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Tod in Afrika: Aids und die verhängnisvolle Morallehre der katholischen Kirche Stefan Hippler ist deutscher Pfarrer und Aids-Aktivist in Kapstadt und liegt mit seiner Kirche regelmäßig im Konflikt. Bartholomäus Grill war langjähriger Afrika-Korrespondent der Zeit und ist der Autor von Ach, Afrika (laut Spiegel »das beste deutschsprachige Afrika-Buch«). Zusammen haben sie eine zornige Streitschrift verfasst - wider die Engstirnigkeit, Sexualfeindlichkeit und Realitätsverweigerung der katholischen Kirche angesichts des afrikanischen Massensterbens.
Der Seelsorger Stefan Hippler widerlegt alle
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Produktbeschreibung
Tod in Afrika: Aids und die verhängnisvolle Morallehre der katholischen Kirche Stefan Hippler ist deutscher Pfarrer und Aids-Aktivist in Kapstadt und liegt mit seiner Kirche regelmäßig im Konflikt. Bartholomäus Grill war langjähriger Afrika-Korrespondent der Zeit und ist der Autor von Ach, Afrika (laut Spiegel »das beste deutschsprachige Afrika-Buch«). Zusammen haben sie eine zornige Streitschrift verfasst - wider die Engstirnigkeit, Sexualfeindlichkeit und Realitätsverweigerung der katholischen Kirche angesichts des afrikanischen Massensterbens.

Der Seelsorger Stefan Hippler widerlegt alle Vorurteile gegen den Katholizismus. Er hat die deutschsprachige Gemeinde in Kapstadt wiederbelebt, nimmt die Herausforderung von HIV/Aids an und leistet mit seiner Hilfsorganisation_ HOPE_ Pionierarbeit im Kampf gegen die Pandemie. Furchtlos spricht er unbequeme Wahrheiten aus - und scheut auch die Auseinandersetzung mit der Amtskirche nicht. Die meisten Priester oder kirchlichen Mitarbeiter in Afrika reagieren wortkarg, ausweichend und - man kann es nicht anders nennen - verklemmt, wenn es um die Ursachen der Seuche, die Allmacht des Aberglaubens, das Ausmaß der Vergewaltigungen oder die Verantwortungslosigkeit der afrikanischen Männer geht. Die katholische Kirche stößt immer wieder in die Posaunen der Gegenaufklärung. Kondome? Teufelszeug! Die Seuche?

Eine Strafe Gottes. Seid enthaltsam! Bleibt treu! Die Sexualität ist und bleibt etwas Schmutziges, Verwerfliches. Auf einem Kontinent, in dem die sexuelle Aktivität oft schon mit zwölf beginnt, muten die Aufrufe zur Keuschheit weltfremd an.

Bartholomäus Grill und Stefan Hippler wollen mit diesem Buch auch den Vatikan erreichen, die Machtzentrale ihrer Kirche. Sie werden Benedikt XVI. ein Exemplar nach Rom senden. Die katholische Kirche ist auf einen Mann zentriert, und sein Wort ist Gesetz. Deshalb kann nur der Papst eine grundstürzende Wende in der kirchlichen HIV/Aids-Politik einleiten, um die vorallem in Afrika so verhängnisvolle Morallehre der katholischen Kirche zu überwinden.

Das Vorwort schrieb Henning Mankell.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.01.2008

