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In Band 2 nimmt die stürmische Liebesgeschichte weiter ihren Lauf. Erneut kommt es zu Mißtrauenskrisen des noch tief unsicheren jungen Wissenschaftlers, deren Ursachen er schonungslos selbstkritisch untersucht und denen Martha mit inzwischen gewachsenem Selbstvertrauen und gestärkter Liebesfähigkeit immer umsichtiger begegnet. Im inspirierenden Dialog mit ihr beginnt Freud sich seinem späteren Forschungsfeld anzunähern, dem Seelenleben: »Ich studiere jetzt der Menschen Innerstes.« Zahlreiche Briefe des Paars enthalten meisterhafte, novellenartige Charakter- und Schicksalsskizzen von Menschen…mehr

Produktbeschreibung
In Band 2 nimmt die stürmische Liebesgeschichte weiter ihren Lauf. Erneut kommt es zu Mißtrauenskrisen des noch tief unsicheren jungen Wissenschaftlers, deren Ursachen er schonungslos selbstkritisch untersucht und denen Martha mit inzwischen gewachsenem Selbstvertrauen und gestärkter Liebesfähigkeit immer umsichtiger begegnet. Im inspirierenden Dialog mit ihr beginnt Freud sich seinem späteren Forschungsfeld anzunähern, dem Seelenleben: »Ich studiere jetzt der Menschen Innerstes.« Zahlreiche Briefe des Paars enthalten meisterhafte, novellenartige Charakter- und Schicksalsskizzen von Menschen ihrer Umgebung. Gegen Ende berichtet Freud von einem Besuch der Dresdner Gemäldegalerie und gibt Martha wunderbare Bildbeschreibungen von Raffaels Sixtinischer Madonna sowie der Madonna des Basler Bürgermeisters Meyer nach Holbein. Auch in Band 2 spiegelt sich in vielen Facetten das Gesicht der Epoche:ein kostbares Zeugnis der Hochkultur des Briefeschreibens.

»Der Leser wird endlich zugelassen und bald mitgerissen, so als hätte er einen Roman vor sich. ... ein bewegendes, höchst aufschlußreiches Dokument und zugleich ganz große Prosa."
Süddeutsche Zeitung
Autorenporträt
Freud, SigmundSigmund Freud, geb. 1856 in Freiberg (Mähren); Studium an der Wiener medizinischen Fakultät; 1885/86 Studienaufenthalt in Paris, unter dem Einfluss von J.-M. Charcot Hinwendung zur Psychopathologie; danach in der Wiener Privatpraxis Beschäftigung mit Hysterie und anderen Neurosenformen; Begründung und Fortentwicklung der Psychoanalyse als eigener Behandlungs- und Forschungsmethode sowie als allgemeiner, auch die Phänomene des normalen Seelenlebens umfassender Psychologie. 1938 emigrierte Freud nach London, wo er 1939 starb.

Bernays, MarthaMartha Bernays (1861-1951) lebte während ihrer Brautzeit in Hamburg. Sie entstammt einer jüdischen Gelehrtenfamilie und war zu Beginn der Korrespondenz 20 Jahre alt. Mehr als ein halbes Jahrhundert lang war sie Freuds Ehefrau und Mutter der sechs Kinder.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Den zweiten Band der Korrespodenz zwischen Sigmund Freud und seiner Verlobten Martha Bernays aus der Zeit zwischen 1882 und 1886 liest Andreas Mayer mit einigen Mühen wegen einiger Fehler und Ungereimtheiten, wie Verwechslung von Personen und Briefen, aber auch wegen eines allzu sachlichen Kommentars, der den Zugang zur Psychoanalyse für den Leser nicht erleichtert, wie Mayer schreibt. Abgesehen davon jedoch bietet der Band dem Rezensenten jede Menge Reflexives (weniger Eifersucht bei Freud, wie im ersten Band), vor allem zur Literatur. Mitunter nimmt dieser Austausch laut Mayer zwar "Züge eines Privatfeuilletons" an. Wie sich für Freud Literatur und Klinik verschränken, vermögen ihm die Briefe allerdings gut zu zeigen. Ferner Freuds strenge Selbstbeobachtung im Zusammenhang mit einzelnen Patientengeschichten, seine Aufregung beim erstmaligen Lesen Flauberts und so manch anderes Moment einer Vorgeschichte der Psychoanalyse.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 20.11.2013

Don Juan für die Schwestern, Eifersucht für die Braut
Die Briefe Sigmund Freuds an seine Verlobte Martha Bernays offenbaren allzumenschliche Seiten
„Liebster, Du machst es ähnlich wie die geschickten Autoren den Zeitungsroman, die auch die Spannung für die nächste Fortsetzung immer gleich rege aufrechtzuerhalten bemüht sind“, schreibt Martha Bernays im Juli 1883 an ihren Verlobten, der sich in Wien auf seinen Beruf als Nervenarzt vorbereitet, während sie in Wandsbek warten muss, bis er genug verdient, um sie heiraten zu können. Manchmal, schreibt sie weiter, „erinnert mich unser Briefwechsel . . . in seinem bruchstückhaften Wesen an einen ‚Roman in Fortsetzungen‘“, doch leider sei der „nur interessant für die beiden Autoren, nicht wahr, Liebster?“.
