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Was geschieht in den Wochen und Monaten vor einer Theateraufführung? Welchen Wesenswandel vollziehen Menschen, die plötzlich als "Hamlet" oder "Lady Macbeth" erscheinen? Wie entsteht dieses Leben auf Probe? Thomas Oberender untersucht die Bedingungen der Faszination fürs Theater. Er steht mit Schauspielern auf der Bühne: Von der ersten Textlektüre bis zur Aufführung, von der Sekunde, da ein Text in einem Schauspieler "ankommt", bis zu dem Moment, wo er ihm Ausdruck verleihen kann, folgt der Schauspieldirektor der Salzburger Festspiele dem Prozess der Anverwandlung einer Figur. Es gibt kein…mehr

Produktbeschreibung
Was geschieht in den Wochen und Monaten vor einer Theateraufführung? Welchen Wesenswandel vollziehen Menschen, die plötzlich als "Hamlet" oder "Lady Macbeth" erscheinen? Wie entsteht dieses Leben auf Probe? Thomas Oberender untersucht die Bedingungen der Faszination fürs Theater. Er steht mit Schauspielern auf der Bühne: Von der ersten Textlektüre bis zur Aufführung, von der Sekunde, da ein Text in einem Schauspieler "ankommt", bis zu dem Moment, wo er ihm Ausdruck verleihen kann, folgt der Schauspieldirektor der Salzburger Festspiele dem Prozess der Anverwandlung einer Figur. Es gibt kein Buch über das Theater, das so anschaulich und genau die flüchtige Kunst des Spiels beschreibt.
Autorenporträt
Thomas Oberender, geboren 1966 in Jena, Autor, Dramaturg, Essayist. Dramaturg in Bochum und Zürich, seit 2006 Schauspielleiter der Salzburger Festspiele. Zahlreiche Buchpublikationen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.09.2009

Bühnenstrapazen

Als "bruchstückhafte Phänomenologie der Theaterarbeit" umreißt Thomas Oberender sein Buch, in dem er zu zeigen versucht, "wie die Bühne zur Welt wird". Durch seine Tätigkeit als Dramaturg in Bochum und Zürich und zuletzt als Schauspieldirektor der Salzburger Festspiele hat er aus der privilegierten Nahsicht verfolgen können, wie Inszenierungen entstehen und welche Leute es sind - von den Autoren über die Schauspieler bis zu den Regisseuren -, die sie realisieren. Dabei lässt er kaum einen der Bereiche aus, die für die Zuschauer normalerweise unzugänglich bleiben und deren sie nur vermittelt - im fertigen Resultat der Aufführung nämlich - teilhaftig werden können. Elegant, wenngleich mitunter etwas verschwurbelt sinniert Oberender mit kenntnisreicher und verwundert-begeisterter Sachlichkeit über die erste Leseprobe ebenso wie über die Anstrengungen der Darsteller, eine bühnentaugliche Figur zu erschaffen, über die Hierarchien am Theater oder das Stakkato der Kameraverschlüsse bei der Fotoprobe vor der Premiere. Dabei gelingen ihm schöne Beobachtungen über die strapaziöse Kunst, unter dem Schutzschild des Als-ob eine Parallelwelt zu etablieren, in der die Lüge wahrer als die Wahrheit ist und Raum und Zeit, gerade wegen ihrer künstlichen Beschränktheit, größtmögliche Freiheit im Ausprobieren, Entschleiern und Demonstrieren menschlicher Verhaltensweisen bieten. Einiges wiederholt sich oder wirkt krampfhaft um hochgestochene Originalität bemüht, insgesamt aber reflektiert die kleine Sammlung anregend über Sein und Schein als Wohl und Wehe des Theaters. (Thomas Oberender: "Leben auf Probe". Wie die Bühne zur Welt wird. Hanser Verlag, München 2009. 160 S., br., 15,90 [Euro].) baz

