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Es gibt sie noch - das spüren sogar die nach 1989 Geborenen, auch wenn manche schon gar nicht mehr wissen, wofür das Kürzel DDR steht: Deutsche Demokratische Republik. Dieses untergegangene Land ist immer noch seltsam präsent: als Lebensgeschichte von Menschen, als Summe gelebten Lebens - im Osten wie im Westen. Grund genug, einmal aufzubrechen und unter kundiger Führung dorthin zurück zu reisen.
Dabei lässt sich entdecken, dass die DDR sehr widersprüchlich und vielgestaltig ist. Am besten lernt man sie in Geschichten von Menschen kennen, deren Leben von der DDR geprägt ist. Sie erzählen
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Produktbeschreibung
Es gibt sie noch - das spüren sogar die nach 1989 Geborenen, auch wenn manche schon gar nicht mehr wissen, wofür das Kürzel DDR steht: Deutsche Demokratische Republik. Dieses untergegangene Land ist immer noch seltsam präsent: als Lebensgeschichte von Menschen, als Summe gelebten Lebens - im Osten wie im Westen. Grund genug, einmal aufzubrechen und unter kundiger Führung dorthin zurück zu reisen.

Dabei lässt sich entdecken, dass die DDR sehr widersprüchlich und vielgestaltig ist. Am besten lernt man sie in Geschichten von Menschen kennen, deren Leben von der DDR geprägt ist. Sie erzählen von ihrer Kindheit im hoffnungsfrohen Sozialismus, von blauen Blusen und Winkelementen, von Brigaden und "Roten Salons", aber auch von dem Schrecken, wenn man entdeckt, dass der beste Freund ein Stasi-Spitzel ist.

Wenn wir sehen, was einmal war, verstehen wir vielleicht besser, was heute ist - damit mehr von der DDR bleibt als Spreewald-Gurken und Rotkäppchen-Sekt.
Autorenporträt
Ulrich Plenzdorf wurde 1934 in Berlin gebren. Nach seinem Studium an der DDR-Filmhochschule in Babelsberg arbeitete er als Drehbuchschreiber ( Die Legende von Paul und Paula ). Sein Roman "Die neuen Leiden des jungen W." (1972) ist eines der erfolgreichsten deutschsprachigen Bücher überhaupt. 2007 verstarb Ulrich Plenzdorf.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 03.12.2005

