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Katja Oskamps Geschichten geben Einblick in eine etwas andere Jugend während der realsozialistischen Spätphase. Mit frischem Ton erzählt sie davon, wie ein waches Mädchen sich aussetzt, um sich ein bisschen aufgehoben zu fühlen, und dass auch junge Frauen durchaus was an älteren Männern finden können. Ein literarisches Debüt - patzig und verschmitzt!

Produktbeschreibung
Katja Oskamps Geschichten geben Einblick in eine etwas andere Jugend während der realsozialistischen Spätphase.
Mit frischem Ton erzählt sie davon, wie ein waches Mädchen sich aussetzt, um sich ein bisschen aufgehoben zu fühlen, und dass auch junge Frauen durchaus was an älteren Männern finden können.
Ein literarisches Debüt - patzig und verschmitzt!
Autorenporträt
Katja Oskamp, geboren 1970 in Leipzig, aufgewachsen in Berlin, studierte Theaterwissenschaften und Germanistik, war Dramaturgin am Volkstheater in Rostock. Sie lebt heute mit ihrer Tochter in Berlin.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.11.2003

Am runden Tisch der Kleinfamilie
Kindheit in der DDR, Leben im vereinten Deutschland: Katja Oskamps glänzendes Debüt „Halbschwimmer”
Das Buch sollte viele Leser finden. Aber wer kennt Katja Oskamp, und was um Himmels willen sind „Halbschwimmer”? Katja Oskamp wurde vor dreiunddreißig Jahren in Leipzig geboren, war im besten rebellischen Alter, als die Mauer fiel, ging nicht in die westliche Wirklichkeit, sondern als Dramaturgin ans Volkstheater Rostock, merkte, dass da noch etwas anderes als das Theater an ihr zerrte. Etwas musste raus, etwas über „Halbschwimmer”. Am Leipziger Literaturinstitut traf sie Katja Lange-Müller und tat das beste, was ihr passieren konnte, sie nahm sich ein Beispiel, schrieb neun Erzählungen, die zusammen und hintereinanderweg gelesen einen vollen Roman ergeben, und es glückte eins der wichtigsten Debüts des Herbstes.
Der „Halbschwimmer” war die Prüfung vor dem Vollschwimmer, eine der vielen DDR-Spezialitäten. Katja Oskamp erzählt die Geschichte Tanjas, einziges Kind einer stellvertretenden Schuldirektorin und eines Offiziers der Nationalen Volksarmee, der alles und jedes mit Tarnnamen versieht. Tanja sagt von sich: „ich bin ein einziges Gezappel, komme schlecht von der Stelle, werde wohl ewig Halbschwimmer bleiben”. Diese sympathisch aufmüpfige Person mit genauem Blick und einem Hang zur Komik wie zur Tragik untertreibt. Sie kommt von der Stelle, nimmt couragiert den Weg in die Freiheit über den Runden Tisch der Kleinfamilie. Das Leben unter Honeckers Bedingungen wird hier aus dem Kosmos eines Mädchens gesehen, das nicht viel von Politik weiß, aber ihre Auswirklungen überall spürt.
Katja Oskamp treibt ihren Stoff mit unauffälligen Details voran. Eine dunkle Ecke und ein defekter Klingelknopf führen zur Wohnung,in der Hamster Rolf im Käfig sitzt und das Laufrad verweigert. Die Zigarettenschachtel klemmt auf halber Treppe hinter dem Heizkörper, „ein unsinniger Platz ist ein sicheres Versteck”. Ein paar signifikante Momente und das ganze vermiefte Milieu leuchtet. Katja Oskamp skizziert glitschig pädophile Beziehungen, die DDR-Libertinage, sexuelle Eruptionen mit Cognacschwenken auf der Couch, beschreibt, wie die Personen sich bewegen, das genügt. Tanja, das leicht vorwitzige Einzelkind, dem der tiefere Sinn der Tatsachen verborgen bleibt, das aber aufmerksam ist wie ein Luchs und sofort Lunte riecht. Das Unausgesprochene wird kunstfertig platziert, das Unheimliche unterminiert das Buch.
