• Gebundenes Buch

3 Kundenbewertungen

'Wassili Grossmans Gesellschaftsepos über die Schlacht um Stalingrad ist wie Tolstois Krieg und Frieden eines der wichtigsten Werke der russischen Literatur ein Meisterwerk, durchdrungen von enormer erzählerischer Kraft, von tiefer Einfühlung in die Leiden der Opfer und einer umfassenden Erkenntnis über die Mechanismen hinter der Tragödie des 20. Jahrhunderts. Als Anfang Februar 1943 die 6. deutsche Armee in Stalingrad kapituliert, bedeutet dies nicht nur die Wende im Zweiten Weltkrieg, für die Sowjets ist Stalingrad auch ein Wendepunkt in ihrem Verhältnis zu Diktatur und Terror. Mit großer…mehr

Produktbeschreibung
'Wassili Grossmans Gesellschaftsepos über die Schlacht um Stalingrad ist wie Tolstois Krieg und Frieden eines der wichtigsten Werke der russischen Literatur ein Meisterwerk, durchdrungen von enormer erzählerischer Kraft, von tiefer Einfühlung in die Leiden der Opfer und einer umfassenden Erkenntnis über die Mechanismen hinter der Tragödie des 20. Jahrhunderts.
Als Anfang Februar 1943 die 6. deutsche Armee in Stalingrad kapituliert, bedeutet dies nicht nur die Wende im Zweiten Weltkrieg, für die Sowjets ist Stalingrad auch ein Wendepunkt in ihrem Verhältnis zu Diktatur und Terror. Mit großer Anteilnahme beschwört Wassili Grossman Episoden aus dem Kampf an der Wolga, erzählt vom Häftlingsleben und -sterben in deutschen KZ, Gefangenenlagern und in den sowjetischen Gulags, wobei die frappierende Verwandtschaft von Nationalsozialismus und Sowjetregime offengelegt wird. Ob der Physiker Strum und die weitverzweigte Stalingrader Familie Schapownikow, der in einem deutschen Lager inhaftierte Michail Mostoskoi, die deutschen und sowjetischen Militärs, Wissenschaftler, Soldaten und Bürger Wassili Grossman hat die vielen Einzelschicksale zu einem groß angelegten Erzählkosmos verwoben, der trotz der Schrecken des Totalitarismus von der einen Hoffnung nicht lässt: der einfachen menschliche Güte, die selbst dann ihre Wirkung zeigt, wenn die äußeren Ereignisse gleichgültig und brutal über sie hinweggehen.
Autorenporträt
Wassili Semionowitsch Grossman (1905-1964) war zunächst einer der anerkanntesten linientreuen Schriftsteller der Sowjetunion. Die Erfahrungen während des Vaterländischen Krieges, die Katastrophe der europäischen Juden, die auch ihn unmittelbar traf, sowie die vielen Schicksale, denen er als Korrespondent der Armeezeitung Roter Stern begegnete, veränderten sein Leben jedoch von Grund auf und er wurde zu einem der unbeugsamsten Chronisten seiner Zeit.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.12.2009