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Johan Schloemann
Herman Bang: Stuck.
Übersetzung von Ingeborg und Aldo Keel. Manesse Verlag, Zürich 2005.
511 Seiten, 22,90 Euro.
Ian McEwan: Saturday. Übersetzung von Bernhard Robben. Diogenes Verlag, Zürich 2005. 386 Seiten, 19,90 Euro.
Eberhard Rathgeb: Die
engagierte Nation. Deutsche Debatten 1945-2005. Carl Hanser Verlag, München 2005. 448 Seiten, 24,90 Euro.
Marc Degens: Unsere
Popmoderne. SuKuLTuR Verlag, Berlin 2005.
138 Seiten, 12 Euro.
Deutsche Søren Kierkegaard Edition. Hrsg. v. Heinrich Anz u. a. Bd. 1: Journale und Aufzeichnungen. Walter de Gruyter, Berlin/New York 2005. 614 Seiten, 198 Euro.
Julius Posener: Heimliche Erinnerungen. In Deutschland 1904 bis 1933. Siedler Verlag, München 2004.
493 Seiten, 22 Euro.
Donatella Mazzoleni, Umberto Pappalardo: Pompejanische Wandmalerei. Architektur und illusionistische Dekoration. Hirmer Verlag, München 2005. 415 S., 128 Euro.
Franziska Augstein
Ingo Schulze: Neue Leben. Roman. Berlin Verlag, Berlin 2005. 752 Seiten, 24 Euro.
Peter Ensikat: Das Schönste am Gedächtnis sind die
Lücken. Blessing Verlag, München 2005. 320 Seiten, 19 Euro.
Harald Welzer: Täter. Wie aus ganz normalen Menschen Massenmörder werden. S. Fischer Verlag,
Frankfurt a. M. 2005.
323 Seiten, 19,90 Euro.
Roger Knight: The Pursuit
of Victory - the Life and Achievement of Horatio
Nelson. Allan Lane, London 2005. 912 Seiten, 30 britische Pfund.
Lytton Strachey: General Gordons Ende. Übersetzung von Hans Reisinger. Berenberg Verlag, Berlin 2005.
143 Seiten, 19 Euro.
Jorge Semprún: Zwanzig Jahre und ein Tag. Roman. Übersetzung von Elke Wehr. Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M. 2005. 292 Seiten,
19,80 Euro.
Adel Theodor Khoury: Der Koran erschlossen und
kommentiert. Patmos,
Düsseldorf 2005. 360 Seiten, 39,90 Euro.
Jens Bisky
Alan Hollinghurst: Die Schönheitslinie. Roman. Übersetzung von Thomas Stegers. Blessing Verlag, München 2005. 571 Seiten, 22,90 Euro.
Simon Sebag Montefiore: Stalin. Am Hof des roten Zaren. Übersetzung von Hans Günter Holl. S. Fischer Verlag, Frankfurt a.M. 2005. 875 Seiten, 24,90 Euro.
Götz Aly: Hitlers Volksstaat. Raub, Rassenkrieg und nationaler Sozialismus. S. Fischer Verlag, Frankfurt a.M. 2005. 444 Seiten, 22,90 Euro.
John Wilmot: Der beschädigte Wüstling. Übersetzung von Christine Wunnicke. Männerschwarm Skript Verlag, Hamburg 2005. 192 Seiten, 18 Euro.
Rolf-Dieter Brinkmann: Westwärts 1 & 2. Erweiterte Neuausgabe. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2005. 384 Seiten, 95 Euro.
Ingo Schulze: Neue Leben. Berlin Verlag, Berlin 2005. 752 Seiten, 24 Euro.
Luca Giuliani (Hrsg.): Meisterwerke der antiken Kunst. C.H. Beck Verlag, München 2005. 176 Seiten, 26,50 Euro.
Ralf Husemann
Richard Overy: Die Diktatoren. Hitlers Deutschland, Stalins Russland. DVA,
München 2005. 1037 Seiten, 48 Euro.
Frank Niess: Schatten auf Hollywood. McCarthy, Bush jr. und die Folgen. Papyrossa Verlag, Köln 2005.
247 Seiten, 16,90 Euro.
