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In dem nun vorgelegten Briefband 1915 bis 1917, mit über 400 Briefen, nehmen Max Webers kritische Betrachtungen zur deutschen Kriegsführung eine zentrale Stellung ein. Er wendet sich gegen die Annexionspolitik und den "verschärften U-Boot-Krieg" und befürchtet mit dem Eintritt der Vereinigten Staaten in den Krieg die deutsche Niederlage. Seine Hoffnungen richten sich auf einen Verständigungsfrieden, der die Stellung Deutschlands als einer Weltmacht sichert, und auf eine Parlamentarisierung der Regierung. Die Briefe ergänzen die bereits edierten Schriften und Reden "Zur Politik im Weltkrieg"…mehr

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Produktbeschreibung
In dem nun vorgelegten Briefband 1915 bis 1917, mit über 400 Briefen, nehmen Max Webers kritische Betrachtungen zur deutschen Kriegsführung eine zentrale Stellung ein. Er wendet sich gegen die Annexionspolitik und den "verschärften U-Boot-Krieg" und befürchtet mit dem Eintritt der Vereinigten Staaten in den Krieg die deutsche Niederlage. Seine Hoffnungen richten sich auf einen Verständigungsfrieden, der die Stellung Deutschlands als einer Weltmacht sichert, und auf eine Parlamentarisierung der Regierung. Die Briefe ergänzen die bereits edierten Schriften und Reden "Zur Politik im Weltkrieg" (MWG I/15) und lassen Ansichten Webers vielfach noch deutlicher erkennen. Nach der Beendigung seines Militärdienstes in der Heidelberg Lazarettverwaltung bemühte sich Weber um politischen Einfluss. Es gelang ihm nicht, eine amtliche Verwendung beim Generalgouvernement in Brüssel und bei Regierungsstellen in Berlin zu erhalten. Er zog sich zurück auf publizistische Interventionen und auf die Ausarbeitung seiner Aufsätze zur Wirtschaftsethik der Weltreligionen über Konfuzianismus, Hinduismus und das antike Judentum. Die Briefe geben erneut einen Einblick in die private Lebensführung Webers und zeigen sein wiedererwachendes Interesse an einer akademischen Stellung.
Autorenporträt
Geboren 1864 in Erfurt; Studium der Jurisprudenz, Geschichte, Nationalökonomie und Philosophie in Heidelberg, Berlin und Göttingen; 1889 Promotion über die Geschichte der Handelsgesellschaften im Mittelalter; 1891 Habilitationsschrift über Römische Agrargeschichte; Ordinarius für Nationalökonomie in Freiburg (ab 1894) und Heidelberg (ab 1897); Mitherausgeber des Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik und Redakteur des Grundriß der Sozialökonomik; umfassende Beiträge zur Methodologie der Sozialwissenschaften, zur Politik des deutschen Kaiserreichs, zu Wirtschaft, Politik, Religion, Recht und Kunst in universalgeschichtlicher Perspektive; nach langem, krankheitsbedingtem Interim schließlich Professor für Gesellschaftswissenschaft, Wirtschaftsgeschichte und Nationalökonomie in München (ab 1919); gestorben 1920 in München.

ist Professor emeritus für Neuere Geschichte an der Universität Düsseldorf; seit 2004 Leiter der Max Weber-Arbeitsstelle Düsseldorf; Chevalier dans l´Ordre des Palmes Académiques de la République Française.

(1928-2014) Dr. Dr. h. c., zuletzt Professor emeritus für Soziologie an der Universität Heidelberg; Mitherausgeber der Max Weber-Gesamtausgabe; Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, korrespondierendes Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und außerordentliches Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.11.2008

