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2 Kundenbewertungen

"Bullshit ist ein größerer Feind der Wahrheit als die Lüge." Dies ist die zentrale These des aktuellen internationalen Bestsellers: Harry G. Frankfurts konzises, polemisches und provokatives Buch Bullshit . In den Vereinigten Staaten war es der Überraschungserfolg eines philosophischen Buchs der letzten Jahrzehnte. Harry G. Frankfurts Thesen wurden dabei nicht zuletzt an den Orten breit diskutiert, die er im Visier hat: im Fernsehen und der Presse. Frankfurt erläuterte selbst in populären Fernsehsendungen mit dem Scharfsinn eines Philosophen und der Pointiertheit eines großen Essayisten, dass…mehr

Produktbeschreibung
"Bullshit ist ein größerer Feind der Wahrheit als die Lüge." Dies ist die zentrale These des aktuellen internationalen Bestsellers: Harry G. Frankfurts konzises, polemisches und provokatives Buch Bullshit. In den Vereinigten Staaten war es der Überraschungserfolg eines philosophischen Buchs der letzten Jahrzehnte. Harry G. Frankfurts Thesen wurden dabei nicht zuletzt an den Orten breit diskutiert, die er im Visier hat: im Fernsehen und der Presse. Frankfurt erläuterte selbst in populären Fernsehsendungen mit dem Scharfsinn eines Philosophen und der Pointiertheit eines großen Essayisten, dass Bullshit die große Gefahr unserer Zeit darstellt. Seine Diagnose geht aber über eine banale Medienschelte weit hinaus: Sie ist präzise Kulturkritik, die die Politik und unser Alltagsverhalten gleichermaßen einschließt.
Harry G. Frankfurt hat eine scharfsinnige Analyse vorgelegt, wie es kommt, dass Heiße-Luft-Produzieren oder schlicht `bullshitting´, so Daniel Schreiber in der taz, so um sich greifen, dass wir ihnen überall begegnen: in den Medien, der Politik, in der Kneipe und der Bahn. Bullshit ist omnipräsent und schlimmer noch: Bullshit steckt an und droht zur Epidemie zu werden, bei der die Wirklichkeit Gefahr läuft, zu verschwinden. Wer wissen will, ob und wie wir uns dagegen impfen können, dem sei geraten: Bullshit lesen!
Autorenporträt
Harry G. Frankfurt, geboren 1929, ist emeritierter Professor für Philosophie der Princeton University. Er ist Träger vieler Auszeichnungen und Mitglied der American Academy of Arts and Sciences. Seine Bücher sind in zahlreichen Ländern erschienen.

Michael Bischoff, geboren 1949, studierte Mathematik und Soziologie und war Wissenschaftslektor im Suhrkamp Verlag. Seit 1977 übersetzt er Literatur aus dem Französischen und Englischen, u.a. von Émile Durkheim, Michel Foucault, Isaiah Berlin und Richard Sennett.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Fulminant gepoltert heißt es anerkennend bei Rezensent Kurt Flasch über Harry G. Frankfurts aufrichtigen "Aufschrei" gegen die Un-Kultur der "Aufrichtigkeit". Der feine Unterschied von einer Aufrichtigkeit zur anderen werde vom amerikanischen Philosophen ein wenig "umständlich" sprachanalytisch auf den Unterschied von Wahrheit und Lüge zurückverfolgt. Wer lügt, kenne die Wahrheit, fasst der Rezensent die Moral von der Geschicht" zusammen, wer Bullshit rede, interessiere sich nur für seine persönliche Wahrheit. Bullshit entstehe Frankfurt zufolge erstens durch "Desinteresse an der Richtigkeit" und zweitens durch den notorischen "Moralismus in Politik und Feuilleton". So entstehe der Eindruck, wenn alle über alles notwendig unsachverständig reden und urteilen, als ob auch gefühlte rhetorische Wahrheit Wahrheit sei. Im Gegensatz zu jener, referiert der Rezensent den Philiosophen, lasse sich diese aber in der Regel überprüfen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.02.2006

