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Das "Coming-out" der Muslime im öffentlichen Raum, das ungewohnte Sichtbarwerden von Religion im säkularen Staat erregt Aufsehen. "Islam in Sicht" erhellt anhand von Fallstudien junger Forscher aus der Türkei, Iran und Europa, wie heutige islamische Bewegungen mit eigenen Cafés und Romanen, Filmen und Wanderpredigern an die Öffentlichkeit treten, Frauen mit Kopftüchern Alltagspolitik betreiben und die iranische Jugend auf der Straße gegen die Tugenddiktatur aufbegehrt. Einführende Essays der Herausgeber streiten mit Hannah Arendt für eine über Habermas hinausgehende Theorie der Öffentlichkeit…mehr

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Produktbeschreibung
Das "Coming-out" der Muslime im öffentlichen Raum, das ungewohnte Sichtbarwerden von Religion im säkularen Staat erregt Aufsehen. "Islam in Sicht" erhellt anhand von Fallstudien junger Forscher aus der Türkei, Iran und Europa, wie heutige islamische Bewegungen mit eigenen Cafés und Romanen, Filmen und Wanderpredigern an die Öffentlichkeit treten, Frauen mit Kopftüchern Alltagspolitik betreiben und die iranische Jugend auf der Straße gegen die Tugenddiktatur aufbegehrt. Einführende Essays der Herausgeber streiten mit Hannah Arendt für eine über Habermas hinausgehende Theorie der Öffentlichkeit und Privatheit, die auch islamischen Verhältnissen gerecht wird, Beiträge von Shmuel N. Eisenstadt und Charles Taylor runden den Band ab.
Autorenporträt
Nilüfer Göle (Dr. phil.) lehrt Soziologie an der Ecole des Hautes Etudes en Sciences Sociales in Paris. Forschungen zu islamischen Bewegungen und Frauen in der Türkei. Ludwig Ammann (Dr. phil.) ist Publizist und betreibt einen Filmverleih. Islamwissenschaftliche Forschungen zur Geburt des Islam und Geschichtsschreibung für das Kulturwissenschaftliche Institut in Essen.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Ein "aufregendes Buch" sieht Elisabeth Kiderlen in diesem Band über die allmähliche Ausbildung eines emanzipierten Islamismus, den die Soziologie-Professorin Nilüfer Göle und der Islamwissenschaftlers Ludwig Ammann herausgegeben haben. Die Beiträge zeigten, so Kiderlen, "wie Glaube und Moderne im Zeichen des Islamismus zusammenfinden können und daraus etwas Neues entstehen kann, jenseits von Fundamentalismus und Terrorismus". Angetan zeigt sie sich insbesondere von der "fulminanten Einleitung" Göles, die darauf aufmerksam macht, dass der Westen die Muslime immer als "vormoderne Subjekte" betrachtet habe. Kiderlen vergleicht den Prozess der persönlichen Selbstfindung und kollektiven Orientierung über den Islam mit den Prozessen, wie ihn die Bürgerrechtsbewegung der Schwarzen in den USA oder die Frauenbewegung im Westen durchlaufen haben. Deutlich wird ihrer Erachtens auch ein selbstbewusster Umgang junger islamischer Eliten mit den Herausforderungen der Moderne.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 17.05.2005

Karriere plus Kopftuch
Wie allmählich ein emanzipierter Islamismus entsteht
Kopftuch und Verschleierung - sie gelten in den westlichen Ländern, aber auch im säkularen türkischen Staat als Signal der Vormoderne, als Zeichen der Unterordnung der Frau, als Synonym für das Verschwinden des weiblichen Körpers aus der Öffentlichkeit. Wenn aber durch Verhüllung ein Anderssein demonstriert und ein Zeichen entschlossenen Selbstbehauptungswillens gesetzt werden soll, dann wird dieses scheinbare Paradox zu Politik. Die Kopftuchträgerin hätte dann ausgerechnet mit dem Tragen traditioneller Kopfbedeckung das muslimische Gebot weiblicher Unsichtbarkeit im öffentlichen Raum verletzt. Eine Tradition, die wie gottgegeben befolgt wurde, wäre somit zu einer klaren Entscheidung und damit zur bewussten Annahme einer neuen - islamistischen - Identität mutiert.
„Islam in Sicht” ist ein aufregendes Buch, weil es darstellt, wie Glaube und Moderne im Zeichen des Islamismus zusammenfinden können und daraus etwas Neues entstehen kann, jenseits von Fundamentalismus und Terrorismus. Der Westen habe die Muslime immer als „vormoderne Subjekte” betrachtet, ohne eigenes schöpferisches Gestaltungspotenzial, so die Soziologie-Professorin Nilüfer Göle in ihrer fulminanten Einleitung zu dem Sammelband, den sie und der Islamwissenschaftler Ludwig Ammann veröffentlicht haben. Man rechnete fest mit der allmählichen Verwandlung der Muslime in säkulare Staatsbürger, die sich westlichen Werten anpassen würden. Aber, „im Zeichen des Islamismus streben Muslime jetzt in modernen politischen Umfeldern nach Handlungsmacht und begeben sich dabei in Konflikt mit modernen staatsbürgerlichen Annahmen und Werten”. Das westlich-pluralistische Modell, das universelle Geltung beansprucht, wird dabei herausgefordert durch die eben nicht pluralistischen Praktiken des Islam, der denselben weltweiten Anspruch erhebt.