Verhängnisvolle Kirche
Der Vatikan ignoriert nach wie vor die Aids-Epidemie
Die Autoren, beide katholisch, sind nicht bereit, sich mit der Haltung ihrer in Afrika wichtigen Kirche abzufinden. Die Antwort aus Rom kam prompt. Stefan Hippler, Priester in Kapstadt, Gründer der Aids-Hilfsorganisation Hope Cape Town und Mitautor des Buches „Gott, Aids, Afrika” bekam einen Maulkorb verpasst. Er darf mit seinem Buch nicht in Deutschland auf Lesereise gehen. Sein Verlag Kiepenheuer und Witsch teilte mit, Hipplers vorgesetzte Dienststelle, die Abteilung Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, habe das Verbot ausgesprochen.
Diese Kirche sorgt weiter dafür, dass die Immundefekt-Krankheit Aids in Afrika nicht richtig bekämpft werden kann. Die Autoren zitieren aus dem „Vademecum für Beichtväter”, das der immer noch weltweit verehrte Papst Johannes Paul II. 1997 in Auftrag gegeben hatte. „Die Kirche hat stets gelehrt, dass die Empfängnisverhütung, das heißt jeder vorsätzlich unfruchtbar gemachte Akt, eine in sich sündhafte Handlung ist. Diese Lehre ist als definitiv und unabänderlich anzusehen”, heißt es dort
Das Schlimme: Es ist überhaupt kein Trost, dass sich immer weniger Menschen an diese Lehre halten. Selbst die nicht, die in der Kirche bleiben. In Afrika ist das aber deshalb verhängnisvoll, weil die Pestseuche Aids über den Kontinent rast. Fünf Millionen sind hier schon an Aids gestorben. 2000 infizieren sich an jedem Tag neu, 1000 sterben pro Tag (die Vereinten Nationen nennen sogar noch weit höhere Zahlen, die aber strittig sind). Südlich der Sahara leben – von rund 40 Millionen Menschen weltweit – etwa 26 Millionen mit einer HIV-Infektion. Der Vatikan verbietet aber weiter den Gebrauch von Kondomen. Dabei ist dies das einzige Hilfsmittel, das beim sexuellen Akt den Austausch von Körperflüssigkeiten wirksam verhindern kann, so dass es nicht zur Ansteckung kommt.
Das Buch macht mit diesem ungewöhnlichen Priester Stefan Hippler
bekannt, der Haltungen und Tugenden bewahrt, die man der offiziellen Kirche kaum zutrauen würde. Er ist ein Oppositioneller, hat sich in Hasselbach im Hunsrück an der Sitzblockade gegen das US-Atomwaffendepot beteiligt und landete seinerzeit mit Petra Kelly und Gerd Bastian im Gefängnis. Das Ordinariat in Trier findet das nicht so toll, ist doch schließlich die Katholische Kirche in Deutschland auch auf Grund der Privilegien des Konkordates eher staats-fromm. Niedlich schreibt der Pfarrer: „Meine Karriere schien schon in den ersten sechs Monaten ins Stocken geraten zu sein.”
Aber Hippler ist jemand, der erkennt, dass er vom Leben noch gar nichts weiß. Er beantragt ein Sabbatjahr. 1987 geht er nach nach Kapstadt. Dort hat er mit der Hauptkrankheit Armut und der anderen schrecklichen Krankheit Aids zu tun. Hippler bekommt mit, wie die Praxis in Afrika aussieht. Er lernt die Sangoma kennen, die einheimischen Heiler. Er weiß, wie weitverbreitet die Witwenvererbung ist: Ein Bruder oder Vetter des Verstorbenen schläft mit dessen Frau, um sie von den Dämonen des Todes zu reinigen. In vielen Kulturen Afrikas ist die Polygamie verbreitet.
Das Buch ist ehrlich und persönlich. Bartholomäus Grill bekennt seine Vorurteile: „Manche Leute glauben, dass man sich schon beim Händeschütteln anstecken könne. Oder durch die nasse Aussprache eines Gesprächspartners. Oder beim Sitzen auf einer Klobrille. Oder durch die Berührung einer Türklinke.” Grill bekommt mit, wie eine bekannte Familie sogar an ihrem Kindermädchen festhält, als sie hört, dass diese HIV-positiv ist. Der Arzt hatte empfohlen, dieses Kindermädchen Vuyie fristlos zu entlassen. „Wo liegen die Grenzen der Mitmenschlichkeit?” fragt sich Grill. Die Furcht vor Stigmatisierung ist unglaublich groß. In ländlichen Regionen kann die Erkrankung zur Verbannung aus der sozialen Gemeinschaft führen. Und – so schreibt Grill – Vuyie lege sehr großen Wert darauf, dass diese Geschichte nicht in Südafrika veröffentlicht werde.
Das Buch berichtet von dem beschämenden Besuch von vier deutschen Weihbischöfen in dem Township Mfuleni, in dem Hippler seine Hilfsoperation zugunsten der Aids-Kranken betreibt. Die katholische Amtskirche erlebt Hippler als durchzogen von einer Urangst, dass Dämme brechen können, wenn die Kirche ihre Morallehre liberalisiert. Der Kampf gegen Aids, schreibt der bekannte Afrika-Anwalt und Schriftsteller Henning Mankell in einem Vorwort zu dem Buch, ist die „Entscheidungsschlacht des Humanismus”. Mankell besteht darauf: Es ist wichtiger, den Kampf gegen Aids als den Krieg gegen den Terror zu führen. RUPERT NEUDECK
STEFAN HIPPLER/BARTHOLOMÄUS GRILL: Gott, Aids, Afrika. Eine Streitschrift. Vorwort von Henning Mankell. Kiepenheuer und Witsch, Köln 2007. 192 Seiten, 17,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.12.2007

Rom reimt sich auf Kondom

Wie lange kann die katholische Kirche noch gegen Verhütungsmittel predigen? Mit Argumenten, wie sie Drewermann gegen den Zölibat vorbrachte, kommt man da nicht weit. Im Namen Afrikas fordern Stefan Hippler und Bartholomäus Grill jetzt eine weltoffene Aids-Theologie.

