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- Ewig der Ihre.
- Gogols Petersburger Jahre
- Schock Schwere Not. Ein früher Ivan Goncarov
- Aufzeichnungen eines Jägers. Der Erzähler Turgenev
- Die Dame mit dem Hündchen. Anton Cechovs Erzählungen
- Der schwierige Umgang mit dem Erbe. Charms und die Gruppe Oberiu
- Moskau - Petuski. Venedikt Erofeevs grandioses Erzählgedicht.

Produktbeschreibung
- Ewig der Ihre.

- Gogols Petersburger Jahre

- Schock Schwere Not. Ein früher Ivan Goncarov

- Aufzeichnungen eines Jägers. Der Erzähler Turgenev

- Die Dame mit dem Hündchen. Anton Cechovs Erzählungen

- Der schwierige Umgang mit dem Erbe. Charms und die Gruppe Oberiu

- Moskau - Petuski. Venedikt Erofeevs grandioses Erzählgedicht.
Autorenporträt
Peter Urban wurde 1941 in Berlin geboren. Nach dem Studium der Slawistik, Germanistik und Geschichte in Würzburg und Belgrad war er von 1966 bis 1968 Lektor für slawische Literaturen im Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main. 1969 war er Mitbegründer des Verlags der Autoren, Frankfurt; von 1974 bis 1977 war er als Hörspieldramaturg beim wdr in Köln tätig. Von 1977 bis 1989 war er Geschäftsführer und Lektor im Frankfurter Verlag der Autoren, seither arbeitet er als freier Schriftsteller und Übersetzer. Peter Urban erhielt zahlreiche Preise und Auszeichnungen, u.a. den Übersetzerpreis der Akademie für Sprache und Dichtung und den Helmut-M.-Braem-Übersetzerpreis. Peter Urban starb am 9.12.2013 in Weidmoos im Hohen Vogelsberg.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.11.2006

Das ist keine Marotte
Anwalt der Genauigkeit: Peter Urban erklärt die russische Literatur

Der deutsche Leser verdankt Peter Urban eine neue Sicht, ein verändertes Verständnis der russischen Literatur. Seine Übersetzungen schminkten die Anreicherungen der "russischen Seele", die über lange Zeit die Leseerwartungen bedienten, entschlossen ab. Urbans neuem Stil entsprach eine neue, der wissenschaftlichen Transkription angepaßte Schreibweise der russischen Autorennamen - was keineswegs eine Marotte war, sondern der bitteren Notwendigkeit entsprang, russische Namen und Wörter, so wie englische oder französische, in authentischer Weise wiederzugeben. Puskin statt Puschkin, Çechov statt Tschechow (noch dazu mit langem O im Auslaut gesprochen) wurden zum äußeren, orthographischen Merkmal der Urbanschen Revitalisierung, die auf nichts Geringeres abzielte, als russische Autoren im Medium der deutschen Sprache nach ihrer künstlerischen Ausgangsintention erstehen zu lassen.

Peter Urban hat es nicht dabei belassen, Puskin als Prosaautor oder Çechov als Dramatiker und Erzähler in neuer, klarer Gestalt vor uns hinzustellen; er ist vielmehr wie ein Entdecker durchs russische Literaturgelände gestreift und hat dabei eine Reihe überraschender Funde gemacht: den von Schelling und E.T.A. Hoffmann geprägten romantischen Erzähler Fürst Vladimir Odoevskij, den jungen Ivan Gonçarov, die dem Futurismus nahestehende Lyrikerin Elena Guro, den in Sowjetzeiten verfemten Erzähler Leonid Dobyçev, schließlich Venedikt Erofeev, der mehr als nur ein versoffenes Genie war. (Nicht zu vergessen, daß Urban auch bemerkenswerte Texte aus der serbischen und der tschechischen Literatur erschlossen hat.)

Urbans ureigene Domäne ist die Erzählprosa. Und eigentlich sind es zwei gegeneinanderstehende Traditionen der russischen Erzählliteratur, die er ein wenig gewaltsam miteinander verbunden sieht: die auf Puskin zurückgehende, zuerst in den "Erzählungen Belkins" verwirklichte Konzisität und die in Rußland von Gogol begründete ausschweifende, "ornamentale" Erzählweise.

Puskins Diktum, Genauigkeit und Kürze seien die ersten Eigenschaften der Prosa, sie verlange Gedanken und nochmals Gedanken, niedergelegt in dem Essay "Über Prosa" (1822) - es steht als Motto im vollständigen Wortlaut am Anfang -, liefert nicht nur den Titel zu Urbans Buch, sondern durchzieht es wie ein Leitmotiv. Aber muß es dann auch unzählige Male, an passendem oder unpassendem Ort, wiederholt, immer wieder eingehämmert werden? Die Korrespondenz zwischen Puskins Maxime und Çechovs Äußerungen zur Erzählprosa sind offensichtlich, aber müssen darum auch diese immer aufs neue beschworen werden? Gewiß, dies ist dem Umstand geschuldet, daß in dem Band Vor- und Nachworte zu Urbans Übersetzungen vereint wurden, zeigt aber auch, daß das Repertoire seiner Argumente vergleichsweise eng ist.

