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Wenn viele Wahrheiten nebeneinander bestehen, wenn Meinungen kommen und gehen, dann fehlt bald der Halt. Wenn man das Ziel aus den Augen verliert oder den Glauben oder eine Ideologie, wird die Angabe der Richtung zum Problem und die Teile werden kein Ganzes mehr. Dann ist es Zeit, die veränderte Welt nach dem Ende der Großen Erzählungen zu beschreiben. Und es ist Zeit, das zu tun, was lange verpönt war: die Form wieder zu entdecken. Beides hat Petersdorff in seinen Gedichten gemacht, und er begründet es in seinen Essays - Essays, die sich heiter und angriffslustig, witzig und provozierend mit…mehr

Produktbeschreibung
Wenn viele Wahrheiten nebeneinander bestehen, wenn Meinungen kommen und gehen, dann fehlt bald der Halt. Wenn man das Ziel aus den Augen verliert oder den Glauben oder eine Ideologie, wird die Angabe der Richtung zum Problem und die Teile werden kein Ganzes mehr. Dann ist es Zeit, die veränderte Welt nach dem Ende der Großen Erzählungen zu beschreiben. Und es ist Zeit, das zu tun, was lange verpönt war: die Form wieder zu entdecken. Beides hat Petersdorff in seinen Gedichten gemacht, und er begründet es in seinen Essays - Essays, die sich heiter und angriffslustig, witzig und provozierend mit der Literatur der Moderne, vor allem der Lyrik dieses Jahrhunderts auseinandersetzen: Benn, Henscheid, Gernhardt und Enzensberger. Dirk von Petersdorff hat ein Buch geschrieben, bei dem mit Gegenangriffen gerechnet werden muss, denn nach wie vor findet das Denken über Kunst im Bannkreis der ästhetischen Moderne statt. Die Wirkung der leitenden Ideen allerdings hat nachgelassen. Seit der zweiten H älfte des 20. Jahrhunderts kann man von einer erschöpften Moderne sprechen. Der Glaube ist schwach geworden und lebt als Anhänglichkeit an Vorstellungen weiter, mit denen man groß geworden ist, an die man sich gewöhnt und in denen man sich häuslich niedergelassen hat. Der Kunstbetrieb funktioniert schon irgendwie. Dieser Zustand einer erschöpften Moderne hemmt die Entstehung von Neuem und verhindert Antworten auf die Welt, in der wir uns nach dem Ende der großen Erzählungen befinden, also auf die Gegenwart - und das ist es, was wir eigentlich von der Literatur und Kunst verlangen.
Autorenporträt
Dirk von Petersdorff,1966 in Kiel geboren, lebt in Saarbrücken und lehrt dort Germanistik. Seinerersten Lyriksammlung "Wie es weitergeht" folgten zwei weitere Gedichtbände, "Zeitlösung" und 1999 "Bekenntnisse und Postkarten". Zuletzt publizierte er den Essayband "Verlorene Kämpfe". 1991 erhielt er den Förderpreis des 'Literarischen März', 1998 wurde er mit dem Kleist-Preis ausgezeichnet, 2000 mit dem Preis der LiteraTour Nord
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 29.03.2001

