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Dieses Buch handelt von Liebe, Mord und Totschlag (mit gleich zwei Kommissaren) und bietet noch dazu umfängliche Reiseliteratur. Es erzählt von Ernst Wuboldt und seinem Mentor, dem Pohlen. Von Spindel, einem zarten, und Murmel, einem festen Wesen, teils Mätressen, teils Gespielinnen des Wuboldt. Eine Frau namens Bucker wird am Scheitelpunkt des Buches wie Schicksal über ihn kommen. Spielorte sind einesteils Spandau, anderenteils Bamberg. Die Spandower Romanbelegschaft bilden der Bibliotheksdiener Hans (Hansi) Johann Gottfried Hekel, der Reformhausbetreiber Fritz Lamberti, ein Schweiger namens…mehr

Produktbeschreibung
Dieses Buch handelt von Liebe, Mord und Totschlag (mit gleich zwei Kommissaren) und bietet noch dazu umfängliche Reiseliteratur. Es erzählt von Ernst Wuboldt und seinem Mentor, dem Pohlen. Von Spindel, einem zarten, und Murmel, einem festen Wesen, teils Mätressen, teils Gespielinnen des Wuboldt. Eine Frau namens Bucker wird am Scheitelpunkt des Buches wie Schicksal über ihn kommen. Spielorte sind einesteils Spandau, anderenteils Bamberg. Die Spandower Romanbelegschaft bilden der Bibliotheksdiener Hans (Hansi) Johann Gottfried Hekel, der Reformhausbetreiber Fritz Lamberti, ein Schweiger namens Schramm sowie der Oberhauptkommissar Kräuter; sie tagen im Gasthaus Büttelmann am Rundtisch. Die babenbergische Besatzung tagt im Fässla Spezial am fränkischen Langtisch; sie formiert sich um die Damen Bärbel und Hartzvierette, die Herren Dr. Märtens und Ibizza-Kurt, den Forstadjunkten Ortmann sowie den Hauptkommissar Rochus Röhr. Ernst Wuboldt steckt immer irgendwo dazwischen. Das Buch geht böse, aber auch gut aus und beginnt ordnungsgemäß mit Paragraph 0.
Autorenporträt
Thomas Kapielski, geboren 1951 in Berlin, ist ein deutscher Schriftsteller, Musiker und bildender Künstler. 2010 erhielt er den Preis der Literaturhäuser, 2011 wurde er mit dem Kasseler Preis für grotesken Humor ausgezeichnet. In der edition suhrkamp erschien zuletzt Kotmörtel. Roman eine Schwadronörs (es 2759).
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Jörg Magenau ist ganz froh, wenn er auf der letzten Seite des Buches angekommen ist. Dass zu einem Roman mehr gehört als bloßes Volumen, Plausibilität etwa, Verknappung, Präzision, weiß er nach dieser Lektüre umso besser. Bei Thomas Kapielski sucht er all das vergebens. Stattdessen nervt ihn der Autor mit seiner Abneigung gegen alles Romanhafte und einer Romanspielerei, die Magenau in den 80ern noch für Avantgarde gehalten hätte, die ihn heute aber vor allem ermüdet und ein bisschen unterhält mit bösem Witz und viel Gerede und noch mehr Stammtischbieren. Ein Antiroman, meint Magenau, ein heiterer, also schön.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.08.2014

Was sie schon immer über Wuboldt wissen wollten
Thomas Kapielskis Roman "Je dickens, destojewski!" erzählt von Bier-Expeditionen nach Spandau und Bamberg

Der Stammtisch - das schrieb nach dem Krieg kein Geringerer als der Sozialphilosoph Max Horkheimer - sei nun auch nicht mehr der alte, nämlich jener "vielgeschmähte Stammtisch, von dem Strindberg sagt, dass man ihn ehrfürchtig behandeln solle, weil der Mensch gerade dort zur Demokratie komme". Und schon in der legendären "Zeitschrift für Sozialforschung" hatte Horkheimer darauf hingewiesen, dass die "phantasierte Identität - dies gilt von den neukantianischen Philosophiesystemen bis herab zum Stammtisch - erst gestiftet" werden müsse. Ungefähr so mag dies auch Thomas Kapielskis Meinung sein. Nur dass bei ihm zwischen den philosophischen Systemen und dem Stammtischgespräch nicht mehr Dialektik, sondern Identität waltet.

