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Andersens Roman aus dem Jahr 1837 erzählt die bewegende Geschichte zweier unterschiedlicher Temperamente und Lebensentwürfe. Da ist zum einen der arme Schneidersohn Christian, der von einem ruhmreichen Leben als Musiker träumt, aufgrund seiner Herkunft aber am Ende nur ein unbedeutender Spielmann wird. Und da ist zum anderen die selbstbewusste Naomi, Christians leidenschaftliche Antipodin aus wohlhabendem Haus, in die Christian hoffnungslos verliebt ist, die ihr eigenes Glück aber in der Welt von Adel und Libertinage zu finden hofft. Dem wechselhaften Schicksal beider Figuren folgt der Roman…mehr

Produktbeschreibung
Andersens Roman aus dem Jahr 1837 erzählt die bewegende Geschichte zweier unterschiedlicher Temperamente und Lebensentwürfe. Da ist zum einen der arme Schneidersohn Christian, der von einem ruhmreichen Leben als Musiker träumt, aufgrund seiner Herkunft aber am Ende nur ein unbedeutender Spielmann wird. Und da ist zum anderen die selbstbewusste Naomi, Christians leidenschaftliche Antipodin aus wohlhabendem Haus, in die Christian hoffnungslos verliebt ist, die ihr eigenes Glück aber in der Welt von Adel und Libertinage zu finden hofft. Dem wechselhaften Schicksal beider Figuren folgt der Roman von Kopenhagen bis Rom, von Wien bis Paris und entfaltet dabei ein detailliertes Bild seiner Zeit. Eindrucksvoll zeigt die Neuübersetzung dieses Romans, dass Hans Christian Andersen nicht nur ein meisterhafter Märchenerzähler, sondern auch ein bedeutender Romanautor ist, der weltläufiges Erzählen mit bitterer Sozialkritik verbindet.
Autorenporträt
Hans Christian Andersen, der vielseitigste und weltweit bekannteste dänische Dichter, wurde am 2. April 1805 in Odense als Sohn eines Schuhmachers geboren. Er wuchs unter ärmlichsten Verhältnissen auf und erhielt seine Ausbildung aufgrund der Förderung durch den König Friedrich IV. Andersen, der auch Bildkünstler war, führte ein unstetes Leben und bereiste 30 Länder. Er starb am 4. August 1875 in Kopenhagen.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 31.03.2005

Es ist alles im Eimer
Dieser Mann ist für große Überraschungen gut: Erstübersetzungen und Neuausgaben zu Hans Christian Andersen
„Unsere Zeit! Diese jämmerliche Zeit, diese poesieloseste Zeit!" So geht die Klage in einem der späten Dramen Hans Christian Andersens. Wir Nachgeborenen können da nur milde lächeln. Lässt sich doch der Poesie-Pegel der Gegenwart beispielsweise daran ablesen, dass man, wenn man im Gespräch mit einem jungen schwedischen Journalisten das Andersen-Jubiläum erwähnt, die vergnügte Antwort erhält: „Ach ja, die alte Schwuchtel hat Geburtstag!”
Johan de Mylius drückt das im Nachwort zur deutschen Neuübersetzung des Romans „Nur ein Spielmann” etwas vornehmer aus, wenn er bemerkt, dass die These von Andersens Homosexualität bei der Rezeption seiner Werke „allmählich die ganze Aufmerksamkeit auf sich zieht”. Er tut jedoch sein Bestes, um solchen Verödungstendenzen entgegenzuwirken, indem er auf die Vielfalt der Motive und „subversiven Tendenzen” hinweist, die den 1837 erschienenen, damals auch in Deutschland erfolgreichen Künstler- und Entwicklungsroman für uns Heutige interessant machen - auf die eigenartige Mischung aus detailliertem Alltagsrealismus und verdichteten Bildern einer innerseelischen Wirklichkeit, die Andersens lange vernachlässigte Leistung als Romancier charakterisiert.