Peter Glotz: Von Heimat zu Heimat. Erinnerungen eines Grenzgängers. Econ Verlag, Berlin 2005. 342 Seiten, 24,90 Euro.
Ulrich Plenzdorf /Rüdiger Dammann (Hrsg.): Ein Land, genannt die DDR. S.Fischer Verlag, Frankfurt a. M. 2005. 208 Seiten, 19,90 Euro.
Albert Einstein/Max Born: Briefwechsel 1916-1955. Langen Müller Verlag,
München 2005. 391 Seiten, 24,90 Euro.
Peter Reichel: Schwarz-
Rot-Gold. Kleine Geschichte deutscher Nationalsymbole nach 1945. C.H.Beck Verlag, München 2005. 192 Seiten, 17,90 Euro.
Peter Köpf: Der Königsplatz in München. Ein deutscher Ort. Ch.Links Verlag. Berlin 2005. 181 Seiten, 19,90 Euro.
Burkhard Müller
Deutsches Literatur-Lesebuch. Hrsg. von Manfred Mai, Ravensburger Buchverlag, Ravensburg 2005. 252 Seiten, 16, 95 Euro.
Jesse Thoor: Gedichte. Bibliothek Suhrkamp, Frankfurt a.M. 2004. 98 Seiten, 10,80 Euro.
Martin Mosebach: Du sollst Dir kein Bildnis machen. Über alte und neue Meister. Verlag Dietrich zu Klampen, Springe 2005. 230 Seiten, 19,80 Euro.
Peter Straub: Das geheimnisvolle Mädchen. Roman. Heyne,München 2005. 352 Seiten, 7,95 Euro.
Gustav Flaubert: Universalenzyklopädie der menschlichen Dummheit. Übersetzung von H.-H. Henschen. Eichborn, Frankfurt a.M. 2004. 731 S., 36,90 Euro.
Ryszard Kapuscinski: Meine Reisen mit Herodot. Übersetzung von Martin Pollack. Eichborn Verlag, Frankfurt a.M. 2005. 340 Seiten, 28,50 Euro.
Cranach. Hrsg. von Karin Kolb, Ingrid Mössinger und Harald Marx. Katalog. Wienand Verlag, Köln 2005. 608 Seiten, 58 Euro.
Lothar Müller
Ippolito Nievo: Bekenntnisse eines Italieners. Übersetzung von Barbara Kleiner. Manesse Verlag, Zürich 2005. Zwei Bände, 896 und 798 Seiten, 53,80 Euro.
Attila Bartis: Ruhe. Roman. Übersetzung von Agnes Relle. Suhrkamp Verlag, Frankfurt a.M. 2005. 300 Seiten, 22,80 Euro.
Winfried Menninghaus: Hälfte des Lebens. Versuch über Hölderlins Poetik. Suhrkamp Verlag, Frankfurt a.M. 2005. 142 Seiten, 16,80 Euro.
Ilse Aichinger: Unglaubwürdige Reisen. S. Fischer Verlag, Frankfurt a.M. 2005. 186 Seiten, 17,90 Euro.
Léon Blum: Beschwörung der Schatten. Die Affäre Dreyfus. Übersetzung von Joachim Kalka. Berenberg Verlag, Berlin 2005. 136 Seiten, 19 Euro.
Colm Tóbín: Der Meister in mittleren Jahren. Roman. Übersetzung von Giovanni und Ditte Bandini. Carl Hanser Verlag, München 2005. 424 Seiten, 24,90 Euro.
J.-B. Henri Savigny, Aleyandre Corréard: Der Schiffbruch der Fregatte Medusa. Verlag Matthes & Seitz, Berlin 2005. 253 Seiten, 22,80 Euro.
Ijoma Mangold
Alan Hollinghurst: Die Schönheitslinie. Roman. Übersetzung von Thomas Stegers. Blessing Verlag, München 2005. 571 Seiten, 22,90 Euro.
Daniel Kehlmann: Die Vermessung der Welt. Rowohlt, Reinbek 2005. 304 Seiten, 19,90 Euro.
Götz Aly: Hitlers Volksstaat. Raub, Rassenkrieg und nationaler Sozialismus. S. Fischer Verlag, Frankfurt a.M. 2005. 444 Seiten, 22,90 Euro.
Wolfgang Büscher: Deutschland, eine Reise. Rowohlt, Berlin 2005. 256 Seiten, 17,90 Euro.
Ippolito Nievo: Bekenntnisse eines Italieners. Übersetzung von Barbara Kleiner. Manesse Verlag, Zürich 2005. Zwei Bände, 896 und 798 Seiten, 53,80 Euro.
