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Mit der Moderne entstand eine Pornographie, die allein der Erregung diente. Erstmals äußerte sich dieser Wille zur Lust in den Schriften des Marquis de Sade. Seitdem ist die Pornographie in viele Bereiche des Alltags vorgedrungen und zu einem prägenden Element westlicher Kultur geworden. Svenja Flaßpöhler zeichnet diese Entwicklung nach und erläutert schließlich, warum insbesondere der Film geeignet ist, unser Bedürfnis nach selbstgenügsamer Erregung zu stillen. Die bewegten Bilder zeigen uns etwas vermeintlich "Reales" - etwas, das die Schrift nur als Abwesendes zu bezeichnen vermag - und…mehr

Produktbeschreibung
Mit der Moderne entstand eine Pornographie, die allein der Erregung diente. Erstmals äußerte sich dieser Wille zur Lust in den Schriften des Marquis de Sade. Seitdem ist die Pornographie in viele Bereiche des Alltags vorgedrungen und zu einem prägenden Element westlicher Kultur geworden. Svenja Flaßpöhler zeichnet diese Entwicklung nach und erläutert schließlich, warum insbesondere der Film geeignet ist, unser Bedürfnis nach selbstgenügsamer Erregung zu stillen. Die bewegten Bilder zeigen uns etwas vermeintlich "Reales" - etwas, das die Schrift nur als Abwesendes zu bezeichnen vermag - und erregen uns fast wie auf Knopfdruck. Damit werden wir zu Lustmaschinen, die sich selbst genügen und den Anderen nicht mehr brauchen, um Befriedigung zu erlangen.
Autorenporträt
Svenja Flaßpöhler, Dr. phil., promovierte in Philosophie an der Universität Münster. Als freie Autorin arbeitet sie für den Deutschlandfunk und schreibt unter anderem für die FAZ, die Welt, den Freitag, die Berliner Zeitung und Psychologie Heute.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.03.2007

Was ist Pornografie?
Svenja Flaßpöhlers Studie „Der Wille zur Lust”
In den Verdacht angestaubter Prüderie gerät, wer sich immer noch an nackten Busen als dem einzigen Verkaufsargument für ein Lottolos oder an Nahezu-Nackt-Clips auf MTV stört. Zu schweigen von der Bilderschwemme pornografischen Inhalts im Netz sowie dem immer noch wachsenden Milliardengeschäft der Porno-Industrie. Porno allerorten und dennoch: Von einer „vollständig pornographischen Gesellschaft” mag Svenja Flaßpöhler in ihrer Dissertation „Der Wille zur Lust” auch deswegen nicht reden, weil Kunst, Kino, Werbung „mehr sagen als nur das Eine”.
Für Flaßpöhler ergibt sich aus der offenherzigen Ausbreitung sexueller (Ein-)Stellungen in der Alltagskultur vor allem die Frage nach „einer existenziellen Verbindung” von Subjekt und Pornographie in der Moderne. Wie konstruktiv und konstitutiv ist Porno tatsächlich für unser Frauen- und Männerbild? Svenja Flaßpöhler, promovierte Philosophin und Journalistin, wählt für ihre Antwort den Weg durch 200 Jahre Geistesgeschichte. Sie geht von der Aufklärung aus, die nicht Gott, sondern dem Menschen die Möglichkeit der (Selbst) Vollendung zuschrieb, und schreitet über die dauergeile Pornosophie des Marquis de Sade fort bis hin zu Michel Foucaults Betrachtungen des „Zeitalters der Sexualität”, in dem der Sex zur diskursiven Schlüsselfigur avanciert. „Der Sex: Grund für alles”, postulierte Foucault – doch ist Sex gleich Porno?
Hier gibt es kein Feigenblatt
Svenja Flaßpöhler wiederholt, wenngleich einen mitunter etwas strapaziösen Weg über Hegel, Freud und Nietzsche nehmend, was sich vielleicht wirklich nicht oft genug sagen lässt: dass der Unterschied zwischen Sex und Pornographie weit größer ist, als Pornogegner und –befürworter oft behaupten. Denn während die Sprache des Sexualdiskurses ihr Objekt nur scheinbar entblößt, um es in nüchternen Vokabeln umso wirkungsvoller zu verhüllen, ist das alleinige Ziel der Pornografie die Stimulanz.
Die Sprache, wie sie etwa der Marquis de Sade führt, ist roh, kein Euphemismus, der über das derbe „Ficken” ein Feigenblatt hielte. Und darin liegt für Flaßpöhler das Utopische der Pornographie: Sie zeige alles, zeige zuviel. Innerhalb der dauerkopulierenden Körperutopie, die gerade im Film durch Schnitt und Montage begünstigt wird, bleibt dem Zuschauer keine Leerstelle, keine Vagheit, die er ausfüllen oder ergänzen müsste. Er bleibt auf passive Rezeption beschränkt, auf die masturbierende Selbstvollendung gewissermaßen.
Für den Pornogucker gibt es nichts Vorzustellendes, alles ist bereits dargestellt. Die Wirklichkeit, in der das „Reale” auch nur annähernd erfasst werden könnte, muss der Pornofilm verfehlen, in seiner eindimensionalen Bildersprache, mit seinen strotzend überpotenten „Schauspielern” und mit seinem Mangel an erzählerischer Phantasie. Da ist kein Platz für irgendeinen „Willen zur Wahrheit”, wie ihn Foucault innerhalb des Sexualitätsdiskurses entdecken wollte, sondern einzig für den Willen zur Lust.
„Ja, aber!” möchte man rufen und an die Gewalt verherrlichende Pornografie erinnern, an die Fetischisierung der stets willigen Frauenkörper, die den unsichtbaren weiblichen Orgasmus endlos herbeistöhnen. Findet derlei etwa keinen Eingang in das Miteinander, wie es im Alltag gesehen und gestaltet wird? Dem Aber hält Svenja Flaßpöhler entweder die per se disqualifizierende Illegalität der Gewaltfilme entgegen. Oder aber sie beharrt, an dieser Stelle nicht überzeugend, auf der augenscheinlichen Utopie des Gezeigten. Wenn das der Pornoseher nur auch wüsste! BRITTA VOSS
SVENJA FLASSPÖHLER: Der Wille zur Lust. Pornographie und das moderne Subjekt. Campus Verlag, Frankfurt am Main 2007. 259 Seiten, 24, 90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Nach reichlich Philosophiegeschichte von Hegel bis Foucault gelangt Svenja Flaßpöhler in ihrer Studie zu der Erkenntnis, Sex sei wesentlich von Pornografie zu unterscheiden, berichtet Rezensentin Britta Voss und begrüßt diese häufig übersehene Distinktion, nach der Sex für die Phantasie Spielräume, und Foucault zufolge sogar für den "Willen zur Wahrheit", lasse, Pornografie hingegen auf reine Stimulanz ziele. Letztere trägt für die Autorin wegen der dargestellten irrealen Dauergeilheit utopischen Charakter wie schon beim Marquis de Sade. Dieser philosophischen Adelung mag die Rezensentin nicht uneingeschränkt zustimmen und erinnert an Gewalt verherrlichende Pornografie und generell an das transportierte Frauenbild. Hier nur auf das Verbot von Gewaltdarstellung zu pochen, wie es die Autorin mache, reicht der Rezensentin nicht, denn irgendwie habe das doch sehr wahrscheinlich Einfluss auf unser menschliches Miteinander.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Ein gelungenes und anregendes Buch" (Zeitschrift für Sexualforschung, 15.12.2009)
15.12.2009, Zeitschrift für Sexualforschung "Ein gelungenes und anregendes Buch"