Die seltsame Geschichte vom armen Schneidersohn Christian, dem seine Herkunft und seine psychisch schwache Konstitution den Weg zur großen Musikerkarriere versperren, und seiner fast männlich willensstarken Jugendliebe Naomi, die selbstbestimmt ihr Glück in gehobenem Lebensstil und sexueller Libertinage sucht, lässt sich zweifellos als experimentierendes Spiel mit den Geschlechterrollen und der erotischen Identität lesen, doch ebenso als farbiges Epochenpanorama und als Gesellschaftskritik von damals unerhörtem Pessimismus. Dass der „Spielmann” den acht Jahre jüngeren Kierkegaard zu seinem schriftstellerischen Debüt inspirierte, nämlich zu einem achtzig Seiten langen, wütenden Verriss, in dem er Andersen einen Mangel an „Weltanschauung” und eine unmännliche Auffassung vom Genie vorwarf, verschafft dem Werk auch im Rückblick einige Brisanz.
Von den insgesamt sechs Romanen Hans Christian Andersens, die sich um die Mitte des 19. Jahrhunderts bis an amerikanische Bahnhofskioske verbreitet hatten und danach im Schatten seiner Märchen fast unsichtbar wurden, liegen nun immerhin fünf in zeitgemäßer Übersetzung vor. Der Ars vivendi Verlag machte vor zwei Jahren den Anfang mit „Sein oder nicht sein”, ließ im vergangenen Herbst das früheste Epos „Der Improvisator” folgen und hat jetzt „Die beiden Baroninnen” herausgebracht, den Roman, mit dem Andersen erst elf Jahre nach dem „Spielmann” wieder seine Märchen-Produktion unterbrach.
Naturwunder ohne Haftung
Wenn der Umschlagtext eine „Geschichte über die Macht des Schicksals, die Liebe und den Adel eines guten Herzens” ankündigt, kann das leider irrtümlich auf die Courths-Mahler-Schiene führen: Der Lebenslauf eines Waisenmädchens, das von einer Gruppe adliger Studenten adoptiert wird und später einen von ihnen heiratet, trägt zwar deutlich märchenhafte Züge, ist jedoch wiederum eingebunden in eine detailreiche Epochenschilderung mit sozialkritischer Couleur, durchwoben von Reisebildern aus verschiedenen Ländern, vor allem aber aus den sanften Landschaften Dänemarks, denen hier eine wahre Liebeserklärung zuteil wird.
Der damals schon ausgebrochene deutsch-dänische Konflikt kommt zwar explizit nicht vor, ist jedoch als „Schatten” gegenwärtig, wie Andersen in einem Brief an Großherzog Carl Alexander von Weimar andeutete. Aufschlussreich ist ein Stückchen Romantheorie, das einer der Hauptfiguren in den Mund gelegt wird: „Ein Roman, der nicht mehr als seine Handlung bietet, wird nur ein Mal gelesen”, heißt es dort. „Treten dagegen Menschencharaktere mit all ihren feinen Lehren hervor, kleidet sich der Gedanke in lebendige Worte, lässt die Poesie ihre immergrünen Zweige wachsen, dann liest man das Buch gern immer wieder und geht erfrischt aus ihm hervor, wie nach einer Frühlingswanderung aus dem Wald.” Die Frage, ob nicht Jean Paul diesem Ideal nahekomme, wird wie folgt beantwortet: "Er kann den Weg weisen, wird aber doch nicht der Kolumbus unseres Zeitalters sein, der uns an die Küsten einer neuen Dichtung führt. Die Reise mit ihm ist lang genug und hat auch ihre schimmernden Naturwunder, aber wir schweben, wir schaukeln; er besitzt keine Bodenhaftung.”
Wer weiß, ob es nicht gerade Andersens Bemühen um jene „Bodenhaftung” war, die ihm den nachhaltigen Ruhm als Romanautor verwehrte? Diese Vermutung stellt sich ein, wenn man sein furioses Prosadebüt „Fußreise von Holmens Kanal zur Ostspitze von Amager in den Jahren 1828 und 1829"” liest, das Manesse in der vortrefflichen Übersetzung von Gisela Perlet wieder zugänglich gemacht hat. Die Silvesternachts-Phantasie in vierzehn lyrisch angereicherten Kapiteln (das letzte besteht nur aus Interpunktionszeichen), lange Zeit als Jugendsünde und literarisches Kuriosum verkannt, stürzt sich mit ungeheurem Wagemut, aber auch unverkennbarer Genialität ins Bodenlose, Groteske und Absurde. Sie parodiert die harmoniesüchtige dänische Reiseliteratur des frühen 19. Jahrhunderts ebenso wie den biedermeierlichen Bildungsbetrieb; sie setzt sich zu allen Dichtergrößen der Romantik zitierend, persiflierend oder weiterführend ins Verhältnis, und sie zeigt eine ästhetische Furchtlosigkeit, an deren Früchten sich vielleicht erst die Nachmoderne völlig entspannt erfreuen kann.