Luftiges Ich im Plural der Zeit
Die Geschichtsphilosophie hat eingepackt, die Avantgarde hat Pause: Essays von Dirk von Petersdorff
Dirk von Petersdorff – ein neuer Enzensberger? Der Vergleich ist schon als Frage sehr hochgegriffen, und doch spricht manches für ihn, lässt man den gebührenden Abstand nicht aus dem Auge. Der 34-jährige Verfasser der beiden Lyrikbände „Verteidigung der Wölfe” und „Landessprache” hatte 1963 den Büchner-Preis erhalten, der 32-jährige Petersdorff wurde 1998 nach der Veröffentlichung von zwei Gedichtbänden („Wie es weitergeht”, 1992; „Zeitlösung”, 1995) mit dem Kleist-Preis ausgezeichnet. Enzensberger veröffentlichte 1962 seinen Epoche machenden Essayband „Einzelheiten”, die entsprechende Tat des (in Saarbrücken Germanistik lehrenden) Petersdorff – auch hier den Abstand eingerechnet – heißt „Verlorene Kämpfe”. Für die Ortsbestimmung der gegenwärtigen Literatur haben diese Aufsätze eine ähnliche Bedeutung wie manche der in den „Einzelheiten” gesammelten Arbeiten, etwa der heute immer noch höchst lesenswerte Essay über „Die Aporien der Avantgarde”. Es wirkt reichlich grotesk, wenn Petersdorff in einem späteren, dem Lyriker Enzensberger huldigend gewidmeten Kapitel den jungen Essayisten als restaurativ etikettiert, die fünfziger und sechziger Jahre in der Werkgeschichte dieses Autors zu überspringen empfiehlt.
Allerdings verwendet er den Begriff des Restaurativen nicht unbesehen. „So wie Enzensberger hier (in den frühen Essays) spricht, hatten die deutschen Intellektuellen um die Jahrhundertwende und in den zwanziger Jahren auch gesprochen, und deshalb darf man den Begriff der Wiederherstellung, Restauration, wohl benutzen.” Er ordnet Enzensbergers Zeitkritik ein in die Tradition der ästhetischen Moderne, die er im ersten Stück des Bandes noch um ein weiteres Jahrhundert zurückdatiert; die Anfänge werden, vor allem bei Schiller und Novalis, klar herausgearbeitet. Aber das ist nichts Neues. Originell, interessant und gewiss auch bestreitbar ist die These, auf der alle acht Essays aufgebaut sind: der ästhetische Modernismus um 1800 ist nicht nur Teil der mit der Französischen Revolution einbrechenden Moderne, sondern steht zugleich im Widerspruch zu ihr. Die „ästhetische Modernitätsemphase ist untrennbar verbunden mit einem ideologischen Antimodernismus, und in der Rückschau auf das 19. und 20. Jahrhundert wird man sagen müssen, dass der Antimodernismus stärker war.”
Das also sind die Kämpfe, die nach Aussage des Titels, von heute aus gesehen, als verloren gelten müssen. Das Jahr 1989, „das für den Untergang der letzten politischen Religion steht”, bildet die entscheidende Zäsur. Der Zeitsprung erlaubt den distanzierten Rückblick auf eine sich zusammenziehende Vergangenheit: Moderne und Antimoderne fallen für eine postmoderne Optik weitgehend zusammen. Als gemeinsamer Nenner fungiert die Geschichtsphilosophie. Einerseits ist sie die Erbin der nicht mehr geglaubten christlichen Heilsgeschichte und bietet den Rahmen für den Fortschrittsimpetus der Moderne: In der Zukunft liegt die – durch Auflösung des einheitlichen Weltbilds verlorene – Heimat. Andererseits erhält die Kunst mit der positiven Utopie den Fixpunkt zurück, den sie mit der Modernisierung verloren hatte. Sie wird als Prozess verstanden, in dem jedes einzelne Werk seinen Ort hat und folglich als progressiv oder reaktionär eingestuft werden kann.