Wenn nur die dilettierenden Fatzkes nicht wären
Nicht nörgelnd, nicht streitlustig, doch auch ganz ohne Altersmilde: Die Briefe des Soziologen Max Weber aus den Kriegsjahren 1915 bis 1917
Der jüngste Band der Max Weber Gesamtausgabe (MWG), die seit einem Vierteljahrhundert nach und nach publiziert wird, enthält die Korrespondenz Max Webers aus den Jahren 1915 bis 1917. Der Soziologe ist damals ohne eigentliche berufliche Bindung. Seine Lehrtätigkeit an der Heidelberger Universität ruht seit Jahren, auch in der Lazarettverwaltung ist er nicht mehr tätig, und für den Kriegsdienst ist er ohnehin nicht tauglich: „Ich glaube”, schreibt er Ende April 1916 an seine Mutter Helene, „von allen Deinen Söhnen hatte ich die stärksten angeborenen ,kriegerischen‘ Instinkte, und da ist es eine schiefe und unbefriedigende Lage, jetzt nicht brauchbar zu sein für das, was in erster Linie not thut, und dann nicht einmal eine wirklich ausfüllende und zweifellos nützliche Verwendung finden zu können.”
Immerhin hat Weber jetzt viel Zeit, zum Beispiel fürs Briefeschreiben. Mit dem jüngsten Band liegen seine Briefe seit 1906 geschlossen vor – jedenfalls soweit sie erhalten sind. Das allerdings ist nur in einem beschränkten Maß der Fall. Denn auch das Briefwerk der Jahre 1915 bis 1917 ist, wie die Bandherausgeber betonen, schon deshalb „lückenhaft”, weil es „– von den Briefen an Familienangehörige abgesehen – keinen zentralen Briefbestand im Nachlass Max Webers gibt”. Vielmehr befinden sich die erhaltenen Briefe verstreut in zahlreichen Archiven, Nachlässen und privaten Sammlungen und mussten „mit großem Aufwand aufgespürt werden”. Seit mehr als zwei Jahrzehnten widmet sich Manfred Schön dieser Aufgabe mit Hingebung und Erfolg.
Den Grundbestand der Edition bilden Briefe, die Max Webers Ehefrau und Nachlassverwalterin Marianne nach dem Tod ihres Mannes von zahlreichen Adressaten zusammengetragen und teilweise abschriftlich überliefert hat. Hinzu kommen an größeren Beständen vor allem die Korrespondenz Max Webers mit seiner Frau und anderen Familienangehörigen, die das Rückgrat der Edition bilden, der Schriftwechsel des Gelehrten mit seinem Verlag Mohr Siebeck sowie seine Briefe an Else Jaffé und vor allem an Mina Tobler, sein „liebes Tobelkind” – zwei Frauen, mit denen Max Weber in späten Jahren eine enge, auch intime Beziehung unterhielt und deren Briefe über Else Jaffé und Eduard Baumgarten ihren Weg in die MWG gefunden haben.
Respekt vor Hindenburg
Wegen der „fragmentarischen Überlieferung” haben die Herausgeber auf den Abdruck der an Max Weber gerichteten Briefe verzichtet und sich auf die Veröffentlichung der aus seiner Feder stammenden beschränkt. Für die Jahre 1915 bis 1917 sind das rund 450. Darunter finden sich allerdings auch zahlreiche Briefe, namentlich an seinen Verleger, die zwar in formaler, kaum aber in substantieller Hinsicht diese Bezeichnung verdienen, wie etwa das Telegramm vom 13. Dezember 1915: „schicke superrevision heute ab bedaure verspaetung = weber”. Zu den Adressaten der Briefe zählen neben Paul Siebeck und Max Webers Familienangehörigen, allen voran seine Frau, einige mehr oder prominente Vertreter der Geisteswissenschaften, darunter der Historiker Ludo Moritz Hartmann und der Nationalökonom Edgar Jaffé oder die Philosophen Heinrich Rickert, dessen Berufung nach Heidelberg Weber unterstützt, und Georg Lukács, den er bei seinen Habilitationsplänen berät. Zu den Korrespondenzpartnern Webers gehören schließlich die Redaktionen einiger Tagesblätter, namentlich der Frankfurter Zeitung, und nicht zuletzt einige Politiker, vor allem Friedrich Naumann, aber auch Conrad Haußmann oder Arthur Zimmermann, der Unter- bzw. Staatssekretär des Auswärtigen Amtes.
Die deutsche Politik im Krieg steht dann auch im Mittelpunkt der Briefe. Das gilt für die innere Entwicklung, namentlich die Vorschläge zur Änderung der Reichsverfassung aus dem Jahr 1917, die Weber in einer Reihe von Briefen nebst Anlagen an Conrad Haußmann zu Papier bringt und erläutert, und es gilt für die deutsche Kriegszielpolitik. Zeigte sich Max Weber wie die meisten seiner deutschen Zeitgenossen zunächst überzeugt, dass dem Reich ein Verteidigungskrieg aufgezwungen worden war, geht er bald in entscheidenden Fragen der deutschen Kriegszielpolitik auf Distanz zur Reichsregierung und zur Obersten Heeresleitung. Weil er in der Wiederherstellung eines selbständigen belgischen Staates die Voraussetzung für eine Verständigung mit den Westmächten sieht, lehnt er – ähnlich wie im Falle Polens – Annexionen strikt ab. Mit großer Sorge verfolgt Weber die Forcierung des deutschen U-Bootkrieges, hat er doch im Unterschied zu den meisten Beobachtern in Deutschland keinen Zweifel, dass dieser die USA in den Krieg ziehen und damit die Niederlage Deutschlands herbeiführen wird.
