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Eine junge Frau blickt auf ihren Ehealltag und in ihren Kleiderschrank und vergleicht ihre bescheidene Existenz mit dem extravaganten Lebensstil der verführerischen Gräfin Casati. Luisa Casati, die italienische Künstlerdiva, die Geliebte Gabriele d'Annunzios, gilt nach der Madonna und Kleopatra als die meistporträtierte Frau der Kunstgeschichte. Über hundert Künstler haben sie gemalt und fotografiert - von Giacomo Balla bis Andy Warhol. Die Ich-Erzählerin in Camille de Perettis bezauberndem Roman ist wie elektrisiert von der berühmten Muse: So oft wurde sie dargestellt, Coco Chanel, Christian…mehr

Produktbeschreibung
Eine junge Frau blickt auf ihren Ehealltag und in ihren Kleiderschrank und vergleicht ihre bescheidene Existenz mit dem extravaganten Lebensstil der verführerischen Gräfin Casati. Luisa Casati, die italienische Künstlerdiva, die Geliebte Gabriele d'Annunzios, gilt nach der Madonna und Kleopatra als die meistporträtierte Frau der Kunstgeschichte. Über hundert Künstler haben sie gemalt und fotografiert - von Giacomo Balla bis Andy Warhol. Die Ich-Erzählerin in Camille de Perettis bezauberndem Roman ist wie elektrisiert von der berühmten Muse: So oft wurde sie dargestellt, Coco Chanel, Christian Dior und Karl Lagerfeld haben Kollektionen nach ihr benannt - und wie wenig weiß man heute über sie!
Luisa Casatis Auftritte waren provokant, ihre Feste legendär. Um den Hals trug sie eine lebende Boa und die Bissspuren ihres Geliebten. Sie lebte auf Capri, in Paris, London und Venedig - im Palazzo Casati in Venedig ist das Guggenheim Museum untergebracht. Die Ich-Erzählerin hingegen trifft ihre Freunde in Fast-Food-Restaurants, liest nachts Nabokov und schreibt Geschichten in ihr Tagebuch. Wie unmondän!
Selbstironisch und humorvoll, mit dem liebevollen und zugleich bitterbösen Blick in die Seele, den wir aus «Wir werden zusammen alt» kennen, schreibt Camille de Peretti über weibliche Heldenmythen und über Wünsche, Nöte und Sehnsüchte von Frauen.
Autorenporträt
1980 in Paris geboren, studierte Philosophie, gründete eine eigene Theatertruppe, arbeitete in England und Amerika im Finanzbereich und hatte eine Kochshow im japanischen Fernsehen. Sie lebt heute als freie Autorin in Paris.Bei Rowohlt erschienen die Romane «Wir werden zusammen alt» und «Der Zauber der Casati».
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.02.2013

Die Muse im Müll

Sie lebte im Rausch und wollte ein lebendiges Kunstwerk sein, sie endete einsam und verarmt: Camille de Perettis neuer Roman spürt dem Zauber der legendären Luisa Casati nach.

London bei hereinbrechender Dunkelheit: Eine hagere Gestalt beugt sich gierig über eine Mülltonne, flinke Hände wühlen in Zeitungen, fleckigen Lumpen, angegessenem Obst. Schließlich huscht ein Lächeln über die ausgezehrten Lippen: Ein veilchenblaues Stück Samt schimmert zwischen dem Unrat. Die Schatzsuche war erfolgreich.

Dies ist keine Szene aus "Der Herr der Ringe" und somit auch keine Begegnung mit Gollum. So beginnt vielmehr der neue Roman von Camille de Peretti. Die junge Französin hatte 2011 mit "Wir werden zusammen alt" ihr Debüt in Deutschland vorgelegt - eine Autorin, die man im Auge behalten müsse, hieß es danach. Der Titel ihres neuen Buches lautet "Der Zauber der Casati". Was nach überzuckerter italienischer Süßspeise klingt, ist ein literarischer Annäherungsversuch an ein glamouröses, letztlich gescheitertes Leben.

