Marktplatzangebote
27 Angebote ab € 0,25 €
  • Gebundenes Buch

Früher gingen Väter mit ihren Söhnen zum Fischen und erzählten ihnen Heldengeschichten. Sie zeigten ihnen, wie man Staudämme und Baumhäuser baut und verlangten von ihnen, vom Dreimeterbrett zu springen. Väter waren Götter streng, zürnend, unerbittlich.Dann kam der neue Mann: männergruppenerprobt, demütig partnerschaftlich, weichgespült, pflegeleicht, mit leicht resignativem Zug um die Lippen. Seine Vorbildfunktion als Vater hat der neue Mann eingebüßt, er dient allenfalls noch als Verhandlungspartner für seine Kinder.Die alten Zeiten will man nicht zurück, aber ihre neue Rolle als Mädchen für…mehr

Produktbeschreibung
Früher gingen Väter mit ihren Söhnen zum Fischen und erzählten ihnen Heldengeschichten. Sie zeigten ihnen, wie man Staudämme und Baumhäuser baut und verlangten von ihnen, vom Dreimeterbrett zu springen. Väter waren Götter streng, zürnend, unerbittlich.Dann kam der neue Mann: männergruppenerprobt, demütig partnerschaftlich, weichgespült, pflegeleicht, mit leicht resignativem Zug um die Lippen. Seine Vorbildfunktion als Vater hat der neue Mann eingebüßt, er dient allenfalls noch als Verhandlungspartner für seine Kinder.Die alten Zeiten will man nicht zurück, aber ihre neue Rolle als Mädchen für alles schmeckt den Männern auch nicht mehr. Was macht einen Mann heute zum Mann?
Andreas und Stephan Lebert erkunden, wie der Mann des 21. Jahrhunderts sich in verschiedenen Lebenssituationen bewähren kann, und finden jenseits aller Zerrbilder und Stereotypen Antworten auf die Frage, die Herbert Grönemeyer unbeantwortet ließ.
Autorenporträt
Andreas Lebert ist seit 2002 Chefredakteur von Brigitte. Er entwickelte das Magazin der Süddeutschen Zeitung, das er bis 1996 leitete, und die Jugendbeilage Jetzt. Außerdem konzipierte er die Leben-Seite der Wochenzeitung Die Zeit. Lebert ist Sohn der Journalisten Ursula und Norbert Lebert und Vater des Schriftstellers Benjamin Lebert.

Stephan Lebert arbeitet nach Stationen bei der Süddeutschen Zeitung, dem Spiegel und beim Tagesspiegel, als Redakteur bei der Zeit. Er wurde u.a. mit dem Egon-Erwin-Kisch-Preis ausgezeichnet.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.04.2007

Wenn sich Männer Respekt verschaffen
Dem weichgespülten Herrn der Schöpfung hilft zur Zeit eine engagierte Ratgeberliteratur auf die Sprünge
Dass es so schlimm ist, konnten wir nicht ahnen. Natürlich wird seit Jahrzehnten darüber lamentiert, theoretisiert und gewitzelt, dass „die Männer” mit dem relativen Freiheits- und Machtzuwachs für das ehemals schwache Geschlecht, vulgo Emanzipation, gewisse Probleme haben. „Die Frauen” ihrerseits lassen sich davon nur zu gern irritieren, weil sie sich durch die neuen Möglichkeiten, die ihnen auch zusätzliche Lasten aufbürden, bisweilen überfordert sehen. Deshalb ist das Verhältnis zwischen Männlein und Weiblein unterm Strich geblieben, wie es immer war: prekär, aber nicht hoffnungslos. Das Thema hatte sich auf einen dankbaren Dauerbrenner für Ratgeberliteratur, Satire und engagierte Essayistik eingependelt, dessen Brisanz allerdings, proportional zur Gewöhnung an leicht veränderte Rollenkonstellationen, im Schwinden begriffen schien.