Bei alledem bleibt Weber ein Mann des offenen Worts. Zwar nimmt er gelegentlich erkennbar Rücksicht auf die Zensur. Insgesamt aber hält er mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg, vor allem dann nicht, wenn es um das politische Personal des Landes geht: „… mir ist”, schreibt er am 5. März 1916 an seine Frau, „als ob eine Horde Irrsinniger uns regierte”. „Die Staatsform ist mir völlig Wurst”, lässt er am 16. Juli 1917 den Philosophen und Theologen Hans Ehrenberg wissen, „wenn nur Politiker und nicht dilettierende Fatzkes wie Wilhelm II. und seinesgleichen das Land regieren”. Nicht gerade zu den „Fatzkes”, aber zu den Politikern, die der Situation bei aller Integrität und gutem Willen nicht gewachsen sind, zählt er den Reichskanzler Bethmann Hollweg. „Er ist eben kein ‚Staatsmann’, der arme Kerl”, heißt es am 21. August 1916 in einem Brief Webers an seine Frau, „so wenig wie Moltke (der jüngere) ein Stratege war.” Den erkennt Weber in Hindenburg, dem er nicht nur militärisches, sondern auch politisches Talent attestiert: Wenn Bethmann Hollweg geht, „dann könnte nur Hindenburg die Nation zusammenhalten”. „Daß Hindenburg”, schreibt er am 8. September 1916 nach dessen Ernennung zum Chef der Dritten Obersten Heeresleitung, „erst jetzt … geholt wird, ist bedauerlich. Aber der Friede, den er schließt, wird von der Nation akzeptiert, wie er auch aussehen mag. Das ist der Sinn der Sache.” Man darf gespannt sein, was Webers Briefe zu diesem Thema aus dem Herbst 1918 sagen.
Insgesamt tritt der Briefschreiber Max Weber in diesen Kriegszeiten nicht mehr zu nörgelnd und mäkelnd, so streitsüchtig und brüskierend auf wie in den vorangegangenen Jahren. Dass er abgeklärter und konzentrierter wirkt, hat jedoch nicht mit einer altersbedingt gelasseneren Haltung etwa zur Tagespolitik zu tun, im Gegenteil: Gerade bei der Beschäftigung mit der deutschen Politik läuft er zu Hochform auf. Vielmehr ist es so, dass sich Weber nach vielen Jahren psychischer Instabilität wieder ordentlicher Gesundheit erfreut und, soweit es die Beschäftigung mit politischen Fragen zulässt, er auch sein wissenschaftliches Werk wieder vorantreibt. Lediglich die Abhängigkeit von Schlafmitteln bleibt und zeitigt ihre Folgen: „Mein Gehirn ist wie Gelée von den vielen Schlafmitteln, ich kann nur Empirisches machen und merkwürdig, wie das weit abführt von aller Fähigkeit der Konzentration auf logische Fragen.”
Die Einleitung des Bandes hinterlässt einen etwas schwachen Eindruck; und ob die Dokumentation jener Entwicklung Max Webers den enormen personellen und finanziellen Aufwand wert ist, den die MWG namentlich bei der Edition der Briefe Webers betreibt, bleibt dahingestellt. Sicher aber ist, dass die von Birgit Rudhard und Manfred Schön erarbeiteten Anmerkungen und Kommentare, Register und Verzeichnisse einen substantiellen Beitrag nicht nur zur Biographie des Mannes, sondern auch zum politischen und gesellschaftlichen, kulturellen und wissenschaftlichen Bild des Kaiserreichs in seinen letzten Jahren liefern. GREGOR SCHÖLLGEN
MAX WEBER: Briefe 1915-1917. Max Weber Gesamtausgabe (MWG), Abteilung II, Band 9. Herausgegeben von Gerd Krumeich und M. Rainer Lepsius in Zusammenarbeit mit Birgit Rudhard und Manfred Schön. Tübingen, Mohr Siebeck 2008. XXXI und 948 Seiten, 344 Euro.
Max Weber, fotografiert 1917 in Lauenstein Foto: AKG/PA
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Mit enormem Fleiß und auch (bezahltem) Aufwand sucht und sammelt der Herausgeber Hartmut Schön seit Jahrzehnten Texte und Briefe des Soziologen Max Weber für die Max-Weber-Gesamtausgabe (MWG) zusammen. Hier nun liegen die von Weber geschriebenen (keine an ihn adressierten) Briefe aus den Kriegsjahren von 1915 bis 1917 vor, rund 450 insgesamt. Nicht alles davon ist von besonderem Interesse, eine Reihe kurzer verlagsgeschäftlicher Notizen sind auch darunter, erfahren wir. Der rote Faden aber sind Webers Kommentare zur Kriegspolitik. Und die findet der Rezensent, der Historiker Gregor Schöllgen, außerordentlich interessant. Und zwar fast mehr noch zeithistorisch als biografisch. Deshalb hat Schöllgen, den etwa die Einleitung nicht sonderlich überzeugt, den Band mit großem Interesse gelesen.

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