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Karl Homann entwickelt in den hier zusammengestellten Aufsätzen die Grundlagen für eine Ethik der Zukunft. Eine solche Ethik für das 21. Jahrhundert muß sich auf Vorteile und Anreize gründen, da im Zeitalter der Globalisierung keine andere Basis für die Ethik mehr denkbar ist. Es ist damit zu rechnen, daß jeder seinen Vorteil verfolgt, und deshalb können Verbesserungen nur durch die Gestaltung von Anreizen erreicht werden. Die Probleme der Ethik verändern sich: Institutionelle Reformen stehen im Mittelpunkt. Um diese Probleme anzugehen, muß die Ethik mit den Wissenschaften zusammenarbeiten,…mehr

Produktbeschreibung
Karl Homann entwickelt in den hier zusammengestellten Aufsätzen die Grundlagen für eine Ethik der Zukunft. Eine solche Ethik für das 21. Jahrhundert muß sich auf Vorteile und Anreize gründen, da im Zeitalter der Globalisierung keine andere Basis für die Ethik mehr denkbar ist. Es ist damit zu rechnen, daß jeder seinen Vorteil verfolgt, und deshalb können Verbesserungen nur durch die Gestaltung von Anreizen erreicht werden. Die Probleme der Ethik verändern sich: Institutionelle Reformen stehen im Mittelpunkt. Um diese Probleme anzugehen, muß die Ethik mit den Wissenschaften zusammenarbeiten, insbesondere mit der Ökonomik. Diese Zusammenarbeit macht Karl Homann anhand von ethischen und methodologischen Fragestellungen sichtbar.
Autorenporträt
Geboren 1943; Studium der Philosophie, Germanistik und kath. Theologie in Münster, Promotion zum Dr. phil.; 1971-79 Studium der Volkswirtschaftslehre in Münster, Promotion zum Dr. rer. pol.; 1985 Habilitation für Philosophie; Professor für Philosophie mit besonderer Berücksichtigung der philosophischen und ethischen Grundlagen der Ökonomie an der Universität München.

Geboren 1969; studierte Philosophie und Wirtschaftsinformatik; 1999 Promotion; 1999-2007 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Philosophie und Ökonomik der LMU München; 2005 Habilitation; seit 2010 Inhaber des neu geschaffenen Peter Löscher-Stiftungslehrstuhls für Wirtschaftsethik an der TU München.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.06.2003

Überwindung von Politikblockaden
Karl Homann arbeitet an einer Ethik für die Zukunft

Karl Homann: Vorteile und Anreize. Zur Grundlegung einer Ethik der Zukunft. Herausgegeben von Christoph Lütge, Verlag Mohr Siebeck, Tübingen 2002, 274 Seiten, 39 Euro.

Der Ökonom und Sozialphilosoph Friedrich August von Hayek hat neben Karl Popper darauf hingewiesen, daß Stammesgesellschaften ihre Mitglieder auf gemeinsame spezifische Ziele verpflichten und deshalb "zielverknüpft" sind. Moderne offene Gesellschaften hingegen seien nur "mittelverknüpft". Erst durch den Verzicht auf vorgegebene gemeinsame spezifische Ziele könne eine offene Gesellschaft freier Menschen entstehen, in der "die verschiedenen Mitglieder von den Tätigkeiten aller anderen nicht nur trotz, sondern oft sogar auf Grund der Verschiedenheit ihrer jeweiligen Ziele" (Hayek) profitierten. Das heißt, daß gerade die moderne Gesellschaft als "ein Unternehmen der Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vorteil" zu begreifen ist, wie es der Philosoph John Rawls formuliert hat. Deshalb ist es auch nur konsequent, wenn der in München lehrende Ökonom und Philosoph Karl Homann die von ihm entwickelte Konzeption von Wirtschaftsethik auf Vorteilen und Anreizen aufbaut.

Vorteile und Anreize sind für die meisten Menschen jedoch das genaue Gegenteil von Moral und Ethik. Mit Hayek läßt sich dieses Phänomen dadurch erklären, daß sich die heute immer noch vorherrschende moralische Tradition aus der ziel-verknüpften Stammesgesellschaft herleitet. Die meisten Menschen weigern sich auch heute noch, von den kleinen Verhältnissen der Stammesgesellschaft auf die großen Verhältnisse der modernen Gesellschaft umzudenken. Damit geht die Gefahr einher, daß sich die moderne Gesellschaft, die im geschichtlich beispiellosen Umfang Wohlstand für alle ermöglicht hat, selbst blockiert, wenn nicht gar selbst zerstört.

