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In der Mitte seines Lebens macht der israelische Architekt Skip Landau eine Erfahrung, die er mit niemandem teilen kann: Eine innere Stimme ruft ihn an Orte, wo wenig später eine Katastrophe geschieht - ein Zugunglück in Paris, ein Flugzeugabsturz in Amsterdam. Offenbar soll er einzelne Sterbende auf ihrem schwierigen Weg in den Tod begleiten. Aber was soll, was kann er tun? Nicht viel mehr, als da zu sein und ihnen ein wenig Gesellschaft leisten, stellt er ernüchtert fest. Die Aufgabe, die er sich nicht ausgesucht hat, belastet seine Ehe und lässt die Familie in Tel Aviv fast…mehr

Produktbeschreibung
In der Mitte seines Lebens macht der israelische Architekt Skip Landau eine Erfahrung, die er mit niemandem teilen kann: Eine innere Stimme ruft ihn an Orte, wo wenig später eine Katastrophe geschieht - ein Zugunglück in Paris, ein Flugzeugabsturz in Amsterdam. Offenbar soll er einzelne Sterbende auf ihrem schwierigen Weg in den Tod begleiten. Aber was soll, was kann er tun? Nicht viel mehr, als da zu sein und ihnen ein wenig Gesellschaft leisten, stellt er ernüchtert fest. Die Aufgabe, die er sich nicht ausgesucht hat, belastet seine Ehe und lässt die Familie in Tel Aviv fast auseinanderbrechen. Spät versteht er, dass er nicht nur die Sterbenden in den Tod, sondern auch seine Söhne ins Leben führen muss - und sich dazu.
Katharina Hackers großer und seit langem erwarteter Roman steht nicht in Beziehung zum Figurenkosmos der vorausgegangenen Romane 'Alix, Anton und die anderen' und 'Die Erdbeeren von Antons Mutter', sondern erschafft eine eigene Welt. Seine Schauplätze sindParis, Tel Aviv, Amsterdam und Berlin, sein Thema aber ist universal: Wo ist unser Ort auf der Welt, wo ist unser Ort im Leben?

Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Autorenporträt
Hacker, KatharinaKatharina Hacker, geboren 1967 in Frankfurt am Main, lebt nach mehrjährigem Aufenthalt in Israel als freie Autorin mit ihrer Familie in Berlin und Brandenburg. 2006 erhielt sie den Deutschen Buchpreis für »Die Habenichtse«, zuletzt erschienen der Roman »Skip« (2015) und das Jugendbuch »Alles, was passieren wird« (2021).
Rezensionen
Wegtauchen oder mitschwimmen

In ihrem neuen Roman „Skip“ kehrt Katharina Hacker an den Ursprung ihres Erzählens zurück, nach Tel Aviv

Beinahe hätten wir ihn nicht kennengelernt. Denn fast wäre Skip Landau, der Protagonist im neuen Roman von Katharina Hacker, ertrunken. Zu einer Zeit, als es Bewohnern Tel Avivs noch möglich war, im Meer vor Gaza-Stadt zu baden, wird er dort von einer Welle unter Wasser gerissen und verliert die Orientierung. „Nie gegen die Kraft, die dich besiegen würde, entweder unten drunter wegtauchen oder mitschwimmen“, rät ihm grinsend der palästinensische Arbeiter Najib, der ihn aus der Tiefe zieht. Noch einmal Glück gehabt, atmet der Leser auf. Und kann weiterlesen in einem der besten Bücher dieses Herbstes.

  „Skip“ ist ein realistischer, mit zeitgeschichtlichen Fakten grundierter Roman und zugleich ein metaphysisches Abenteuer. Katharina Hacker lässt die gleichnamige Titelfigur, einen fiktiven israelischen Architekten, sein Leben erzählen. Äußerlich scheint es ein normales zu sein. Frau, Kinder, Beruf, ein Auskommen. Geboren 1948, im Jahr der Staatsgründung Israels, ist Skip inzwischen über sechzig. Er lebt seit Jahren in Berlin und hat gerade erfahren, dass er sowohl Großvater als auch noch einmal Vater wird. Ein guter Moment, um über das eigene Leben nachzudenken. Er tut das nicht chronologisch, sondern diskursiv, von einer Erinnerung in die nächste gleitend, als bedächtiger Surfer auf dem Bewusstseinsstrom.

  Schnell gewöhnt man sich an den Erzählton, Skips ruhige Art, Fragen zu stellen und Zweifel zu äußern. An sein Hadern mit dem Glück, seine innere Heimatlosigkeit. Die Schauplätze seines Lebens sind Tel Aviv, Paris, Amsterdam, Berlin. Doch der Resonanzraum seiner Erzählung, die keinen eindeutigen Adressaten hat und streckenweise einer Meditation gleicht, ist geografisch nicht zu fassen. Er erstreckt sich tief in den Bereich des Transzendenten.

  Skip ist gezeugt von einem jüdischen Vater, geboren in Paris von einer nichtjüdischen Mutter. Israel ist sein Zuhause – seine Heimat ist es nicht. Er ist Europäer und Israeli, Jude und Halbjude, liebender Vater zweier Söhne, die womöglich nicht von ihm stammen. Er will Häuser bauen, aber tatsächlich baut er sie nur um. Neben Skip kommen etliche andere Figuren zu Wort. Ihre Geschichten ergänzen, kontrapunktieren die seine, lassen sie mitunter gar verschwinden. Vor allem dort, wo Skip mit Sterbenden spricht. Er begleitet ihre Seelen beim Übergang vom Leben zum Tod, hilft ihnen durch seine bloße Anwesenheit, sich vom zerschundenen Körper zu lösen.

