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Von der geheimen Faszination des Bösen
Auf unheimliche Weise ist die Amerikanerin Amanda in zwei elf Jahre auseinander liegende Morde verwickelt. Angelehnt an zwei reale Fälle geht Rabea Edel dieser Verbindung nach und löst Schritt für Schritt das Geflecht von scheinbaren Zufällen und verborgenen Zusammenhängen. In bestechend klaren Bildern erzählt sie die spannende Geschichte eines Mordes und seiner späten Konsequenzen und wirft dabei ein Licht auf die Momente, in denen das Dunkle, Unfassbare aus einem Menschen hervorbricht - und sei es nur für einen kurzen, verhängnisvollen…mehr

Produktbeschreibung
Von der geheimen Faszination des Bösen

Auf unheimliche Weise ist die Amerikanerin Amanda in zwei elf Jahre auseinander liegende Morde verwickelt. Angelehnt an zwei reale Fälle geht Rabea Edel dieser Verbindung nach und löst Schritt für Schritt das Geflecht von scheinbaren Zufällen und verborgenen Zusammenhängen. In bestechend klaren Bildern erzählt sie die spannende Geschichte eines Mordes und seiner späten Konsequenzen und wirft dabei ein Licht auf die Momente, in denen das Dunkle, Unfassbare aus einem Menschen hervorbricht - und sei es nur für einen kurzen, verhängnisvollen Augenblick.

Es ist der 5. April 1998: In einer amerikanischen Kleinstadt tötet ein Jugendlicher seine Eltern mit einem Baseballschläger und ruft danach die Polizei. Seine Schwester Amanda verbringt die Nacht in den Feldern vor der Stadt. Erst als alles vorbei ist, kommt sie nach Hause zurück. Es ist der 5. April 2009: In einem Vorort von Rom wird eine junge Frau ermordet. Die Mörderin tauscht mit ihrem Opfer, dem sie zum Verwechseln ähnlich sieht, die Kleider und begibt sich auf eine mehrere Tage dauernde Odyssee durch die Stadt. Durch Zufall kreuzt sich ihr Weg mit dem des Pathologen Andrea Landolfi, der mit der Obduktion der ermordeten Römerin beauftragt worden ist. Während sich die junge Frau einige Tage später der Polizei stellt, so wie Jahre zuvor schon ihr Bruder, findet Landolfi Hinweise auf die Kindheit der Mörderin und auf die Ereignisse in der Nacht des 5. April 1998 ... Doch wer ist Amanda wirklich, und wer die Tote? Rabea Edel erzählt in ihrem neuen Roman von der Unwägbarkeit des Zufalls und von der verstörenden Faszination des Bösen. Elegant verknüpft sie die Geschichten verschiedener Menschen miteinander, die alle ein einziger verhängnisvoller Augenblick eint.

Autorenporträt
Rabea Edel wurde 1982 geboren, wuchs in Cuxhaven auf und lebt in Berlin. Sie studiert an den Universitäten in Berlin und Siena, hat das Prosawerkstatt-Stipendium der Jürgen-Ponto-Stiftung (2005) erhalten und ist Preisträgerin des 12. Open-Mike-Wettbewerbs (2004).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.05.2011

Ihr könnt euch niemals sicher sein

Innerlich sauber, äußerlich blitzblank und rein: Rabea Edels Puzzle-Roman "Ein dunkler Moment", der um den Mordfall Amanda Knox kreist, gibt viele Rätsel auf.

Wenn in einem Tatort die Ermittler nicht mehr weiterwissen, beginnen sie meist, Bilder, Zettel und Karten an eine Pinnwand zu heften und zwischen den vorhandenen dürftigen Fakten Verbindungslinien zu ziehen. So etwa geht es dem Leser mit Rabea Edels Roman "Ein dunkler Moment". Ohne begleitende Skizze lassen sich die kompliziert verschränkten Handlungsstränge kaum auflösen, einer völligen Entwirrung widersetzt sich der Text sogar aktiv. Da es sich um Kriminalfälle handelt, darf aber nicht zu viel verraten werden.

Am 5. April 1998 tötet in einem amerikanischen Nest ein Jugendlicher namens Billy beide Eltern und seine zufällig in die Szene geratene jüngere Schwester mit einem Baseballschläger. Die ältere Tochter Amanda ist zur Tatzeit in die nahen Felder verschwunden, wo sie den Hund des Hauses erschlägt. Beide Geschwister stehen dem Tod ihrer Angehörigen völlig gleichgültig gegenüber, überhaupt sind sie wortkarg und verschlossen. Zwischen ihnen besteht ein seltsames Einverständnis, bei der Beerdigung wechseln sie einen vielsagenden Blick, später folgen Karten aus dem Gefängnis - zu jedem Jahrestag am 5. April. Billy liest unmittelbar vor der Tat in Amandas Tagebuch die beiden im Verlauf des Romans immer wiederkehrenden Sätze: "Wir sind erstens aus Reinheit geboren und zweitens und noch wichtiger aus Verzweiflung. Aber ich will innerlich sauber sein und äußerlich blitzblank und rein." Die bedrückende Kindheit unweit eines Trailerparks, eine trinkende Mutter und ein gewalttätiger Vater, lassen nichts Gutes hoffen. Der Verdacht sexuellen Missbrauchs, den die Reinheitsmetaphorik in dem Tagebucheintrag nahelegt und der ein Tatmotiv sein könnte, wird an keiner Stelle konkret bestätigt.

