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Für Francis Fukuyama, Enfant terrible der internationalen politischen Debatte, sind schwache, gescheiterte Staaten die Hauptursache des inter-nationalen Terrorismus und anderer Übel unserer Zeit. Im "State-building", in der Schaffung und Stärkung staatlicher Institutionen, sieht er die zentrale Aufgabe der westlichen Staatengemeinschaft im 21. Jahrhundert.
Wie dies geschehen kann, zeigt Fukuyama in seinem scharfsinnigen, hochaktuellen Buch, das weltweit Furore machen wird.

Produktbeschreibung
Für Francis Fukuyama, Enfant terrible der internationalen politischen Debatte, sind schwache, gescheiterte Staaten die Hauptursache des inter-nationalen Terrorismus und anderer Übel unserer Zeit. Im "State-building", in der Schaffung und Stärkung staatlicher Institutionen, sieht er die zentrale Aufgabe der westlichen Staatengemeinschaft im 21. Jahrhundert.

Wie dies geschehen kann, zeigt Fukuyama in seinem scharfsinnigen, hochaktuellen Buch, das weltweit Furore machen wird.

Autorenporträt
Francis Fukuyama, geboren 1952 in Chicago, gehört zu den herausragenden geschichtsphilosophischen Denkern unserer Zeit. Sein Buch über das "Ende der Geschichte" fand weltweit breites Echo. Fukuyama lehrt Politische Ökonomie an der Johns Hopkins Universität in Baltimore.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.10.2004

Ohne Staat keine Ordnung
Die Neuentdeckung alter Argumente / Von Wilfried von Bredow

Es ist die Funktion der Intellektuellen im politischen Diskurs, das Rad immer mal wieder neu zu erfinden. Dabei kommt es auf den Sinn für in der Luft liegende Themen und auf Überzeugungskraft an. Intellektuelle mit dem Anspruch auf Aufmerksamkeit fallen in zwei Gruppen. Die einen stülpen ihr festes Deutungsschema mit routinierter Zugriffsgeste über alle Vorgänge und sagen im Grunde immer dasselbe. Von den anderen hingegen sind schon einmal Überraschungen zu gewärtigen. Francis Fukuyama gehört zur zweiten Kategorie. Das macht die nicht immer ganz einfache Lektüre seiner Aufsätze und Bücher selbst lehrreich, wenn man sich seinen Auffassungen nicht oder nur teilweise anschließen mag.

In Deutschland haben es eher konservative Intellektuelle nicht gerade leicht, vor allem, wenn sie wie Fukuyama oder Samuel Huntington in Amerika beheimatet sind. Das Simplifizierungs-Spiel ist zu verführerisch. So wurden Huntingtons Überlegungen über die interkulturellen Konflikte der Zukunft viel zu häufig unzutreffend als Aufruf zum "Kampf der Kulturen" mißgedeutet. Und bei Fukuyama genügten auch drei Worte - Ende der Geschichte -, um ihn zum Watschenmann aller politischen Auseinandersetzungen über die neue internationale Ordnung zu machen. In solchen Auseinandersetzungen war man sich über so gut wie nichts einig, nur über eins: Fukuyama liegt völlig falsch. Fukuyama wagte am Ende des Ost-West-Konflikts die Vorhersage, daß die liberale Demokratie den Endpunkt der politischen Entwicklungen darstelle. In Zukunft würden nicht länger die großen und weltanschaulich aufgeladenen Konflikte die Organisation von Wirtschaft und Gesellschaft sowie die Balance von Freiheit und Gleichheit bestimmen. Damit sei, wenn man Geschichte als eine Abfolge von Konflikten und Kämpfen interpretiert, bei denen es um konkurrierende Menschen- und Gesellschaftsbilder geht, diese Geschichte an ihr Ende gekommen. Erinnert man sich an die Monate des weltpolitischen Optimismus, der im Herbst 1989 aufkam, sich im Frühjahr 1991 aber schon wieder zu verflüchtigen begann, dann erscheint diese Prognose zumindest verständlich. Auch in Deutschland, so unwahrscheinlich das heute auch klingen mag, gab es das weitverbreitete Gefühl, die ganze Welt würde sich in eine blühende Landschaft verwandeln.

