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Dieses Buch erzählt vom Aufstieg und vom Ende des Nationalsozialismus, vom Krieg und vom Alltag, von der Verfolgung und der Vernichtung von Menschen, vom Widerstand und von dem Jahr der Befreiung, als das "Dritte Reich" endlich besiegt war. Diese Zeit ist Geschichte. Aber sie ist auch voller Geschichten, aus denen man lernen kann. Warum so viele Menschen an Hitler glaubten und nur wenige nicht mitmachen wollten, davon erzählen die Autoren dieses Buches: Hans Mommsen, Mirjam Pressler, Hermann Vinke, Ursula Wölfel, Hilke Lorenz und Hartmut von Hentig.

Produktbeschreibung
Dieses Buch erzählt vom Aufstieg und vom Ende des Nationalsozialismus, vom Krieg und vom Alltag, von der Verfolgung und der Vernichtung von Menschen, vom Widerstand und von dem Jahr der Befreiung, als das "Dritte Reich" endlich besiegt war. Diese Zeit ist Geschichte. Aber sie ist auch voller Geschichten, aus denen man lernen kann. Warum so viele Menschen an Hitler glaubten und nur wenige nicht mitmachen wollten, davon erzählen die Autoren dieses Buches: Hans Mommsen, Mirjam Pressler, Hermann Vinke, Ursula Wölfel, Hilke Lorenz und Hartmut von Hentig.
Autorenporträt
Carola Stern, geboren 1925 im Seebad Ahlbeck, lebte bis 1951 als Lehrerin in der DDR. In den fünfziger Jahren studierte sie an der Freien Universität und arbeitete als wissenschaftliche Assistentin am Institut für politische Wissenschaft in West-Berlin. 1960 bis 1970 Leiterin des Politischen Lektorats im Verlag Kiepenheuer & Witsch. Daneben journalistische Tätigkeit für Zeitungen und Rundfunkanstalten. 1970 bis 1985 Redakteurin und Kommentatorin in der Hauptabteilung Politik des Westdeutschen Rundfunks. Zahlreiche Auszeichnungen, u. a. 1970 Jacob-Kaiser-Preis, 1972 Carl-von-Ossietzky-Medaille für ihre Tätigkeit bei amnesty international, 1988 Wilhelm-Heinse-Medaille. Ab 1987 Vizepräsidentin, ab 1995 Ehrenpräsidentin des deutschen P.E.N.-Zentrums. Carola Stern starb 2006 in Berlin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.03.2005

Die große Sehnsucht, Pimpf zu sein
Alltag unterm Hakenkreuz: "Eine Erdbeere für Hitler"

Eine Erdbeere für Hitler"? Das ist erklärungsbedürftig: Im Jahr 1933 wollte ein Gärtner aus Malente-Gremsmühlen seine neue Erdbeer-Neuzüchtung "Hitler" nennen. Grund genug für einen so geschmacklos wirkenden Titel? Wahrscheinlich sollte er nur Aufmerksamkeit erregen und vom Untertitel "Deutschland unterm Hakenkreuz" ablenken, der bei vielen Jugendlichen Überdruß wecken dürfte, weil sie nicht nur in diesem Gedenkjahr mit dieser Thematik überfüttert werden. Auch die ersten sechsunddreißig Seiten, eine Zusammenfassung zur "Entstehung einer Diktatur" von Hans Mommsen, könnten eher eine Hemmschwelle sein. Kein leichter Start also für dieses Buch.

Die sechs Beiträge, die Ingke Brodersen und Carola Stern hier versammelt und mit vielen Informationen und Illustrationen ergänzt haben, sind dennoch nachdrücklich zu empfehlen. Insgesamt ist dieses Buch der gelungene Versuch, eine Antwort zu finden auf die verstörenden Fragen: Was geschah in den zwölf Jahren des Dritten Reichs, und wie konnte es geschehen, daß die Mehrzahl eines ganzen Volkes seine moralischen Maßstäbe verlor und sich verführen ließ? Wie wuchs überhaupt der blinde Gehorsam, der das Denken ausschaltete? Jugendliche ab zwölf Jahren sollten über die dunkelste Zeit deutscher Geschichte Bescheid wissen; sie sollten immun werden gegen Parolen, wie sie heute wieder Glatzköpfe und rechte Rabauken verbreiten.

Das Buch ist aufs beste geeignet, den Unterricht für Zeitgeschichte lebendig zu machen, weil es Geschichte leichtverständlich in exemplarischen Familiengeschichten vermittelt. Hilke Lorenz erzählt etwa, "wie die Nationalsozialisten den Alltag eroberten", wie sie Hoffnung weckten auf ein besseres Leben, in dem Deutsche nicht mehr die Verlierer sein würden. Der acht Jahre alte Karl, Sohn eines NSDAP-Ortsgruppenleiters, kann es kaum erwarten, Pimpf zu werden, von morgens bis abends mit "Heil Hitler" zu grüßen und strammzustehen. Es fällt ihm nicht schwer, "jawoll" zu sagen. Anders die etwas ältere, nachdenkliche Marianne, die aus einem christlichen Elternhaus stammt. Aber sie und ihre gleichgesinnten Freundinnen verstummen. Es wurde immer gefährlicher, seine Meinung zu sagen, auch die Eltern antworteten nur hinter geschlossenen Türen. "Paß auf, was du sagst!" rieten sie ihren Kindern.