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.12.2009

Keuscher Junker der Lebensschule
Thomas Oberenders luzide Phänomenologie des Theaters
Wie selten ist das: ein Denken über Kunst, das nicht nur klug ist, anregend und triftig, sondern auch noch schön. Das in seiner Bewegung über sich hinausschießt und, indem es Literatur wird, genauso absolut sich setzt wie sein Gegenstand. Denn nur so kann es diesem gerecht werden. Die Sprache, in der Thomas Oberender darüber schreibt, wie die Bühne zur Welt wird, ist von einer stolzen, gleichsam junkerhaften Anmut und darin Ausdruck rar gewordener intellektueller Keuschheit, die den Geläufigkeiten der Branche enträt. „Ödes Herrscherlatein” nennt Oberender jenes Idiom, das von vornherein den Anspruch auf Inkommensurabilität preisgibt.
Hier erklärt einer, der als erfahrener Dramaturg und Schauspiel-Direktor der Salzburger Festspiele gleichwohl ein Mann des Wortes geblieben ist, eben nicht das Theater von oben nach unten. „Leben auf Probe” ist das Gegenteil eitler Selbstvergewisserung oder voyeuristischer Blicke hinter die Kulissen, die den Leser zum Pseudo-Insider machen – vielmehr bringt ein betörter Beobachter seine Faszination für das Wunder der Transsubstantiation zum Sprechen, das sich auf der Bühne vollzieht, indem das Wort Fleisch wird.
Das „zarte Fremdeln”, mit dem Oberender gleichsam im Beiboot die Reise begleitet, die jede Erarbeitung einer Aufführung bedeutet, ist nur eine Umschreibung für eine Haltung, die er zumal in der journalistischen Tageskritik vermisst. Anstatt in bester Maßlosigkeit sich selbst zu riskieren und mit einer blitzhaften Formulierung ein Beispiel zu geben für eine „wirklichkeitsverrückende Erfahrung”, habe sich die Kritik der Dienstleistung ergeben. Unverfügbarkeit ist das Schlüsselwort, das Oberenders Überlegungen bündelt, weil es an das paradoxe Wesen des Theaters selbst rührt. Gerade weil die Dramaturgie einer Aufführung im Gegensatz zu der des Lebens feststeht, kann das Theater zur offenen „Lebensschule” werden.
Für das fragile Glück des erfüllten Augenblicks hat Oberender die denkbar beste Form gewählt, indem er seine Phänomenologie des Theaters in der Flüchtigkeit der charakteristischen Skizze belässt im Wechsel von Porträt, Essay und Prosa-Miniatur. Mit luzider Beiläufigkeit leitet er die Verdrängung des Autors durch den Regisseurs als historische Notwendigkeit her, beschreibt die Entrahmung der Bühne und die Problematik der Figuration in einer Gegenwart, in der Machtverhältnisse nicht mehr personellen Charakter haben, sondern strukturellen. Wie Oberender den Statuswandel des Theaters auf den Begriff bringt und seine Bedrohung darauf zurückführt, dass nicht mehr die Politik, sondern die Ökonomie der Souverän im Staate ist – all dies hat man in einer so unaufgeregten Hellsicht noch nie gelesen. Hier ist eine sensualistische Intelligenz gründlich durch die Schule der Dialektik gegangen. Entstanden ist darunter das bemerkenswerteste Theaterbuch der vergangenen Jahre. CHRISTOPHER SCHMIDT
Thomas Oberender
Leben auf Probe
Edition Akzente, Carl Hanser Verlag, München 2009. 160 Seiten, 15,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

"Stolze, gleichsam junkerhafte Anmut" bescheinigt Rezensent Christopher Schmidt der Sprache von Regisseur Thomas Oberender. Denn nicht nur ist dies ein sehr kluges Buch über Theater, so Schmidt, sondern ebenso ein schönes. Von der Fleischwerdung des Wortes auf der Bühne bis zum Dienstleistungscharakter journalistischer Arbeit verfolgt der Rezensent die Gedanken Oberenders mit vehementer Zustimmung. Dabei ist es auch die stoische Kühl- und geistige Klarheit von Oberenders Überlegungen, die Rezensent Schmidt beeindrucken. Ganz ohne Eitelkeit und Voyeurismus liest sich in diesen flüchtigen Skizzen für Schmidt "das bemerkenswerteste Theaterbuch der vergangenen Jahre."

© Perlentaucher Medien GmbH