Du und dein Wahrheitswürgen
Karnevalslektüre für Alte: Harry Frankfurts Edelschrift "Bullshit"

Seit einigen Tagen liegt in vielen Buchhandlungen neben der Kasse ein kleinformatiges weinrotes Büchlein aus. Es ist schmal und preiswert: siebenundsiebzig edel gebundene Seiten für acht Euro. Würde das Buch im üblichen Format gedruckt, es hätte keine vierzig Seiten Umfang. Eine weiße Papierbanderole erklärt, ein Kritikerurteil aufgreifend, worum es geht: "Dieses Buch wird Ihr Leben verändern." Im Leinendeckel eingraviert steht: "Bullshit". Autor ist Harry Frankfurt, Philosophieprofessor in Princeton. Das Buch scheint, so wie es da aufgemacht ist, eine vom Himmel gefallene Offenbarung zu sein. Vom Himmel gefallen ist sie nicht. Der Text wurde in Amerika schon in den achtziger Jahren publiziert. Zweifach: zunächst als Zeitschriftenaufsatz, später dann als Stück in einem Sammelband. Im vergangenen Jahr erschien er als Buch bei Princeton University Press und wurde ein Bestseller. In der deutschsprachigen Ausgabe fehlen die meisten Angaben zu dieser Vorgeschichte.

In dem Buch geht es darum, daß von der gesprochenen und geschriebenen Rede, mit der wir täglich in Funk und Fernsehen, Beruf und Freizeit zu tun haben, daß von dieser Rede, diesem weltweiten Wortschwall, nicht alles Gold ist, was glänzt. Daß vieles, bei Licht besehen, nur Reklame ist, Sensationsmache, ein Aufmöbeln alter Hüte zu etwas ganz Neuem, nie Dagewesenem, ein Tamtam mit Superlativen, ein karnevalesker Sprachwirbel auf dem Boden falscher Voraussetzungen und schiefer Proportionen. Ja, so ist die Welt, möchte man mit dem Autor sagen; gleichgültig gegen Wahrheit und Lüge, im Kleinen wie im Großen eine Ausgeburt der Eventkultur. Harry Frankfurt sagt dies mit viel Philologie und Unterscheidung, mit viel Hin und Her. Und es ist sicherlich gut, daß wir einmal darüber gesprochen haben.

In Wirklichkeit seien wir Menschen schwer zu packende Wesen, heißt es auf der letzten Seite. Bedrückt denkt der Leser: So isses. Schwankt die Qualität der Rede im Weltmaßstab tatsächlich nicht beträchtlich? Es gibt kluge und dumme Redner, es gibt die ehrliche Haut und den verschlagenen Fuchs, es gibt solche, die schnell zur Sache kommen (zum Ding an sich, würde Harry Frankfurt, der Erkenntnisoptimist, sagen), und es gibt andere, die ewigen Relativierer, die genauso ewig um das Ding an sich herumreden und bullshit ("heiße Luft", wie der Autor bevorzugt übersetzt) produzieren. Ach, könnte man es den Menschen doch an der Nasenspitze ansehen, wes Geistes Kind sie sind! Harry Frankfurt, hilf! Für ihn, den Freund und Helfer aller bullshit-Opfer (letztlich also aller Mitglieder der Sprachfamilie), haben die Sprachspiele der Menschheit den objektivistischen Charakter einer Straßenverkehrsordnung. Diese Objektivität kann man beim Sprechen abbilden oder verfehlen. Er selber sieht sich als ein in das Wesen der Dinge eingeweihten Sprachpolizisten. Er stellt die Ordnungswidrigkeiten der bullshiter fest und verteilt Knöllchen.

