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Neun Jahre nach seinem Lyrikband "ein tag auf dieser erde" legt Reiner Kunze neue Gedichte vor. Die originären Sprachbilder berühren durch ihre Einfachheit, Präzision und ein Äußerstes an Menschlichkeit. Unüberhörbar leise entwerfen die Gedichte Kindheitserinnerungen, sprechen über das Lieben und nähern sich dem Tod.
"›Fahrt mit Altem Meister‹ heißt in Reiner Kunzes neuem Gedichtband eine seiner poetischen Landschaften, wie er sie unnachahmbar mit wenigen Strichen zu malen versteht. Auch der Autor selbst zeigt in ›lindennacht‹ die reifste Meisterschaft: eine, die mit immer sparsameren,
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Produktbeschreibung
Neun Jahre nach seinem Lyrikband "ein tag auf dieser erde" legt Reiner Kunze neue Gedichte vor. Die originären Sprachbilder berühren durch ihre Einfachheit, Präzision und ein Äußerstes an Menschlichkeit. Unüberhörbar leise entwerfen die Gedichte Kindheitserinnerungen, sprechen über das Lieben und nähern sich dem Tod.

"›Fahrt mit Altem Meister‹ heißt in Reiner Kunzes neuem Gedichtband eine seiner poetischen Landschaften, wie er sie unnachahmbar mit wenigen Strichen zu malen versteht. Auch der Autor selbst zeigt in ›lindennacht‹ die reifste Meisterschaft: eine, die mit immer sparsameren, scheinbar immer kunstloseren Mitteln Kunst entstehen läßt - Kunst, auf die Jahrzehnte von Leben und Schreiben hingearbeitet haben müssen." Jakub Ekier, Warschau
»'fahrt mit altem meister' heißt in Reiner Kunzes neuem Gedichtband eine seiner poetischen Landschaften, wie er sie unnachahmbar mit wenigen Strichen zu malen versteht. Auch der Autor selbst zeigt in 'lindennacht' die reifste Meisterschaft: eine, die mit immer sparsameren, scheinbar immer kunstloseren Mitteln Kunst entstehen läßt. Jahrzehnte von Leben und Schreiben müssen auf diese Kunst hingearbeitet haben.« Jakub Ekier
Autorenporträt
Reiner Kunze wurde 1933 in Oelsnitz im Erzgebirge als Sohn eines Bergarbeiters geboren. Er studierte Philosophie und Journalistik in Leipzig. 1977 Übersiedlung in die Bundesrepublik. Für sein umfassendes lyrisches, essayistisches und erzählendes Werk erhielt er zahlreiche deutsche und internationale Literaturpreise, darunter den Georg-Büchner-Preis, den Georg-Trakl-Preis und den Friedrich-Hölderlin-Preis. Seine Lyrik und Prosa wurden in dreißig Sprachen übersetzt. Zuletzt erschienen die Nachdichtungen »Wo wir zu Hause das Salz haben«, der Lyrikband »Lindennacht«, die Gedichte für Kinder »Was macht die Biene auf dem Meer?« sowie »die stunde mit dir selbst«. Literaturpreise: Übersetzerpreis des Tschechoslowakischen Schriftstellerverbandes, 1968 Deutscher Jugendbuchpreis, 1971 Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, 1973 Mölle-Literaturpreis, Schweden, 1973 Georg-Trakl-Preis, Österreich, 1977 Andreas-Gryphius-Preis, 1977 Georg-Büchner-Preis, 1977 Bayerischer Filmpreis, 1979 Geschwister-Scholl-Preis, 1981 Eichendorff-Literaturpreis, 1984 Bundesverdienstkreuz I. Klasse, 1984 Bayerischer Verdienstorden, 1988 Ostbayerischer Kulturpreis, 1989 Herbert und Elsbeth-Weichmann-Preis, 1990 Hanns-Martin-Schleyer-Preis, 1990 Kulturpreis deutscher Freimaurer, 1993 Ehrendoktorwürde der Technischen Universität Dresden, 1993 Großes Bundesverdienstkreuz, 1993 Ehrenbürgerschaft der Stadt Greiz, 1995 Kulturpreis des Landkreises Passau, 1995 Weilheimer Literaturpreis, 1997 Europa-Preis für Poesie, Serbien, 1998 Hölderlin-Preis d. Stadt Bad Homburg, 1999 Christian-Ferber-Ehrengabe der Deutschen Schillerstiftung, 2000 Hans-Sahl-Preis, 2001 Bayerischer Maximiliansorden für Kunst und Wissenschaft, 2001 Kunstpreis zur deutsch-tschechischen Verständigung, 2002 Ján-Smrek-Preis, Slowakei, 2003 Ehrenbürgerschaft der Stadt Oelsnitz/Erzgebirge, 2003 Premia Bohemica, 2004 Thüringer Verdienstorden, 2008 Memminger Freiheitspreis 1525, 2009 Thüringer Literaturpreis, 2009 America Award for lifetime contribution to international writing 2013 Franz-Josef-Strauß-Preis, 2015
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.01.2008