Der erste Essay des Bandes ist mit „200 Jahre deutsche Kunstreligion!” überschrieben. Ihre Geschichte reicht nach Petersdorff ziemlich ungebrochen von der Kunsttheorie der Goethezeit bis zu Gottfried Benn (dem ein eigener großer Aufsatz gewidmet ist) und Adorno. Es wird nicht recht deutlich, wie sich die Kunst, die mit dem Anschluss an die Geschichtsphilosophie nach der Abdankung ihrer ehemaligen Herrin, der Theologie, gewissermaßen in eine neue Magdrolle schlüpfte, gleichzeitig auf ihre Autonomie pochen und den Anspruch erheben konnte, der Wahrheit, die von der Religion nicht mehr zu stiften war, Ausdruck zu geben. Um so einleuchtender wirkt die Beschreibung der Konsequenzen: Kunst wird formal und inhaltlich immer engherziger. Sie entwickelt eine esoterische Sondersprache. „Bis hin zu Adornos Kunsttheorie hat die Pflicht gewirkt, Kunstsprache und Alltagssprache zu scheiden. In Rhythmik, Satzbau und Wortwahl hat sich daraus eine Sterilität und Gespreiztheit entwickelt, eine aus der Rückschau merkwürdige Angestrengtheit, deren Sinn man immer schwerer versteht.” Inhaltlich führt die Kunstreligion zur Verweigerung, sich auf die bekämpfte moderne Wirklichkeit einzulassen, und wird somit immer narzisstischer. Kunst kreist hauptsächlich um sich selbst.
Bedenklicher ist die Affinität des ästhetischen Modernismus zur Gewaltanwendung, vor allem zum Krieg (Petersdorff zieht eine Linie von Novalis zu Handke und den Totalitarismen des 20. Jahrhunderts) – Gottfried Benn sprach vom „Fanatismus zur Transzendenz”. Der Horror vor einer offenen Gesellschaft erzeugte in der Weimarer Republik „unheimliche Nachbarschaften politisch geschiedener Autoren”. Das ist oft gesehen und dargestellt worden. Die Frage ist, ob die Riesenklammer, die sich aus der Verschmelzung von Modernismus und Antimodernismus ergibt, dazu taugt, solche Phänomene in ihrer hochgradigen Differenziertheit angemessen zu erklären. Allzu verschiedene Positionen und Personen landen bei Petersdorff in einem Topf, eben jenem Schmelztiegel, in dem unter der Hitzeeinwirkung eines Begriffs wie Epochenumbruch alle widersprüchlichen Tendenzen der voraus liegenden 250 Jahre als verlorene Kämpfe verschmoren.
Die Geschichtsphilosophie „hat eingepackt”, wir sind bis auf weiteres „von den Utopien befreit”, „die Avantgarde hat Pause”. Die Abrechnung mit einer Vergangenheit, die auf Zukunft fixiert war, muss auf Polemik weitgehend verzichten, weil sie dann selber der anachronistisch gewordenen Intoleranz, dem Geist ihrer verlorenen Kämpfe verfiele. Also ist die postmoderne Beliebigkeit langmütig und freundlich, hat überhaupt alle Eigenschaften, die der Apostel Paulus der Liebe zuschreibt.
Petersdorff konstatiert das Fehlen einer ästhetischen Theorie, die von der offenen Gesellschaft ausgeht, und er kann natürlich einstweilen nicht mehr als ein paar Stichworte liefern, die ihren Umriss andeuten. Er spricht von einem luftigen Ich, das in sich den Plural unserer Zeit spiegelt, fordert Eleganz und eine Ironie, die „die Dinge in eine Schwebe bringt, in der man sprechen kann, ohne dass es peinlich wird”. Die neue Ästhetik werde sich nicht an einem Revolutions-, sondern am Renaissance-Modell orientieren. Vom Gegenwartsfuror einer untergegangenen Epoche versenkte Jahrhunderte tauchen wieder auf. „Aus der Verbindung der Zeiten kann Leben werden, aus den Kontrasten werden Funken sprühen, und das wäre ein Anfang.” Jeder Anfang braucht seine Propheten, und Petersdorff lässt eine ganze Reihe von ihnen Revue passieren. Sie heißen beispielsweise Wieland, Heine, William Carlos Williams, Hans Magnus Enzensberger, Robert Gernhardt und Eckhard Henscheid. Eine bunt gemischte Gesellschaft, so bunt, so gemischt, wie es in der postmodernen Ästhetik nun einmal zugeht.
ALBERT VON SCHIRNDING
DIRK VON PETERSDORFF: Verlorene Kämpfe. Essays. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2001. 190 Seiten, 39,90 Mark.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.05.2001