Weit gefehlt. Das Journalisten-Brüderpaar Andreas und Stephan Lebert, hart am Puls der Zeit und der Männerwelt, hat jetzt einen nur mühsam humoristisch verbrämten Aufschrei in Buchform losgelassen, der alles übertrifft, was an Diagnosen männlicher Verunsicherung bislang im Umlauf war. Nicht mehr nur um ihre Dominanz oder ihre Kompetenzen fürchten die Gebrüder Lebert und die von ihnen vertretenen Herren der Schöpfung. Eine biologische Katastrophe, ein menschheitsgeschichtlicher Quantensprung wird an die Wand gemalt: „Der Mann weiß nicht mehr, was es bedeutet, ein Mann zu sein.” Wohingegen, wie gemein, „jede Frau weiß, was es heißt, eine Frau zu sein”.
Das ist in der Tat eine Ungleichheit, die an den Grundfesten der Gesellschaft nagt. Und die in erster Linie dadurch zustande gekommen ist, dass Frauen mehr lesen. Nach der kurzen kämpferischen Phase des Feminismus stürzten sie sich begierig in eine Flut von Büchern, die davon handelten, wie die graduell befreite, selbständige Frau ihre Identitätskrisen in den Griff bekommt und, was noch wichtiger ist, wie sie sich trotz allem jene femininen Eigenarten erhalten kann, die Männer so sehr schätzen. Gar nicht zu reden von dem riesigen Markt der Magazine und Postillen, die nie etwas anderes waren als eine – diverse Industriezweige ernährende – Anleitung zum Weiblichsein. Andreas Lebert kennt sich da aus, denn er ist Chefredakteur von Brigitte. Daher weiß er auch, dass bei Frauen auf das Lesen zwangsläufig das Reden folgt: „Große und kleine Fragen wurden bis zur Selbstzerfleischung debattiert: Wie hat mich der Tag verändert, an dem ich erfahren habe, dass ich schwanger bin? Darf man als Philosophieprofessorin Highheels anziehen?”
Eben das hat den Männern bislang gefehlt – eine durch Lektüre angeregte, geschlechtsspezifische Debattenkultur zur Selbstvergewisserung. Weshalb sie mittlerweile nicht mehr wissen, wo vorne und hinten ist. Nun aber springen die beiden Brüder in die Bresche mit ihrer „Anleitung zum Männlichsein”. Wie unlängst in Ulrich Wickerts Bücher-Sendung offenbar wurde, rennen sie damit offene Türen ein. Der „neue Mann”, das Produkt dezennienlanger Frauenarbeit, sieht alt aus und fühlt sich auch so: „demütig, partnerschaftlich, weichgespült, pflegeleicht, mit leicht resignativem Zug um die Lippen”. Erlösung findet er, wer hätte das gedacht, bei längst totgeglaubten Identifikationsfiguren: „Der Typ John Wayne ist oldfashioned, klar. Aber er hatte ein Koordinatensystem. Er wusste, welche Dinge man tut, weil man ein Mann ist. Und er wusste, welche Dinge man nicht tut, weil man ein Mann ist.”
Andreas und Stephan Lebert haben dieses Wissen aus der Versenkung geholt, entstaubt und systematisiert. Und wenn man das Foto der Autoren auf dem Umschlag sieht, kann man ihnen gar nicht böse sein, so lieb, wie sie gucken. Zumal ihr Vorstoß nicht bloß egoistisch motiviert ist, sondern auch einem Verantwortungsgefühl gegenüber Staat und Gemeinwesen entspringt. Denn wenn da manches schwer in die Gänge kommt, dann ist das nicht Frau Merkels Schuld: „Die graue, konturlose Masse Mann verklebt die Kraftadern der Republik.” So brutal hat nicht einmal Alice Schwarzer die Misere beim Namen genannt. Aber hallo – hören wir da etwa heraus, dass das Syndrom, das die Brüder lapidar auch als „Trostlosigkeit des Mannes” bezeichnen, ein spezifisch deutsches ist?