Andersens letzter Roman „Peer im Glück” (früher „Glückspeter”), für das nämliche Manesse-Bändchen von Renate Bleibtreu neu übersetzt, resümiert den märchenhaften Aufstieg seines Erfinders und seine unerfüllten Lebensträume auf zarteste Weise. Doch die im Nachwort zitierten Tagebuchstellen, die belegen, wie sehr ihn, den Europäer par excellence, in jener Zeit die Schreckensszenarien des Deutsch-Französischen Krieges von 1870/71 bedrängten, rücken diese Phantasie eines kurzen, geglückten Erdendaseins in beinahe gespenstisches Licht. Die hier mit aufgenommene Erzählung „Tante Zahnweh” erscheint denn auch passenderweise in der Erstfassung, deren vorletzter Satz lautet: „Alles ist einmal im Eimer.” Er fehlt übrigen in der zweibändigen Neuausgabe der "Sämtlichen Märchen" in der Übersetzung von Thyra Dohrenburg mit den berühmten Illustrationen von Vilhelm Pedersen und Lorenz Frølich. Sonst freilich fehlt darin nichts.
Und schließlich hast sich der Kieler Germanist Heinrich Detering, ein großer Fachmann für Hans Christian Andersen und dessen Abgründe, der Gedichte des Dänen angenommen, die womöglich noch unbekannter sind als seine Romane: Ein kleiner Auswahlband mit Übertragungen des Herausgebers und drei von Adalbert von Chamisso übersetzten Texten fügt ein weiteres Puzzleteil zu dem noch immer unfertigen und geheimnisvollen Bild, das wir im Jubiläumsjahr vom größten Dichter der Dänen gewonnen haben.
KRISTINA MAIDT-ZINKE
HANS CHRISTIAN ANDERSEN: Nur ein Spielmann. Roman. Aus dem Dänischen von Bernd Kretschmer. Mit einem Nachwort von Johan de Mylius. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2005. 368 Seiten, 19,90 Euro.
HANS CHRISTIAN ANDERSEN: Die beiden Baroninnen. Roman. Aus dem Dänischen von Erik Glossmann. Ars vivendi Verlag, Cadolzburg 2005. 298 Seiten, 19,90 Euro.
HANS CHRISTIAN ANDERSEN: Peer im Glück. Fußreise von Holmens Kanal zur Ostspitze von Amager in den Jahren 1828 und 1829. Tante Zahnweh. Ein Roman und zwei Erzählungen. Aus dem Dänischen von Renate Bleibtreu und Gisela Perlet. Mit einem Nachwort von Rüdiger Görner. Manesse Verlag, Zürich 2005. 384 Seiten, 19,90 Euro.
HANS CHRISTIAN ANDERSEN: Landschaft mit Poet. Gedichte. Ausgewählt und übertragen von Heinrich Detering. Wallstein Verlag, Göttingen 2005. 120 Seiten, 17 Euro.
Szene aus Disneys „Arielle die Meerjungfrau”
Foto: Disney / ct-Archiv
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Kristina Maidt-Zinke begrüßt, dass mit der Neuübersetzung beziehungsweise Neuausgabe von Romanen von Hans Christian Andersen eine andere Seite des dänischen Schriftstellers zu bewundern ist, der heute fast nur als Verfasser seiner Märchen bekannt ist. Der Roman "Nur ein Spielmann" von 1837, der vom Schneidersohn Christian erzählt, der wegen seiner Herkunft und seiner schwachen Psyche die große Musikerkarriere verpasst, war auch in Deutschland zu seiner Zeit der größte Romanerfolg Andersens, weiß die Rezensentin. Sie schätzt an diesem Roman das Nebeneinander aus realistisch gezeichneten Alltagsbeobachtungen und den "verdichteten Bildern" aus dem Innenleben der Hauptfigur und ist von der "Vielfalt der Motive" in diesem Künstlerroman fasziniert. An diesem Buch kann man die "lange vernachlässigte Leistung" Andersens als Romanschriftsteller wieder entdecken, so Maidt-Zinke begeistert. Dass Kierkegaard ihm bei Erscheinen einen langen, vernichtenden "Verriss" angedeihen ließ, verschafft dem Buch für die Rezensentin auch heute noch "einige Brisanz".

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