In der Schönheit der Schöpfung ist der Mensch das störende Element
Fünf Silben Wehmut und sieben Silben Einsamkeit: Reiner Kunzes neuer Gedichtband „lindennacht”
Seinen lyrischen Beobachtungsposten bezieht Reiner Kunze abseits der Geschäftigkeit des Tages. „Die linde blüht, und es ist nacht / Das dröhnen der bienen ist verstummt, statt ihrer / wimmelt es von sternen” heißt es im titelgebenden Gedicht des Bandes „lindennacht”. Es sind Alterswerke, in denen Kunze seine Kunst der Verknappung und der Reduktion auf das Unverzichtbare weiter vorantreibt. „Die welt entfernt sich”, notiert er lapidar.
Der Band umfasst 80 Gedichte, vorwiegend aus den Jahren 2005 und 2006. Sie sind in fünf Abschnitte gegliedert. Doch schon der erste, umfangreichste, spannt den Lebensbogen von Erinnerungen an die Kindheit in einer Bergmannsfamilie im Erzgebirge über den Hunger der Nachkriegszeit bis zur Erfahrung der Vergänglichkeit, der verstreichenden Zeit und der gelassenen Todeserwartung des Alters: „Wir wollen, wenn die Stunde / naht, mit ihr / nicht hadern”. Wesentlich ist dabei das „Wir” als Ausgangspunkt, das auf der gemeinsam erworbenen Vertrautheit einer langjährigen Ehe beruht. Die „Variationen über das Thema Philemon und Baucis” gehören zu den schönsten Versen dieses schmalen Gedichtbandes. Es sind Liebeserklärungen, deren Zärtlichkeit über den Tod hinaus reicht: „Der eine wird noch eine zeitlang / weiterleben müssen // Am schlimmsten wird es sein / in zügen // Zwischen zielen / ohne liebe”.
In seinen besten Gedichten braucht Kunze nur wenige Zeilen, wie ein Zeichner, der mit ein paar exakt gesetzten Strichen die Kenntlichkeit der Dinge schärft. Landschaftsbilder, in denen er die Stimmung des Augenblicks einfängt, entsprechen ihm sehr. Während die Zeitung eher störend auf den Frühstückstisch fällt, sind die wahren Nachrichten der Natur abzulesen: „Die wimpern schwer von regen / tat im tal das feld / ein auge auf / mit blauer pupille”. Reiner Kunze feiert mit solchen Hymnen die Schönheit der Schöpfung. Der Mensch ist darin eher das störende, zerstörende Element.
Eine Tendenz zum Kulturkonservatismus, eine Weltferne, die in das Lob der doch immer so viel schöneren Vergangenheit umschlägt, ist unverkennbar. Kunzes Spottverse auf die Rechtschreibreform als einer „orthographischen inquisition” sind eher läppisch. Gerade hier, wo er entgegen seiner Neigungen einmal „politisch” und tagesaktuell sein möchte, wirkt er am ältlichsten. Auch die Reisebilder aus Korea kommen in ihrer Faszination für Fernöstlich-Meditatives nicht über den touristischen Blick auf Reisfelder oder auf Lesende in einer Buchhandlung hinaus. Überzeugender sind seine Versuche mit der Form des Sidcho und mehr noch mit dem Haiku, der in seiner kargen Schlichtheit wie für ihn geschaffen ist: „Fünf silben demut / sieben silben einsamkeit / fünf silben wehmut”. Das ist Kunze kompakt.
Abgeschlossen wird der Band mit einer Reihe von Nachrufen auf Freunde und Weggefährten und Würdigungen derer, die ihn prägten, darunter Albert Camus, Christine Lavant und Hermann Lenz. Das Schlusswort bekommt mit Warlam Schalamow ein Zeuge des stalinistischen Gulags, den Kunze mit den Worten zitiert: „Was ich gesehen habe sollte niemand sehen niemand sollte davon erfahren Wenn man es aber gesehen hat ist es besser bald zu sterben”. Die einzelnen Worte sind untereinander notiert, damit sie den Gedichttitel „Stele” verdeutlichen. So steht am Ende das Verstummen angesichts des Zustands der Welt. Das klingt wie der Abschied eines großen Lyrikers. JÖRG MAGENAU
REINER KUNZE: lindennacht. gedichte. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2007. 112 Seiten, 17,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.09.2007