Das bei den russischen Autoren unübersehbare Spiel mit der Intertextualität, wie es der Hamburger Slavist Wolf Schmid ingeniös aufgewiesen hat, gerät darüber fast aus dem Blick. Hingegen gehören Urbans Mikroanalysen zu den rhythmischen und semantischen Qualitäten der Originaltexte wie auch zur Möglichkeit (oder Unmöglichkeit) ihrer übersetzerischen Realisierung zu den herausragenden Passagen seines Buches. Hier und in den Ausführungen zur Textgeschichte, namentlich zu den Tagebüchern und der "Reiterarmee" Isaak Babels, zeigt sich die Akribie des geschulten Philologen (Peter Urban hat in den sechziger Jahren Slavistik in Würzburg und Belgrad studiert). Letztlich beruhen ja alle seine Übersetzungen auf genauen Textanalysen, die den Kenner des russischen Formalismus und des tschechischen Strukturalismus erkennen lassen.

Was Urban zum Stil, zu sprachlichen Finessen seiner Helden ausführt, ist für jeden, der die russische Literatur liebt, nicht zuletzt auch für Slavisten vom Fach, höchst aufschlußreich. Immer wieder macht er auf schwierige Übersetzungsexempel oder Übersetzerverrat aufmerksam, etwa wenn Turgenev den Satz "Die Enten plätschern in einer schmutzigen Pfütze" in einer Übersetzung verunstaltet zu "Tauben saßen auf einem schattigen Baum" wiederfand. (Natürlich geht es auch hier nicht ohne Wiederholung ab.)

Nur selten hat Urban sein angestammtes Feld, die Prosa, verlassen. Versrhythmus und Reim sind ihm, wie die Übertragung von Griboedovs "Wehe dem Verstand" verrät, eine kaum überwindliche Hürde. Gleichwohl gehört die wohl kühnste und vielleicht gelungenste Vermittlungstat, die Peter Urban je unternahm, in den Bereich der experimentellen Poesie: die Übertragung der Werke des Futuristen Velimir Chlebnikov in einer kollektiven Anstrengung, an der H.C. Artmann, Paul Celan, Ernst Jandl, Franz Mon und andere beteiligt waren. Was Urban 1972 im Nachwort zu der zweibändigen Chlebnikov-Ausgabe schrieb, lief der literaturwissenschaftlichen Bemühung um Chlebnikov weit voraus und muß als einzigartige Wegweisung gelten. Urbans Gedanke, daß Chlebnikovs Gedichtexperimente meistens nicht nach ihrem (sekundären) "Sinn", sondern durch die Anwendung des entsprechenden Verfahrens im anderen sprachlichen Medium "übersetzt" werden könnten, führte zu Realisationen, die die deutsche Neoavantgarde nachhaltig beeinflußt haben. Auch Oskar Pastior, der diesjährige Büchner-Preisträger, gehörte damals zu den Wortalchimisten, die sich, Urbans Aufforderung folgend, von Chlebnikov inspirieren ließen.

Der Band, der die verstreuten Vor- und Nachworte Peter Urbans sammelt, wurde anläßlich seines 65. Geburtstages von Daniel Keel und Winfried Stephan zusammengestellt. In der abgedruckten Laudatio zählt Norbert Wehr Urbans übersetzerische Großtaten auf: die gesamte erzählende Prosa Puskins, die Dramen, Erzählungen und Briefe Çechovs, Babel, die Vorstellung der Gruppe Obëriu, Daniil Charms und Leonid Dobyçin.

Peter Urban war niemals furchtsam, nicht als Polemiker oder Kritiker, am wenigsten als Übersetzer. Er hat sich ans Schwierigste gewagt, was die russische Literatur bietet: an die Einfachheit Puskins, an die diffizile Schlichtheit Çechovs, an die wahnwitzigen Wortexprimente Chlebnikovs. Die russische Literatur braucht solche Vermittler, die überzeugender als der enge Fachverstand ihre Einzigartigkeit verdeutlichen.

REINHARD LAUER

Peter Urban: "Genauigkeit und Kürze". Ansichten zur russischen Literatur. Herausgegeben von Daniel Keel und Winfried Stephan. Mit einem Nachwort von Norbert Wehr. Diogenes Verlag, Zürich 2006. 555 S., geb., 24,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Der Rezensent Reinhard Lauer ist im Großen und Ganzen angetan von diesem Einblick in die Arbeit des Übersetzers Peter Urban - auch wenn ihn ärgert, dass in dem Buch manch zugegebenermaßen interessante Idee übermäßig breit ausgetreten und dem Leser damit "immer wieder eingehämmert" wird. Dass ist zwar teilweise dem Umstand geschuldet, dass für diesen Sammelband verschiedene Vor- und Nachworte des Übersetzers gebündelt wurden, in denen sich naturgemäß Ideen wiederholen. Doch trotzdem legt dieser Umstand für Lauer nahe, dass Urban doch nicht so sehr viele genuine Ideen hat. Trotzdem gibt es in diesem Buch für den Rezensenten eine Menge zu lernen. Das liegt unter anderem daran, dass sich Urbans Auseinandersetzung mit russischen Autoren durch eine beeindruckende Genauigkeit auszeichnet. Seine "Mikroanalysen" zu den rhythmischen und semantischen Qualitäten der Originaltexte beispielsweise findet der Rezensent sehr spannend - auch und gerade für Leute vom Fach. Dementsprechend positiv fällt Lauers Gesamturteil aus: "Die russische Literatur braucht solche Vermittler, die überzeugender als der enge Fachverstand ihre Einzigartigkeit verdeutlichen".

© Perlentaucher Medien GmbH
»Er ist nicht irgendein Übersetzer: Urban ist der Übersetzter für slawische Klassiker von Gogol bis in die Gegenwart.« Wolf Ebersberger / Nürnberger Zeitung Nürnberger Zeitung