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Mark R. Cohen beschreibt in seinem bahnbrechenden, vielgerühmten Buch, wie Juden im Mittelalter in islamischen und in christlichen Ländern gelebt haben. Erst durch diese Gegenüberstellung wird deutlich, warum Juden "unter dem Kreuz" ausgegrenzt und verfolgt wurden und warum sie "unter dem Halbmond" so weitgehend in die Gesellschaft integriert waren, daß man von einem "Goldenen Zeitalter" gesprochen hat. Ein Buch, das scheinbare Gewißheiten von einer Überlegenheit der christlichen Kultur, einer dem Islam eigenen Militanz und von der Unmöglichkeit einer Symbiose der Kulturen wohltuend in Frage stellt. …mehr

Produktbeschreibung
Mark R. Cohen beschreibt in seinem bahnbrechenden, vielgerühmten Buch, wie Juden im Mittelalter in islamischen und in christlichen Ländern gelebt haben. Erst durch diese Gegenüberstellung wird deutlich, warum Juden "unter dem Kreuz" ausgegrenzt und verfolgt wurden und warum sie "unter dem Halbmond" so weitgehend in die Gesellschaft integriert waren, daß man von einem "Goldenen Zeitalter" gesprochen hat. Ein Buch, das scheinbare Gewißheiten von einer Überlegenheit der christlichen Kultur, einer dem Islam eigenen Militanz und von der Unmöglichkeit einer Symbiose der Kulturen wohltuend in Frage stellt.
Autorenporträt
Mark R. Cohen, geb. 1943, Professor für Nahost-Studien und jüdische Geschichte an der Princeton University (USA), ist für seine Forschungen zur jüdischen und islamischen Geschichte international renommiert. Er hat als Gastprofessor an verschiedenen Universitäten gelehrt, u.a. in Jerusalem und Kairo, und war Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin.

Christian Wiese, geboren 1961, Studium der ev. Theologie und der Judaistik in Tübingen, Bonn, Jerusalem und Heidelberg, Promotion 1997. Seit 2007 Professor für jüdische Geschichte und Direktor des Centre for German-Jewish Studies an der University of Sussex. Vorher wissenschaftlicher Assistent an der Universität Erfurt, Gastprofessuren in Montreal, Dublin und am Dartmouth College, New Hampshire. Sein Forschungsgebiet ist die moderne jüdische Geschichte und Philosophie, die Geschichte des Zionismus sowie die Geschichte der jüdisch-christlichen Beziehungen in der Neuzeit. Zur Zeit Vertretung des Martin-Buber-Lehrstuhls für jüdische Religionsphilosophie an der Goetze-Universität Frankfurt am Main.
Rezensionen
"Ein polemischer Text im besten Sinne des Wortes: er versucht, Debatten zu eröffnen, statt sie zu ersticken, er wirft Fragen auf, wo sie gewöhnlich nicht zugelassen werden."
André A. Acimen, New York Newsday

"Cohen interessiert sich in seinem Buch für eine historisch hoch interessante und weiterführende Frage: Wie kam es zu dem Unterschied? - Seine Thesen untermauert er durch eine beeindruckende Reihe von Belegen aus jüdischen und nicht-jüdischen Quellen in der islamischen und christlichen Welt."
David Wasserstein, The Times Literary Supplement

"Wissenschaftler werden diese zuverlässige Synthese begrüßen; eine allgemeine Leserschaft wird den klaren Stil schätzen."
Library Journal