Verabschiedung der Abschaffer
Dirk von Petersdorff geißelt die deutsche Kunstreligion

Was Dirk von Petersdorff in seinen Essays über deutsche Intellektuelle zu sagen hat, klingt nicht vorteilhaft. Ob er bei Gottfried Benn eine Probe nimmt oder bei Alfred Andersch, bei Adorno oder bei Rühmkorf: ein ums andere Mal konstatiert Petersdorff "Selbstermächtigung, Massenverachtung, die Ablehnung demokratischer Institutionen" und außerdem "eine merkwürdige Aversion gegen Partys von Leuten, die einem nichts getan haben". "200 Jahre deutsche Kunstreligion!" heißt folglich der erste Aufsatz, und das Ausrufezeichen signalisiert die ungeduldige Hoffnung, es möge nun genug gewesen sein mit den dichterpriesterlichen Attitüden, mit dem literarischen Hang zu "Letztbegründungen". Wie deutsch diese Kunstreligion gewesen ist, steht aber nicht fest. John Carey hat demselben Phänomen, dem intellektuellen "Haß auf die Massen", kürzlich eine gründlichere, aber auch verbissenere Studie gewidmet, deren Tatverdächtige samt und sonders Briten waren.

Dirk von Petersdorff ist Dichter, und seine Essays sollen natürlich der eigenen lyrischen Produktion eine Gasse bahnen. Der Titel des Bandes, "Verlorene Kämpfe", wirft die Frage auf, wer denn jetzt was und gegen wen verloren haben könnte. Keinesfalls muß man sich den Autor, den wegen seiner lyrischen "Bekenntnisse und Postkarten" zuletzt hochgelobten Kleist-Preisträger des Jahres 1998, als Verlierer vorstellen. Wenn jemand Ende der neunziger Jahre den, wie er meint, "formal spannungslosen, inhaltlich weltlosen und intellektuell nicht besonders reflexiven Modernismus der letzten Jahrzehnte" geißelt, so kann es geschehen, daß niemand sich mehr gemeint fühlt.

Man kann Petersdorffs Aufsätze durchweg als Plädoyer für eine "liberale Ästhetik" verstehen, wobei zum liberalen Ideal die Ironie hinzugehört. Die ästhetische Moderne ist, so meint er, niemals in Poppers "offener Gesellschaft" angekommen. Spätestens 1989, mit dem Einsturz des letzten ideologischen Großgebäudes, sei sie endgültig "ortlos" geworden. Es stimmt ja und ist vielleicht auch nicht ganz neu, daß eine "parlamentarische" Ästhetik, hätte es sie denn gegeben, nicht nur unter deutschen Dichtern kaum je Anhänger gefunden hat. Wie kommt es, daß der poetische Einfluß von, beispielsweise, Popper, Habermas oder Hilary Putnam so verschwindend blieb, während ein zweitklassiger Denker wie Ludwig Klages die deutsche Literatur befruchten durfte? So wahr es ist, daß ein erwiesenes Demokratiedefizit aus einem schlechten Schriftsteller noch keinen guten macht, so muß andererseits nicht jeder Fall von intellektuellem Extremismus den Vorwurf antidemokratischer Gesinnung nach sich ziehen. Könnte man nicht die Vorzüge der ästhetischen Moderne mit denen der politischen Moderne verbinden? Petersdorff hingegen möchte die ästhetische Moderne zur Kapitulation zwingen; wenn sie sich dann politisch zum Rechtsstaat und ästhetisch zur Ironie bekannt hat, kann man ja noch mal miteinander reden.

Natürlich gibt es in den "Verlorenen Kämpfen" auch lobende Erwähnungen von Dichtern, die ganz offenbar dem Zugriff der Kunstreligion entkommen sind und also Petersdorffs poetisches Programm schon vor ihm eingelöst haben. Drei von ihnen führt einer der Aufsätze im Titel: Wieland, Henscheid und Enzensberger. Ihnen hat Petersdorff liebevolle, kluge, kleine Werk-Porträts gewidmet. Es zeigt sich an ihnen, daß ihm das Lob der Freunde noch besser von der Hand geht als die Schelte der Gegner. Seine drei Brüder im Geiste skizziert er als Kontingenz-Spezialisten, die am Ende der großen Erzählungen und aus ihren Scherben heiter die Zeichen der Zeit lesen können. "Die Zukunftsgeschichten sind ausgeträumt", liest Petersdorff aus Wielands "Peregrinus Proteus", "was bleibt, sind die vielen Leben. Ohne Mythen und Legitimationsgeschichten geht jeder seinen Weg." An Henscheid bewundert er die anekdotische Abrüstung der Kritischen Theorie, an Enzensberger "die Abschaffung der Abschaffungen". Ihn interessiert nicht der Enzensberger, der in den sechziger Jahren als operativer Intellektueller zur Abschaffung der Literatur aufrief, sondern der andere, der, während ihn die anderen noch abschafften, schon wieder mit dem Anschaffen begonnen hatte. Dieser Enzensberger, der Mann mit der Brentano-Muse, dessen allerbestes Buch womöglich seine Dissertation war, ist Petersdorffs unumschränkter Held. "Leichter als Luft" soll fortan die Lyrik werden, dem Schillerschen Form- und Spieltrieb zugleich verfallen, denn, so Petersdorff: "Es existiert kein Grund mehr, die Sprache zu zerhacken, zu verfremden, anzuzünden und so zu reden wie noch nie ein Mensch, ungehört."