Dieser weltpolitische Optimismus verflog rasch. Das letzte Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts war statt dessen durch wachsende Wirtschaftsprobleme, Bürgerkriege und andere gewaltsame Konflikte, durch massive Menschenrechtsverletzungen und neuartige Bedrohung der Sicherheit gekennzeichnet. Unter letzteren war es vor allem der transnationale Terrorismus, dessen Gefährdungspotential rasch zunahm. Seit dem 11. September 2001 kreist der internationale Sicherheitsdiskurs um die Fragen nach den Ursachen, den Erfolgsaussichten und den wirksamsten Methoden zur Bekämpfung des anti-westlichen Terrorismus.

Auch Fukuyama greift jetzt diese Fragen auf. Er ist ein hochgebildeter und in der politischen Philosophie bewanderter Intellektueller mit dem Bedürfnis, seine akademisch-sozialwissenschaftliche Kompetenz keinesfalls unter einen Scheffel geraten zu lassen. Da kann man sich auf einen überraschenden Blickwinkel und auf ungewohnte interdisziplinäre Synthesen gefaßt machen. Seine Botschaft wird bereits klar im Buchtitel ausgesprochen: Schwache, zerfallende oder bereits implodierte Staaten entwickeln sich immer mehr zum Hort von Menschheitsproblemen, von der massenweisen Verletzung der Menschenrechte bis zur Bedrohung der allgemeinen Sicherheit auch in den stabileren Teilen der Welt, einschließlich des Westens. Staaten neu zu festigen und zu lebensfähigen Gebilden sozialer und politischer Selbststeuerung von Völkern zu machen, gehört deshalb zu den vordringlichsten Aufgaben der Weltgemeinschaft, vor allem ihrer führenden Nationen. Diese Einsicht und die sie stützenden Argumente sind nicht neu. Sie wirken aber vor dem Hintergrund der besonders in den Vereinigten Staaten feststellbaren Überhöhung neoliberaler Distanz zum Staat dennoch sehr erfrischend. Die Aufgabenstellung "Staaten bauen" ist allerdings schnell formuliert, fragt sich nur "Wie?"

Fukuyamas Ausgangspunkt ist die enttäuschende Bilanz aller bisherigen Versuche, in den globalen Konfliktzonen und den von Armut und Gewalt bedrohten Ländern über Entwicklungshilfe, die Verpflanzung von Institutionen und Organisationen sowie mittels treuhänderschaftlichen Regieren die Standards für das Regieren und Verwalten merklich zu heben. Man braucht nur nach Afghanistan oder ins Kosovo zu blicken, um betrübt erkennen zu müssen, daß den enormen Ausgaben der Geberländer kaum irgendwelche politischen, sozialen oder ökonomischen Fortschritte entsprechen. Die amerikanischen Erfahrungen im Irak haben außerdem den - allerdings ohnehin erstaunlich naiven - Glaubenssatz widerlegt, wonach die von einer äußeren Macht vorgenommene Eliminierung einer Diktatur wie von selbst zum Aufwuchs demokratischer Strukturen führt.

Fukuyama weist - darin ein getreuer Schüler seines Lehrers Seymour Martin Lipset - die staatsdistanzierte Sichtweise der Vereinfacher unter den Neoliberalen zurück. Schließlich war es das Aufkommen des modernen Staates als Wahrer von Ordnung, Sicherheit und Gesetzen sowie als Hüter der Eigentumsrechte, wodurch die Dynamik der Wirtschaft und die Expansion der Märkte überhaupt erst möglich wurden. Zwar hält auch Fukuyama Wucherungen des Staats in die Gesellschaft hinein für gefährlich. Aber wenn man, wie das seit den achtziger Jahren die herrschende Doktrin der internationalen Entwicklungspolitik war, die Staatsfunktionen zurückstutzen will, muß man genau zwischen überflüssigen und unabdingbaren Staatsfunktionen unterscheiden und darf das Kind nicht mit dem Bade ausschütten.

Was überflüssig und was unabdingbar ist, läßt sich allerdings nicht am grünen Tisch entscheiden. "Alles hängt vom Kontext ab." Dies könnte geradezu das Motto des Buches sein. Ideale Institutionen wären solche, die kontextunabhängig überall gleich gute Resultate erzielen. Es gibt sie nicht. Gegenüber dem Optimismus der best practice-Propagandisten, die keine wesentlichen Probleme beim Transfer von im Westen erfolgreichen Institutionen in nichtwestliche Länder zu erkennen vermögen, beharrt Fukuyama auf der überragenden Bedeutung der sozialen und politischen Faktoren, die vor Ort alle importierten Institutionen umformen, unter Umständen sogar nutzlos machen. Weder die Soziologie noch die Volkswirtschaftslehre verfügen über genügend methodisches und theoretisches Wissen, um hier einen Königsweg für die Konsolidierung staatlicher Strukturen vorschlagen zu können. In aller Behutsamkeit und so gar nicht auftrumpfend-pompös stellt Fukuyama hier amerikanische und europäische Perspektiven einander gegenüber. Überraschende Querverweise gibt es dabei zu entdecken, etwa zu dem Konzept der "Friedenskonsolidierung" aus der Agenda für den Frieden von Boutros-Ghali, den verschiedenen good governance-Ansätzen oder dem der "sanften Macht" von Joseph Nye. Mit diesem Buch ist es Fukuyama erneut gelungen, eines der großen politischen Themen der nächsten Jahre aufs Tapet zu bringen.