  Auf unerklärliche Weise findet sich Skip immer wieder an Orte gerufen, an denen Menschen durch Katastrophen ums Leben kommen. Als Zeuge eines Zugunglücks, eines Flugzeugabsturzes, einer Kollision zweier Helikopter ist er Besucher im Zwischenraum von Leben und Tod. Er ist ein charismatischer Mann ohne Eigenschaften, ein Zweifler und Melancholiker, Handwerker und Medium, ein leiser Denker, der so über das Leben erzählt, dass einzelne seiner Sätze nicht aufhören zu klingen. Sie setzen sich fest wie ein Mantra, man trägt sie durch Tag und Nacht.

  Denn wie fast alle Protagonisten Katharina Hackers treiben auch Skip immer wieder die gleichen Fragen um: Wer bin ich, und kann ich mich mitteilen? Welchen Einfluss hat der andere auf mein Leben? Wie kann ich meinem Leben Sinn verleihen? Die Autorin stellt sich mit diesem Roman ungeschützt, im Ton intim, den eher als unattraktiv geltenden Herausforderungen unseres Daseins – der Suche nach gutem Umgang mit Leid und Ungerechtigkeit, Ohnmacht, Traurigkeit und Angst. Sie denkt, wie sie Skip einmal formulieren lässt, „über den Tod nach, um über das Leben nachzudenken“.

  Mit „Skip“ kehrt Katharina Hacker, mit dem Roman „Die Habenichtse“ Buchpreisträgerin des Jahres 2006, an die Ursprünge ihres Erzählens zurück – und bietet dem Leser nahezu formvollendet eine Essenz ihres bisherigen Schaffens. Da ist nichts manieriert oder zu ehrgeizig in der Form, die Sprache fließt kunstvoll und trägt bis zur letzten der knapp vierhundert Seiten. Hackers Themen sind philosophischer, religiöser und politischer Natur, doch die leichte, unaufdringliche Poesie ihres Erzählens durchtränkt alles Schwere.

  1997, als Dreißigjährige, debütierte die Autorin mit ihrer Stadterzählung „Tel Aviv“. Sie hatte zu diesem Zeitpunkt mehrere Jahre in Israel gelebt, war mit Kultur und Sprache des Landes eng verbunden. Tel Aviv schilderte sie, aus Perspektive einer jungen Ich-Erzählerin, als etwas faszinierend Fremdes. Das schmale Bändchen, in der Edition Suhrkamp erschienen, war die Liebeserklärung an eine Stadt und Lebensweise, von der sie faktisch Abschied genommen hatte.

  In ihrem neuen Roman nun, knapp zwanzig Jahre später, scheint es, als habe die Autorin, die längst wieder in Deutschland lebt, Israel nie verlassen. Wie kein anderer deutscher Autor beschreibt sie „la condition israélienne“: Umgangsformen, Empfindungen und Herzenswärme offenbaren sich in Alltagsdialogen, sinnlich-präzise sind Natur, Licht und Tageszeiten beschrieben, kritisch das subkutane Fortwirken historischer Erfahrungen im jüdischen Staat, verlorene Hoffnungen und deprimierende Gegenwart.

  Auch dieser Roman ist eine Liebeserklärung, freilich zugleich das Dokument einer enttäuschten und doch bewahrten Zuneigung. Große Verbundenheit zu den Figuren zeichnet ihn aus: Neben Skip sind es die Arbeiter, mit denen er ein Haus in Jaffo renoviert, seine Nachbarn, der Holocaust-Überlebende Matijahu, Chajim, Fischhändler vom Shuk, die Cafehauswirtin Sarah, Chalil, ein palästinensischer Arzt, Zipora, Skips Lebensgefährtin nach dem Tod seiner Frau. Ginge es allein um diese Menschen, so erschiene Hackers Tel Aviv wie ein Schtetl aus der jiddischen Literatur – doch es gibt eben auch Terroranschläge und die Menetekel der Globalisierung.

  Skip leidet unter den Veränderungen, die Israel in den vergangenen zwanzig Jahren durchgemacht hat. Es ist nicht mehr „sein“ Land. Nicht das Land, das er ersehnt und an dem er mitgebaut hat. Es ist ein Land voller Geschichten, aber ohne Hoffnung. Dass Skip so etwas wie Frieden ausgerechnet in Berlin findet, der Stadt, von der aus die Ermordung seiner Großeltern ihren Ausgang nahm, ist eine bittere Ironie – und zugleich tröstlich: „Es musste sich nicht zu einem Ganzen fügen. Eine Summe blieb ja immer offen für weitere Addition, und vielleicht noch über den Tod hinaus. Und dann dachte ich, dass man weiter und weiter etwas hinzufügte, dass das vielleicht überhaupt die Essenz war, etwas hinzuzufügen, zu einer Summe, die immer offenblieb.“

CARSTEN HUECK

Immer wieder wird Skip an Orte
gerufen, an denen Menschen
ums Leben kommen – warum?

      
  
   
  
        
Katharina Hacker: Skip. Roman. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2015.
384 Seiten, 21,99 Euro.
E-Book 18,99 Euro.

DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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