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In einer nahen Zukunft ist die gesellschaftliche Entwicklung erstarrt. Während sich die reiche Oberschicht in Enklaven auf dem Land absondert, übernehmen die jungen Menschen die aufgegeben Stadtzentren und suchen dort nach einem anderen Leben. Raniero, ein Psychologe in den 50ern, kriegt mit der enigmatischen Dora, einem Mitglied der Bewegung "Die Neue Konvention", eine neue Patientin, die ihn aus seinem schematischen Alltag reißt. Dora behauptet, telepathische Fähigkeiten zu haben und seltsame Formen am Himmel zu sehen - Zeichen einer außerirdischen Zivilisation. Visionen, die auch Raniero…mehr

Produktbeschreibung
In einer nahen Zukunft ist die gesellschaftliche Entwicklung erstarrt. Während sich die reiche Oberschicht in Enklaven auf dem Land absondert, übernehmen die jungen Menschen die aufgegeben Stadtzentren und suchen dort nach einem anderen Leben. Raniero, ein Psychologe in den 50ern, kriegt mit der enigmatischen Dora, einem Mitglied der Bewegung "Die Neue Konvention", eine neue Patientin, die ihn aus seinem schematischen Alltag reißt. Dora behauptet, telepathische Fähigkeiten zu haben und seltsame Formen am Himmel zu sehen - Zeichen einer außerirdischen Zivilisation. Visionen, die auch Raniero teilt.

"Die Übertragung" ist eine Science-Fiction-Erzählung, die nicht das All, sondern das komplexe Universum unserer Beziehungen erforscht. Eine Graphic Novel über notwendigen Wandel, den Dialog der Generationen und soziale Konflikte unserer Zeit.

"Der amerikanische Science-Fiction-Visionär Philip K. Dick hätte mal wieder seine Freude gehabt - wenn er den Comic nicht gar für eine Erleuchtung gehalten hätte." (Christian Endres, ZITTY)

"Manuele Fior ist eine Entdeckung."
Der Tagesspiegel
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.06.2013