DAS HÖRBUCH
Frühling im Krieg
Grossmans Stalingrad-Roman „Leben und Schicksal”
Im Oktober 1960 legte der sowjetische Schriftsteller Wassili Grossman der Redaktion der Zeitschrift Snamja ein Manuskript seines Romans „Leben und Schicksal” vor. Zehn Jahre hatte er daran gearbeitet, hatte auf mehr als tausend Seiten die Sowjetunion im Kriege geschildert, so wie er es als Frontberichterstatter erlebt hatte. Die Handlung spielt in den Jahren 1942/43. Im Mittelpunkt stehen der Kampf um Stalingrad und die Ermordung der sowjetischen Juden. Deutsche Vernichtungslager und die Hölle des Gulag werden gleichermaßen geschildert.
Kaum hatte der Chefredakteur von Snamja begriffen, was er da in der Hand hielt, brachte er das Manuskript ins Zentralkomitee. Im Februar 1961 kamen KGB-Mitarbeiter zu Grossman, präsentierten einen Hausdurchsuchungsbefehl und beschlagnahmten Reinschrift, Urmanuskript sowie sämtliche Entwürfe zu „Leben und Schicksal”. Der Roman wurde verhaftet. Zwei Jahre zuvor hatte Boris Pasternak für seinen „Doktor Schiwago” den Literaturnobelpreis erhalten. Dergleichen sollte sich nicht wiederholen.
Der aufmerksame Soldat
Grossman bat 1962 in einem Brief an Chruschtschow um Freiheit für sein Buch. Vergeblich. „Leben und Schicksal” konnte in seiner Heimat nicht erscheinen. Kurz bevor er 1964 an Krebs starb, meinte Grossman, man habe ihn im Torweg erwürgt, still, jedes Aufsehen vermeidend, um die Ecke gebracht.
Freunden und Dissidenten mit guten Kontakten ist es zu verdanken, dass eine gerettete Abschrift des Romans in den Westen gelangte. 1980 erschien die russische Originalausgabe in der Schweiz. 2007 wurden die deutschen Leser mit einer überarbeiteten und ergänzten Ausgabe überrascht und verstanden nun erst Bedeutung und Größe dieses Romans. Er erzählt vor allem vom zaghaften Frühling der Freiheit mitten im Krieg, als nicht mehr eingebildete Faschisten und „Volksfeinde” gejagt, sondern wirkliche Feinde und Okkupanten bekriegt wurden. Ebenso eindringlich erzählt Grossman, wie der totalitäre Staat nach den kurzen Monaten der verhaltenen Entstalinisierung wieder zur gewohnten Unterdrückung zurückkehrt.
Dieses figurenreiche Panorama, das Nebeneinander von Dialog und langen, fast essayistischen Passagen in ein Hörspiel zu verwandeln, musste für unmöglich gelten, bis Helmut Peschina und Norbert Schaeffer es taten. Es ist verblüffend gut gelungen, obwohl die Geräuschkulisse zunächst übertrieben wirklichkeitsnah anmutet: Da pfeift der Wind, da rattern die Züge, da donnern Geschütze. Präzision und Wirklichkeitsfülle der Beobachtungen Grossmans beruhen auf der ungeheuer geschärften Aufmerksamkeit des Frontsoldaten, der nur dank verlässlicher Sinne überleben kann. Die aufwendigen Klanginszenierungen setzen das in Szene. Der Erzähler – Jürgen Hentsch mit unglaublich sonorer Stimme – beschränkt sich meist auf knappe Informationen über Schauplatz und Handelnde. Vorangetrieben wird die Handlung durch die vielen, meist kurzen Gespräche.
Mehr als 50 Namen stehen im Personenverzeichnis, und dass man beim Hören dennoch den Überblick nicht verliert, spricht für die Sorgfalt der Sprecher. Sie gewinnen dem Roman eine neue Dimension ab. Man erfährt hörend, wie die Figuren ihr Leben gegen den Zugriff der Geschichte, der „Gewalthaber” Hitler und Stalin behaupten müssen: Manche fallen dabei ins Gemeine, in Verrat oder Mitläufertum, andere wandeln sich zu Helden, die meisten schwanken zwischen Größe und Kleinheit. JENS BISKY
WASSILI GROSSMAN: Leben und Schicksal. Hörspielbearbeitung: Helmut Peschina. Regie: Norbert Schaeffer. Mit Jürgen Hentsch, Dietmar Mues, Astrid Meyerfeldt, Margarita Lounis u.v.a. Der Hörverlag, München 2009. 4 CDs, 327 Minuten, 29,95 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

An herausgehobener Stelle, im Aufmacher der FAZ am Sonntag, und mit großer Bewegung begrüßt Rezensent Volker Weidermann Wassili Grossmans monumentalen Roman "Leben und Schicksal", der in der Sowjetunion lange verboten war und nun, 33 Jahre nach dem Tod des Autors, auch erstmals vollständig auf Deutsch vorliegt. Er würdigt das Buch als großartiges Werk über die Schrecken des 20. Jahrhunderts, sieht darin den Roman der russischen Gefangenenlager und Gulags, der deutschen Konzentartionslager, der Schlacht um Stalingrad und der sowjetischen Gesellschaft unter Stalin. Die Beobachtungsgabe und genauen Kenntnisse, die sich Grossman als Kriegsreporter bei der Schlacht um Stalingrad, der Befreiung von Treblinka oder dem Einmarsch in Berlin aneignete, haben ihn beeindruckt, sein "gütiger" nie denunzierender Blick und seine menschenfreundliche Haltung tief bewegt. "Wer die Wahrheit sucht im Lesen, Lebendigkeit, Liebe und Geschichte", so der Rezensent ergriffen, "der muss dieses Buch lesen".

© Perlentaucher Medien GmbH