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Der "Streit der Fakultäten" (von 1798) stellt den Antagonismus der drei oberen Fakultäten (Theologie, Jurisprudenz, Medizin) und der unteren Philosophischen Fakultät dar. Die Streitfragen sind Probleme der praktischen, nicht der theoretischen Vernunft; die in ihrer Wahrheitssuche freie Philosophie konfrontiert die oberen Interessen-Fakultäten, die unter der inhaltlichen Direktive der Regierung spätere Beamte ausbilden, erstens mit der autonomen Moral (gegen den äußerlichen Buchglauben der Theologen), zweitens mit der autonomen Republik der Französischen Revolution (gegen die Fremdbestimmung…mehr

Produktbeschreibung
Der "Streit der Fakultäten" (von 1798) stellt den Antagonismus der drei oberen Fakultäten (Theologie, Jurisprudenz, Medizin) und der unteren Philosophischen Fakultät dar. Die Streitfragen sind Probleme der praktischen, nicht der theoretischen Vernunft; die in ihrer Wahrheitssuche freie Philosophie konfrontiert die oberen Interessen-Fakultäten, die unter der inhaltlichen Direktive der Regierung spätere Beamte ausbilden, erstens mit der autonomen Moral (gegen den äußerlichen Buchglauben der Theologen), zweitens mit der autonomen Republik der Französischen Revolution (gegen die Fremdbestimmung durch die von den Juristen unterstützten Despoten) und drittens mit der Diätetik (gegen die äußerliche pharmakologische und chirurgische Medizin). Die Universität hat ihr vereinigendes Zentrum in dieser dreifachen kritischen Auseinandersetzung, sie läßt sich als ein Realsystem der praktischen Metaphysik fassen. Heideggers Rektoratsrede bildet den Gegenpol zur liberalen Kultur der Auseinandersetzung bei Kant; sie ist nicht nur Reflex der Machtergreifung der Nationalsozialisten von 1933, sondern verdankt einen wesentlichen Impuls der Spätphilosophie Friedrich Schlegels. Die "Selbstbehauptung der Universität" kündet von der lebendigen Einheit der "völkischen" Universität und stellt deren Selbstbejahung gegen den Verneinungsgeist der üblichen Wissenschaften. Die geltenden sittlichen Maßstäbe werden in der neuen Lebens- und Wesenseinheit außer Kraft gesetzt.
Autorenporträt
Reinhard Brandt, Jahrgang 1937, ist Professor für Philosophie in Marburg und hat zahlreiche Arbeiten insbesondere zu Kant und zur Philosophie der Aufklärung veröffentlicht.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.10.2003

In der Drittmittelhölle
Reinhard Brandt führt mit Kant den Streit der Fakultäten

Am 20. April 1933 (es war "Führers Geburtstag") wurde Martin Heidegger zum Rektor der Freiburger Universität gewählt. Am 27. Mai dieses Jahres hielt er jene Rektoratsrede über "Die Selbstbehauptung der deutschen Universität", die bis heute zu kontroversen Deutungen Anlaß gibt. Reinhard Brandts Deutung der Rede, als eines völkisch-irrationalistischen Gegenstücks zu Kants kosmopolitischer Schrift über den "Streit der Fakultäten" (1798), ist eine fulminante Polemik gegen Verharmlosung und Umdeutung. Für Brandt nämlich wurzelt diese emphatische Rede tief in Heideggers Philosophie. Sie liefere, heißt es, "das Muster, wie eine Institution (die Universität) mit ihren eigenen rhetorischen Kostümen und Zitaten in ihr Gegenteil umschlagen kann".

Brandt stellt den Text dabei nicht nur in den Zusammenhang von Heideggers Philosophie seit "Sein und Zeit" und so in den Zusammenhang eines Denkens, welches - frappierend genug - die Dimension der Sittlichkeit ausgeblendet hat, sondern auch in ihren situativen Kontext. Wenn es bei Platon heißt: "Alle Große ist gefährdet beziehungsweise hinfällig", so interpretiert Heidegger: "Alles Große steht im Sturm." Die zuhörenden Männer von Hitlers "Sturm-Abteilung" (SA) werden dies nicht ungern gehört haben, und Brandt versäumt nicht hinzuzufügen, "daß die NPD das von Heidegger entstellte Platonzitat zu einem ihrer Erkennungsworte erhoben hat".