Zirkelspiel
Manuele Fiors neues Graphic-Novel-Meisterstück „Die Übertragung“ erzählt
von Begegnungen der unheimlichen Art und der Identifikation einer Frau
VON FRITZ GÖTTLER
Alles schon gesehen, in den Erinnerungen präsent, das ist der Eindruck, wenn man dieses Buch aufblättert. Aber alles auch wie zum ersten Mal, auf gespenstische Art und Weise fremd. Die einsamen italienischen Vororte, die an die Städte angedockt sind wie Raumschiffe, die endlosen leeren Alleen, die durch die flachen Landschaften ziehen. Lange Zypressenreihen, Bahngleise, Pferdekoppeln, die Gestänge der Gasometer. Endlich die einsamen Häuser, in einer allzu kühlen Nachkriegsmoderne errichtet, ihre abweisende Eleganz. An einer Ecke plötzlich, grotesk deplaciert in Raum und Zeit, aus dem Dunkel herausgeschnitten durch eine kleine Lampe, ein Schrein mit einer Madonna.
  Die Menschen in den Häusern, Ehepaare, keine Familien, stehen isoliert in den Zimmern, sie sprechen miteinander, ohne sich anzublicken, als wäre alles bereits einmal gesagt gewesen. Alles schon gesehen, alles so unglaublich fremdnah. „Für diese Geschichte, eine SF-Story“, erklärt Manuele Fior, ein italienischer Zeichner, der in Paris lebt und Comics schafft, „ hatte ich Filmbilder von Antonioni im Kopf, Bilder in Schwarzweiß, ,La notte‘ und ,L’eclisse‘, ich liebe die Atmosphären in diesen Filmen.“
  Die Geschichte einer Begegnung – „L’entrevue“ ist der Originaltitel des Bandes – und einer „Übertragung“, wenn man dem deutschen Titel folgt. Raniero ist Psychologe, er arbeitet in der Stadt, Udine. Sein Leben ist dabei sich zu verändern, radikal, auf der Heimatfahrt hat er eines Nachts eine Begegnung der unheimlichen Art. Auf einem Bahngleis bleibt sein Wagen stehen, er stürzt eine Böschung hinab. Beim Wiederaufstieg sieht er merkwürdige Erscheinungen am Himmel, Dreiecksilluminationen, extraterrestrisch. Raniero kriegt aber keinen Schrecken, sondern fängt hemmungslos zu lachen an. Ich habe jetzt eine Wohnung in der Stadt, sagt ihm zuhause seine Frau Nadia, kommst du mit sie anzuschauen? Sie wird ausziehen, in der Stadt wohnen. Raniero hat nach seinem Dreieckserlebnis Probleme mit abstrakter Kunst, also bittet er seine Frau, das Bildmotiv über ihrem Ehebett zu wechseln. Mit einem müden Fingerdruck wischt sie einen alten Manet herbei, „Im Wintergarten“.
  Am nächsten Tag kommt Dora zu Raniero in die Praxis, die die gleichen Erscheinungen hatte wie er. Sie ist Mitglied bei der „Neuen Konvention“, einer Vereinigung, der es um die Freiheit der Gefühle und der Sexualität geht. Es ist das Jahr 2048, die Menschen haben Lust auf neue, revolutionäre Erfahrungen, so wie es schon einmal war, zu Beginn des 20. Jahrhunderts. „Ich gehe in einer Stadt, die ich nicht kenne, spazieren, sehe Straßen und Plätze, die mir fremd sind. Auf einem der Plätze sehe ich ein Monument . . .“ So fängt der berühmte zweite Traum von Dora an, den Freud ausführlich analysiert in der Frühzeit der Psychoanalyse, auch der Begriff der Übertragung taucht dabei bereits auf, jener speziellen, persönlichen Beziehung zwischen dem Patienten und seinem Analytiker, in die Elemente des psychischen Problems projiziert werden, die bei der Analyse so verwirrend wie hilfreich sein kann. Freud fasziniert mich, sagt Fior, einer seiner großen Erfolge war „Fräulein Else“, nach dem psychoanalystisch inspirierten Schnitzer.
  Es ist ein schönes langsames Buch, nicht vorwärtsdrängend wie die meisten Graphic Novels. Ein magischer Schimmer liegt über den Bildern, wie man ihn aus den alten Nitrofilmen kennt – der silver screen, für immer verloren, durch den harten Sicherheitsfilm, nun durch die Digitalisierung. Bei mir ist das anders, erklärt Manuele Fior, „nicht erst das Scenario und dazu dann die Zeichnungen. Die Zeichnung ist eine Art, die Geschichte zu erfinden.“
  Aus den Bildern heraus entwickeln sich Beziehungen und Perspektiven, die aber nie zu einer endgültigen Geschichte werden, ihre Auflösung wird suspendiert. „Mir wurde mit einem Mal klar“, sagt Antonioni, „dass die Unbewusstheit, mit der der Film entsteht, niemals zu irgendetwas führt, wenn ich ihr nicht Widerstände entgegensetze.“ Die Menschen sehen manchmal cool und verführerisch aus in diesem Buch, manchmal eher hilflos in ihrer Knautschgesichtigkeit. Wenn Raniero und Dora schließlich ins Bett gehen, gibt es seitenlang Schwarzfilm. Ein Zirkel bringt dann die Sache auf den Punkt. Ein manuelles Handwerkszeug aus der Vorcomputerzeit, zweischenklig, das nun Lustinstrument ist. Überstürzt verlässt Dora danach das Haus, irrt durch die Nacht. Eine Psychoanalyse kann nie wirklich ein Ende finden. Die Konsequenz modernen Erzählens hat nichts mehr mit Determination oder Schicksalshaftigkeit zu tun. Seine Materie sind Begegnungen und Trennungen, entrevues. Es bewegt sich zwischen den Blicken.
Manuel Fior: Die Übertragung. Graphic Novel. Deutsch von Claudia Sandberg. Avant-Verlag, Berlin 2013. 176 Seiten, 24,95 Euro.
Ein Silver-Screen-Effekt,
Bilder, die magisch schimmern
wie in alten Nitrofilmen
Fremd vertraut: Eines Nachts erscheint Raniero ein leuchtendes Dreieck am Himmel.
 ABB. AUS DEM BESPR. BAND
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Völlig verzaubert schwärmt Fritz Göttler von Manuele Fiors Graphic Novel "Die Übertragung", deren Bilder ihn an die einzigartige visuelle Qualität alter Filme erinnern, an die Atmosphäre von Antonioni und den magischen Schimmer des Nitratfilms. In der Geschichte, die im Jahr 2048 spielt, geht es um extraterrestrische Erscheinungen und Psychoanalye, fasst der Rezensent zusammen, dem besonders gefällt, dass die Geschichte von den Bildern ausgeht, anstatt wie üblich umgekehrt. "Ein schönes langsames Buch" ist Fior damit gelungen, dessen Bilder - aus Filmen? Aus Träumen? Aus der Erinnerung? - Göttler gleichzeitig vertraut und fremd vorkommen: "Alles so unglaublich fremdnah", staunt er.

© Perlentaucher Medien GmbH