Egal, denn rettend naht die Lebert-Therapie, ein 19-Punkte-Programm für den Cowboyritt ins eigene Innenleben und den heroischen Kampf gegen den „Mann ohne Eigenschaften”, den Warmduscher und Bedenkenträger, der sich dort eingenistet hat. Ein Beispiel für couragiert maskulines Auftreten à la Lebert: „Warum sagen wir ihr nicht an einem ganz normalen Sonntagnachmittag, an dem sie uns langweilt: ‚Du langweilst mich‘?” Und dies sind die Fertigkeiten, mit denen ein Mann sich Respekt verschafft, wenn sonst nichts mehr hilft: „Schneeketten aufziehen, nachts um drei, am zugeschneiten Julierpass. Die Gesetze eines feinen Restaurants kennen: Wie bringt man die Frau an den Tisch, was soll das kleine Hämmerchen neben dem Teller? In einem Computer einen verschwundenen Text zurückholen, ganz selbstverständlich. Die dritte Fremdsprache sprechen. Den Lastwagenführerschein haben. Rettungsschwimmer sein. Bei einem Kabel, das aus der Decke hängt, den Nullleiter erkennen und wissen, was man damit macht. . .”
Wieso Hämmerchen, sagen da die Frauen, wo wir doch hofften, der Kerl zeigt uns, wo der Hammer hängt? Und: Nullleiter, aha. . . Sollte der Therapieplan nichts fruchten, so vermag er doch zu rühren, denn er verrät, wie sehr die Verfasser unter weiblichem Rede- und Widerredezwang, unter weiblichen Ansprüchen, Bosheiten, Unterstellungen und Inkonsequenzen schon zu leiden hatten. Die „Frauenstimme” aus dem Off, „der Sound, der jeden Mann begleitet”, ist hier zwar tendenziös, doch mit einigem Wiedererkennungswert zwischen die Kapitel geschaltet. Ja, genauso sind sie, die postfeministisch entfesselten Weiber, und ihren Weg säumen „Männer am Rande des Nervenzusammenbruchs”.
So heißt ein Buch aus dem vergangenen Jahr, in dem das gleiche Thema etwas komplexer, ausgewogener und einfallsreicher dargestellt ist. Kein Wunder, denn federführend war eine Frau. Barbara Sichtermann, eine Autorin aus der Aufbruchsgeneration des Feminismus, hat mit ihrem zwanzig Jahre jüngeren Kollegen Ingo Rose untersucht, was sich an der Geschlechterfront gegenwärtig abspielt, wie es dazu kam und wo es hinführen könnte. Für einschlägig Interessierte voller Kurzweil, doch leider auch etwas betulich und nicht frei von jener Gouvernantenhaftigkeit, die Leberts leidende Möchtegern-Johnwaynes in ihrem Harm bestärken muss. Was aber kaum eine Rolle spielt, da ohnehin nur Frauen solche Sachen lesen. Man darf wetten, dass sogar die „Anleitung zum Männlichsein” ein vorwiegend weibliches Publikum findet, und vielleicht haben die Autoren das einkalkuliert – um sich auf diese Weise endlich Gehör zu verschaffen bei der ewig nörgelnden Stimme aus dem Off.
Durchaus unverfänglich wirkt in Männerhänden ein Buch, auf dem „Berliner Orgie” steht, auch wenn es im weitesten Sinne zur Ratgeberliteratur zählt. Der ostdeutsche Erfolgsschriftsteller Thomas Brussig hat im Auftrag unseres lautesten Boulevardblatts die Rotlichtszene der Hauptstadt erkundet – eine von Frauen bespielte, aber von Männern für Männer eingerichtete Subkultur, der es konsequenterweise an Trostlosigkeit nicht mangelt. Und siehe da, der Autor, auch er offenbar partnerschaftlich weichgespült und gedemütigt, fühlt sich anfangs zwar peinlich berührt, dann jedoch zunehmend aufgebaut: Hier braucht er nicht mehr weiblichen Erwartungen zu entsprechen, er muss nicht mehr so sein wie die Helden der Romantic Comedies, und den Aufwand des Verführens kann er sich sparen. Lang angestaute Bitterkeit spricht aus seinem Stoßseufzer: „Bleibt mir denn wirklich nur der Puff, wo ich noch mit einer schönen Frau flirten kann, ohne gleich wie ein Verbrecher angeguckt zu werden?”