Aufgrund dieser Gefahr ist der Ausgangspunkt im Denken von Karl Homann höchst interessant und relevant. Homann geht von der Prämisse aus, daß gesellschaftliche Polarisierungen und Politikblockaden zumeist auf Theorieblockaden zurückzuführen sind. Durch unzweckmäßige Begriffs- und Theoriestrategien werde die Lösung von seit langem bestehenden Problemen - zum Beispiel der Probleme des Arbeitsmarktes und der sozialen Sicherungssysteme sowie der Dritten Welt - auf Dauer blockiert. So sei in Europa und vor allem in Deutschland die Marktwirtschaft nur wenige Jahre nach ihrem Sieg über den Sozialismus von 1989/90 in eine tiefe Legitimationskrise geraten. Insbesondere bilde der auf unzweckmäßige Begriffs- und Theoriestrategien zurückgehende Dualismus von Wirtschaft und Moral, Ökonomik und Ethik den Nährboden für gesellschaftspolitische Konflikte, die sich unter den Streit um den Neoliberalismus subsumieren ließen.

In der von Christoph Lütge herausgegebenen Aufsatzsammlung, in der sinnvoll ausgewählte und sehr lesenswerte Beiträge von Karl Homann aus der Zeit zwischen 1990 und 2001 zusammengestellt sind, verdeutlicht der Autor indes: "Wer dualistisch ansetzt, modelliert die Problematik als Entscheidung zwischen Werten." Eine Entscheidung zwischen Werten (zum Beispiel Freiheit versus soziale Gerechtigkeit) sei jedoch nicht in der Sache selbst begründet, sondern einer unzweckmäßigen Problemstrukturierung geschuldet. "Im Anschluß an Immanuel Kant bleibt nur der Ausweg, diesen Dualismus von vornherein, das heißt in der Problemstellung und im Zuschnitt der Kategorien, zu unterlaufen und das Problem anders, nämlich so zu strukturieren, daß der lebensweltlich erfahrene Dualismus theoretisch vermieden und damit seine Auflösung ermöglicht wird."

Der barmherzige Samariter der traditionellen Ethik sei zum Beispiel eine Kategorie für kleine Gruppen, für sogenannte Face-to-face-Beziehungen. Für die Organisation einer Volkswirtschaft oder gar der Weltwirtschaft sei der barmherzige Samariter jedoch eine Kategorie, welche die dortigen Probleme falsch strukturiere - mit fatalen Konsequenzen. Da Samariterverhalten in anonymen Großgesellschaften die Anreize der Empfänger zu eigenen Anstrengungen schwäche oder zerstöre, hätten die Politiker der Industrienationen "durch - moralisch begründete - Lebensmittellieferungen in Entwicklungsländer aus Kornkammern Armenhäuser gemacht".

Homann zitiert zudem den Soziologen Max Weber, der schon 1905 in seiner berühmten Studie "Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus" klar gesehen habe, daß ausgerechnet ein im Sinne der traditionellen Ethik moralisch handelnder Unternehmer unter den Wettbewerbsbedingungen der modernen Gesellschaft "ökonomisch unfehlbar eliminiert" (Max Weber) werde. Deshalb müsse unter den Bedingungen der modernen, anonymen Groß- oder Weltgesellschaft, die durch tiefe Arbeitsteilung, ausdifferenzierte Funktionssysteme und anonyme Austauschprozesse gekennzeichnet sei, das traditionelle System sozialer Kontrolle, das im täglichen Umgang überschaubarer Gruppen lückenlos und kostengünstig funktioniere, neu zugeschnitten werden - ausgerichtet auf die Kategorien Vorteile und Anreize.