Es geht nach Spandau zum "Büttelmann" (mit Schultheissens Bieren) und nach Bamberg, wo man in der Fässla-Brauerei (früher "Fäßla", die Rechtschreibung wurde zu Kapielskis Leidwesen auch dort reformiert) einkehrt, gelegentlich auch zur Aral-Tankstelle am Scholzplatz im Berliner Westend. Fragen wir nun aber mit Horkheimer nach der Identitätsstiftung am Stammtisch, so wird es gleich vertrackt. Denn die beiden Tische, der beim Büttelmann und der Bamberger, stehen in einem eigentümlichen Spiegelverhältnis: Hier wie dort gibt es eine ansehnliche Bedienung: Susi in Spandau und Vreni im "Fässla". Der Spandauer Oberkommissar a. D. heißt Markulf Kräuter, der Bamberger Oberhauptkommissar ("Forensiker") Rochus Röhr. Hier ein Reformhausbetreiber, dort ein Reformschuhfabrikant. Hier ein Forstadjunkt (später "Staats- und Forstrat", auch "Forstfähnrich"), dort ein Bibliotheksdiener namens Hekel, der auf Hegel schwört. In Bamberg eine "Hartzvierette" (La Vierette, Hartzi), in Spandau der ewig schweigende Karl Schramm.

Bei der Tankstelle aber treffen sich regelmäßig Ernst L. Wuboldt - der Held des Romans, er muss nun endlich vorkommen! - und seine beiden Freundinnen Murmel (rundlich) und Spindel (schmal) zum Flaschenbier. "Unter den Töchtern des Landes finden sich kaum eigenartigere und schmuckere Mädchen als die zwei! Und unter den Tankstellen des Landes kaum eine scharmantere als diese eine!" Beide bekommen von Wuboldt Ansichtskarten aus Bamberg. Wenn wir es richtig sehen, tauchen auch weder Murmel (Mathematikerin, beschäftigt bei einer Glücksspielfirma, sie nennt Wuboldt "Örni") noch Spindel (sie nennt ihn "Wu") jemals beim Büttelmann oder im "Fässla" auf - nie, erst am bösen, bitteren Ende des Romans.

Aber ist es ein Roman? Jawohl und durchaus. Er reflektiert sich selbst, wie man's seit der Romantik nicht mehr erlebt hat, seit Brentanos "Godwi" (wo der Autor im zweiten Teil Gespräche mit dem Helden des ersten führt) oder bei Tieck im "Gestiefelten Kater", wo von der Bühne herunter mit dem Publikum disputiert wird. Schalten wir gleich eine dieser Reflexionen ein: ",Titel und Überschrift, muss das sein?' fragte Wuboldt und antwortete gleich selbst: ,Ja, doch!' ,Muss sein, wa?!' meinte Murmel beipflichtend. ,Aber eine Vorrede?' ,Wer braucht'n sowat?' zweifelte selbst Murmel."

Als sei es noch nicht kompliziert genug, kommt eine weitere Figur ins Spiel, der Autor nämlich, ein gewisser Pohle, der im Personenverzeichnis schnöde als "Schreibkraft" oder "Pollack" firmiert. Auch "Kapielski" klingt ja polnisch, und so sind den romantheoretisch informierten Auslegungskünsten der Leser keine Grenzen gesetzt. Pohle ist mächtig, was die Geschichte angeht - er verbindet irgendwann den Wuboldt mit einer Ehegattin, dem "Bucker", die so ziemlich aus dem Nichts auftaucht -, aber auch er hat nicht alles unter Kontrolle, wie sich am plötzlichen, bösen, bitteren Ende erweist.

Dies ist aber noch keineswegs erreicht, als Wuboldt das Bucker (auch "Buckerli" und "Buckerlein" genannt, gelegentlich "Lindwurm", also Drache) über den Haufen schießt. Ihr wird, von Gnaden des Pohle, eine wunderbare Auferstehung zuteil. Unter all diesen Figuren wird gediegenste Philosophie verhandelt - mit Murmel kommen auch mathematische Probleme zur Sprache -, wie dies an Stammtischen der Brauch ist. Vornehmlich also redet man über Dinge wie den Untergang des Abendlandes, Deutschheit und deren Zukunft, Gegenwartskunst, grünen Meinungsterror und "Veggie Day".

Einmal fehlt Wuboldt beim Büttelmann. "Eben lud Susi Getränke ab. ,Was wohl der Ernst gerade macht?' ,Na, das möchte ich auch mal gern wissen!' sprach der Reformfabrikant. Hekel und Schramm nickten, zudem Kräuter die Schultern hob und ,Ich auch, ich auch!' sagte. (Und wir, Leser? Wir wollen das aber auch gern mal wissen!)" Wer mehr, nein: alles über Ernst L. Wuboldt wissen will, der greife vertrauensvoll zu Kapielskis Roman.

LORENZ JÄGER

Thomas Kapielski: "Je dickens, destojewski!" Ein Volumenroman.