Das Traurigste ist, dass Brussig auf seiner Bordelltour nur flirten durfte und sonst nichts, weil er es seiner Frau versprochen hatte. Gegen diese Art von Fügsamkeit zieht das Lebert-Duo zu Felde. Punkt fünf des Maskulinisierungsplans lautet: „Es gibt nur ein Gesetz: die eigene Lust.” Hätte der Brussig das vorher gelesen – wer weiß? Dem sympathischsten Männlichkeits-Kriterium des Brüderpaars entspricht er indes perfekt: Er hat den Mut zur Lächerlichkeit. Und wieder einmal zeigt sich, wie privilegiert die Männer sind: Sie können darauf zählen, dass sie liebenswert bleiben, auch wenn sie eine komische Figur machen. Frauen hingegen dürfen von anstrengend bis zickig alles sein – nur nicht lächerlich, denn was würde unerotischer wirken als ein weiblicher Woody Allen? Zu diesem Problem ist ein Buch überfällig, aber es muss von einem Mann geschrieben sein. KRISTINA MAIDT-ZINKE
ANDREAS LEBERT/STEPHAN LEBERT: Anleitung zum Männlichsein. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2007. 158 Seiten, 16,90 Euro.
BARBARA SICHTERMANN/INGO ROSE: Männer am Rande des Nervenzusammenbruchs. edition ebersbach, Berlin 2006. 248 Seiten, 19,90 Euro.
THOMAS BRUSSIG: Berliner Orgie. Piper Verlag, München 2007. 206 Seiten, 16,90 Euro.
Männer bleiben liebenswert, auch wenn sie eine komische Figur machen: Das ist ihr Privileg
Welche Erleichterung: Im Bordell kann man sich den Aufwand des Verführens getrost sparen
Männer, bei denen Frauen erwiesenermaßen nicht an Feminismus denken: Marcello Mastroianni hat in Fellinis „Achteinhalb” die Peitsche nicht vergessen. – Heiner Lauterbach hat sowieso nix ausgelassen. – Lesen ist zwar eigentlich total unmännlich, aber Sean Connery weiß den Lektüre-Akt in „Die Strohpuppe” aufzupeppen. – Mario Adorf, ganz alte Schule. – Der Mann, der sich erst die Currywurst von seiner Frau nicht verbieten ließ, um dann Bundeskanzler zu werden. Und schließlich die Münchner Männlichkeitsikone, der Barista Charles Schumann. Fotos: Cinetext; ddp; Cinetext Bildarchiv; Gallup/Getty; Ronald Bonss/Moment Photo; Christian Kaufmann
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Mild kann man den Spott nicht mehr nennen, den Kristina Maidt-Zinke für dieses neueste Produkt aus der Ratgeber-Literatur hat. Mit der "Anleitung zum Männlichsein" will das Brüderpaar Andreas und Stephan Lebert dem Mann aus der Sinnkrise helfen, in die ihn die emanzipierten Frauen hineinbugsiert haben. Der neue Mann sei, wie Maidt-Zinke zitiert, "demütig, partnerschaftlich, weichgespült, pflegeleicht, mit leicht resignativem Zug um die Lippen". Dagegen setze die Lebert-Therapie auf ein 19-Punkte-Programm, mit dem Männer wieder lernen, was ein Man tun oder lassen muss, weil er ein Mann sei. Dabei haben sie ausgerechnet das abgenudelte John-Wayne-Klischee im Kopf, allerdings in der aktualisierten Version: Der neue Mann muss sich natürlich auch mit Computern auskennen und ein paar Fremdsprachen können. Ganz wichtig sei aber, gibt Maidt-Zinke dem Leser mit auf den Weg: der Frau einfach mal sagen, dass sie ihn langweilt. Maidt-Zinke nimmt es mit Fassung.

© Perlentaucher Medien GmbH