Die Rede von der "Selbstbehauptung" der deutschen Universität kann also nicht naiv (eventuell als Widerspruch gegen die Gleichschaltung auch der Gelehrtenrepublik) gelesen werden. Sie bedeutet vielmehr die völlige Assimilation an den völkischen "Führergrundsatz", vielleicht sogar dessen philosophische Weiterentwicklung im Sinne einer (nach Habermas geradezu "wahnwitzigen") Führung des "Führers". Im Mai 1933 hat der neu gewählte Rektor die Rede gehalten, im Oktober hat er sein Amt angetreten. In ebendiesem Oktober trat Deutschland aus dem Völkerbund aus. Heideggers Rektoratsrede also, die "den Exodus der Professoren, deren Rasse oder deren Überzeugung sich dem (völkisch und rassisch verstandenen) Deutschtum nicht fügen", zum Programm macht, ist im akademischen Modell "das Gegenstück zur Vernichtung der gemeinsamen Rechtswelt des Völkerbundes". Damit nicht genug: Brandt verweist (mit Ulrich Sieg) darauf, daß Goebbels im April 1942 den Universitäten die "Verwendung und den Ankauf ausländischer Fachliteratur verboten" habe. Es mag überspitzt klingen, doch in Brandts stringenter Beweisführung hat dieses Verbot tatsächlich "den Charakter einer Ausführungsbestimmung dessen, was Heidegger 1933 umrissen hatte".

Die Universität ist in allen Ländern der Erde zugleich eine kosmopolitische und eine lokale Institution. Das Übergewicht der lokalen Komponenten macht die Dauerkrise der deutschen Universität heute aus. Wer ihr das kosmopolitische Fundament entzieht, zerstört die ihr eigentümliche Dialektik und macht sie zu einer provinziellen Einrichtung, in der praktische Fähigkeiten noch eine Zeitlang gelehrt werden können, ehe sie (wie am Ende des achtzehnten Jahrhunderts) aus Mangel an gedanklicher Innovation zugrunde geht. Reinhard Brandt interpretiert Kants "Streit der Fakultäten" als eine Streitschrift vor allem gegen die Gefährdung des "Lebenszentrums der Wissenschaft", gegen die gesetzwidrigen Maßnahmen der Regierung Friedrich Wilhelms II. von Preußen im Bereich der akademischen Publikationsfreiheit.

Der Gang der historischen und der philosophischen Interpretation wird hier nicht nachgezeichnet. Das überlasse ich gerne der fachwissenschaftlichen Kritik, zumal manche Seiten im Kant-Teil des Buches noch dem Tenor der Vorlesung verhaftet und mit Redundanzen bestückt sind. Auch scheint mir die umstandslose Deklaration des späten Friedrich Schlegel als eines präfaschistischen Denkers von der neueren Schlegel-Forschung nicht gedeckt. Aber dieses Buch hat Qualitäten, die über den fachwissenschaftlichen Dialog hinausreichen. Sie sind in einer Zeit von allgemeinem Interesse, in der die deutsche Universität ihre Differenzqualität gegenüber den Universitäten Europas preisgibt, ohne - wie etwa die Franzosen - ein Ersatzsystem von Elitehochschulen zu haben, das jederzeit die kurzgehaltenen Universitäten zu substituieren in der Lage ist.

Die Diskussion, die Kant mit den Zeitgenossen und der Tradition führte, ein Gespräch, das über Schiller und den Weimarer Kosmopolitismus tief in das europäische Geistesleben eingedrungen ist, verweist auf die Zukunft Europas (und des freien Denkens) in einer von Wissen und Wissenschaft geprägten Welt. An Kants Forderung einer "freien Selbstbestimmung der Universität in Forschung und Lehre" nämlich, an seinem "Realsystem" der Vernunft, das er für die Universität in Anspruch nimmt, werden sich Profil und Faszination der europäischen Universität entscheiden. Die Gefahren aber, welche dieser freien Selbstbestimmung drohen, sind nicht kleiner geworden, sondern größer. Dem weltanschaulichen Dogmatismus, dem politischen Zugriff des Staates konnten sich die Universitäten im Laufe ihrer Geschichte entziehen, den Zumutungen des "Marktes" scheinen sie sich derzeit fast lustvoll hinzugeben. Dort nämlich, wo die "Drittmittel" für staatlich ungenügend alimentierte Universitäten "mit der zerstörerischen Forderung marktfähiger Praxis" auftreten, sind sie tatsächlich ein Danaergeschenk.