Stuart Pigott: Stuart Pigotts kleiner genialer Weinführer 2006. Scherz Verlag, Frankfurt a.M. 2005. 140 Seiten, 9,90 Euro.
Werner Eisele: Formel 1 Legenden. Collection Rolf Heyne, München 2005. 256 Seiten, 58 Euro.
Gustav Seibt
Geert Mak: In Europa.
Eine Reise durch das 20. Jahrhundert. Siedler Verlag, München 2005. 944 Seiten, 49,90 Euro.
Ulrich Weinzierl: Hofmannsthal. Skizzen zu seinem Bild. Paul Zsolnay Verlag, Wien 2005. 319 Seiten, 21,50 Euro.
Jan Phillip Reemtsma:
Das unaufhebbare Bescheidwissen der Mehrheit. Verlag C.H. Beck, München 2005. 170 Seiten, 19,90 Euro.
Martin Mosebach: Du sollst Dir ein Bild machen. Über alte und neue Meister.
Verlag Dietrich zu Klampen, Springe 2005. 230 Seiten, 19,80 Euro.
Adalbert Stifter: Sämtliche Erzählungen nach den Erstdrucken. Carl Hanser Verlag, München 2005. 2 Bände, 1640 Seiten, 78 Euro (Bei dtv 29,90 Euro).
Alan Hollinghurst: Die Schönheitslinie. Roman. Übersetzung von Thomas Stegers. Blessing Verlag, München 2005. 571 Seiten, 22,90 Euro.
Uwe Naumann: Die Kinder der Manns. Ein
Familienalbum. Rowohlt Verlag, Reinbek 2005.
340 Seiten, 49,90 Euro.
Thomas Steinfeld
Carlo Levi: Die Uhr. Roman. Übersetzung von Verena
von Koskull. Aufbau-Verlag, Berlin 2005. 488 S.,
19,70 Euro.
Orhan Pamuk: Schnee.
Roman. Übersetzung von Christoph K. Neumann.
Hanser Verlag, München 2005. 512 Seiten, 25,90 Euro.
Klaus von Beyme: Das Zeitalter der Avantgarden. Kunst und Gesellschaft 1905-1955. C. H. Beck Verlag, München 2005. 995 Seiten, 58 Euro.
Colm Toibin: Porträt des Meisters in mittleren Jahren. Roman. Übersetzung von Ditte und Giovanni Bandini. Hanser Verlag, München 2005. 432 Seiten, 24,90 Euro.
Ingo Schulze: Neue Leben. Roman. Berlin Verlag, Berlin 2005. 752 Seiten, 24 Euro.
Ryszard Kapuscinski: Meine Reisen mit Herodot. Übersetzung von Marin Pollack. Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2005. 340 Seiten, 28,50 Euro.
Jürgen Manthey: Königsberg. Geschichte einer
Weltbürgerrepublik. Hanser Verlag, München 2005.
730 Seiten, 29,90 Euro.
Joachim Kaiser
Agatha Christie: Tod auf dem Nil. Übersetzung von Pieke Biermann. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt a.M. 2005. 318 Seiten, 7,90 Euro.
Martin Walser: Leben und Schreiben. Rowohlt, Reinbek 2005. 672 Seiten, 24,90 Euro.
Ulrich Weinzierl: Hofmannsthal. Paul Zsolnay Verlag, Wien 2005. 320 Seiten , 23,50 Euro.
Karl Richter in München (1951-1981). Zeitzeugen erinnern sich. Conventus Musicus Dettelbach. Vier Türme Verlag, Münsterschwarzach 2005. 276 Seiten, 28,95 Euro.
Ivan Turgenev: Werther Herr! Herausgegeben von Peter Urban. Friedenauer Presse, Berlin 2005. 334 Seiten, 22,50 Euro.
Piero Melograni: Wolfgang Amadeus Mozart. Eine Biographie. Siedler Verlag, München 2005. 349 Seiten , 22 Euro.
Petro Corrêa do Lago: Schriftstücke. Autographen aus neun Jahrhundeten. Gerstenberg Verlag,Hildesheim 2005. 288 Seiten, 59 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.11.2005