Francis Fukuyama: "Staaten bauen". Die neue Herausforderung internationaler Politik. Aus dem Englischen von Hartmut Schickert. Propyläen Verlag, Berlin 2004. 191 S., 20,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.12.2004

Die Geschichte geht weiter
Francis Fukuyama sieht schwache Staaten als Gefährdung der internationalen Ordnung
Die Bilanz ist ernüchternd. Von den weltweit 43 Friedensoperationen der Vereinten Nationen im vergangenen Vierteljahrhundert ist die Mehrzahl gescheitert. Auch die wichtigsten Einsätze der letzten Jahre lassen nicht auf einen nachhaltigen Erfolg hoffen:
In Afghanistan führte der Einmarsch amerikanischer Soldaten und ihrer Verbündeten zwar zum Sturz des Taliban-Regimes. Aber nun stockt der Wiederaufbau und die Absicherung des Landes. Zugleich stören die Taliban den Wiederaufbau massiv. Allein in Kabul ist es relativ ruhig. In den Provinzen herrschen Kriegsfürsten mit ihren Privatarmeen. Die bittere Erkenntnis: Unter den Taliban war die Sicherheitslage im gesamten Land stabiler als heute.
Auf dem Balkan wird den alliierten Truppen zwar kein erbitterter Guerillakrieg aufgezwungen. Doch trotz der Einrichtung einer internationalen Zivilverwaltung im Kosovo (Unmik) und des riesigen UN-Apparats - mit fast 14 000 Mitarbeitern der weltweit größte - ist die Lage in der Provinz noch immer nicht stabil. Im März kamen bei Unruhen zwischen Serben und Albanern 19 Menschen ums Leben.
Einigung nur auf dem Papier
Auch in Afrika, dem Schauplatz von einem Drittel aller bisherigen Blauhelm-Einsätze, bleibt meistens der Erfolg aus. In Ländern wie der Zentralafrikanischen Republik, dem Kongo oder Somalia, wo sich die verfeindeten Parteien gar nicht oder nur auf dem Papier einigen konnten, sind Friedensmissionen von Beginn an zum Scheitern verurteilt.
Doch trotz oder gerade wegen dieser desillusionierenden Bilanz: Im „Aufbau von Staaten”, in der Schaffung und Stärkung staatlicher Institutionen sieht Francis Fukuyama die Hauptaufgabe internationaler Politik im 21. Jahrhundert. „State Building” soll von Afrika bis Nahost, von Südasien bis Mittelamerika außer Kontrolle geratene Regionen befrieden und stabilisieren. Eine Forderung, die der amerikanische Politologe keinesfalls aus altruistischen Beweggründen erhebt. Denn nach seiner Einschätzung stellen schwache oder gescheiterte Staaten das gravierendste Einzelproblem für die internationale Ordnung seit dem Ende des Kalten Krieges dar: „Failed States” verstoßen gegen Menschenrechte, provozieren humanitäre Katastrophen, sind der Grund für massive Migrationsbewegungen und greifen ihre Nachbarn an. Ferner haben die Anschläge vom 11. September gezeigt, dass schwache oder gescheiterte Staaten Terroristen, die den USA und anderen Industrieländern erheblichen Schaden zufügen können, eine Heimstatt bieten.
Damit ist einer der politischen Vordenker in den USA, was die Sicherheitsinteressen seines Landes anbelangt, bei den Fragen angekommen, mit denen auch internationale Entwicklungsorganisationen konfrontiert sind, nämlich, wie man von außen den Staatsaufbau in Ländern mit schweren internen Fehlfunktionen stimuliert, ihre Regierungsqualität fördert, ihre demokratische Legitimität verbessert und von sich aus lebensfähige Institutionen stärkt. Die Suche nach einer Strategie drängt. Aber sie hat gerade erst begonnen, zumal die seit Jahrzehnten Deregulierung und Entstaatlichung predigende westliche Gemeinschaft auf die neue Aufgabe schlecht vorbereitet ist. Politische Konzepte und Methoden müssen erst entwickelt, Legitimität für deren Umsetzung sowohl im Innern als auch nach außen gewonnen werden.