In diesem Sinne sind Form und Inhalt des Bändchens streng aufeinander bezogen. Aufmachung und Aufbau übernehmen eine inhaltliche Funktion. Sie spiegeln getreu ihren Gegenstand: bullshit. Tatsächlich funktioniert dieses Werk exakt nach der im Buch dargelegten Gebrauchsanweisung für die Verfertigung von Scharlatanerie. Philosophisch steht es in der Tradition der Sophismuskritik von Sokrates bis Wittgenstein. Das Neue ist hier freilich, daß sich die Sophismuskritik im Selbstversuch übt, anders gesagt: Das Buch macht sich vorsätzlich selbst zur Zielscheibe der Sophismuskritik. Greifen Sie also zu! Denn Sie können mit diesem Kauf nichts falsch machen. "Bullshit" gehört zu jenen Büchern, die beim Lesen immer richtiger werden: Jeder zufriedene Leser mehr ist ein Sophismus-Opfer mehr und bestätigt hinter seinem Rücken die Grundaussage des Autors: daß zuviel heiße Luft produziert wird, daheim und unterwegs. Pffft, macht es, als wir das Buch zuklappen.

Gern schneidet man sich von Harry Frankfurt eine große Scheibe ab, nimmt sich vor, seine Worte demnächst besser zu wählen und, wie der Autor dringend empfiehlt, nur noch von solchen Dingen zu sprechen, von denen man etwas versteht. Aber etwas Unheimliches bleibt nach dieser Katharsis zurück. Man male sich das doch einmal in Ruhe aus: Wie still würde es im öffentlichen Raum, wenn jeder dem Rat des Autors folgen würde? Und wohin mit all der Zeit, die man durch all den nicht gesprochenen bullshit einspart?

CHRISTIAN GEYER

Harry G. Frankfurt: "Bullshit". Aus dem Amerikanischen von Michael Bischoff. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2006. 77 S., geb., 8,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 28.02.2006