"Kein Machtanspruch eines Despoten und kein Heiliger Geist erzwingen Gehorsam, sondern die einfache bürgerliche Nutzenrechnung." Brandt nennt die "in der kommerziellen Gesellschaft parteiübergreifend geforderte" Praxis- und Profitorientierung der Universität zu Recht "Materialismus pur". Selbst die Negativfolie zu Kants Fakultätenstreit, Heideggers Selbstbehauptung, bewahrte im Kontrast dazu "noch eine Erinnerung an eine mögliche Bildung und Vernunft im universitären Lehren und Lernen". Kant hat zu seiner Zeit der Philosophischen Fakultät (im Unterschied zu den in die Universität integrierten, eher handwerklich orientierten Fachschulen von Theologie, Jurisprudenz und Medizin) den Auftrag zugewiesen, die freie Selbstbestimmung der Universität zu repräsentieren. Diese Fakultät "muß als frei und nur unter der Gesetzgebung der Vernunft nicht der Regierung stehend gedacht werden".

Ein solches Bekenntnis, welches das menschheitliche Element in der sonst von Zwecken (des Bürgers) beherrschten Universität verkörpert, ist zeitlos, heute freilich in die einzelnen Fächer diffundiert. Es zum Nutzen der Gesellschaft gegen den "gigantischen Druck von Profit und Praxis", also gegen die kommerzielle Gesellschaft, zu verteidigen scheint die Aufgabe der Zukunft (nicht nur in Europa) zu sein. Nur dort nämlich, wo ein Raum freier Selbstbestimmung existiert, wo der Mensch die Freiheit hat, zwar keine Befehle zu geben, "aber doch alle zu beurtheilen", wo er mit der Wahrheit zu tun hat (und wohl auch mit dem produktiven Zweifel), dort, "wo die Vernunft öffentlich zu sprechen berechtigt sein muß", kann sich jenes Menschsein entfalten, auf dessen Beschaffenheit letztlich alle Fragen der Erkenntnis bezogen sind.

WOLFGANG FRÜHWALD.

Reinhard Brandt: "Universität zwischen Selbst- und Fremdbestimmung". Kants ,Streit der Fakultäten'. Mit einem Anhang zu Heideggers ,Rektoratsrede'. Deutsche Zeitschrift für Philosophie. Zweimonatsschrift der internationalen philosophischen Forschung. Sonderband 5. Akademie Verlag, Berlin 2003. 210 S., geb., 49,80 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.11.2003