Wie dies in der Praxis geschehen kann, wie der Westen auf das Phänomen zerfallender und scheiternder Staaten angemessen reagieren soll, lässt sich Fukuyamas Ausführungen nicht entnehmen. Er beschränkt sich darauf, die vielen Dimensionen von Staatlichkeit, die Funktionen, die Kapazitäten und die Legitimationsbasis von Regierungen zu benennen und zu erklären, warum der Staat in den meisten Entwicklungsländern zu schwach ist. Auch die Ursachen werden beleuchtet, ebenso wie deren weltumspannenden Dimensionen: wie sie Instabilität fördert, wie sie das Souveränitätsprinzip im internationalen System aushöhlt und wie es dazu gekommen ist, dass Fragen der demokratischen Legitimität auf globaler Ebene den Diskurs zwischen den USA, Europa und anderen Industrieländern dominieren.
Ein Konzept für erfolgreiches „State Building” bleibt Fukuyama - anders als es der Klappentext seines dort als „hellsichtig” und „bahnbrechend” bezeichneten Buchs verspricht - schuldig. Ein Grund für diese Ratlosigkeit ist vielleicht darin zu suchen, dass der Verkünder des „Endes der Geschichte” einem historischen Abschnitt nicht genügend Aufmerksamkeit gewidmet hat. Denn bereits der große europäische Krieg von 1618 bis 1648, der viele Parallelen zu den Kriegsformen der Gegenwart aufweist, hat gelehrt, dass „Staaten bauen” nicht von Erfolg gekrönt ist, wenn es die Folgen asymmetrischer Kriegführung mit symmetrischen Methoden wie klassischen Militärinterventionen zu beseitigen versucht.
Ist es ein Zufall, wenn in Bosnien als einem der wenigen Beispiele halbwegs gelungenen „State Buildings”, der Frieden dadurch nachhaltig gesichert werden konnte, dass durch die iranische und amerikanische Aufrüstung der unterlegenen Bosnier und Kroaten erst Symmetrie auf dem Schlachtfeld und dann am Verhandlungstisch erreicht wurde? Eine Bilanz, die weniger ernüchternd ausfällt als die Mehrzahl der bisherigen UN-Operationen.
THOMAS SPECKMANN
FRANCIS FUKUYAMA: Staaten bauen. Die neue Herausforderung internationaler Politik. Propyläen, Berlin 2004. 191 Seiten, 20 Euro.
Krisenherd Kongo: Ein aus der regulären Armee desertierter Soldat patrouilliert nahe der Grenze zu Ruanda.
Foto: dpa
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Beeindruckt und ein wenig neidisch ist Beat Bumbacher angesichts der konzisen Form, mit der Francis Fukuyama "ein beeindruckendes Maß an gedanklicher Durchdringung des Stoffes" seines neuen Buchs gelingt. Dieses dreht sich, diesmal "ohne hegelianischen Gestus", um das dringliche Problem der so genannten "gescheiterten" Staaten, die zum Tummelplatz religiöser und politischer Fanatiker werden. Im Hinblick auf die massiven Schwierigkeiten, Demokratie und Rechtstaatlichkeit in jenen schwachen Staaten zu installieren fasst Bumbacher den zentralen Gedanken Fukuyamas verkürzend wie folgt zusammen: "Institutionen müssen nicht einfach mit Hilfe von Einheimischen entwickelt werden, sondern von diesen selber, um eine Überlebenschance in der rauen Realität zu haben." Denn Staaten seien keine Fertighäuser, die schlüsselfertig nach Afghanistan und Co. exportiert werden können. Die Problemlage, die Fukuyama konstatiert, sei dabei eine ganz andere als noch vor ein paar Jahren, als das Credo hieß: nur ein schlanker Staat ist ein starker Staat. Ein Blick auf die "gescheiterten" Staaten genüge, um festzustellen: "Rechtsstaatlichkeit ist nun einmal wichtiger als Privatisierung." Wer sich von dem etwas drögen organisationstheoretischen Mittelteil des Buchs nicht abschrecken lässt, wird mit einer "ideologisch unverstellten Sicht auf jene Quadratur des Kreises belohnt, als welche sich das Problem des ‚Staatenbaus‘ heute darstellt", verspricht uns der überzeugte Rezensent.

© Perlentaucher Medien GmbH
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