Moral und Ethik seien also nicht Vorteilen und Anreizen entgegenzusetzen, was ohnehin nur zur Zerstörung der Moral durch Moralisieren führe. Vielmehr seien Moral und Ethik in die Kategorien von Vorteilen und Anreizen zu übersetzen; denn: "Ethik ohne Ökonomik ist leer, Ökonomik ohne Ethik ist blind." Die der modernen Gesellschaft einzig angemessene Form von Moral sei die Anreizmoral. Unter Anreizmoral versteht Homann "den gesamten Komplex von formellen und informellen Anreiz-Bedingungen, die individuelles Handeln in eine moralisch erwünschte Richtung steuern, also vom sanktionsbewehrten Recht über die Erzielung von Vorteilen/Gewinnen und sozialer Anerkennung, die mit dem guten oder schlechten Gewissen verbunden sind. Dabei ist unter Vorteilen all das zu verstehen, was immer die Akteure selbst als Vorteil ansehen." Die Anreizmoral beziehungsweise Anreizethik könne man - jeweils im Gegensatz zur Tugendethik - auch als Ordnungs-, Institutionen-, System- oder Strukturethik bezeichnen.

Obwohl Homanns große Leistung (auch) darin besteht, diesen ursprünglichen wirtschaftsethischen Ansatz gemeinsam mit seinen Schülern Ingo Pies und Andreas Suchanek systematisch zu einer allgemeinen Interaktionsökonomik ausgebaut zu haben, ist hinsichtlich seiner Selbstverortung in bezug auf Kants Rechts- und Moralphilosophie auf ein Versäumnis aufmerksam zu machen. Homann vernachlässigt, daß Kant in seiner Ethik ausdrücklich zwischen Rechtslehre und Tugendlehre sowie zwischen Recht und Moral unterschieden hat. Wegen dieser Unterscheidung wurde Kant an den Beginn des deutschen Liberalismus gesetzt. Homann indes bezieht sich in seiner Beurteilung der kantischen Ethik ausschließlich auf die Tugendlehre. Nur so kann er zum Schluß kommen, daß die der modernen Gesellschaft einzig angemessene Anreizmoral "in einem kantischen Konzept einen Widerspruch in sich darstellt".

Dieses Urteil beruht auf einer Verwechslung von Recht und Moral. Bei Kant stellt das Recht - und nicht die Moral - den Begriff für die Gestaltung gesellschaftlicher Verhältnisse dar. Deshalb ist die Anreizethik von Homann auch mit dem Begriff des Rechts von Kant zu vergleichen. Dann löst sich der nicht nur von Homann behauptete Widerspruch zwischen einer Anreiz- oder Institutionenethik und der Kantischen Ethik auf, die schließlich die Rechts- und die Moralphilosophie umfaßt. Dieser angebliche Widerspruch stellt übrigens seit 20 Jahren die größte Theorieblockade dar, die in der wirtschaftsethischen Debatte im von Politikblockaden geprägten Deutschland aufgebaut wurde.

NORBERT TOFALL

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Die Strukturkrise hat der Marktwirtschaft wenige Jahre nach ihrem Sieg über den Sozialismus eine großes Legitimationsproblem beschert. Eine Ursache dafür sieht Norbert Tofall in den gesellschaftlichen Polarisierungen und Politblockaden, welche zumeist auf Theorieblockaden zurückzuführen sind. Begeistert ist er deshalb von dem vorliegenden Buch, in welchem er seinen Standpunkt belegt sieht. Karl Homann fordert hier, diese Theorieblockaden aufzugeben und damit den Weg für die Lösung von schon seit langem drängenden Problemen, wie zum Beispiel denen des Arbeitsmarktes, frei zu machen. Hier solle eine neue Ethik der Vorteile und Anreize zum tragen kommen. Diese Begriffe seien jedoch für die meisten Menschen das genaue Gegenteil von Moral und Ethik. Dies führt der Autor darauf zurück, dass die heutige moralische Tradition sich noch immer aus der Lebenswelt von Kleingesellschaften des Stammeszeitalters ableite, welche "zielverknüpft", das heißt, einem gemeinsamen Ziel verpflichtet, gewesen sei. Die heutige Gesellschaftsform sei jedoch "mittelverknüpft", in der die einzelnen Individuen nicht trotz, "sondern auf Grund der Verschiedenheit ihrer jeweiligen Ziele profitieren".

© Perlentaucher Medien GmbH