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.03.2005

Die Feindschaft der Nähe
Ortlose Rechtlosigkeit hier, Sicherheit in der Unterordnung dort: Mark R. Cohens dichte und unweinerliche Darstellung der Juden im Mittelalter unter Christen und Muslimen
In unseren Tagen ist die arabische Welt der Hort eines intensiven, hässlichen Antisemitismus. Er bedient sich ganz ungeniert europäischer Quellen und Muster. Religiöse Motive sind bei dieser verschwörungstheoretisch und antiwestlich daherkommenden Judenfeindschaft ebenso in den Hintergrund getreten wie beim europäischen Rassenantisemitismus seit der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts.
Wie eng die Verflechtungen zwischen dem klassischen christlichen Antijudaismus und dem modernen Antisemitismus doch sind, das haben beispielsweise Untersuchungen zur antisemitischen katholischen Publizistik vor dem Ersten Weltkrieg mittlerweile erwiesen. Das Zwischenglied war ein rabiater kulturkritischer Antimodernismus, der in den Juden die Agenten von hemmungsloser kapitalistischer Profitgier und einer moralisch bedenkenlosen Presse, überhaupt von sittlicher Zersetzung sah. Diese Motive kehren im heutigen islamischen Fundamentalismus vor allem in der Gestalt des Amerika-Hasses zurück. Auch für arabische Judenhasser sind die Juden nicht zuletzt Kapitalisten und Vertreter westlicher Dekadenz.
Doch der wichtigste Auslöser - mindestens aber Vorwand - des heutigen arabischen Judenhasses ist der Staat Israel mit seinem ungelösten Palästinenserproblem. Besonnene Araber weisen in diesem Zusammenhang gern darauf hin, dass die islamische Welt eben nicht jene grausame Verfolgungsgeschichte gegenüber den Juden aufweist wie das christliche Europa. Demgegenüber betonen streitbare Verteidiger Israels, dass man sich das jüdisch-muslimische Verhältnis auch in den klassischen, oft beschworenen Zeiten islamischer Toleranz, etwa im hochmittelalterlichen Spanien, nicht zu idyllisch vorstellen dürfe. Dazu kommt ein innerjüdischer Streit über die jüdische Vergangenheit, die die einen als ununterbrochenen Leidensweg sehen, während andere dies als Rückprojektion moderner Greuelerfahrungen in eine insgesamt weit weniger dramatische Geschichte verstehen.
In diesen heutigen Koordinaten zwischen Juden und Arabern, aber auch zwischen den Vertretern einer „weinerlichen” („lacrymosen”) Konzeption jüdischer Geschichte und ihren unverheulten Gegnern spielt sich die Auseinandersetzung um das Schicksal der Juden im christlichen und islamischen Mittelalter derzeit ab. Hier möchte das Buch des amerikanischen Judaisten Mark R. Cohen Klarheit schaffen, das die Lage der Juden im Mittelalter „unter Kreuz und Halbmond” vergleichend untersucht - gestützt auf eine beeindruckende Fülle moderner Forschung.
Cohens knappe, dichte Darstellung ist nun in der Tat gänzlich unverheult, und erfreulicherweise lässt sich dieser nüchterne Wissenschaftler nicht aus Originalitätssucht dazu verleiten, bewährte Erkenntnisse umzustürzen: Ja, es ging den Juden im islamischen Kulturraum zwar nicht überall besser als im christlichen Abendland, aber mindestens ihre rechtliche und soziale Stellung war deutlich gefestigter und sicherer. Massaker fehlen nicht ganz, nahmen aber nie die Häufigkeit und den Umfang an wie in Europa seit der Epoche der Kreuzzüge; Massenvertreibungen wie die aus den westeuropäischen Ländern im späten Mittelalter - zuletzt aus Spanien im Jahre 1492 - finden überhaupt keine Parallele in der arabischen Welt; und auch die deklassierende Behandlung mit kennzeichnender Kleidung wie dem gelben Fleck, den das Vierte Laterankonzil 1215 vorschrieb, oder den hohen Judenhüten, die im Deutschen Reich üblich waren, finden im Islam nur schwache Anklänge, etwa wenn Juden, die mit Muslimen gemeinsame Badehäuser benutzten (also mit ihnen in denkbar intimen Kontakt kamen), Abzeichen auf dem nackten Körper trugen, damit es nicht zu „versehentlichen Sexualkontakten” kommen konnte.
