In der Johannisnacht war es, das die Blüte der Rennefarre zur Mitternachtsstunde in die Schuhe der kleinen Dott gefallen war, so dass sie für die Augen der Menschheit unsichtbar wurde. In dieser Nacht war es, dass die abenteuerliche und große Reise der kleinen Dott durch die Prignitz begann.
Mit der kleinen Dott durch Brandenburg
Die kleine Dott ist wieder da, das kleine Mädchen aus der Prignitz, das in einer Johannisnacht verzaubert wurde und nun, däumlingsgroß, nicht wie Nils Holgersson auf einer Wildgans, sondern auf dem Rücken des Fischreihers Gurian seine Heimat erkundet. Unsichtbar geworden für ihre Eltern und die Dorfbewohner, versteht die kleine Dott plötzlich die Sprache der Tiere, befreundet sich mit ihnen und kann einigen sogar helfen.
Tamara Ramsay hat ihr 1938 erstmals erschienenes und sehr erfolgreiches Kinderbuch, dem Beispiel Selma Lagerlöfs folgend, als heimatkundliches Lesebuch geschrieben. Sagen, Naturkunde und Landesgeschichte hat sie mit den Abenteuern eines verwunschenen Kindes, das bis zu seiner Erlösung am Ende des dritten Bandes schwierige Mutproben bestehen muss, zu einer märchenhaften Erzählung verdichtet. Schon bald nach dem Krieg kamen die "Wunderbaren Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott" als bearbeitete Neuauflage heraus. Ottfried Preußler setzte sich für das weitere Erscheinen im Taschenbuch ein. Dann wurde es still.
Anders als Nils Holgersson haftete der kleinen Dott das Provinzielle an; die wenig bekannte Prignitz, der nordwestliche Zipfel der Mark Brandenburg zwischen Perleberg und Wittenberge, ist schließlich nicht Schweden. Doch wem die ortsgebundenen Sagen und Tamara Ramsays Belehrung über Pflanzen, Völkerstämme, die eiszeitliche Vorgeschichte der Elbtalaue oder der Unterschied zwischen wendischen und niedersächsischen Siedlungsformen zuweilen etwas zu betulich nacherzählt sind, der kann zum märchenhaften Reiseteil wechseln und mit der kleinen Dott Kobolden, Schlangenkönigen und Zauberinnen begegnen. Die lebendige Bruderschaft der Tiere, in die das kleine Mädchen aufgenommen wird, wiegt allein manche langatmige Denkmalbeschreibung auf.
Das etwas Altmodische dieses Heimatbuches hat seinen besonderen Reiz. Der Prignitz-pur Verlag betont es, indem er den ersten Band mit den originalen Federzeichnungen der Autorin herausgebracht hat. Die kleine Dott aber ist unterdessen zur Symbolfigur der Prignitz geworden, mit der Exkursionen in das Biosphärenreservat der schwarzen und blauen Flüsse veranstaltet werden.
MARIA FRISÉ
Tamara Ramsay: "Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott". Mit Federzeichnungen der Autorin. Prignitz-pur Verlag, Meyenburg 2007. 254 S., geb., 19,90 [Euro]. Ab 10 J.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Die kleine Dott wird heute als Maskottchen für Ausflüge in das Biosphärenreservat der Prignitz benutzt, weiß Maria Frise. Ihrer Meinung nach zu Recht, denn die Geschichte von der kleinen Dott, die a la Nils Holgersson schrumpft und ihre Heimat im Nordwesten der Mark Brandenburg auf dem Rücken eines Fischreihers erkundet, ist besonders in den Passagen, in denen es um die Begegnungen mit der Tierwelt geht, unterhaltsam und lebendig erzählt. Dass Tamara Ramsays Hang zur Heimatkunde und ausführlichen Beschreibung von Sehenswürdigkeiten und Historie heutige Kinder abschrecken könnte, dessen ist sie sich bewusst. Sie selbst aber sieht in diesem "altmodischen" Zug des 1938 zum ersten Mal veröffentlichten Buches einen großen Sympathiefaktor.
© Perlentaucher Medien GmbH
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