Elf Jahre später, wieder an einem 5. April, wieder um fünf Uhr nachmittags, wird Amanda in Rom von Lucia Mara die Kehle durchtrennt, offenbar im Einverständnis: "Mein Blick traf ihren Blick", hält die sterbende Amanda fest. Sie hat für Lucia alles bereitgelegt, damit diese ihre Identität übernimmt. Die Stimme der Getöteten bleibt im Text aber weiter präsent: "Du wirst sie mögen, Billy, sie wird alles anders machen als ich: Sie wird Dir schreiben und sie wird dich besuchen, ich habe ihr ein Flugticket gekauft." Die aus der Opferperspektive dargestellte Tötungsszene eröffnet diesen kaleidoskopartigen, filmisch erzählten und mit zahlreichen Wirklichkeitssplittern und Klischees gespickten Roman. Die Handlungsstränge von 1998 und 2009 werden, außer durch einige Requisiten, durch einen bizarren Pathologen verknüpft. Er ist eigenwillig tätowiert, angezogen von weiblichen Leichen und sogar bereit, auf Zuruf eines korrupten Staatsanwalts falsche Befunde in Totenscheine einzutragen. Als er Amanda in Rom auf den Tisch bekommt und kurz darauf die ihr so täuschend ähnlich sehende Lucia als Anhalterin mitnimmt, verliert er den Glauben an seine Urteilskraft. Der Mann heißt Andrea Landolfi und führt damit den gleichen Namen wie ein im Abspann bedankter Literaturprofessor an der Universität Siena, wo die 1982 geborene Autorin Italianistik studierte. Soll das eine versteckte Aufforderung sein, diesen Text so zu sezieren wie ein Pathologe die vor ihm liegenden Körper?

Dazu gäbe es jedenfalls Anlass. Denn der auf dem Klappentext angekündigte "reale Fall", den der Roman entlehnt, ergibt sich nicht nur aus dem Motto: "Die einzige Wahrheit ist, dass ich mir der Wahrheit nicht sicher bin. Ich war nicht dort." Dieser Satz stammt von der Amerikanerin Amanda Knox, die für den Mord an einer englischen Austauschstudentin aus ihrer Wohngemeinschaft verurteilt wurde, an dem ein Kommilitone und ein aus Westafrika stammender Mann beteiligt gewesen sein sollen. Der 2010 abermals verhandelte Sexualmord erregte wegen zahlreicher Ungereimtheiten und der Möglichkeit eines Justizirrtums größte öffentliche Aufmerksamkeit. Rabea Edels Roman greift zahlreiche Details wie Zeugenaussagen, gefundene Handys, DNA-Spuren oder die Ergreifung des nach Deutschland geflüchteten mutmaßlichen Tatbeteiligten auf.

Im Roman ist die Tötung indes kein Mord und sie ist eindeutig zuzuschreiben - doch ohne klares Motiv. Hier wimmelt es von anderen dunklen Momenten. Was verschweigt Amanda über die Ermordung ihrer Eltern? Und warum lässt sie sich von einer Freundin töten, die ihre Identität übernehmen soll? Bruder Billy schreibt ihr an jedem Jahrestag seines Verbrechens aus dem Gefängnis: "Was machst Du, damit die Erinnerung an uns gut wird?" Die Antwort auf diese Frage ist ein Vexierspiel. Der Leser wird zum Rätselrater.

ALEXANDER KOSENINA

Rabea Edel: "Ein dunkler Moment". Roman.

Verlag Luchterhand, München 2011. 192 S., geb., 18,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Nicht wirklich überzeugt ist Judith von Sternburgs Urteil von diesem Roman Rabea Edels. Die Rezensentin konzediert, dass Edel "elegant und souverän" erzähle, spannende Schauplätze verwende und mitunter an David Lynch erinnere. Allerdings hat sie für den Geschmack der Rezensentin zu tief und zu wahllos in den Ordner mit den Vermischten Meldungen gegriffen. Grässliche Morde passieren, ein Erdbeben, Psychopathen tauchen auf, eine Tote spricht. Leider werden die meisten Ereignisse eher beliebig verknüpft und, auch dass am Ende der Zufall triumphiert, ist für Sternburg ein hohler Triumph, ohne Bedeutung.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Der Roman brilliert durch seine glasklare Sprache und präzise, messerscharfe Beschreibungen. Ein Muss für hellwache Leser." Schweizer Radio DRS3