Das Finale im Machtkampf um den Parteivorsitz des African National Congress ist erreicht. Die beiden Rivalen, der Favorit Jacob Zuma und der südafrikanische Präsident Thabo Mbeki, begegnen uns auch in der engagierten Streitschrift "Gott, Aids, Afrika" von Stefan Hippler, Pfarrer der deutschsprachigen Gemeinde Kapstadts, und Bartholomäus Grill, langjähriger Südafrika-Korrespondent der "Zeit". Mbeki taucht darin auf, weil er über Jahre zur Bagatelle erklärte, dass sein Land die höchste Aids-Prävalenzrate (Erkrankte im Verhältnis zur Bevölkerungszahl) Afrikas aufweist: Tausend Menschen sterben täglich an der Folgen der Immunschwäche. Zuma blamierte sich in einem Vergewaltigungsprozess, den eine HIV-positive Bekannte gegen ihn angestrengt hatte, durch die Aussage, sich durch eine anschließende Dusche vor dem Virus geschützt zu haben.

Damit stehen sie nicht allein. Die Gesundheitsministerin, Manto Tshabalala-Msimang, empfiehlt Knoblauch, Rote Beete und Olivenöl. Auch wenn der Ernst der Pandemie allmählich erkannt zu werden scheint - am desaströsen Versagen der südafrikanischen Regierung lassen die Verfasser keinen Zweifel. Der Hauptadressat des Buches allerdings ist Papst Benedikt XVI., dem man, leicht prätentiös, "ein Exemplar nach Rom senden" wolle. Von dem erhoffen sich die Verfasser eine Wende in der Haltung der katholischen Kirche gegenüber der Empfängnisverhütung. Infizierte würden implizit als Sünder behandelt. Eine weltfremd gewordene Kirchenführung "setzt Menschen, die diese Lehre befolgen, dem Risiko aus, sich mit einem tödlichen Virus zu infizieren". Von einer "strukturellen Sünde" ihrer Institution sprechen die Autoren: "Die Kirche, der Leib Christi, ist vom Virus infiziert."

Die theologische Argumentation ist gegenüber der lebensweltlichen ("Man muss das Elend sehen, hören, riechen und schmecken, um es zu begreifen") nur schwach ausgeprägt. So wird der historische Charakter der katholischen Sexuallehre betont. Die "große Prüderie" sei über die griechische Philosophie in das Christentum gelangt: eine Anspielung auf Paulus' stoische Prägung. Festgeschrieben habe die restriktive Lehre Augustinus. Sie sei endlich der modernen Wirklichkeit anzupassen. Hippler regt an, sich nach dem Vorbild der orthodoxen Kirche am Prinzip der "oikonomia" zu orientieren, das in Notsituationen Ausnahmen von den Regeln zulasse.

Im Vatikan dürfte der Auslandsseelsorger damit kaum als satisfaktionsfähig gelten. Doch daran liegt ihm auch nicht: "Ich habe keinen theologischen Lehrstuhl inne und auch kein Interesse an einer Kirchenkarriere". Seine Herausforderung ist anders geartet als jene, mit der vor zwei Jahrzehnten Eugen Drewermann den Sinn des Zölibats infrage stellte. Dass Hippler und manche seiner in Afrika tätigen Mitbrüder die römischen Vorschriften offen missachten, indem sie massenhaft lebensrettende Kondome verteilen, dürfte nicht nur hierzulande überwiegend als Dienst an der Glaubwürdigkeit der katholischen Kirche aufgefasst werden. Grill und Hippler verbinden mit ihrem Appell eine viel weiter gespannte Hoffnung: Die katholische Kirche könnte "als größte globale Institution wie keine andere gegen die HIV/Aids-Pandemie kämpfen."

