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Außer den Lebenserinnerungen von Erich Wolfgang Korngolds Frau Luzi und von seinem Vater Julius, gab es bisher nur eine einzige deutschsprachige Biographie über diesen Musiker zwischen den Stilen und den Epochen. Sie datiert von 1922!
Geboren 1897 als Sohn des berüchtigten Kritikers Julius Korngold, wächst Erich als Wunderkind im Wien des fin de siècle auf und wird bald als origineller Musikschöpfer in der ganzen Welt gefeiert. Danach muss er den Zusammenbruch des k.u.k. Imperiums und die dramatische Inflation der 1920er Jahre erleben. Er schreibt Operettenadaptationen zum Überleben und…mehr

Produktbeschreibung
Außer den Lebenserinnerungen von Erich Wolfgang Korngolds Frau Luzi und von seinem Vater Julius, gab es bisher nur eine einzige deutschsprachige Biographie über diesen Musiker zwischen den Stilen und den Epochen. Sie datiert von 1922!

Geboren 1897 als Sohn des berüchtigten Kritikers Julius Korngold, wächst Erich als Wunderkind im Wien des fin de siècle auf und wird bald als origineller Musikschöpfer in der ganzen Welt gefeiert. Danach muss er den Zusammenbruch des k.u.k. Imperiums und die dramatische Inflation der 1920er Jahre erleben. Er schreibt Operettenadaptationen zum Überleben und komponiert zugleich tiefgründigste Werke. Die Musikentwicklung aber geht mit Atonalität, Zwölftonmusik und Neuer Sachlichkeit in ganz andere Richtungen, und Korngolds Musik wird als rückschrittlich abgewertet. 1934 folgt er dem Ruf nach Hollywood, wird dort der einflussreiche Schöpfer der symphonischen Filmmusik ("Robin Hood") und kann sich eine neue Existenz aufbauen, während Europa in Trümmer fällt. Die Rückkehr nach Wien wird ein Fiasko. Korngold stirbt, nur 60jährig, vereinsamt und vergessen.

Es folgt ein langes Purgatorium im Bewusstsein der Musikwelt, aber eine Reihe von Enthusiasten (Korngolds Söhne Ernest und George, Brendan G. Carroll, Bernd O. Rachold, Jessica Duchen) halten sein Andenken hoch und sorgen seit Jahrzehnten durch intensive Forschungs- und Aufführungspraxis dafür, dass sein Name nicht vergessen wurde. Heute erstrahlt er wieder in altem Glanz.

Die nun erscheinende detaillierte Korngold-Biographie von Guy Wagner beruht auf einem ernsthaften Quellen- und Werkstudium und der Auswertung aktuellster Forschungsergebnisse, unter besonderer Berücksichtigung der zum Teil tragischen Schicksale der Familie Korngold. Sie ermöglicht erstmals den deutschsprachigen Lesern, die Reichhaltigkeit und Komplexität von Korngolds Leben und Schaffen zu entdecken. Ein spezielles Kapitel beleuchtet zusätzlich die Bedeutung des Komponisten, Pianisten und Dirigenten für das Musikleben der Stadt Hamburg bis zur Machtübernahme durch die Nazis.
Autorenporträt
Wagner, Guy
Guy Wagner, 1938 in Luxemburg geboren, gestorben 2016, war beruflich unter anderem als Lehrer, später als Intendant des Escher Stadttheaters tätig. Er schrieb seit den frühen 70ern Lyrik, Prosa und Theaterstücke und ist Verfasser einer Biographie über Mikis Theodorakis, die zum Standardwerk wurde, sowie der Studie Bruder Mozart. Freimaurerei im Wien des XVIII. Jahrhunderts. Für seinen biographischen Schubert-Roman Winterreise erhielt er den Luxemburger Nationalen Literaturpreis 2004-2005.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.10.2008

