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Auf ihren Reisen nach Brasilien und in die Karibik haben sich Hubert Fichte und Leonore Mau mit den afroamerikanischen Religionen auseinandergesetzt und in der Verschränkung von Fotografie und Schrift eine eigene Form der Annäherung gefunden. Zwischen 1974 und 1978 wenden sie sich nun Westafrika zu und bereisen den Senegal, Benin und Togo, wo ihre Aufmerksamkeit dem Ausgangspunkt der afrikanischen Religionen gilt. Sie interessieren sich nicht für die Historie, sondern für die aktuelle Rolle der Religionen, die gerade in der Psychiatrie von Bedeutung ist, wo traditionelle Heilmethoden zusammen…mehr

Produktbeschreibung
Auf ihren Reisen nach Brasilien und in die Karibik haben sich Hubert Fichte und Leonore Mau mit den afroamerikanischen Religionen auseinandergesetzt und in der Verschränkung von Fotografie und Schrift eine eigene Form der Annäherung gefunden. Zwischen 1974 und 1978 wenden sie sich nun Westafrika zu und bereisen den Senegal, Benin und Togo, wo ihre Aufmerksamkeit dem Ausgangspunkt der afrikanischen Religionen gilt. Sie interessieren sich nicht für die Historie, sondern für die aktuelle Rolle der Religionen, die gerade in der Psychiatrie von Bedeutung ist, wo traditionelle Heilmethoden zusammen mit europäischer Medizin eingesetzt wurden.
1985 haben Leonore Mau und Hubert Fichte ihre Materialien für einen Foto-Text-Band zusammengestellt, der Einblicke in die traditionelle Psychiatrie Westafrikas ermöglicht, Kranke und Heiler porträtiert und mit einem Gang über den Zaubermarkt in Bé (Togo) beginnt. Die eindringlichen Fotos von Leonore Mau werden verschränkt mit Fichtes Aufzeichnungen, Interviews und poetischen Texten. Zu Lebzeiten Fichtes konnte der Foto-Text-Band »Psyche« nicht mehr realisiert werden, er erschien schließlich 2005 in Gedenken an Fichtes 70. Geburtstag.
Autorenporträt
Hubert Fichte, 1935 in Perleberg geboren, wuchs in Hamburg auf, war Schauspieler, Schafhirte und Landwirtschaftslehrling. Seit 1963 lebte Fichte als freier Schriftsteller in Hamburg. Zu seinen wichtigsten Werken zählen die Romane 'Das Waisenhaus' (1965), 'Die Palette' (1968) und 'Versuch über die Pubertät' (1974), die ethnopoetischen Reiseberichte 'Xango' (1976) und 'Petersilie' (1980) sowie die mehrbändige 'Geschichte der Empfindlichkeit' (ab 1987). Hubert Fichte starb am 8. März 1986 in Hamburg.

Leonore Mau, geboren 1916 in Leipzig, studierte Bühnenbildnerei und begann nach dem Ende des Krieges und der Umsiedlung nach Hamburg professionell zu fotografieren. Ihre Arbeiten fanden weltweite Aufmerksamkeit; zahlreiche Ausstellungen: unter anderem - mit dem Werk Fichtes - im Haus der Fotografie (Deichtorhallen), Hamburg. Leonore Mau starb am 22. September 2013.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.05.2005

Unbekannter Kontinent: Hubert Fichte zur Geisteskrankheit in Afrika
„Einst bin ich Knabe, ich bin auch ein Mädchen gewesen, Busch und Vogel und Fisch, der warm aus den Wassern emporschnellt.” Diese Zeilen des Empedokles hat der 1986 51-jährig verstorbene Schriftsteller Hubert Fichte auf seinen Grabstein meißeln lassen. Den unzähligen Metamorphosen der menschlichen Seele spürte er auf Reisen in der Fremde nach: in Brasilien, Tahiti und Trinidad, dann in Afrika, Tansania und Äthiopien, Kongo und Senegal.
Zusammen mit der Fotografin Leonore Mau arbeitete Fichte unter anderem in der Psychiatrie von Fann im Senegal und in psychiatrischen Dörfern Westafrikas. Hier erlebte er eine dinghafte Form der Psychoanalyse. Die auf dem Zaubermarkt in Togo dargebotenen Fetische - Vogelbälger, Krokodilpanzer, Affenschädel und getrockneten Chamäleons - waren ihm „Buchstaben der Psyche”, die die tradierten Riten zum Sprechen bringen. An die Entzifferung dieser magischen Zeichen machte sich der Autor auf seine Weise in der vielbändigen und nicht vollendeten „Geschichte der Empfindlichkeit”. Bei seinen Exkursionen zur undeutlichen Identität erhob Fichte das Interview zum poetischen Erkenntnisinstrument, dem er das Gedicht komplementär zur Seite stellte .
Einige der in „Geschichte der Empfindlichkeit” erschienenen Gespräche und Texte waren konzipiert für den Bildband „Psyche”, der nicht mehr zu Fichtes Lebzeiten realisiert werden konnte. Er ist nun, im siebzigsten Geburtsjahr des Autors, erschienen (Leonore Mau und Hubert Fichte: Psyche. Annäherung an die Geisteskrankheit in Afrika, herausgegeben von Ronald Kay. S.Fischer, Frankfurt/Main. 335 Seiten, 150 Euro).
Maus Blick durch die Kamera verschmilzt hier mit der Suchbewegung der Worte Fichtes, der hypnotische Rhythmus der Fotografien setzt sich fort in den eingeschnittenen Aufzeichnungen und Gesprächen mit Psychiatern und Zaubermalern. Viele weiße Flecken des Ich sind dabei in Augenschein zu nehmen.
chka
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Am 21. März diesen Jahres wäre Hubert Fichte siebzig Jahre alt geworden; Anlass mehrere seiner Bücher neu herauszugeben, berichtet Hans-Jürgen Heinrichs. "Psyche. Annäherung an die Geisteskranken in Afrika" ist in dieser Form - als Bildband - jedoch noch nie erschienen, korrigiert er, obwohl der Band von Fichte so konzipiert gewesen sei. Der Autodidakt, Ethnologe und Schriftsteller Fichte, bei dem man von einem "ethnopoetischen Stil" sprechen könnte, der für Heinrichs fast zwanzig Jahre nach Fichtes Tod "nichts von seiner Frische" eingebüßt hat, arbeitete eng mit der Fotografin Leonore Mau zusammen, deren Aufnahmen "tendenziell gleichberechtigt" neben Fichtes Textsammlung stehen. Der "Psyche"-Band versammelt sehr unterschiedliche Textformen, so Heinrichs: Interviews, Kommentare, Glossen, Tagebuchnotizen, die von Fichte alle gleichwertig behandelt würden. Sogar statistisches Material gerate dabei zu einem "poetischen Bestandteil eines aufklärerischen Textes", bemerkt der Rezensent, denn um das Ergründen und Darstellen von Wirklichkeit in einer Mischform des Dichterischen und Wissenschaftlichen sei es Fichte zu tun gewesen. Im Rahmen des Gesamtwerkes stünde "Psyche" dem Roman "Die schwarze Stadt" am nächsten, meint Heinrichs, einer poetischen Recherche zur Kultur der Afroamerikaner in New York. Von ihrer ästhetischen Überzeugungs- und Erkenntniskraft hätten Fichtes Bücher nichts verloren, schwärmt er.

© Perlentaucher Medien GmbH
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