Lindennacht
Reiner Kunze stellt seinen neuen Gedichtband vor

Johannes Bobrowski hat ihm den "Namen des Unhörbaren" gegeben: Holunder - so nannte der sarmatische Dichter 1963 den Verfolgten, "der reif geworden ist / und steht voll Blut". Er dachte dabei an seine jüdischen Nachbarn im einstigen Memelland, Litauen. Seit je galt der Holunder als Inbild der Lebenskraft. Nur am Vergessen der Nachgeborenen mochte die Holunderblüte in Bobrowskis gleichnamigem Gedicht sterben. Nun hat sich Reiner Kunze zum Holunder bekannt. "Am wesen der eiche jedoch / würde ich leiden, das mark des holunders / spür ich in mir", schreibt er in seiner "Variation über das Thema ,Philemon und Baucis'". Verneigt er sich hier vor Bobrowski? Stellt er sich an die Seite der Schwachen, Verfolgten, er, der selber im Jahr 1977 so von den DDR-Behörden drangsaliert wurde, dass er einen Antrag auf Ausbürgerung stellte, obwohl er doch niemals fortgehen wollte?

Der Holunder ist ein Baum der Grenze - zwischen Wald und Garten, Leben und Tod. Ein Grenzgänger ist Reiner Kunze. Ein bisschen "Waldgänger" auch, wenngleich ein kosmopolitischer, wie sein neuer Lyrikband belegt. Im Holzhausenschlösschen, das die Zuhörerscharen nicht fassen konnte, stellte er jetzt erstmals seine neuen Gedichte vor, die unter dem Titel "lindennacht" vor kurzem bei S. Fischer erschienen sind. In fünf Abteilungen versammelt das kleine blaue Buch Gedichte über den Makrokosmos, der sich im Mikrokosmos der Natur und des Alltags spiegelt, Verse über das "Zwischenland" Kunst, wie sie sich in Musik und Sprache verdichtet, über das Erleben finnischer Landschaft und koreanischer Kultur, über den Tod und über das Leid, das ihn übersteigt.

Die Leitworte, die ihnen vorangestellt sind, weisen den Dichter zudem als belesenen und einfühlsamen Kollegen aus. Doch der Gedichtband ist nicht nur ein Selbst-, sondern vor allem ein Liebesbekenntnis. Er ist nicht nach dem Holunder benannt, sondern nach der Linde, in die sich nach Ovids "Metamorphosen" Baucis verwandelt hat. Mit jeder Linde in Kunzes Gedichten ist immer auch seine Frau zwischen den Zeilen zugegen, die mährische Ärztin Elisabeth Littnerova, mit der er seit 46 Jahren verheiratet ist. Über das Bild der ehelichen Liebe hinaus weitet sich die Lindenkrone zu einem Blütenhimmel, zu dem der Blick des Menschen wie ein Kleiber emporsteigt, ins bienenumsummte "himmelgrün" des Tages oder in die sternenwimmelnde Nacht, um das Universum zu vermessen und sich neue Himmel zu erschließen, für die er gar nicht geschaffen ist: "Wollten wir das anderssein der welt / begreifen, müssten wir / andere sein / Wir menschen unter linden, die blühn, / und es ist nacht."

Von den hundert Seiten nehmen die Gedichte der ersten Abteilung fast die Hälfte ein: freie Rhythmen über den Bergmannsalltag der Kindheit im Erzgebirge, das Verwachsensein "auf leben und tod" über dem Donauhang südlich von Passau, wo der Dichter ein neues Zuhause fand, über die Angst vor dem leeren Schuh des anderen und den "tapferen Vorsatz", die zusammenbrechende Welt mit der Erinnerung an das erotische Zehenspiel von einst wiederaufzurichten. Spottverse auf die Rechtschreibreform und ironische Kommentare auf ästhetische Programme folgen im nächsten Teil, empathische, aber auch befremdete Annäherungen an Poeten und Passanten in Korea im dritten. Aber vor dem Grauen in den Goldlagern der sibirischen Kolyma schweigt er und lässt wieder einmal einen Autor zu Wort kommen, den niemand hören und lesen will: Warlam Schalamow in einer "Stele".

CLAUDIA SCHÜLKE

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensent Jörg Magenau ist im Großen und Ganzen ganz angetan von Rainer Kunzes in den Jahren 2005 und 2006 verfassten Gedichtsband und nennt ihn dessen "Alterswerk" - nicht nur, weil im letzten Kapitel einige Nachrufe auf Wegbegleiter zu finden sind. Zwar stört den Rezensenten der unterschwellige "Kulturkonservatismus" des Autors, der sich etwa in einem abschätzigen Gedicht über die Rechtschreibreform manifestiere. Doch alles in allem bleibt Kunze bei seinen Stärken und die bestehen für Magenau in verknappten Landschaftsbildern und Naturbeobachtungen. Die "Kunst der Reduktion" treibt Kunze mit diesem Werk weiter voran, trotzdem gelingt es ihm, mit seiner Lyrik "die Schönheit der Schöpfung" zu feiern, lobt der Rezensent.

© Perlentaucher Medien GmbH