Dabei waren die Juden durchaus nicht ihren muslimischen Herren gleichgestellt. Cohen zeigt sehr klar, dass der Islam eine unzweideutige Hierarchie zwischen den Gläubigen und den Ungläubigen, den „dimmis” etablierte. Aber hier waren die Juden zunächst einmal nicht allein, sondern sogar neben den zahllosen Christen unter islamischer Herrschaft eine vergleichsweise kleine Gruppe. Und die hierarchische Unterordnung wies ihnen immerhin einen klaren Platz zu, der ihnen dauerhafter sicher war als ihre oft ortlose Rechtstellung im ständischen Abendland.
Die prekäre Lage der Juden im Abendland hatte eine theologische und eine rechtliche Seite. Die Christen wussten, dass sie aus dem Judentum hervorgegangen waren; umso kränkender erschien deren Festhalten an ihrem Testament. Die Araber dagegen teilten nicht ihr heiliges Buch mit den Juden, soviel Bibel auch im Koran stecken mag. Für sie war das jüdische Alte Testament ein falsches Buch, während es für die Christen ein von den Juden falsch verstandenes Buch war. Diese Feindschaft in der Nähe erzeugte weit größeren Glaubenshass.
Dazu kam der Wirrwarr abendländischer Rechtssysteme, in dem die Reste der römischen Toleranz und die volksbezogenen Rechte der Völkerwanderungszeit bald vom Kirchenrecht überspielt wurden. Judenrechte und -privilegien mussten in jeder Generation erneuert und kostspielig ausgehandelt werden, während das islamische Recht für Ungläubige seit dem 10. Jahrhundert halbwegs stabil blieb. Im arabischen Raum mit seiner Stadtkultur waren Fernhändler weit besser angesehen, auch konnten die Juden hier in viel höherem Maße auch handwerkliche und andere Berufe ausüben. Je weniger man die Juden auf einen Berufsstand begrenzte, umso geringer fiel auch die Judenfeindschaft aus, konstatiert Cohen.
Die Juden hatten im islamischen Raum eine im Prinzip untergeordnete, dabei rechtlich stabile, praktisch aber hin und wieder sogar glänzende Stellung; im Abendland war ihre Position unsicher, im Kern ortlos. Es ist diese Ortlosigkeit, die jene Exzesse möglich machten, die zwar nicht alltäglich waren, aber in ihrer Grausamkeit keine Parallele in der arabisch-islamischen Welt fanden. So gilt: Je christlicher das Abendland wurde, also seit dem Hochmittelalter, umso mehr verwandelte es sich den Juden gegenüber in eine Verfolgungsgesellschaft.
Mark R. Cohen
Unter Kreuz und Halbmond. Die Juden im Mittelalter
Aus dem Englischen von Christian Wiese. C.H. Beck Verlag, München 2005. 224 Seiten, 24,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Ausgiebig und tief habe sich der Autor in mittelalterliche Dokumente versenkt, konstatiert Rezensent Alexander Kluy voller Hochachtung, und damit einen wertvollen Beitrag zur aktuellen Toleranzdiskussion zwischen den Kulturen geleistet. In seiner vergleichenden Geschichtsstudie zum Leben jüdischer Minderheiten im Mittelalter in der christlichen Welt einerseits und der muslimischen Welt andererseits bestätige Cohen "gründlich und klug" die These, dass Juden im arabisch-islamischen Mittelalter besser und vor allem sicherer gelebt hätten. Beispielsweise seien Heiraten zwischen Muslimen und jüdischen Frauen möglich gewesen, wobei diese ihren jüdischen Glauben grundsätzlich auch weiterhin leben konnten. Cohen, referiert der Rezensent, unterscheide zwischen dem "agrarisch anti-urbanen" und xenophoben christlichen Europa und der überwiegend nomadischen arabischen Kultur, die gleichwohl "städtischen Lebensformen" gegenüber aufgeschlossen war. Marginalisiert wurden Juden auch im arabischen Raum, so der Rezensent, aber eben nicht existentiell bedroht wie zunehmend in der christlichen Welt.

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