Denn das gollumgleiche Wesen ist niemand anderes als die Marquesa Luisa Casati Stampa di Soncino, die der Legende nach am häufigsten porträtierte Frau der Kunstgeschichte (gleich nach der Jungfrau Maria, versteht sich). Sie wird 1881 als Tochter eines Textilfabrikanten in Mailand geboren, nach dem frühen Tod der Eltern erbt sie ein schier unschätzbares Vermögen: "Eine Frau, die mehr Edelsteine besaß als alle Sultane Arabiens", heißt es im Prolog des Buches. Doch auf ein ebenso märchenhaftes Ende wartet man vergebens: Alt und verarmt zehrt die Marquesa von der Erinnerung an jene Zeiten, als alles noch "Rausch und Wollust" war. Dabei macht die Erzählerin Camille von Beginn an deutlich, dass es ihr nicht um Fakten, sondern um Faszination geht. Entscheidend ist also der Zauber der Casati, nicht die Casati selbst. Dem historischen Vorbild wird dies insofern gerecht, als dass auch die leibhaftige Marquesa sich als Projektionsfläche begriff. Ihr Lebensziel bestand darin, Muse zu sein und ein lebendiges Kunstwerk. Ein Wunsch, aus dem nicht nur Eitelkeit spricht, sondern der auch eine Form weiblicher Selbstbehauptung darstellte. Die Marquesa, die weder besonders schön war noch viel Glück in der Liebe hatte, fand ihr Selbst erst im Spiegel der Aufmerksamkeit anderer. Ihre Extravaganz sollte inspirieren und schockieren. Dass sie gesehen wurde, war ihr weit wichtiger als das, was man in ihr sah. Sie flanierte durch Venedig, zwei Geparden an der Leine, trug eine Würgeschlange als Halsschmuck und ließ für einen Theaterbesuch eine Ziege schächten, um ihre welkgrüne Robe à la Lady Macbeth mit Blut zu besudeln. Und nur selten verfehlten solche Selbstinszenierungen ihre Wirkung.

Musen sind merkwürdig ferne Wesen, ihre Konturen verlieren sich in Endlosspiegelungen. Sie sind der "Schatz" des Künstlers, und dies in mehrfachem Sinn, aber eigentlich sind sie Schatztruhen ohne Inhalt. Indem die Erzählerin Camille die Casati zu porträtieren versucht, reiht sie sich ein unter die Giovanni Boldinis, Kees van Dongens und Man Rays. Auch sie macht sich die Marquesa zu eigen: "Sie ist meine Figur, sie ist mein Schatz. Ich darf sie sagen lassen, was immer ich will." Doch der Versuch, die Marquesa nicht nur als Mythos, sondern auch als Menschen zu zeigen, misslingt. So sind denn die Passagen, die sich mit der Person hinter der Leinwand befassen, die schwächsten des Buches. Camille de Perettis Psychologisierungen geraten überwiegend banal: Die Casati sei nie Femme fatale, sondern "vor allem unendlich einsam" gewesen. Genauso schnell bei der Hand ist der Grund für ihre Verschwendungssucht: "Mittlerweile fühlt Luisa sich umso wichtiger, je mehr sie ausgibt."

Kajalumrandete Augen schauen aus einem bleichen Gesicht - die Porträts der Marquesa haben oft etwas Vampirhaftes. Doch während ein Vampir kein Spiegelbild erzeugt, scheint die Casati nur als Spiegelbild zu existieren. Und als ob ein diffuses Wesen nicht reichen würde, rückt die Autorin eine zweite weibliche Hauptfigur in den Vordergrund. Wie die Casati wollte auch die Erzählerin Camille schon immer eine Muse sein. Sie geht als unerfahrene Schauspielerin nach New York, quält sich durch eine Ehe mit einem Maler, der wenig malt und viel trinkt und so weiter. Um es kurz zu machen: Zu einer Muse reicht es letztlich nicht. Wenn es einen Zusammenhang zwischen der Erzählerin und ihrem "Schatz" gibt, dann diesen: Die Marquesa stirbt arm und ohne geliebt worden zu sein, eine Muse ist sie vielen gewesen. Camille hingegen erkennt, dass sie zwar niemandem eine Muse war, aber "Herzen bluten" ließ. Vielleicht hätten weniger Gollum und mehr Zauber, weniger Camille und mehr Casati das Buch zu einer inspirierenden Lektüre werden lassen.

NADYA HARTMANN

Camille de Peretti: "Der Zauber der Casati". Roman.

Aus dem Französischen von Hinrich Schmidt-Henkel. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2013. 256 S., geb., 19,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Marquesa Luisa Casati Stampa di Soncino - oder schlicht: die Casati - war weder besonders schön, noch eine erfolgreiche Eroberin in Liebesdingen, weiß Nadya Hartmann. Trotzdem übt die Marquesa eine Faszination aus, die sie Gerüchten zufolge zur "am häufigsten porträtierte Frau der Kunstgeschichte (gleich nach der Jungfrau Maria, versteht sich)" gemacht hat. Für ihren Roman "Der Zauber der Casati" hat sich jetzt auch Camille de Peretti ihrer bedient, berichtet die Rezensentin. Die Autorin will in ihrem Buch nicht die historische Figur ausleuchten, sondern ihren Zauber einzufangen, ihren eigenwilligen Charme. Hartmann vermisst allerdings das Feingefühl in der emotionalen Ausstattung der Figuren. Die konkreten Charaktere, die de Peretti auftreten lässt, sind entweder zu flach geraten oder klischeegetränkt. Auch die Erzählerin Camille schiebe sich zu sehr in den Vordergrund, wo die Rezensentin lieber mehr von der Casati gelesen hätte.

© Perlentaucher Medien GmbH
In dem ihr eigenen natürlichen Ton bringt uns de Peretti die exzentrische Luisa Casati so nahe, als wäre sie unsere beste Freundin. Le Figaro
Auf diese Autorin wird man achten müssen. FAZ