Eigentlich braucht Katja Oskamp keine Roger Whittaker-Platten, Duett-Zigaretten und Undine-Duftstoffe, das ist aber auch schon wirklich alles, was an der zur Zeit umlaufenden Ostalgie in dieses Buch eingeflossen ist. Hier geht es nicht um einen Warenkatalog und Konsumrausch, sondern um Literatur. Tanja ist ein waches Kind. Weil ihr das Geschichtsbuch nicht gefällt, schreibt sie einen Brief an das Ministerium für Volksbildung und schickt den Durchschlag ihrer Lehrerin. Auf die Mechanismen des Systems reagiert Tanja mit abrupt ausgestoßenen Alltagsworten und mit Hitzezuständen. Tanja ist mit sich aufrichtig, die Welt um sie herum ist verklemmt.
Zu den Höhepunkten des Buches gehören die Ferien bei den Großeltern, mit dem Großvater, der seine Brieftauben in die Welt entlässt und im selbstkonstruierten Auto mit Außenanlasser und drei Rädern zum Konsum nach Grödnitz fährt. Der Großvater stirbt, Tanja wird erwachsen. Es zieht sie, wie die Autorin selbst, zum Theater und in die Arme des viel älteren, gefeierten Schauspielers Karl. Im letzten Kapitel steht Tanja auf dem Friedhof und starrt auf geflochtene Schuhe, graue Socken und grüne Hosen. Sie weiß, das ist das Bein des Schnüfflers, der ihr Vater ist. Er ist zu Karls Beerdigung gekommen, weil er schon immer wusste, dass Menschen beerdigt werden, bevor sie tot sind.
Katja Oskamp hat ein leichtes, klares Buch über das Erwachsenwerden in einem repressiven Staat geschrieben. Die Politik agiert im Hintergrund, sie ist der Alltag, sie bestimmt alles. An Karls Untergang sind die Spuren der Wende abzulesen, sonst wird darüber kein Wort verloren. „Halbschwimmer” ist ein Stimmungsbild aus einem Spitzelstaat, die Wandlung in das neue Westleben vollzieht sich schleichend. Man schaut sich gegenseitig auf die Finger und schaut weg, wenn nicht weggeschaut werden sollte. Katja Oskamp sieht das Komische, das schmälert die große Wut nicht, die in dem Buch steckt. Sie erzählt leicht, sicher und knapp von einer Jugend im Staate DDR und vom Erwachsenenleben im vereinten Deutschland. „Halbschwimmer” ist ein glänzendes Debüt, das mal wieder zeigt, dass sich ohne Erfahrung schlecht gute Bücher schreiben lassen
VERENA AUFFERMANN
KATJA OSKAMP: Halbschwimmer. Ammann Verlag, Zürich 2003. 187 Seiten, 18,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Für ein "vielversprechendes Debüt" hält Jan Wagner die Prosasammlung der in Leipzig geborenen und in Berlin lebenden Katja Oskamp, deren um Kindheit, Geborgenheit, Heimat und Abschied kreisenden Texte insgesamt weniger auf Handlung als auf Atmosphäre zielten, wobei Oskamp ein stimmiges Bild entwirft: "Nicht nur eine Adoleszenz, eine ganze Ära des Niedergangs und des Neuanfangs wird besichtigt". Wagner empfindet Oskamps Erzählungen als angenehm "sparsam akzentuiert" und lobt "eine ganze Reihe geschliffener Sentenzen". Ein kleines Manko bildet in seinen Augen allerdings die häufige Erwähnung von DDR-Markennamen, "allzu gewollt und überdeutlich als Reizwörter" zu erkennen, die Oskamps Prosa "nicht nötig" habe.

© Perlentaucher Medien GmbH