Wie die verschiedenen Familien eines Mietshauses in einer kleinen Stadt im Ruhrgebiet sich unter der Diktatur verhielten und wie sie schließlich die Kriegsjahre und Bombennächte überstanden, beschreibt Ursula Wölfel. Nicht alle in diesem Haus waren wie der Blockwart Otto Schmitt von Anfang an von Hitler überzeugt. Bei der Wahl im November 1932 bekannten sich allein in diesem Haus sieben Wahlberechtigte zu einem klaren "Nein". Anfangs wagte der Nachbar Erich Keller, ein ehemaliger Sozialdemokrat, noch seinem alten Freund, dem Blockwart, zu widersprechen; doch dann schwieg auch er. Menschen wie der allseits geschätzte Hausbesitzer Mayer waren selten. Er riskierte sein Leben, als er Juden in seinem Möbellager versteckte und ihnen Papiere und Lebensmittel verschaffte.

Miriam Pressler hat in den letzten Jahren immer wieder authentische Geschichten von jüdischen Kindern erzählt, die unter dramatischen Umständen überlebt haben. Hier berichtet sie von einer Gruppe Jugendlicher, die nach Palästina auswandern wollten, aber vorerst in Dänemark landeten. Auch hier waren sie nicht sicher, obwohl viele Dänen beispielhaft für "ihre" Juden eintraten. Ende 1943 wurden die Kinder in Viehwaggons nach Theresienstadt abtransportiert. Wie durch ein Wunder überlebten sie. Sie hatten die Hoffnung nicht aufgegeben, doch noch ihre Eltern wiederzufinden. "Nicht alle Deutschen sind Nazis", trösteten sie sich, "manche haben auch Juden geholfen." Es waren beschämend wenige.

"Von Menschen, die Widerstand leisteten", erzählt Hermann Vinke nach all den Schilderungen von Menschen, die sich anpaßten, Verbrechen hinnahmen oder sich sogar daran beteiligten. Vinke erinnert nicht nur an die Geschwister Scholl und die Männer und Frauen des 20. Juli. Fast unbekannt geblieben sind die Dolmetscherin Hiltgunt Zassenhausen, die Österreicherin Régine Krochmal oder die Belgierin Cato Bontjes van Beek. Unter Lebensgefahr warnten sie Gefährdete, versteckten sie und verhalfen ihnen zur Flucht. Zehntausend sind auf diese Weise gerettet worden, eine bedrückend geringe Zahl angesichts der Millionen, die umkamen.

Wie es nach Kriegsende weiterging, erzählt Hartmut von Hentig in einem sehr persönlichen Beitrag. Befreiung, Zusammenbruch und die Erschütterung über die Verbrechen erlebte der junge Soldat in einem amerikanischen Gefangenenlager. Daß die Deutschen aus dem Scherbenhaufen von Schuld, Verbrechen und Zerstörung zu "einer Gemeinschaft des Rechts und der Gesittung" zurückfanden, ist ein Wunder, selbstverständlich ist es nicht. Und gefährdet bleibt diese Gemeinschaft trotz aller Kraft, über welche die Demokratie der Nachkriegszeit verfügt, auch heute noch. Deshalb sind Bücher wie dieses notwendig.

MARIA FRISÉ

Carola Stern, Ingke Brodersen (Hg.): "Eine Erdbeere für Hitler - Deutschland unterm Hakenkreuz". S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2005. 250 S., geb., 19,90 [Euro]. Ab 12 J.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.03.2005