  Nein, das ist nicht wahr! Auch der zweite Band der Brautbriefe ist für alle interessant, die den Begründer der Psychoanalyse näher kennen lernen wollen. Beim Schachspiel im Kaffeehaus ist er so konzentriert und zerstreut zugleich, dass er sich die für ihn vom Kellner angezündete Zigarre mit dem falschen Ende in den Mund steckt. Jetzt hat er an „der Lippe eine Brandblase“ und versteht endlich, warum die „Operateure . . . alle Instrumente, die man ihnen verkehrt in die Hand reicht, gelassen auf den Boden werfen“.
  Diese und andere scheinbare Nebensächlichkeiten trägt Sigmund Freud seiner Braut mit Nonchalance vor, in die er Scherz, Satire, Selbstironie mischt. Das Elend, das er zu Hause vorfindet, hat allerdings eine tiefere Bedeutung: Der Vater geht seit Jahren keiner geregelten Arbeit nach. Ein Halbbruder Freuds, der es in England zu Wohlstand gebracht hat, muss deshalb den Mietzins für die Wohnung in Wien bezahlen. Und auch Freuds Schwestern nagen am Hungertuch. Weil „es ihnen so schlecht geht, wurde ich lustig, um sie heiter zu machen, und sang den ganzen Abend Stellen aus Don Juan“ vor.
  Sigmund Freud, der Arien aus Mozarts Opern schmettert – das ist nur eines der unvermuteten Bilder, die beim Lesen des Briefwechsels auftauchen. Die Herausgeber haben mit Recht Martha Bernays Charakterisierung zum Titel erhoben, liest sich dieser „Roman in Fortsetzungen“ doch ähnlich spannend wie jener Briefroman, der hundert Jahre zuvor eine ganze Generation mitleiden ließ. Gott sei Dank ist Martha Bernays keine Charlotte Buff, deshalb enden die Leiden des jungen Freud nicht in einer Tragödie, wenngleich seine wiederkehrenden Eifersuchtsanfälle mitunter auch an Pistolen denken lassen.
  Als Hauptkonkurrentin gilt die Schwiegermutter in spe, von der sich Freud nachhaltig gekränkt fühlt: „Ich glaubte . . . , ich hätte eine Mutter gewonnen, die sich an unserem Glück freuen würde“. Doch Emmeline Bernays beschloss kurze Zeit, nachdem Freud ihre Tochter näher kennen gelernt hatte, mit ihrer Familie von Wien nach Hamburg zurückziehen – und so wurde „unser junges Lieben . . . der rücksichtslosen Bequemlichkeitssucht einer alten, lieblosen Frau zum Opfer gebracht“.