Kein schöner Land
Sieger sind nicht nur die anderen: Geschichten aus der DDR

Wer schon des Titels wegen ins Grübeln gerät, sei beruhigt: Das Land ist immer noch da, die DDR bleibt untergegangen, gottlob. Auf tote Hunde schießt man nicht, schreibt Mitherausgeber Ulrich Plenzdorf kurz und bündig im Nachwörtchen. Der Hund, das war die DDR, auf dessen arme Leich' man, so seine propagandistisch eingefärbte Erinnerung, "Kanonen mit Schlagworten" abfeuerte. Mit Schlagworten wie Mauertote, Stacheldraht, Diktatur oder SED-Regime. Zu Ende gedacht wäre darüber, um der Totenruhe willen, besser zu schweigen. Plenzdorf verspricht dafür "wirkliche Auskünfte über ein wirkliches Leben in der DDR" - also keine totgeschossenen oder von Minen zerfetzten Jungen, deren Sterben, dem toten Hund zuliebe, ins Reich der Unwirklichkeit gehört? Seine Geschichtenerzähler, versichert Plenzdorf, seien nicht nur "Kinder der DDR", sondern gar die einzigen, die in der Lage sind, dieses, das Plenzdorfsche Hundeleben nachzuerzählen. Wer das anders sieht, hat es halt falsch erlebt. Hatte sich das Leben von unwirklichen Sehnsüchten verderben lassen, und ist trotz Plenzdorf froh, daß der Hund begraben bleibt.

Ganz so schlimm kommt es dann doch nicht, sieht man einmal von Daniela Dahns DDR-Geschichte ab. Zuverlässig unreflektiert, gibt sie noch einmal ihre krause Theorie vom bösen Kapitalismus zum besten, der diesen Großversuch mit einigen Millionenen Menschen zum Scheitern verurteilt haben soll. Noch einmal läßt sie jenes Wunderland erblühen, dessen Wirtschaftswachstum bis Anfang der siebziger Jahre dem der westlichen Industrieländer überlegen gewesen sein soll. Wer das glauben will, er soll es tun, und wer sich das Ostvolk schon immer als einen Haufen unvernünftiger Kinder vorgestellt hat, verführbar und ohne Ahnung davon, was gut für sie gewesen wäre - die DDR der Daniela Dahn -, der wird sich auch dankbar bestätigt sehen.

Korrigiert werden all die schönen Zahlen nicht, mit denen Frau Dahn jongliert. Statt dessen wird alles, was ans Licht kam, als die Mauer löchrig wurde, schlagwortkräftig ausgeblendet. Was man nicht weiß, macht niemanden heiß. Noch einmal geißelt Daniela Dahn die Embargopolitik des Westens, als säße sie selbst im Politbüro der SED. Der Westen nämlich ist schuld daran, daß die DDR nicht auf der Höhe der Zeit bleiben konnte. War sie am Ende bankrott? So fragt die Autorin und antwortet sich selbst mit der verblüffenden Gegenfrage: Wie mißt man das überhaupt? Die Wiedervereinigung, eine feindliche Übernahme. Einige Millionen Menschen, die aus dem vermeintlichen Arbeiterparadies davonliefen, sind nach dieser Denkart Deserteure. Die Junirevolution von 1953? Eine banale Sache, angestachelt vom "Unmut auf dem "Ku'damm". Sie rätselt und rätselt, was die Leute damals umgetrieben haben mag. Eine höhere Tochter besichtigt ein fremdes Leben.

Nach soviel Verdrehtheit und Agitprop eine jähe Wendung: Holde-Barbara Ulrichs Reise in ihre Kindheit mit Stalin und Onkel Jula, den die Kriegswirren aus dem Stettiner Haff in das mecklenburgische Kückmannsdorf vertrieben haben, ist aus einem anderen Stoff gewebt. Es sind Geschichten, die kein Agitatoren-Handbuch verderben kann, weil sie tatsächlich passiert sind. Die Ideologie fällt darauf wie ein Schatten, aber anhaben kann sie ihnen nichts. Holde-Barbara Ulrich erzählt unprätentiös, warum die einen blieben und die anderen weggegangen sind aus diesem Staat, der sich anmaßte, ohne Rücksicht auf persönliches Glück in jedes Leben einzugreifen. Als er zusammenbrach, "totdemonstriert", wird sie gerade fünfzig Jahre alt. Sie beginnt trotzdem ein neues Leben. Heimweh nach früher, bekennt sie, habe sie nicht. Manchmal schaue sie prüfend zurück, noch immer im Zorn: "Zu viel Leben lahmgelegt. So viel Versäumtes. Und immense Verluste!"