Geschichte voller Geschichten
Der Versuch, das Dritte Reich anschaulich zu machen
Es ist mir geglückt, eine neue wertvolle Erdbeersorte zu züchten. In großer Verehrung für den Herrn Reichskanzler bitte ich sehr, diese Neuzüchtung ,Hitler Erdbeere‘ nennen zu dürfen.” Die Bitte sprach der Gärtner Bruno Koch aus Malente-Gremsmühlen am 1. August 1933 aus. Dieses Histörchen verpasste dem von Ingke Brodersen und Carola Stern herausgegebenen, aufwändig und mit vielen Fotos ausgestatteten Jugendbuch seinen Namen: „Eine Erdbeere für Hitler. Deutschland unterm Hakenkreuz”.
Unter dem Titel versammeln sich sechs Geschichten, welche die wesentlichen Aspekte des Dritten Reichs beleuchten. Der Historiker Hans Mommsen bringt das Kunststück fertig, Aufstieg und Ende Nazi-Deutschlands auf 36 Seiten prägnant und anschaulich darzustellen. Die Jugendbuchautorin Mirjam Pressler erzählt von einem jüdischen Mädchen, das sich auf die Auswanderung nach Palästina vorbereitet und in Theresienstadt landet. Der Beitrag von Ursula Wölfel, auch sie Verfasserin von Jugendbüchern, kreist um die Bewohner eines Mietshauses, die trotz entgegengesetzter Weltanschauungen miteinander auskommen: nachbarschaftliche Normalität im Schatten der Geschichte. Der Journalist Hermann Vinke skizziert den Widerstand vom 20. Juli bis zur weitgehend unbekannten Herbert-Baum-Gruppe. Und der Pädagogikprofessor Hartmut von Hentig berichtet von Kriegsende, Gefangenschaft, Neuanfang. Bis auf die Erzählung der Journalistin Hilke Lorenz („Mit dem Führer auf Fahrt”) über die Anziehungskraft des Regimes für Jugendliche sind alle Beiträge von Zeitzeugen. Das macht die Texte sympathisch.
Doch über allem wölbt sich das didaktische Konzept. Die Hitler-Zeit „ist nicht nur Geschichte, sondern auch voller Geschichten, aus denen man lernen kann”, schreibt Ingke Brodersen im Vorwort - ein Indiz dafür, dass der Band sich nicht in erster Linie an Jugendliche richtet, sondern an Leute, die mit Jugendlichen arbeiten. Die ehemalige Leiterin des Rowohlt Berlin Verlags ist seit ihrem (zusammen mit Doris Schröder-Köpf herausgegebenen) Erfolgsbuch „Der Kanzler wohnt im Swimmingpool” geübt in der Vermittlung komplexer Themen. Und Carola Stern, Jahrgang 1925, ruft im Nachwort die Jugend mit Pathos und bedrängt vom „Nie wieder!” zum Engagement gegen das Unrecht der Welt auf.
So wirken die Autorenbeiträge selbst wie eingeklemmt zwischen den moralischen Absichten der Herausgeberinnen. Gut sind die kurzen Erklärungen einzelner Stichwörter wie „Gestapo” oder „Unternehmen Barbarossa”, weniger angenehm ist bei manchen die flotte Handschrift wie „Ein Dorn in Hitlers Auge” oder „Der Reichstrunkenbold”.
Die „Erdbeere” ist das erste Buch einer Reihe, mit der jungen Leuten Geschichte nahe gebracht werden soll. Das nächste behandelt die DDR, und dann ist „68” dran. Aufklärung über die NS-Zeit ist bei der dritten Nachkriegsgeneration angelangt, und mit wachsender Distanz geht es zunehmend fürsorglich und pädagogisch zu. Wie beim Märchenerzählen, wo Grauen und Schrecken dazugehören, um erzieherisch zu wirken.
ELISABETH KIDERLEN
CAROLA STERN, INGKE BRODERSEN (Hrsg.): „Eine Erdbeere für Hitler. Deutschland unterm Hakenkreuz”, S. Fischer Verlag, Frankfurt/M. 2005. 250 Seiten, 19.90 Euro.
Nur auf den ersten Blick komisch: Zur psychologischen Vorbereitung auf den Krieg gehörten auch Luftschutzübungen mit „Volks-Gasmasken”.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

In diesem Sammelband sind sechs Geschichten enthalten, mit denen Jugendlichen die NS-Zeit nahe gebracht werden soll, teilt Elisabeth Kiderlen zunächst einmal ganz angetan mit. Sie findet es "sympathisch", dass bei dem mit vielen Fotos "aufwändig" gemachten Buch mit Ausnahme eines Beitrags alle Texte von Zeitzeugen stammen. Besonders beeindruckt ist sie von Hans Mommsens Text, denn ihm "gelingt das Kunststück" Anfang und Ende der Nazizeit "prägnant und anschaulich" auf nicht einmal 40 Seiten darzustellen. Was sie an diesem Jugendbuch stört, ist das allzu spürbare "didaktische Konzept", das dem Band übergestülpt ist. Der Aufruf von Herausgeberin Carola Stern, sich gegen das "Unrecht der Welt" zu engagieren kommt für den Geschmack der Rezensentin mit allzu viel "Pathos" daher. Auf Kiderlen wirken die Geschichten der Autoren "wie eingeklemmt zwischen den moralischen Absichten der Herausgeberinnen", und sie hat insgesamt den Eindruck, dass sich das Buch weniger an Jugendliche, als vielmehr an in der Jugendarbeit tätige Menschen wendet. Gut findet sie die kurzen Erklärungen, mit denen Begriffe wie "Gestapo" oder "Unternehmen Barbarossa" erklärt werden, sprachlich ist ihr hier manches allerdings viel zu flapsig formuliert.

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