Was das Buch so lesenswert macht, ist nicht zuletzt seine theologieferne Dimension: der Einblick in die tägliche Arbeit derer, die sich um die oft isolierten Aidskranken kümmern. Das von Hippler mitinitiierte Projekt "Hope Cape Town" betreibt seit acht Jahren eine eigene Abteilung für Infektionskrankheiten im Kinderkrankenhaus von Tygerberg. Die permanente Konfrontation mit "Apartheid im Gesundheitswesen" und mit einer "Culture of denial" wird deutlich. "Hope" baut modellhaft auf dem Prinzip der Hilfe zur Selbsthilfe auf. Dem Krankenschwestermangel etwa wird durch die Ausbildung von Township-Bewohnern zu "Health workers" begegnet. Ein großes Problem stellt auch die Neigung vieler Südafrikaner dar, dem Versprechen der traditionellen Heiler, Aids spirituell kurieren zu können, Glauben zu schenken. Die Gesundheitsarbeiter von "Hope" gingen daher auf die Sangoma-Heiler zu. Gemeinsam wurde ein gegenseitiges Überweisungssystem erarbeitet.

Zwei Dinge scheinen problematisch an dieser Streitschrift: der nicht sonderlich elaborierte, aber hoch emotionalisierte Stil: "Der Tod schaut uns aus hundert Gesichtern an". Hinzu kommt eine konzeptionelle Unentschiedenheit. Man möchte nicht nur eine "Aids-Theologie" stimulieren und Spenden für das "Hope"-Projekt erbitten. Es soll zugleich Basiswissen über die Krankheit vermittelt, die afrikanische Kultur hinterfragt und der Blick auch auf staatliche Diskriminierungen weltweit, auf "die Hungernden, die Gefolterten, die Gemordeten", auf Kriege, die Globalisierung und die Pharmaindustrie sowie auf die Geschehnisse "in Abu Ghraib, Guantanamo und all den Folterkammern der Welt" gerichtet werden.

Dahinter steht eine so schlüssige wie lähmende Argumentation, auf die schon das Vorwort von Henning Mankell - ein zum Weltaidstag 2005 in der "Zeit" veröffentlichter Text - zuläuft: Die "aberwitzige Schieflage der Weltwirtschaftslage" müsse abgeschafft werden, sonst seien alle Bemühungen vergeblich. Aber sollte es ganz unmöglich sein, noch vor der Weltrevolution gegen die HIV/Aids-Pandemie vorzugehen? Ein erster Schritt wäre schon getan, wenn der Vatikan endlich einsähe, was nicht zu leugnen ist: Rom reimt sich auf Kondom.

OLIVER JUNGEN

Bartholomäus Grill, Stefan Hippler: "Gott, Aids, Afrika." Eine Streitschrift. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2007. 207 S., geb., 17,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Oliver Jungen weiß diese "Streitschrift", in der der in Kapstadt als Pfarrer der deutschsprachigen Gemeinde tätige Stefan Hippler und der langjährige "Zeit"-Korrespondent für Südafrika Bartholomäus Grill gegen die repressive Verhütungspolitik des Vatikan und für eine stärkere Bekämpfung der Aids-Pandemie in Afrika eintreten, für ihr Engagement zu schätzen. Im leidenschaftlichen Eintreten für die Aids-Kranken und den Berichten von ihrer Arbeit im Kampf gegen Aids liegt für den Rezensenten auch das Verdienst dieses Buches. Schwierig dagegen erscheint dem Rezensenten, dass der Ton des Buches extrem emotional ist, und er glaubt, die theologischen Argumente, die Grill und Hippler an Benedikt XVI. richten, um ihn davon zu überzeugen, sich aktiv in die Aids-Prävention einzuschalten und von bestehenden Verhütungsgrundsätzen abzurücken, werden den Vatikan nicht umstimmen. Als weiteres Problem dieses Buches sieht Jungen die zerfaserte Zielrichtung der Schrift, die sowohl eine "Aids-Theologie" anregen, sowie Spenden für das von Hippler mit ins Leben gerufene "Hope"-Projekt sammeln will, daneben über Aids informieren und Einblick in die afrikanische Kultur vermitteln will und nicht zuletzt die Pharmaindustrie, Abu Ghraib und Guantanamo an den Pranger stellt.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Was das Buch so lesenswert macht, ist [...] seine theologieferne Dimension: der Einblick in die tägliche Arbeit derer, die sich um die oft isolierten Aidskranken kümmern.« FAZ