Im Nebel des Palavers
Wer moralisiert, braucht nicht weiter was zu wissen: Harry G. Frankfurt ermahnt zur Sachlichkeit
Der bekannte amerikanische Philosoph Harry G. Frankfurt hat sich ein Wochenende lang hingesetzt und seinen Ärger über Kulturtratsch und Politikergerede von der Seele geschrieben. Und das ging so: Er erfand einen anrüchigen Titel, der ihm Aufmerksamkeit sichert, und nahm zunächst einen langen Anlauf zur Begriffserklärung von Bullshit. Er aktualisiert und differenziert Heideggers Phänomenologie des Geredes. Mit Rücksicht auf sprachanalytische Pfennigfuchserei erklärt er dann etwas zu umständlich den Unterschied von Bullshit und Lüge. Dabei kommt der Lügner besser weg als der Produzent von Bullshit, denn der Lügner respektiere die Wahrheit. Er muss sie kennen, jedenfalls muss er glauben, dass er sie weiß, um von ihr wegführen zu können. Er verfälscht sie punktuell, aber er ehrt sie, indem er seine Fälschung, oft in angestrengter Beweisführung, als wahr hinstellt.
Wortmüll-Lieferanten hingegen haben den Sinn für Tatsachenwahrheiten verloren. Bei ihnen versinkt alles im Nebel des Palavers. Sie reden und reden, aber es interessiert sie nicht, ob ihr Reden Anspruch auf Wahrheit hat. Sie sind der real existierende Skeptizismus. Allerdings wollen sie, dass wir an sie, die Redner, glauben. Dazu versichern sie uns ihrer Aufrichtigkeit. Sie wollen uns überzeugen, sie seien sachkundig und zuverlässig, sie wollen uns einreden, dass sie es gut meinen. Sie reden über alles, vorzüglich über Dinge, von denen sie nichts verstehen.
Frankfurts kleines Buch ist ein Aufschrei. Zwar behauptet er nicht zu wissen, dass die Redescheiße zugenommen habe. Das, sagt er, wisse er nicht, vielleicht gab es sie immer. Aber was er weiß: Die Welt ist voll davon. Aber nicht jedes Gerede und Herumpalavern ist Bullshit. Bullshit entsteht durch Desinteresse an der Richtigkeit bei Themen, die sich klar entscheiden ließen, wenn man nur wollte. Aber man will nicht. Dagegen schreit Frankfurt auf, und dafür sucht er die Gründe: Die Welt ist unübersichtlich, aber sich den Anschein zu geben, man blicke durch, ist ein Wettbewerbsvorteil.
Die Demokratie wird oft so verstanden, als verpflichte sie den Bürger, sich über alles ein Urteil zu bilden. Ferner erzeugt der allverbreitete Moralismus in Politik und Feuilleton ständig Wortmüll. Wer moralisiert, braucht nicht weiter was zu wissen. Das Schlechte ist schnell namhaft gemacht, und dann kann man loslegen. Die letzten Monate gaben dafür Anschauungsunterricht: Auf jeder Auslandsreise der neuen Bundeskanzlerin begleitete sie ein Regen moralistischer Ermahnungen: In Washington solle sie nicht vergessen, Guantanamo anzusprechen, bei Putin solle sie von Tschetschenien reden. Überall in der Welt soll sie das Schlechte anprangern. Chirac könnte sie ermahnen, mit der Atombombe nicht herumzufuchteln und die jugendlichen Ausländer besser zu integrieren; in Rom soll sie Berlusconi davon überzeugen, dass die Mafia etwas Böses ist.
Alle, alle reden, als solle die Kanzlerin herumreisen, um anderen politische Ethik beizubringen. In Wirklichkeit reist sie, um die Interessen der Bundesrepublik zu vertreten. Aber der Wortregen deckt das zu, und es steht zu befürchten, dass die Pfarrerstochter sich eines Tages rühmt, sie habe den Mut zum Tadeln gehabt. Das waren kleine Proben des Wortschwalls, gegen den Frankfurt ausruft: Bullshit!
Aber Frankfurt ist Philosoph, und wenn er poltert, poltert er philosophisch. Er ermittelt tiefere Gründe des verantwortungslosen Geredes, vor allem den konventionellen Skeptizismus. Skepsis gegenüber dreisten Behauptungen ist angebracht, aber, wendet Frankfurt ein, es sei zur Modemeinung geworden, dass die Wirklichkeit nicht erkennbar sei, daher dürfe jeder drauflosreden. Doch jeder, der die Sorge um Richtigkeit seiner Rede aufgegeben hat, ist schon ans Gerede verloren. Ratzinger könnte diese Art von Relativismus nicht grimmiger verdammen als Frankfurt. Nur denkt Ratzinger an allgemeinere, an höhere Wahrheiten als Frankfurt, dem es um Tatsachenwahrheiten geht.
Hier liegt der philosophische Kern seiner Protestschrift; sie ist eine rabiate Ermahnung zur Sachlichkeit: Es genügt nicht, wenn der Redner meint, er müsse nur glaubwürdig sein in dem Sinn, dass er sagt, was er denkt. Er muss sachorientiert denken, und dazu genügt nicht die Übereinstimmung zwischen seinem Innern und seiner Rede. Er muss sich um Objektivität kümmern, und dazu muss er sich jeweils beschränken. Er muss sich sachkundig machen; Treuherzigkeit und rhetorisch aufgespielte „Aufrichtigkeit” ersetzen das nicht. Zudem sind sie gar nicht möglich. Denn der Redner kennt sein eigenes Innere nicht, auf das er glaubt, sich verlassen zu können. Der Mensch ist schwer zu durchschauen; er kann es für seine eigene Person nicht. Es braucht den Austausch von Argumenten. Wer ohne überprüfte Weltkenntnis redet, macht Mist. Er produziert Bullshit.
KURT FLASCH
HARRY G. FRANKFURT: Bullshit. Aus dem Amerikanischen von Michael Bischoff. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main. 2006, 76 Seiten, 8 Euro.
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"Gern schneidet man sich von Harry Frankfurt eine große Scheibe ab, nimmt sich vor, seine Worte demnächst besser zu wählen und... Wie still würde es im öffentlichen Raum, ... wohin mit all der Zeit, die man durch all den nicht gesprochenen bullshit einspart?"
Frankfurter Allgemeine Zeitung
»Frankfurts Essay ist für die Philosophie des Blödsinns das, was Kants Grundlegung zur Metaphysik der Sitten für die Moralphilosophie ist.«