Religion wird zum Rahmen persönlicher Selbstfindung und kollektiver Orientierung. Ein Prozess läuft da ab, wie ihn die Bürgerrechtsbewegung der Schwarzen in den USA oder die Frauenbewegung im Westen auch durchlaufen haben: Was die Mehrheitsgesellschaft als Stigma wahrnimmt, wird zum Signal eines trotzigen Selbstbewusstseins. Etwa wenn eine Abgeordnete im türkischen Parlament dem Verbot zuwider selbstbewusst mit Kopftuch auftritt und damit einen Sturm der Entrüstung entfacht. Oder wenn türkischstämmige Lehrerinnen in Frankreich oder Deutschland erhobenen Hauptes im Klassenzimmer mit Kopftuch erscheinen. Diese jungen, gut ausgebildeten Frauen wollen mit ihrem Anspruch „Karriere plus Kopftuch” Respekt und Anerkennung finden, und diese sollen gleichermaßen ihr Anders- wie ihr Gleichsein einschließen (Sigrid Nökel).
So ist das auch in Istanbul, wo junge islamistische Frauen und Männer gemeinsam die alte Tradition der Kaffeehäuser als öffentlichen Raum wieder entdecken (Ugur Kömecoglu); in den französischen Vorstädten, wo arbeitslose junge Männer durch die islamistische Tabliq-Bewegung aus der Verwahrlosung der Banlieues zum Glauben (zurück)geführt werden und darüber hinaus zu Disziplin und Selbstbewusstsein (Moussa Khedimellah); im Hamburger Arbeitervorort Wilhelmsburg, wo die Religion einen Bezugspunkt bietet, durch den junge Muslime eine Gemeinschaft finden, die sie unabhängig macht von „den schönen Autos und dem ganzen westlichen Luxus”, die für sie unerreichbar sind (Nikola Tietze).
Ganz anders ist der Ausgangspunkt in Iran. Wieder geht es um die Eroberung des öffentlichen Raums durch junge gebildete Eliten. Anders als in der Türkei aber, wo junge Islamisten sich auf einem eigenen Weg zwischen Unterwerfung unter die westliche Moderne und ihrer fundamentalistischen Bekämpfung behaupten wollen, geht es im Land der Mullah-Herrschaft um die Zurückdrängung autoritärer islamistischer Kontrolle über die öffentliche wie private Sphäre.
Und die Prognose? Möglich, dass eine muslimische Frauenbewegung auf den Plan tritt, die die Grenze zwischen männlich zugeordneter Öffentlichkeit und weiblich zugeordneter Privatheit neu definiert. Möglich auch, dass sich auch im säkularen Europa Glaube und Religion zu einer zentralen Fragestellung neu verdichten. Steht nicht nur die Türkei, sondern auch Europa vor einem geistigen Umbruch? „Islam in Sicht” zeigt, wie gebildete Muslime mit den Spannungen zwischen Islam und Moderne umgehen. Modern sein, das hieß bislang fraglos: westlich sein oder den Westen nachahmen. Die jungen islamistischen Eliten suchen heute nach ihrem eigenen Projekt der Moderne.
ELISABETH KIDERLEN
NILÜFER GÖLE, LUDWIG AMMANN (Hg.): Islam in Sicht. Der Auftritt von Muslimen im öffentlichen Raum. Übersetzung einiger Essays aus dem Englischen von Henning Thies. Transcript Verlag, Bielefeld 2004. 381 Seiten, 26,80 Euro.
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"Formal zeichnet sich der vorgelegte Band durch gute Lesbarkeit, eine gelungene Komposition der Aufsätze und eine sinnvolle Struktur aus. [...] Die drei einleitenden Beiträge bieten einen guten Zugang zu den vermittelnden Inhalten. Der Band zeigt darüber hinaus, dass es einen Unterschied bzw. einen Gegensatz zwischen Islam einerseits und Moderne andererseits im 21. Jahrhundert längst nicht mehr gibt." Baris Ceyhan, www.sehepunkte.de, 6 (2007) "Der Sammelband ist in seiner 'translokalen' Ausrichtung sicherlich eine gute Ergänzung zu den in Deutschland situierten Studien, denn er macht die Globalität des Islam-Phänomens und der damit verbundenen Fragestellungen deutlich." Julia Reuter und Markus Gamper, Soziologische Revue, 1 (2007) "Ein aufregendes Buch, weil es darstellt, wie Glaube und Moderne im Zeichen des Islamismus zueinanderfinden und daraus etwas Neues entstehen kann, jenseits von Fundamentalismus und Terrorismus." Elisabeth Kiderlen, Süddeutsche Zeitung, 17.05.2005 "Direkte praktische Nutzanwendungen schlägt dieser Band nicht vor. Er ist Widerspruch gegen das und Warnung vor dem [...] einfachen Zerrbild von den westlich-islamischen Beziehungen." Alexander Flores, Frankfurter Rundschau, 08.02.2005 Besprochen in: Literaturen, 4 (2005) Handelsblatt, 06.10.2004, Thomas Hanke Badische Zeitung, 16.11.2004 Neue Zürcher Zeitung, 15.03.2005, Moritz Behrendt Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, 1 (2008) www.Qantara.de, Ines Braune Deutsches Institut für Urbanistik: ORLIS