Marktplatzangebote
11 Angebote ab € 3,08 €
Produktdetails
  • Verlag: Suhrkamp
  • Seitenzahl: 125
  • Abmessung: 17mm x 121mm x 202mm
  • Gewicht: 240g
  • ISBN-13: 9783518583159
  • ISBN-10: 3518583158
  • Artikelnr.: 10073758
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.09.2004

Hinweis

EUGENIK. Auf dem Höhepunkt der biopolitischen Debatte hatte sich vor drei Jahren Jürgen Habermas mit seiner Schrift "Die Zukunft der menschlichen Natur. Auf dem Weg zu einer liberalen Eugenik?" (Suhrkamp Verlag, Frankfurt 2001) zu Wort gemeldet. Das Buch ist inzwischen in einer erweiterten Ausgabe erschienen, die als Anhang eine Auseinandersetzung mit einigen Kritikern von Habermas' Thesen enthält - dazu zählen so unterschiedliche Positionen wie jene seinerzeit in der "Deutschen Zeitschrift für Philosophie" (Heft 1, 2002) dokumentierten Repliken von Dieter Birnbacher, Ludwig Siep oder Robert Spaemann. Aus der internationalen Diskussion werden Thomas Nagel und Thomas McCarthy berücksichtigt. Der Auseinandersetzung kommt grundsätzliche Bedeutung zu, weil sie über die biopolitische Debatte hinaus nach den Möglichkeiten und Grenzen der Naturalisierung unseres Selbstverständnisses fragt. Ausführlich kritisiert Habermas die eugenische Logik, wie sie in den etwa in Amerika schon üblichen merkmalsverändernden genetischen Eingriffen zum Ausdruck kommt. Eugenische Konzepte bewertet er unter anderem als Paradoxie einer (unmöglichen) Vorwegnahme künftiger Lebenswelten: "Sind Eltern, die nur das Beste für ihre Kinder wollen, wirklich in der Lage, die Umstände - und das Zusammenwirken dieser Umstände - vorauszusehen, unter denen beispielsweise ein glänzendes Gedächtnis oder hohe Intelligenz (wie immer wir sie definieren wollen) segensreich sein werden? Ein gutes Gedächtnis ist oft, aber keineswegs immer ein Segen." Ähnliches gelte für hohe Intelligenz. Eltern können nicht einmal wissen, "ob eine leichtere körperliche Behinderung ihrem Kinde nicht am Ende zum Vorteil ausschlagen wird". Eugenik ist, so gesehen, auch ein Problem der Hochrechnung. Im Blick auf die in Deutschland verbotene Präimplantationsdiagnostik (PID) greift Habermas die Frage auf, ob dieses Verfahren schon ein eugenisches sei. Seine Antwort: "Eine Handlung, die auf die Selektion des gesünderen Lebewesens hinausläuft, läßt sich von derselben Einstellung wie eine eugenische Praxis leiten." Der Band empfiehlt sich als Beitrag zur Schärfung der biopolitischen Begrifflichkeit.

gey

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Die rasante Entwicklung der Technologien und Biowissenschaften hat eine Renaissance der anthropologischen Reflexion in der Philosophie eingeleitet, behauptet Manfred Geier, der in seiner Rezension mehrere Bücher zum Thema vorstellt, aber nur auf das von Habermas im Detail eingeht. Die Dankesrede von Jürgen Habermas zur Verleihung des Friedenspreises des deutschen Buchhandels verdeutlicht für Geier eine zaghafte Annäherung des Frankfurter Philosophen an die Religion. Wer genauer hingesehen hat, hätte diesen Schwenk bereits früher ahnen können, schreibt Geier und zitiert Habermas als "Nachmetaphysiker der Religion", der an einem "Sinn des Unbedingten" festhalten wolle. Mit einem Leben und Denken in künstlichen Welten wolle sich Habermas nicht anfreunden, meint Geier zusammenfassend und nennt den Autor wohlwollend einen "Gattungsethiker des richtigen Lebens". Gegen die neuen Technologien, die die Grenzen zwischen Personen und Sachen, zwischen Natürlichem und Künstlichem zum Zerfließen bringen, setze Habermas auf die "Unantastbarkeit der Person, die Unverfügbarkeit der naturwüchsigen Leiblichkeit" und die bereits zitierte "Unbedingtheit der Sprache". Habermas verleihe in den beiden neuen Essays, die in diesem Buch versammelt sind, vor allem seiner Skepsis gegenüber den neuesten Entwicklungen Ausdruck. Ein Anschluss oder inhaltlicher Austausch mit ebenfalls die Philosophie traktierenden Kollegen wie den Futurologen Minsky, Moravec oder Kurzweil, kommt Geier zum Schluss, findet beim "Philosophen des Dialogs" nicht statt.

© Perlentaucher Medien GmbH
…mehr