  Auch Eli, Marthas Bruder, wird mit Eifersucht verfolgt, da sich Martha, nach Ansicht Freuds, ihrem herrischen Bruder allzu bereitwillig unterzuordnen scheint. „Du bist Elis Haussklavin und zitterst, wenn er ‚winkt’.’’ Doch „täusche Dich nicht, Elise und Eli und Fritz und wie sie alle heißen, sie sind tot für Deine Empfindung, Du gehörst ganz mir.“
  Mit Elise ist Marthas älteste Freundin gemeint, von der sie sich fernhalten soll, weil sie mit Fritz verlobt ist. Martha war knapp 21 Jahre, als Fritz, der Violinist, sie küssen durfte. Das war an dem Tag, an dem Freud mit ihr im Wiener Frühling unterwegs, aber noch viel zu schüchtern war, um ihr seine Liebe zu gestehen. Dafür muss Fritz jetzt büßen: „Den Mann hasse ich und werde ihn als Feind behandeln.“ Aber auch Martha muss Buße tun und ihre erste unschuldige Jugendliebe mit harten Worten verurteilen. Ihr eifersüchtiger Verlobter nötigt ihr dieses Schuldbekenntnis ab: „Zuerst muß ich mit Scham bekennen, daß Du recht hast, daß mein Denken und Fühlen damals ein verschrobenes krankhaftes gewesen; daß ich nicht ausdenken mag, was noch aus mir geworden wäre, wenn Du mich nicht aus dem moralisch versumpften Zustand erlöst hättest und mich an Dein reines edles Herz gezogen“. Alfred Döblin, Mitglied des Kuratoriums, das Freuds sprachliche Virtuosität 1930 mit dem Goethe-Preis auszeichnete, begründete seine Wahl mit dem Hinweis auf eine Gemeinsamkeit, die er bei Goethe und Freud fand: Beide hätten in ihren Werken danach gestrebt, das Chaotisch-Dionysische durch apollinisches Maß einzugrenzen. Wie recht Döblin hatte, offenbart ein Brief Freuds vom Juli 1883. Damals saß er „sehr nobel Parkett 3. Reihe“ in der Wiener Oper und analysierte Carmen. Sie erinnere ihn an eine der Patientinnen, denen er tagsüber in der Psychiatrie begegne, schrieb er an die Braut. Doch Sigmund Freud ist nicht Don José. Und so kann er den Gewinn, den ihm der Ausflug in die Welt der Zigeunermädchen und Schmuggler eingebracht hat, der Braut mitteilen: „Das Gesindel lebt sich in Saus und Braus aus, wenn es auch früh stirbt, und wir anständigen Leute entbehren, das war die einzige große Weisheit, die ich aus der Oper nach Hause gebracht habe.“
  Der 27jährige Doktor der Medizin kann aber nur sehr selten in die Oper gehen, nämlich nur dann, wenn ihm Josef Breuer, sein väterlicher Freund, den Eintritt spendiert. Ansonsten arbeitet er im Wiener Allgemeinen Krankenhaus und forscht im hirnanatomischen Labor, weil er sich habilitieren will. Er ist auf der Suche nach einer neuen Methode der Präparation. Endlich hat er Erfolg, er macht „einen Freudensprung bis zur Decke“ und schreibt begeistert an Martha: „Denke Dir, meine . . . Methode . . . liefert Präparate von solcher Schönheit, Fülle und Details“. Dann besinnt er sich und versichert ihr, „daß Du, Süße, doch schöner bist als alle Methoden und Präparate“.