Glück, das ihm nicht blieb
Erich Wolfgang Korngold – ein Jahrhundert-Schicksal: Guy Wagners Biographie über Wiens Musikwunderkind und Hollywoods Oscar-Filmkomponisten
„Ein Genie!” soll Gustav Mahler 1906 in Wien gerufen haben, als ihm das neunjährige „Wunderkind” Erich Wolfgang Korngold seine Kantate für Soli, Chor und Orchester („Gold”) auf dem Klavier vorgespielt hatte. Und vom betagten Wiener Kritikerpapst, dem unerbittlichen Eduard Hanslick, ist das Wort vom „Kleinen Mozart” überliefert. Hochachtung oder Ironie? Strauss, Nikisch, Furtwängler, Schnabel jedenfalls gehörten zu den Bewunderern des 1897 geborenen Musikers, der einer verwöhnten Wiener Gesellschaft wie eine Zirkusattraktion vorgeführt wurde. Die Besonderheit des „Falles” hatte damit zu tun, dass Julius Korngold, der Vater, mit seiner gefürchteten Feder der prominenteste Musikkritiker von Wien war. Ein Vorzug – ein Problem.
Das Bild Erich Wolfgang Korngolds in der Zeitgeschichte erscheint heute eher verschwommen, das musikalische Werk des österreichisch-jüdischen Komponisten einer gerechten Beurteilung kaum günstig. Der Luxemburger Guy Wagner schildert in der ersten deutschsprachigen Korngold-Biographie mit akribischer Genauigkeit den Gang von Korngolds umkämpfter Karriere als Pianist und Komponist sowie den Verlauf eines Lebens, das den Verwerfungen des Jahrhunderts schutzlos ausgeliefert war – von der mit Vater-Drill beförderten kreativen Wiener Hochleistungskindheit und dem frühen Operntriumph „Die tote Stadt” über die Filmmusik-Oscars in Hollywood in den Dreißigern bis zum Obsoletwerden seiner Person und Musik nach dem Zweiten Weltkrieg. 1957 starb Korngold, isoliert, in Los Angeles.
Das ergiebige, aus Archiven und Briefen schöpfende Buch lässt neben den Fakten das Lebensproblem des Komponisten hervortreten, das dem Modell „fehlgeleitetes Wunderkind” folgt. Vater Korngolds egomaner Fanatismus und seine blinde publizistische Parteilichkeit fügten dem Sohn Schaden zu: „Ich kann keinem Vater das Recht geben”, schrieb er ihm 1935 verbohrt, „sich mit mir zu vergleichen, so wie auch kein Vater – wirklich seit dem alten Mozart – einen solchen Sohn gehabt und so in ihm aufgehen konnte.”
Als der 23-Jährige seine Oper „Die tote Stadt” – Glücksbringer und Schicksalsmetapher – 1920 gleichzeitig in Hamburg und in Köln (unter Klemperer) uraufführen ließ, ahnte niemand, dass er den Zenit seiner Laufbahn als Komponist der Ernsten Musik schon erreicht hatte. Was folgte, waren vergebliche Versuche, die frühen Erfolge fortzuschreiben. Doch weder „Das Wunder der Heliane” (1927) noch „Die Kathrin” (1939) oder Korngolds Kammermusik waren in der Lage, das Rad zurückzudrehen. Was damit zu tun hatte, dass Korngold mit seiner dem Fin-de-siècle entliehenen tonalen Musiksprache den Anschluss an die Entwicklung der Moderne – Schönberg, Neue Sachlichkeit – verpasst hatte. Da bot der Wiener Ernst Krenek mit der virtuosen Anverwandlung aller aktuellen Denkweisen und Schreibstile das Gegenbeispiel. Der heraufziehende Nationalsozialismus gab der prekär werdenden Situation Korngolds den Rest. Was ihn dauerhaft rettete, war die Verbindung und Ehe mit Luise von Sonnenthal, gegen den Widerstand des Vaters.
Guy Wagners Darstellung überzeugt durch historische Detailhaftigkeit und kluge Einordnung der Fakten. Schon die lapidaren Kapitelüberschriften deuten darauf hin, dass des Autors Sache weniger sprühende Phantasie als nüchterne, oft brav-lineare Stoffaufbereitung ist. Das kommt der übersichtlichen Darstellung eines sprunghaften Lebens zugute.
Der Ausweg: 1934 erhält Korngold die Einladung des Theaterzauberers Max Reinhardt nach Hollywood, dessen „Sommernachtstraum”-Film zu vertonen. Korngold hat die richtige Hand dafür, erhält Resonanz, Hollywood wird sein Arbeitszentrum. 1938 führt ihn die Emigration endgültig nach Los Angeles. Seine „symphonische” Filmmusik macht Schule und beeinflusst bis heute Filmkomponisten. Ranghöchstes Ergebnis: zwei Oscars – für „Anthony Adverse” und „The Adventures of Robin Hood” – und drei Oscar-Nominierungen. Wirtschaftliche Unabhängigkeit ist die Folge.
Aber da nisten Zweifel in ihm, Korngold verkraftet es nicht, dass neben anderthalb Dutzend Filmmusiken sein europäisches Kapital, die „absolute” Kunstmusik, nicht gegenwärtig ist. Das Violin- und Cellokonzert, um 1945 entstanden, und die späte Symphonie werden von der Kritik wenig geschätzt. Und Europa-Reisen bringen nicht die Wende. Korngold teilt das Schicksal mancher Künstler-Emigranten: Er ist aus der Zeit gefallen.
„Musik ist Musik, ob sie für die Bühne, das Dirigentenpult oder fürs Kino ist.” Korngolds Satz von 1946, Motto des Buchs, weist darauf hin, dass der Komponist in seinem Bewusstsein das war, was man einen Musikanten nennt. Musik weist aber hinaus in die Umstände ihrer Entstehung, hier: vom Wiener k.u.k.Wunderkindglanz bis nach Hollywood. „Glück, das mir verblieb”? Mariettas illustres Lied aus der „Toten Stadt” blieb nur als seine Umkehrung, Negation, erhalten. WOLFGANG SCHREIBER
Guy Wagner
Korngold. Musik ist Musik
Verlag Matthes & Seitz, Berlin 2008. 535 Seiten, 39,90 Euro.
Erich Wolfgang Korngold mit Familie 1938, bei der Ankunft in New York. Foto: Corbis
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Rolf Urs Ringger begrüßt Guy Wagners Biografie über Erich Wolfgang Korngold (1897-1957), der einst als musikalisches Wunderkind gefeiert wurde. Er hebt die Vielseitigkeit dieses Musikers hervor, der als Komponist, Pianist, Dirigent, Arrangeur und Bearbeiter tätig war, von Mahler bewundert, von Zemlinsky und Richard Strauss gefördert wurde, und nach seiner Emigration in Hollywood als Filmmusikkomponist sehr gefragt war. Gleichwohl hat Korngold nach 1945 künstlerisch nicht überlebt. Ringger berichtet von einer ganzen Reihe von Wiederbelebungsversuchen, unter anderem Glenn Goulds Einsatz für Korngolds zweite Klaviersonate. Den Schwerpunkt von Wagners Biografie sieht Ringger auf dem Leben des Komponisten liegen. Er findet "unendlich viele" Einzelheiten aus dem Wiener Musikleben und dem amerikanischen Filmgeschäft. Meistens scheinen ihm die psychologischen Einsichten über Korngold deutlich erhellender als die Werkbeschreibungen. Diese sind zu seinem Bedauern etwas dürftig ausgefallen.

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