Auch Alfred Roesler-Kleint hat wohl auf der anderen Seite der DDR gelebt, vergleicht man seine Erinnerungen mit denen Daniela Dahns. Er beschreibt den alltäglichen Wahnsinn der Mauerträumer, der nur zu ertragen war, wenn man ihn für das Normale hielt - und doch: "Ein ganzes Land war heimlich auf der Flucht". Nacht für Nacht träumte man sich weg, in Schlauchbooten, Kofferräumen oder durch den U-Bahn-Schacht der Linie 8. Die führte von Berlin-Kreuzberg nach Wedding im Norden, doch mußte sie, um dorthin zu gelangen, die Mauer unterqueren. Den Osten also, auf dessen Straßen man die Züge spürte, wenn sie, unsichtbar, unter den Füßen hinwegdonnerten. Und dann wird die Mauer geöffnet, und niemand mehr steht im Traum und mit selbstgebastelten Flügeln auf dem Dach eines Hauses, um Anlauf zu nehmen und den Sprung zu wagen. Sie sind gelandet.

Doch was sagt uns das nun? Die eine sieht es so, die anderen sehen es eher so? Ideologie und der Verlust einer exklusiven Existenz im Einheitsvolk scheinen einigen der Autoren den Blick für immer getrübt zu haben. Man halte sich am besten, um klarer zu sehen, an Claus Leggewies Versuch, das verwickelte Knäuel der deutschen Teilung aufzudröseln. Der Rest des Rätsels bleibt mit dem Hund begraben - oder auch im Lektorat des Verlages, das allein weiß, warum Daniela Dahn unseren Blick zurück versperren soll. Literarische Gründe dürfen ausgeschlossen werden.

REGINA MÖNCH

Rüdiger Dammann, Ulrich Plenzdorf (Hrsg.): "Ein Land genannt die DDR". S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2005. 224 S., geb., 19,90 [Euro]. Ab 12 J.

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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Tinka Wolff stellt zu Beginn ihrer Kritik verwundert fest, dass es nur zwei Jugendbücher zur Geschichte der DDR gibt. Den Ansatz des von Ulrich Plenzdorf und Rüdiger Dammann herausgegebenen Bandes, in dem 6 verschiedene Autoren in chronologischer Reihenfolge Geschichten aus der DDR erzählen, findet sie viel versprechend. Wenn sie auch den ersten der Texte, in dem der einzige westdeutsche Autor, Claus Leggewie, über die historischen Gründe, die zur Teilung Deutschlands führten berichtet, mit seinen ziemlich "trockenen" Daten und Fakten für "keinen so guten Anfang" hält, findet sie dagegen die Erinnerungen Holde-Barbara Ulrichs an die stalinistische Zeit und Erich Loests "spannende" Erlebnisse als von der Stasi Verfolgten wesentlich fesselnder. Insgesamt bemerkt sie zufrieden, dass es sich bei den Texten des Buches nie um "banale" und ostalgische Rückschauen handelt, sondern dass es ihnen vielmehr "ziemlich gut gelingt", die "Auswirkungen des Sozialismus" auf den Einzelnen deutlich zu machen. Allerdings, gibt Wolff zu bedenken, müsse man, um von dem Buch wirklich etwas zu haben, einen groben Überblick über die Geschichte der DDR bereits mitbringen.

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