Gegen die Eingriffe der Obskuranten
Reinhard Brandt verteidigt die Universität gegen Markt und Verwaltung
Immanuel Kant entwirft die Universität als eine Institution, die im ständigen wissenschaftlichen Streitgespräch zwischen Wahrheit und Nützlichkeit dem Fortschritt dient. Die Wahrheit als „die wesentliche und erste Bedingung der Gelehrsamkeit” ordnet er allein der Philosophischen Fakultät zu. Nur sie stehe unter der „Gesetzgebung der Vernunft”, während die drei Nützlichkeitsfakultäten Theologie, Jurisprudenz und Medizin ihre Aufgaben von der Regierung entgegennehmen. Überholte Vorstellungen, die man getrost in einem entlegenen Winkel des Archivs der Vergangenheit verstauben lassen kann? Keineswegs. Kant denkt über Probleme nach, die an veränderten Fronten weiterhin die Hochschulen bedrängen. Es geht um die innere Ordnung der Universität und um ihre Beziehung zu „Regierung” und „Volk” – zu Staat und Gesellschaft würden wir heute sagen.
Kants „Streit der Fakultäten” erschien 1798 als eine „Schutzschrift der Universität” in zweifachem Sinn: ein „Dokument der Selbstbehauptung gegen staatliche Übergriffe” und zugleich eine gelehrte Abhandlung, die eine Idee der Universität entwickelt, in der die Wissenschaft autonom und zugleich nützlich ist. Beidem spürt Reinhard Brandt nach. Kant hat, so zeigt er, eine Universität vor Augen, die im stets unabgeschlossenen Projekt Aufklärung ihren Ort nur finden kann, wenn sie die Suche nach Wahrheit und nach nützlichem Wissen innerhalb ihrer Mauern zusammenführt.
Ausschließlich selbstbestimmt wäre sie nicht mehr in der Gesellschaft verankert, vorrangig fremdbestimmt wäre sie keine Universität mehr. Den Ausgleich zwischen diesen beiden Polen legt er in die Selbstverantwortung der Universität. Möglich sei ihr dies nur in freier wissenschaftlicher Diskussion. In diese nicht regelnd einzugreifen, liege im Interesse von Staat und Gesellschaft. Denn die „freie theoretische Erkenntnis ohne Dienstleistung an praktischen Interessen”, so faßt Brandt Kants Position zusammen, ist „unentbehrlich für die Kultur des Menschen, die ihrerseits eine unabdingbare Vorstufe der Moralisierung der Menschheit ist.”
Gegen diese Idee der Universität als einer Institution, die autonom aus dem Gegensatz von „Selbstbestimmung der Vernunft und Fremdbestimmung des Äußeren” Fortschrittsfunken schlägt, stellt Brandt zwei Gegenpositionen: Martin Heideggers Rektoratsrede von 1933 und den gegenwärtigen Zugriff „einer marktservilen und verwaltungsgerechten Planwirtschaft” auf die Universität.
Heideggers „Selbstbehauptung der deutschen Universität” war ein grundsätzlicher Widerruf gegen Kant und die Aufklärung: nicht wissenschaftlich autonom, sondern im Gleichschritt mit dem Zeitgeist; nicht weltbürgerlich offen, sondern völkisch autark; nicht an die universellen Regeln wissenschaftlicher Argumentation gebunden, die immer nur Teilerkenntnis in einem offenen Prozeß kennt, sondern „Verkündung der puren Wahrheit”, die keinen Widerspruch duldet.
An Heideggers liturgischem Vortragsstil, der alle akademischen Regeln sprengt, analysiert Brandt des Philosophen Absage an die Idee einer Universität, die der Vernunft verpflichtet ist und deshalb der Gesellschaft nutzt. Ob er diese Gefahr der Selbstaufgabe für ausgestanden hält, bleibt unklar. Wichtiger ist ihm die „heutige Gefährdung” der Universität. Ihr widmet er allerdings nur wenige Seiten. Sie umreißen das Problem, greifen aber zu kurz.
In tiefster Devotion
„Wissenschaft bewegt sich in einem nie abgeschlossenen Fortschritts- und Revisionsprozeß, über den im Prinzip nur Wissenschaftler urteilen können.” Früher haben dies die Kirche und der Staat bestritten, heute die „kommerzielle Gesellschaft”. Kant hatte die ersten beiden vor Augen, wußte aber auch bereits von den einengenden Nützlichkeitskriterien seitens der Bürgerschaft. Was er nicht voraussehen konnte und Brandt nicht diskutiert: das heutige Ausmaß der Vergesellschaftung der Wissenschaft und der Verwissenschaftlichung der Gesellschaft – ein wechselseitiger Prozeß, in dem die Wissenschaft nur noch ein Akteur unter mehreren ist.
