen Kellnerinnen, sehr britischen Exil-Iranern, Verfolgungsjagden und multikulturellen Patchwork-Familien. Als unterhaltsame temporeiche Komödie beginnend, wende sich der Roman im Laufe der Handlung jedoch in eine "düstere Bestandsaufnhame Englands", stellt die Rezensentin fest. Ein herausragendes Gespür für Effekte und jede Menge Einfallsreichtum attestiert sie dem Autor, dessen Erzählweise eindeutig filmisch inspiriert sei, wie Mayer feststellt, die sich nur an den Dialogen stört, die ihr manchmal einer englischen Sitcom entsprungen zu sein scheinen.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Anthony McCarten hat ein Händchen für tolle Geschichten, kann ernste Themen mit viel Witz behandeln.«