  Dennoch sollte Martha an der Wissenschaft teilhaben. Deshalb spart sich ihr Verlobter das Geld vom Munde ab, um Bücher für sie auszuwählen, die er mit Kommentaren nach Wandsbek schickt, darunter eine „Allgemeine Einführung in die Naturwissenschaften“ und ein Band über „Moderne Geister“. In diesem Buch findet Martha ein Portrait John Stuart Mills. Vor einigen Jahren, damals war er noch Student, hatte Sigmund Freud für den zwölften Band der von Theodor Gomperz herausgegebenen „Gesammelten Werke“ Mills einige von dessen Aufsätzen ins Deutsche übersetzt. Jetzt schreibt er an Martha über Mill: „Er war vielleicht der Mann des Jahrhunderts, der es am besten zustande gebracht, sich von der Herrschaft der gewöhnlichen Vorurteile frei zu machen.“
  Ein Beitrag, den Freud übersetzt hatte, handelt von der gesellschaftlich sanktionierten Ungleichheit der Geschlechter. Darin heißt es: „Während dem Namen nach derselbe Moralkodex für beide Geschlechter gilt, bilden in Wirklichkeit Eigenwille und Selbstbehauptung den Typus der für männlich geltenden Tugenden, während Selbstentäußerung, Geduld, Entsagung und Unterwerfung . . . durch allgemeine Übereinstimmung zu recht eigentlich weiblichen Pflichten und Reizen gestempelt worden sind. Der Sinn davon ist bloß der, daß sich die Gewalt zum Mittelpunkt der moralischen Verpflichtungen macht und daß ein Mann seinen eigenen Willen zu haben wünscht, aber nicht wünscht, daß seine Gefährtin einen von dem seinigen verschiedenen Willen habe.“
  Die Schlussfolgerung lautet: Männer und Frauen sollten gleiche Bildungschancen und gleiche Berufsmöglichkeiten haben. Damit ist Freud keineswegs einverstanden. Seiner Braut teilt er mit, er wolle das Geld für die Familie verdienen und sie solle Heim und Herd hüten: „Gesetzgebung und Brauch haben den Frauen viel vorenthaltene Rechte zu geben, aber die Stellung der Frauen wird keine andere sein können als sie ist, in jungen Jahren ein angebetetes Liebchen, und in reiferen ein geliebtes Weib.“ Martha antwortet diplomatisch: „ . . . meinst Du nicht auch, daß genug meiner Mitschwestern doch besser sich zur Ausübung eines andern ernsten Berufes eigneten, wie zu Hausfrauen und Müttern?“.
  Freuds Brief vom 15. November 1883 ist wissenschaftshistorisch in mehrfacher Hinsicht von Bedeutung. Zum einen findet man hier den persönlichen Wurzelgrund der konservativen Auffassungen Freuds über Weiblichkeit. Und zum anderen besteht die Ironie der Geschichte darin, dass die von Freud kritisierten Auffassungen gar nicht von John Stuart Mill, sondern von einer der „Mitschwestern“ Marthas stammen. Bereits 1868 hatte Mill einen Neudruck seiner Aufsätze zum Anlass genommen, darauf hinzuweisen, dass nicht er den Beitrag „Über Frauenemanzipation“ verfasst hatte, sondern seine Ehefrau Harriet Taylor Mill. (Erst 1976 erschien dieser Essay endlich auch auf Deutsch nicht mehr unter dem Namen des Mannes, sondern unter dem der Frau.)
  Über diese Zusammenhänge geben die Herausgeber dem Leser leider keine Auskunft. Und während sie ihn ansonsten durchgehend gut informieren, lassen sie ihn auf einer Straße in Hamburg wieder ganz ohne Fußnote stehen. Sollte er das „Stiegenhaus auf dem Alten Wall“ suchen, wird er es nicht finden, da „Stiegenhaus“ die in Österreich gebräuchliche Bezeichnung für ein Treppenhaus ist. Freud hat sie in dem Brief verwendet, in dem er sich an „den ersten warmen Kuß“ erinnert, den Martha ihm vierzig Tage nach der heimlichen Verlobung bei seinem Besuch in Hamburg „geschenkt“ hat.
  Wo also hat sie ihn an ihrem 21. Geburtstag erstmals geküsst? Vermutlich Am Alten Wall 2, Ecke Schleusenbrücke, wo Berman Bernays eine „Leinen, Stickereien- und Weisswaren-Handlung“ hatte. Es liegt nahe, dass sie ihren künftigen Mann in das Haus des verstorbenen Vaters geführt hat.
BERND NITZSCHKE
Gesindel lebt in Saus und Braus,
anständige Leute entbehren
  
Sigmund Freud, Martha Bernays: Unser „Roman in Fortsetzungen“. Juli 1883–Dezember 1883. Die Brautbriefe Band 2. Hrsg. von Gerhard Fichtner, Ilse Grubrich-Simitis, Albrecht Hirschmüller.
S. Fischer, Frankfurt am Main 2013. 616 S., 48 Euro.
Sigmund Freud und Martha Bernays im Jahr 1885.
FOTO:  SÜDDEUTSCHE ZEITUNG PHOTO
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Freud erweist sich auch in seinem Briefverkehr als fantastischer Schriftsteller und präziser Beobachter von Szenarien und Charakteren. Angelika Hager profil 20130701