Kant hoffte, den Konflikt zwischen Selbst- und Fremdbestimmung der Wissenschaft im Binnenraum der Universität verankern zu können. Das ist vorbei, die Grenzlinie wird immer durchlässiger. Der „Streit der Fakultäten” hat sich nach außen geöffnet, Wirtschaft und Politik, auch die Medien sind daran heute stärker beteiligt als je zuvor. Das betrifft alle Forschungsinstitutionen, nicht nur die Universität; sie aber in verschärfter Form, weil sie Forschung und Lehre verbindet, so dass sie zweifach gegenüber der Gesellschaft verantwortlich ist und von ihr Vorgaben erhält. Wird unter diesen Bedingungen einUniversitätsmodell entstehen, das man treffend „entrepreneurial university”, Universität als Wirtschaftsunternehmen, bezeichnet hat? Die Entwicklung zielt in diese Richtung.
Neue Formen der Forschungssteuerung und der Effizienzkontrolle, Drittmittelimperativ für alle Wissenschaftler und universitäre Lenkungsgremien, die überwiegend oder ganz von außen besetzt werden, geben die Richtmarken vor. Sie schleifen die Grenze zwischen der Universität und ihrer Umwelt systematisch. Kants Idee der Universität wird damit verabschiedet, nicht aber das Grundproblem, über das er nachgedacht hat: Wie läßt sich zwischen Autonomie des einzelnen Wissenschaftlers und der Nutzenerwartung der Gesellschaft, die ihn finanziert, ein Weg finden, welcher das Kalkül der Interessenten befriedigt und dennoch auch Forschungen ermöglicht, die zwecklos zu sein scheinen.
Kant setzte auf einen Staat, der erkennt, aus Eigeninteresse interesselose Forschung fördern zu sollen. Die Zukunft schien seine Zuversicht einzulösen. Im Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit und in der Universitätsverfassung, wie sie im neunzehnten Jahrhundert entstand, wurde garantiert, was Kant forderte. Die konkrete Umsetzung blieb prekär, doch die Normen waren eindeutig und die institutionellen Regeln auf sie zugeschnitten.
Die neuen Hochschulgesetze gehen einen anderen Weg; sie öffnen Universität und Wissenschaft programmatisch für die Außensteuerung. Ob das auch heute noch geläufige politische Bekenntnis zum Wert der Grundlagenforschung „das Fortschreiten der Kultur im Felde der Wissenschaften wider alle neue Eingriffe der Obskuranten sichern wird”, bleibt abzuwarten. Kant schrieb dies, als er 1798 in der Vorrede zum „Streit der Fakultäten” erläuterte, welche staatlichen Eingriffe ihn an einer früheren Publikation gehindert hatten. Kant hatte sich mit Briefen an seinen König gewehrt – „in tiefster Devotion ersterbe ich”, hatte er ihm geschrieben, doch seine Streitschrift setzte Maßstäbe, die noch heute nicht überholt sind. Reinhard Brandt ruft sie uns in Erinnerung.
DIETER LANGEWIESCHE
REINHARD BRANDT: Universität zwischen Selbst- und Fremdbestimmung. Kants „Streit der Fakultäten”. Mit einem Anhang zu Heideggers „Rektoratsrede”. Akademie Verlag, München 2003 (Deutsche Zeitschrift für Philosophie, Sonderband 5). 210 Seiten, 49,80 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Dreierlei, erklärt Thomas Meyer, habe Reinhard Brandt hier unternommen: Zunächst einen "hochgelehrten, philologisch mustergültigen Kommentar" zu Kants Schrift "Der Streit der Fakultäten", den er dann mit Heideggers "Rektoratsrede" von 1933 kontrastiere, um zugleich ein Licht auf gegenwärtige Entwicklungen an deutschen Universitäten zu werfen. Insgesamt sei so ein "beeindruckendes Dokument engagierter Philosophie", nämlich ein Plädoyer für die "Freiheit der Lehre" entstanden. Entlang von Kants präzise interpretierter Schrift arbeite Brandt den Gedanken der "liberalen Kultur" heraus, dessen Maßstab er dann gezielt an Heideggers Rede anlege, um zu zeigen, wie darin die "nationalsozialistische Volksgemeinschaft" zur wissenschaftlichen Richtlinie wird. Und heute? Heute werde die Lehre Kants - also die "Autonomie der Moral" - vor allem vom Primat des Marktes gefährdet.

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"Die Untersuchung Brandts ist ... allen zu empfehlen, die an einer sorgfältigen Textanalyse unter werkimmanenten und historischen Aspekten sowie am systematischen Potential der Kantischen Schrift interessiert sind und überdies der Annahme offen gegenüberstehen, dass gerade angesichts der realexistierenden Zwänge des praktischen Handelns und der politischen Kompromisse ideenbestimmtes Denken und Handeln unverzichtbar sind." Elke Völmicke in: "Philosophisches Jahrbuch", H. II / 2006 "On the whole, this book is most valuable as a careful presentation of the Streit. Brandt combines an encyclopedic knowledge of the Kantian corpus with masterful exegesis, and he provides a wealth of backbground information and a measured consideration of the latest secondary literature on Kant and the university." Sean Franzel in: "Monatshefte für deutschsprachige Literatur und Kultur", April 06