Wieso aber das? Hat dafür denn einmal ein Grund existiert, der heute nicht mehr existiert? Oder beklagt hier Petersdorff nur den Niedergang der altmodernen Sprach-Qual zur bloßen Pose? Was wäre denn, wenn einer käme, der mit ebensoviel Charme und Überredungskunst wie Petersdorff uns sein Programm verkündete, und es wäre ein Programm aus nichts als Schmerz und Wut und Aggression? Würden wir ihm die bedauernde Auskunft geben müssen, es gebe seit neuestem leider keinen Grund mehr, die Sprache zu zerhacken? Wenn Petersdorffs nachmoderne Kontingenz-Diagnose Bestand haben soll, dann muß es weiterhin sowohl erlaubt sein, die Sprache zu zerhacken wie auch sie durch ein "Re-Entry" alter Formenbestände für die Zukunft fit zu machen. Erst mit der freundlichen Aufnahme der von Petersdorff unter Wert verabschiedeten Moderne ins künftige Kunstwollen wäre auch seiner Forderung nach liberaler Ironie wirklich entsprochen. Listige Gutmütigkeit statt verlorener oder gewonnener Kämpfe, das wäre doch auch ein Fortschritt.

Aber Dirk von Petersdorff will nun einmal sein lyrisches Programm in Abkehr vom "Spätmodernismus" definieren, und warum sollte er auch beim Neustart gleich wieder die Bleiweste der Avantgarden überziehen? Weg von der Revolution der poetischen Sprache, hin zu ihrer Renaissance, das ist seine Losung, weil er weiß, daß Formen kein Alter, sondern nur eine Geschichte haben. "Dieses Ineinander, dieses Gegeneinander der Zeiten, kann es nicht Spannung erzeugen?" fragt er. Ja, das kann es, möchte man umgehend erwidern und Dirk von Petersdorff beim weiteren Verfolg dieses Projekts viel Glück wünschen.

CHRISTOPH BARTMANN

Dirk von Petersdorff: "Verlorene Kämpfe". Essays zur literarischen Moderne. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2001. 190 S., geb., 39,90 DM.

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Man könnte den 32-jährigen Germanisten Dirk von Petersdorff mit Hans Magnus Enzensberger vergleichen -mit Abstrichen, denkt Albert von Schirnding. 1998 erhielt Petersdorff nach der Veröffentlichung zweier Lyrikbände den Kleist-Preis, informiert der Rezensent. Der Essayband "Verlorene Kämpfe" könnte die gleiche Bedeutung erlangen wie Enzensbergers "Einzelheiten". Nur, für bahnbrechend hält von Schirnding den Band nicht. Originell, interessant, aber auch bestreitbar findet er eine These, die der Autor allen acht Essays zugrundelegt: Der ästhetische Modernismus um 1800 sei nicht nur Teil einer auf der Französischen Revolution fußenden Moderne gewesen, sondern stünde zugleich in deren Widerspruch. Einleuchtend findet der Rezensent Petersdorffs Gedanken, die Kunst sei formal und inhaltlich zunehmend engherziger geworden. Auf Kritik stößt beim Rezensenten allerdings der Ansatz des Autors, sämtliche Autoren und Positionen bei der Frage nach Gewalt und Krieg in einen Topf zu werfen. Seine Riesenklammer, Literatur zwischen Moderne und Antimoderne zu verorten, lässt eine differenzierte Betrachtung einzelner literarischer Strömungen nicht zu, meint von Schirnding.

© Perlentaucher Medien GmbH