Suhrkamp Verlag, Berlin 2014. 458 S., br., 20,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.01.2015

Wer spielt die erste Geige im Nasenflötenorchester?
„Je dickens, destojewski!“: Thomas Kapielski erfindet ein neues Genre, den „Volumenroman“
Thomas Kapielski irrt. Volumen macht noch keinen Roman. Schreiben hat nämlich mit Präzision zu tun, mit Verknappung womöglich, ja sogar mit Plausibilität. Also reicht es nicht aus, sich „dicke zu tun“, wie der „maßgescheiterte“ Autor durchaus weiß. Auch ambitioniertes Formbewusstsein führt in diesem konkreten Fall bloß dazu, das Textkonvolut in fünf Teile und bedarfsgerechte 294 Paragrafen zu zergliedern. Das hilft aber auch nicht weiter, wenn eine Abneigung gegen das Erzählen und Erfinden die Oberhand behält.
  Da dürfen die Romanfiguren dann ihrerseits über den Titel nachdenken und bezweifeln, dass ein Prolog nötig ist (den es aber dann doch gibt). Der Autor verdoppelt sich (im Buch heißt er „der Pohle“), doch er ist sich nicht sicher, „ob er den ganzen Haupt- und Nebenpersonenquatsch“ durchhalten wird. Im Grunde verachtet er „dieses ausgedachte Romangesülze und Personalbüro“, und doch ist dem „Volumenroman“ am Ende, der Übersichtlichkeit halber, ein Personenverzeichnis beigegeben. Ein heiterer Antiroman also, ein Spiel mit der Romanform und mit der Fiktion: Das ist (postmoderne) Avantgarde von vorgestern, die in den 80er-Jahren richtungweisend gewesen wäre.
  Kapielskis – oder vielmehr des Pohlen – Hauptfigur heißt Ernst L. Wuboldt, wobei das L. programmatisch für „Leerstelle“ steht, wie Wuboldt nach knapp 400 Seiten vom Autor persönlich auf beharrliches Nachfragen hin erfährt. Wuboldt ist Stammtischgänger in Spandau und, damit ihm das nicht zu langweilig wird, auch noch in Bamberg, weil dort die Biere auch nicht zu verachten sind. (Merke: „Vier Bier vor Bier, vier Bier nach vier und vier Bier um vier.“ So kommt der Mensch einigermaßen unbeschadet durch den Tag.)
  Die beiden Stammtischbelegschaften verhalten sich in etwa spiegelbildlich zueinander, weil doppelt besser hält, und auch das Gerede, das hier wie dort neben den Bieren gepflegt wird, entspricht sich, so dass das ganze Buch aus nichts als Gerede besteht – unterbrochen höchstens von den Zugreisen, die Wuboldt von Spandau nach Bamberg und wieder zurück führen.
  Da das dann aber doch etwas eintönig zu werden droht, mischt sich gelegentlich der Pohle als Schöpfergott ein. Nach 200 Seiten verpasst er seiner Figur eine eher unleidliche Ehefrau nebst zwei Söhnen (von denen bis dahin nicht die Rede war), und weil Wuboldt allzu laut protestiert, entzieht er ihm gleich auch noch die Aussicht auf Geschlechtsverkehr für absehbare Zeit. Wuboldt wird darüber immer griesgrämiger und schließlich gar zum Mörder (weil der Autor das so will), aber auch das hat keine nachhaltigen Konsequenzen. Alles, was bloß erzählt wird, ist jederzeit reparabel. Aber wozu steht’s dann da?
  Kapielskis Sprachstrom lebt von gelegentlich aufblitzendem bösen Witz und besoffenem Worterfindungsreichtum. Worte wie „Entzugsermächtigung“ oder „Eiinneres“ beglücken den Autor so sehr, dass er sie seinen Wuboldt auch mal auf Bierblockabreißzettel niederschreiben lässt, die dem „Volumenroman“ als Faksimiles beigegeben sind. Das ist in der Konsequenz, in der er sich wegduckt und alles Bedeutungshafte verweigert, durchaus sympathisch.    Kapielski bewegt sich in seinem altertümelnden Manierismus irgendwo zwischen Jean Paul-hafter Kneipenschnurrigkeit, Eichendorffscher Waldromantik, Grimmelshauseliger Überfülle, schlichter Blödelei und kneipengestützter Autobiografie, in der auch Spuren seiner Vergangenheiten als Alltagsphilosoph, Gelegenheitskunstprofessor und Nasenflötenorchestermitglied zu finden sind. Amüsant? Ja, schon.
  Ermüdend? Das auch. Denn zur Gattung des „Volumenromans“, die hier begründet wird, gehört wohl auch, dass am Ende alle froh sind, wenn es vorbei ist. Nicht nur die Figuren (falls sie nicht am Stammtisch eingeschlafen sind oder ermordet wurden) und der Autor, sondern auch die Leser, die bis zum Schluss durchgehalten haben.
JÖRG MAGENAU
  
Thomas Kapielski: Je dickens, destojewski! Ein Volumenroman. Suhrkamp Verlag, Berlin 2014. 458 Seiten, 20 Euro.
Der Autor mag Bier und verachtet
„das ausgedachte Romangesülze“
Am Ende sind die Figuren
eingeschlafen – oder ermordet
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»... ist es ein Roman? Jawohl und durchaus. Er reflektiert sich selbst, wie man's seit der Romantik nicht mehr erlebt hat...« Lorenz Jäger Frankfurter Allgemeine Zeitung 20140819